Blog 2025-06: Vortrag Didacta zu Demokratie, SoMe und KI

Vorbemerkung: Der hier veröffentlichte Text entspricht nicht exakt dem Wortlaut des Vortrages, ist aber inhaltlich weitgehend Deckungsgleich. Ich formuliere Vorträge (als Sicherheitsmaßnahme) wörtlich vor, halte sie aber möglichst frei.
Ich lasse hier nach jeder Folie einen Absatz, dann lässt sich auch nachvollziehen, wie Inhalt und Präsentation zusammenhängen, die Präsentation gibt es am Ende der Seite.
Im Didacta-Programm war der Vortrag folgendermaßen angekündigt: Kurzbeschreibung: Demokratie- und Medienbildung können nicht mehr getrennt betrachtet werden. Seit Jahren verlieren die „klassischen“ Medien für Jugendliche an Bedeutung als Informationsquelle. An deren Stelle treten die sozialen Medien und zunehmend auch KI. Diese Entwicklungen haben direkten Einfluss auf die Unterrichtsqualität, die politische Bildung und das Schulklima, außerdem vergrößern sie die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler. Daraus ergeben sich viele noch offene Fragen für das Bildungssystem.
Im Vortrag wird auf den Befund aktueller Studien eingegangen und es werden Impulse zum Weiterdenken gegeben und Handlungsvorschläge gemacht, wie sich Schulen in diesem Themenfeld positionieren und organisieren können.

Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie! Die Rolle von KI & Social Media in Schulen

Werte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich begrüße Sie sehr herzlich zu meinem Vortrag und freue mich sehr mit Ihnen ein paar Gedanken zu Demokratie, Künstlicher Intelligenz und Medienbildung teilen zu dürfen.
Mein Vortrag gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil werde ich sie mit Studienergebnissen traktieren, um eine Art Ist-Situation zu skizzieren. Wo stehen schulen in den Bereichen Demokratiebildung, KI-Bildung und digital literacy und in der Medienbildung allgemein.
Im zweiten Teil werde ich dann skizzieren, was wir besser machen können und am Ende ganz konkrete Beispiele aufzeigen, was bereits geht, wenn wir nur wollen. Jan Vedder, ein großartiger Fortbildner und Schulreformer aus dem Norden sagt immer: Machen ist wie wollen, nur krasser!

Wir leben in einer Zeit großer Veränderungen, oft wird dafür das Wort „Disruption“ bemüht. Wir haben es in vielen Bereichen mit exponentiellen Veränderungen zu tun, Christian Stöcker nennt zum Beispiel Digitalisierung, maschinelles Lernen, also umgangssprachlich KI, Biotechnologie, Wirtschaftswachstum, Artensterben oder den Klimawandel, für ihn beginnt der steile Teil der Exponentialkurve bereits in den 1950 er Jahren.

Ich glaube diese disruptiven Veränderungen, die wir gerade erleben, führen zu einer großen Verunsicherung in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens. Wie unsere Zukunft aussieht, ist aber nicht in Stein gemeißelt. Wir können das beeinflussen und die Zeit dafür ist jetzt! Dafür braucht es neue und komplexere Ansätze. Wir müssen in den Schulen aufhören in Schubladen und Fächern zu denken und anfangen Demokratiebildung, Medien- und KI-Bildung und fächerübergreifenden Kompetenzerwerb zusammen zu denken, um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.
Darum soll es in diesem Vortrag gehen. Da wir es mit exponentiellen Veränderungsprozessen zu tun haben, müssen wir schnell handeln, wir müssen fixed Mindsets in Schulen aufbrechen und den disruptiven Veränderungen in der Welt mit disruptiven Veränderungen in der Schule begegnen. Das gute ist: Ideen und Lösungsvorschläge sind schon da, wir müssen uns nur dran wagen.
Es stellt sich also die Frage: Wohin wollen wir?
Wollen wir das helle und freundliche Szenario oder die Dystopie auf der rechten Seite.
Funfact: Alleine über diese KI-Bild könnte man locker 45 Minuten reden: Warum sind links Facebook und der alte Twittervogel abgebildet, verkauft der Laden Demokratie und wieso sitzt rechts jemand mit seinem Schreibtisch auf der Straße und v.a. warum ist dort eine US-Flagge usw. Aber das ist nicht das Thema, das Bild soll nur einen anregenden Impuls zum Einstieg bieten.
Legen wir los!

Das sind Headlines aus den Onlineausgaben von Spiegel, Stern, Handelsblatt, Zeit, FAZ, SZ, dem BR und anderen aus diesem und letztem Jahr.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich unser Bildungssystem und damit nachgelagert auch unsere Gesellschaft, in einer multiplen Krisensituation befindet. Unseren Kindern und Jugendlichen fehlen Medienkompetenzen, gleichzeitig steigen die Abhängigkeit von sozialen Medien und der Hass im Netz, die unsere Demokratie gefährden, bei zunehmendem Lehrkräftemangel und steigender Nutzung und Relevanz von Künstlicher Intelligenz. Riesige Herausforderungen!
Lassen Sie uns die einzelnen Herausforderungen etwas genauer betrachten. Zuerst gehe ich auf das Mediennutzungsverhalten ein und problematisiere dieses, dann schauen wir etwas genauer auf KI und schließlich darauf, was das alles für Demokratie bedeutet. Dazu habe ich ein paar zentrale Ergebnisse aus wichtigen Studien der letzten drei Jahre zusammengefasst.
Vermutlich kennen sie viele dieser Befunde und sie wissen auch, dass negative Nachrichten aus dem Bildungssektor mittlerweile nicht einmal mehr zu einem Aufschrei führen und schulterzuckend hingenommen werden.
Ich finde aber: Das geht so nicht!
Wer das neue Buch von Aladin El Mafaalani gelesen hat, weiß, dass Kinder eine Minderheit ohne Schutz sind und, dass die politisch relevante Wählergruppe über 60 Jahre alt ist. Damit will ich mich allerdings nicht zufrieden geben, weil ich weiß, dass die zentrale Investition für unsere Zukunft eine Investition in Bildung sein muss! Wir müssen es schaffen unsere Kinder und Jugendlichen fit zu machen für eine Welt, die wir uns immer weniger vorstellen können, eine Welt, die voller multipler Krisensituationen, aber auch voller Chancen ist. Dafür brauchen sie Resilienz und Kompetenzen, die jenseits des klassischen Bildungskanons liegen. Sie müssen sich in einer zunehmend digitalisierten Welt zurecht finden, sie werden von KI-Assistenten begleitet werden und Medien konsumieren und kreieren. Und Schule muss die Basis dafür legen, sie muss der Raum sein, in denen die Schülerinnen und Schüler Demokratie lernen und lernen Medien zu schaffen und zu lesen. Ein weiter Begriff von digital literacy ist dafür zentral.
Schauen wir aber zunächst einmal in die Studien, wie ist es um die Jugendlichen bei diesen erforderlichen Kompetenzen bestellt?

Ich entschuldige mich schon im Voraus für die überladenen und dichten Folien, für die vielen Zahlen und Prozentzeichen, aber da müssen sie jetzt durch!
Ich will damit einen Raum schaffen, in dem wir uns bewegen und visualisieren, wie es aktuell aussieht. Am Ende wird es wieder besser, versprochen…
Ich hoffe, Sie können meine Fleißarbeit dann doch ein wenig würdigen 😉

Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) erhebt seit 1998 unabhängige Basisdaten zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Hierzu wurden 1.200 Jugendliche im Alter von zwölf bis 19 Jahren befragt. Die Studie ist landläufig besser als „JIM-Studie“ bekannt.
Fast alle Jugendlichen nutzen WhatsApp, sie von diesem Netzwerk fernzuhalten bedeutet ihnen den zentralen Kommunikationskanal in ihrer Peer-Group zu entziehen. Gleichzeitig ist aus meiner Erfahrung WhatsApp aber auch der zentrale Kanal, in dem in Klassengruppen Mobbing stattfindet, in dem Gewaltbilder, Pornos oder verfassungsfeindliche Bilder und Memes verschickt werden. Hier wird schon deutlich, dass wir an Schulen Demokratiebildung und Medienbildung nicht trennen können.
Wer von ihnen hat an der Schule ein Medienkonzept? Wer hat ein Demokratiekonzept? Wer hat das in einem Konzept?
Was zeigt JIM uns noch? Instagram, TikTok und Snapchat sind wichtig, der Rest folgt mit Abstand. Es gibt ein grundlegendes Interesse am Weltgeschehen und Nachrichten, etwa die Hälfte nutzen auch noch Fernsehen und Radio (nicht unbedingt linear), Zeitungen spielen kaum noch eine Rolle. Also kommen auch die Nachrichten über das Weltgeschehen aus den sozialen Medien, dort haben es die Schülerinnen aber auch, zunehmend mit Fake News, Beleidigungen und Extremismus zu tun.
Außerdem zeigen alle mir bekannten Studien eine Zunahme der KI-Nutzung für die Schule. Zwei Drittel ist meiner Meinung nach ein eher konservatives Ergebnis…

Die ICILS-Studie war im letzten Jahr in aller Munde, weil sie nachgewiesen hat, dass die digitalen Kompetenzen in den achten Klassen nicht nur zu wünschen lassen, sondern auch noch schwächer werden. Die Daten stammen von 2023, die Veröffentlichung erfolgte im letzten November. Befragt wurden achte Klassen in 35 Bildungssystemen. Insgesamt schneidet Deutschland zwar im unteren Durchschnitt ab, ist aber seit der ersten Studie 2013 signifikant schwächer geworden. 40% der Achtklässlerinnen und Achtklässler haben unzureichende digitale Kompetenzen, können also, platt gesagt, nicht mehr als Klicken und Wischen. Nur 1% erreicht Spitzenwerte. Das ist dramatisch!
Bei Kompetenzunterschieden von Schülerinnen und Schülern ohne und mit Zuwanderungshintergrund schneidet Deutschland am schlechtesten ab, bei der sozialen Herkunft am viertschlechtesten. Das heißt auch hier ist der digital divide ein fundamentales Problem und spiegelt eines der, wenn nicht das, Grundproblem des deutschen Bildungssystems wider: Die Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft!

Interessant bei ICILS ist, dass auch die Perspektive der Lernenden und Lehrenden auf digitale Bildung untersucht wird. Und hier wird deutlich, dass wir von einer Kultur der Digitalität in den Schulen noch weit entfernt sind. Verstehen sie mich nicht falsch, mir geht es nicht darum alle Prozesse auf „Teufel komm raus“ zu digitalisieren und ja, ich weiß, die Skandinavier fahren schon wieder zurück. Wenn wir aber nur halb so digital wären, wie die Schweden nach dem Zurückfahren, wären wir deutlich weiter als bei 25% täglicher Nutzung. Digitalität ist der Alltag und ein wichtiger Faktor für die Zukunft und da tun wir zu wenig und die 90% der Schülerinnen und Schüler haben recht, die Schule hierbei in der Pflicht zu sehen. Wo sonst soll den professionelle Medienbildung stattfinden?
Große Mehrheiten sehen in digitalen Medien Potenziale und Herausforderungen, d.h. 84% erwarten bessere Lebensbedingungen, 82% ein besseres Verständnis der Welt. Aber 82% sehen auch, dass mit digitalen Medien zu viel Zeit verbracht wird, 74% sehen Gefahren für die Gesundheit und 68% fürchten Abgrenzungen zwischen Menschen in der Gesellschaft. Die Schülerinnen und Schüler haben also durchaus eine differenzierte Sicht auf digitale Medien, vielleicht sogar differenzierter als viele Erwachsene.

Aus der Perspektive der Lehrkräfte scheint das etwas anders auszusehen, wenn aber 70% digitale Medien nur mindestens einmal am Tag nutzen und mehrere Klassen unterrichten, wird es wieder stimmig. In der Lehrkräfteausbildung spielte und spielt das Thema keine entscheidende Rolle, vor allem wenn es um konkrete Beispiele und Anwendung in der Praxis geht. Das scheint zwar besser zu werden, ist aber noch lange nicht gut.
Bei Lehrkräften unter 35 Jahren sieht es nämlich etwas besser aus, da fühlen sich 55% gut vorbereitet. Bei der dritten Phase der Lehrkräfteausbildung ist sicher auch noch reichlich Luft nach oben, diese hängt ja in der Regel von individuellem Engagement ab. Das wurde hier aber nicht untersucht, ich bin mir allerdings sicher, dass auch der digital divide innerhalb der Kollegien aktuell massiv zunimmt, das heißt, es gibt Gruppen von Lehrkräften, die bei Digitalität und KI weit vorne sind, aber auch solche, die sich damit gar nicht beschäftigen und die diesen größer werdenden Abstand nie mehr einholen können.

Ich zitiere aus dem Fazit der Studie:
„Die Ergebnisse der vorliegenden detaillierten Sonderauswertung zur PISA-Studie 2022 verdeutlichen, dass die selbsteingeschätzte digitale Informationskompetenz von Schüler*innen in Deutschland auf wichtigen Nachholbedarf in unterschiedlichen Bereichen hinweist. Während digitale Informationen fest im Alltag der Jugendlichen verankert sind, trauen sich die Schüler*innen oft nicht zu, digitale Informationen kritisch zu bewerten und unterlassen es, unterschiedliche Quellen auf ihre Verlässlichkeit miteinander zu vergleichen. Dies steht im Widerspruch zur wachsenden Bedeutung digitaler Informationskompetenz in einer zunehmend digital-geprägten Gesellschaft. Schulen und Lehrkräfte können hier eine Schlüsselrolle einnehmen und die digitale Informationskompetenz der Schüler*innen nachhaltig stärken.“ (S. 20)
Nur knapp die Hälfte der befragten Jugendlichen billigt ihren Lehrerinnen und Lehrern die Kompetenz zu, digitale Geräte im Unterricht zu nutzen. Das ist deutlich weniger als im OECD-Durchschnitt (70 Prozent).
Auch hier ist wieder die Abhängigkeit der Kompetenz vom sozioökonomischen Status auffällig, es gelingt den Schulen nicht diese zu verringern.
Und noch ein Zitat:
„Die Hauptstudie „PISA 2022“ hatte bereits gezeigt, dass die Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland seltener als im OECD-Durchschnitt angeben, digitale Tools in ihrem Unterricht und bei den Hausaufgaben einzusetzen. Die Mehrheit der Schulleitungen hatte in der Befragung berichtet, dass die Lehrkräfte nicht genügend Zeit für die Unterrichtsvorbereitung zur Integration digitaler Medien haben und die Schulen nicht über genügend qualifiziertes Personal für den technischen Support verfügen.“
Im Kontext von digitaler Kompetenz und dem Umgang mit Fake News ist festzuhalten, dass nur 47% sich in der Lage sehen Informationen aus dem Internet qualitativ zu beurteilen und zwei Drittel diese ungeprüft in sozialen Medien teilt. Das ist fatal für den Schulfrieden, das Miteinander in der Gesellschaft und für die Demokratie.

Kommen wir zu einer Studie des Digitalverbands bitkom aus dem August 2024. Diese begegnet naturgemäß den Fähigkeiten der Kinder eher positiv. Bemerkenswert ist allerdings, dass über 90% der Sechsjährigen das Internet nutzen und über 93% der zehnjährigen soziale Netzwerke, was in den meisten Fällen eigentlich gar nicht erlaubt sein dürfte.
Insgesamt wurden hier Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren befragt, von denen 76% angeben sich mit Privatsphäreeinstellungen auszukennen, was sehr hoch wirkt. Vielleicht gehört dazu aber auch das Umgehen elterlicher Einstellungen, was man mit Youtube recht leicht erlernen kann.
Eher gering, aber es wird ja auch nur das „Hellfeld“ ausgeleuchtet, kommen mir die Zahlen zu den Hasskommentaren und zum Mobbing vor.
In der Presserklärung zur Studie äußert sich Bitkom-Präsident Wintergerst so: „ Auch wenn es ohne Kontrolle in jungen Jahren nicht geht, ist allerdings Aufklärung das wichtigste Instrument der Medienerziehung“ Das ist wohl richtig und auch hier ist dann Schule wieder gefordert, weil Eltern es, no offense, oft auch nicht besser wissen.

Rund 2.000 Menschen aller Altersklassen hat das Institut Allensbach im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung zu Falschmeldungen und Desinformation befragt. Im Zentrum der Untersuchung stehen Narrative zu Russland und China, aber auch zu Impfungen, dem Klimawandel und der Corona-Pandemie, die Daten zu Jugendlichen hier stammen aus der Gruppe der 16 bis 19-Jährigen.
Wenn nur 44% der Befragten aller Altersgruppen angeben Fake News leicht zu erkennen, heißt das, dass über 50% sich damit schwer tun und wenn diese Zahl bei Jugendlichen noch höher ist, muss Schule mehr leisten. Erschreckend sind auch die anderen Zahlen, ungefähr ein Drittel der Jugendlichen glaubt nicht an den Klimawandel, an Impfstoffe oder dass China eine Demokratie sei.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung fasst das Ergebnis so zusammen:
„Die Umfrage zeigt: Wir haben das Ausmaß und die Gefahr von Desinformation in unserer Gesellschaft noch immer nicht erkannt. Junge Menschen sind deutlich empfänglicher für Desinformation und TikTok spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich chinesische und russische Desinformation weiter in unserer Mitte ausbreitet. Sie ist eine Gefahr für unsere Demokratie“. Da hat sie wohl recht und stellt auch wieder einen Zusammenhang zwischen Medien- und Demokratiebildung her.

Bevor wir abschließend zu Zahlen zur Demokratie kommen, werfen wir noch einen Blick auf die Künstliche Intelligenz.
Auch bei dieser Vodafone-Studie aus diesem Jahr zeigt sich, dass Jugendliche KI für wichtig halten, diese für die Schule nutzen und knapp die Hälfte mit den Kompetenzen der Lehrkräfte unzufrieden ist. Nur ein gutes Drittel berichtet von Regularien in der Schule. Das zeigt, dass KI bei den Jugendlichen deutlich besser angekommen ist als in der Schule.
Interessant ist hier aber auch, dass der Zusammenhang zu Demokratie- und Medienbildung deutlich wird. KI verschärft die Ungleichheit in der Gesellschaft durch einen digital divide, gleichzeitig beeinträchtig sie den gesellschaftlichen Frieden und das Schulklima, indem sie Mobbing auf ein neues Level hebt. Deep Fakes ermöglichen eine ganz neue Qualität von Mobbing und da stehen wir noch am Anfang.

Kommen wir abschließend im statistischen Teil noch zu dem Aspekt der Demokratiebildung im Kontext sozialer Medien.
Das Institut für Generationenforschung hat in mehreren Erhebungswellen eine umfassende Umfrage zur aktuellen Erstwählerkohorte durchgeführt. Über mehrere Erhebungswellen hinweg, von 2024 bis Januar 2025, wurden 4.132 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik befragt.
Bemerkenswert ist hier das Ergebnis, dass sich über 90% der jungen Erwachsenen Sorgen um die Zukunft machen. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, taucht in meinem Vortrag aber nur am Rande auf. Spannend ist, dass für über 70% der Erstwählenden soziale Medien für ihr Verhältnis zu Politik wichtig sind und, dass ebenso viele junge Erwachsene den Politikern die Kompetenz im Umgang mit sozialen Medien absprechen. Denken sie nur an Scholz‘ Aktentasche.
Hellhörig muss man jedoch werden, wenn 55% angeben, dass sie sich im Gegensatz dazu von der AfD erreicht fühlen.
Laut statista hat die AfD, Stand Februar 2024, mit Abstand die meisten Followerinnen und Follower in den sozialen Medien, über 2,6 Millionen, das sind fast doppelt so viele wie die anderen Parteien zusammen haben. Auf TikTok und YouTube, bei Jugendlichen sehr beliebten Kanälen, ist die Partei weit vorne. Ebenso bei Facebook, aber das spielt für die Jugend kaum noch eine Rolle. Bei der letzten Europawahl haben 16% der 16 bis 24-Jährigen die AfD gewählt, die Partei konnte im Vergleich zu 2019 um 11% zulegen (im Gegensatz zu 5% über alle Altersgruppen). Bei der Landtagswahl in Thüringen im letzten Jahr waren es 35%, in Brandenburg 31% aus dieser Altersgruppe, die die AfD gewählt haben. Für die kommende Bundestagswahl konnte ich keine Prognosedaten finden, ich bin gespannt.
Ein Grund dafür ist die erfolgreiche Präsenz in den sozialen Medien und die mangelnde Kompetenz der anderen Parteien in diesem Bereich.
Hier wird noch einmal deutlich, dass Demokratie- und Medienbildung nicht getrennt betrachtet werden können. Jetzt muss man dazu aber auch noch wissen und bedenken, dass die Nutzung KI generierter Bilder und Filmsequenzen in Wahlkämpfen und Parteiwerbung eine zunehmende Rolle spielt und dass auch dort die AfD wieder besonders aktiv ist und ihr der der KI innewohnende cultural bias zugute kommt.

Ergänzend dazu noch Erkenntnisse aus zwei weiteren Studien, dann sind wir durch. Eine Bertelsmann-Studie von 2024 hat herausgefunden, dass das Vertrauen der 18 bis 30-Jährigen in Demokratie mit 59%, in die Regierung mit 39% und in die Medien mit 31% erschreckend gering ist.
Das passt zu den Erkenntnissen aus einer Vodafone-Studie von 2022, die ergab, dass 75% der 14 bis 24-Jährigen Politik zu schwerfällig finden und die Hälfte mit der deutschen Demokratie unzufrieden ist. Auch hier wird noch einmal deutlich, dass sich die junge Genration um ihr Zukunft sorgt und wenig Vertrauen in die Politik hat, dass diese Probleme wie den Klimawandel in den Griff bekommt.

Was ist nun das Fazit aus diesem Parforce-Ritt durch die Zahlen?
Eigentlich ist das Fazit desaströs. Wir lassen unsere Kinder und Jugendlichen alleine und sind dabei sie an Fake News und Hass zu verlieren. Das Vertrauen in die Institutionen schwindet, obwohl sich die Jugend für Politik und das Weltgeschehen interessiert. Sowohl das Elternhaus als auch die Schule und auch die Politik werden ihrer Verantwortung nicht gerecht. „Wir verlieren unsere Kinder“, wie Silke Müller in ihrem gleichnamigen Bestseller feststellt und Kinder sind eine „Minderheit ohne Schutz“, wie Aladin El Mafaalani sein neues Buch betitelt. da sie und auch ihre Eltern politisch keine relevante Wählerschicht bilden, weil sie demografisch zunehmend marginalisiert werden.
Betrachten wir die einzelnen Punkte des Fazits noch etwas genauer, bevor wir zu Handlungsoptionen kommen.

Politik ist für Jugendliche nicht uninteressant, allerdings hat sich der Zugang fundamental gewandelt. Soziale Medien spielen eine zunehmend bedeutende Rolle, damit nimmt aber auch die Gefahr von Fake News und Beeinflussung durch extremistische Propaganda zu und das bei schwächer werdenden digitalen Kompetenzen und schwacher Unterstützung durch die Schulen, bei denen oft noch keine Kultur der Digitalität aufgebaut wird. Trotz des Interesses an Politik haben die Jugendlichen zu wenig Vertrauen in die Demokratie, Politiker und Medien. Klassische Zeitungen spielen kaum noch eine Rolle.

Wir wissen, dass die Nutzung des ersten Smartphones immer früher erfolgt, damit verbunden sind soziale Medien und das Internet. Das bedeutet zwangsläufig, dass immer jüngere Kinder mit Fake News, Gewalt, Extremismus und Pornographie konfrontiert werden. Für mich heißt das, dass wir noch früher mit Medien- und Demokratiebildung beginnen müssen. Wir müssen unsere Kinder so stark und resilient machen, dass sie damit umgehen können.

Dieser Einfluss von Fake News, Extremismus usw. nimmt eher zu. Andere Länder, China, Russland, aber auch die USA, versuchen online und digital Einfluss aus Wahlen und das gesellschaftliche Klima oder politische Entscheidungen zu nehmen. Dabei spielen auch Deep Fakes mit KI eine Rolle, KI kann aber noch mehr, sie kann zur Analyse von Nutzerverhalten und der Generierung von passgenauem Content genutzt werden oder Massen an Bots herstellen und dirigieren. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf die Stabilität unserer Demokratie und das Klima an unseren Schulen.

Die eben schon angedeutete gefährliche Seite von KI, wird ums gefährlicher, wenn diese auch von Schülerinnen und Schülern vermehrt genutzt wird, aber die Kompetenzen im kritischen Umgang nicht ausreichen und die Lehrkräfte dafür nicht ausgebildet und daher nur begrenzt hilfreich sind.
KI überrollt die Schulen, es zeichnet sich aber noch keine flächendeckende Strategie ab, wie damit umgegangen werden soll. Erste Prüfungsformate, wie die klassische Hausarbeit, haben sich eigentlich schon erledigt, Hausaufgaben werden eher obsolet, aber wir haben bisher nur wenig Ahnung, was das für das Schulsystem bedeutet.
Nicht zu vernachlässigen ist der zunehmende digital divide, der eng mit der Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom sozioökonomischen Status zusammenhängt. Es ist wichtig zu wissen, dass auch eine erfolgreiche KI-Nutzung Geld kostet und on zuhause gestützt werden muss, was gerade in ohnehin schon abgehängten Familien nicht möglich ist.
Hinzu klommt dann noch der cultural bias, der in der KI stecht, durch den marginalisierte Gruppen weiter marginalisiert werden, weil sie in den Trainingsdaten der KI keine relevante Rolle spielen.

Deutsche Schülerinnen und Schüler werden schlechter in den Kompetenzen, die für eine Kultur der Digitalität benötigt werden, statt digital Literacy nur „click and swipe“. Das genügt nicht. Gleichzeitig haben die Schulen diese Themen zu wenig auf dem Schirm, die Lehrkräfte sind nicht hinreichend ausgebildet und ohnehin überlastet. Dazu kommt der Lehrermangel. All das gilt auch für die Schulleitungen und die Kultusbürokratie.
Das Vertrauen der Jugendlichen in Politik und Medien nimmt ab, das heißt, wir müssen uns Sorgen um unsere Demokratie machen. Das hängt natürlich mit den Fake News zusammen, aber auch damit, dass Jugendliche die Erfahrung machen, dass sie im politischen Diskurs keine sichtbare Rolle einnehmen. Das und die Zukunftssorgen der Jugend machen sie anfällig für politische und religiöse Extremisten jeglicher Couleur. Auch hier muss Schule mehr Verantwortung übernehmen.
Sie fragen sich jetzt natürlich zurecht, was Schulen noch alles machen sollen. Aber mal ehrlich, können wir es uns bei dieser Ausgangslage leisten uns nicht damit zu beschäftigen? Schule ist das Instrument der Gesellschaft zur Reproduktion von Herrschaft, wenn wir weiter eine pluralistische Demokratie wollen, müssen wir unseren Nachwuchs entsprechend ausbilden. Dafür müssen wir darüber reden, was wir in Schulen Deimplementieren können, aber das ist eine andere Debatte.
Ich hoffe, es ist deutlich geworden, warum ich glaube, dass Medien- und Demokratiebildung und digital literacy, inklusive KI, zusammen gehören und es so wichtig ist, diese zusammen und komplex zu denken und warum sich Schule dessen annehmen muss.
Die Diagnose ist also katastrophal und wenn wir die Probleme nicht angehen, rückt das rechte Szenario auf dem Eingangsbild näher. Sie erinnern sich?

Wie verhindern wir, dass die Dystopie eintritt, die sich vielleicht schon anbahnt? Was kann Schule konkret und realistisch tun?
Im zweiten Teil meines Vortrages will ich Impulse und Anregungen geben, wie wir Schule verändern können, um in Zukunft Medien-, Demokratie- und KI-Kompetenz in der Schule so zu fördern, dass wir eine optimistische Zukunft erwarten können, also die linke Seite des Bildes.
Ich glaube, dass Schule die zentrale Rolle bei der Gestaltung der Gesellschaft der Zukunft spielt. Hier müssen alle Kinder hin und hier werden sie gesellschaftlich zu großen Teilen sozialisiert und instruiert.
Ich werde nun zuerst auf einer eher abstrakten Ebene formulieren, wie sich Schule verändern muss und dann auf der persönlichen und systemischen Ebene konkreter werden und am Ende ganz konkrete Impulse für die Praxis setzen mit denen sie, wenn sie das denn wollen, am Montag loslegen können. Ganz am Ende gibt es noch die nötigen Links dazu.

Zunächst glaube ich, ist es wichtig, dass wir uns dafür öffnen, Schule neu zu denken.
Wir müssen uns klar machen, dass es immer weniger um reine Wissensvermittlung geht, Wissen wird durch das Internet und KI immer leichter verfügbar. Wir müssen endlich die Kompetenzen stärker in den Fokus rücken und den Umgang mit Wissen und dessen Überprüfung stärker in den Blick nehmen. Außerdem muss ein Schwerpunkt auf Demokratie- und Medienbildung in einer Kultur der Digitalität gelegt werden. Das ist eine Aufgabe für alle Lehrkräfte!
Weiter müssen Schulen echte demokratische Institutionen werden, die Bedürfnisse der Lernenden müssen ernst genommen werden, sie müssen echte Mitspracherechte bei der Gestaltung des Lernens, der Gebäude und der Strukturen bekommen. Nur wer wirklich mitbestimmt lernt demokratische Selbstwirksamkeit und vertrauen in die Funktionsweise von Demokratie.
Wir müssen akzeptieren, dass in einer immer komplexer werdenden Welt auch das Schulsystem komplexer wird. Es reicht nicht mehr Konzepte für Medien, Gewaltprävention, Suchtprävention, soziales Lernen, Methodenlernen und was es noch alles gibt, nebeneinander in den Schrank zu stellen. Wir müssen das alles zusammen denken, weil es zusammen gehört. Das ist natürlich komplex, aber Lehrkräfte können das. Dafür müssen sie sich natürlich permanent fortbilden, dafür braucht es entsprechende Ressourcen. In anderen Ländern funktioniert das ja auch.

Schulen müssen sich vernetzen, mit anderen Schulen aber auch mit anderen Bildungsträgern und Institutionen in den Kommunen, vom Gartenbauverein bis zur Volkshochschule. Dadurch lassen sich Synergien schaffen und der Blick weitet sich. Für die Schülerinnen und Schüler bieten sich außerschulische Lernorte und außerschulische Lehrende bereichern und entlasten die Schulen.
Vieles am Setting von Schule hat sich in den letzten 200 Jahren nicht geändert. Wir denken immer noch in Klassen, Fächern und Klassenarbeiten, alle Lernenden sollen im gleichen Alter, zur gleichen Zeit, im gleichen Raum, bei der gleichen Lehrkraft, im gleichen Tempo, mit dem gleichen Material, der gleichen Methode das gleiche Ziel gleich gut erreichen. Ob das je funktioniert hat, sei dahingestellt. Nach meiner Einschätzung funktioniert das immer schlechter. Alles muss auf den Prüfstand und neu gedacht werden. Das das möglich ist, zeigen real existierende Beispiel, dazu gleich mehr.
Wenn sich die Welt verändert, wie kann dann Schule stehen bleiben?
Werden wir aber erst einmal konkreter.

Was kann jede und jeder Einzelne tun?
Das Schwierigste ist, so zumindest meine Erfahrung, an Haltungen zu arbeiten. Die Rolle der Lehrkraft wandelt sich, sie wird vom Instrukteur zum Lernbegleiter oder zur Lernbegleiterin. Es geht darum die Lernenden bei ihrem Lernprozess zu unterstützen, sie zu „coachen“, ihnen beizubringen selbstorganisiert und individualisiert zu lernen. Dafür müssen wir ihnen auf Augenhöhe, frei von Adultismus und Klassismus, begegnen, sie in ihrer Persönlichkeit ernst nehmen, ihnen klar machen, dass sie ein Jemand sind und ihnen ein Growth Mindset mitgeben und ihr Potenzial erkennen und entfalten.
Wir müssen uns fortbilden, in Sachen Lernbegleitung, Potenzialentfaltung und einer Kultur der Digitalität. Diese Erkenntnisse müssen wir zur Unterstützung der Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler umsetzen.

Wir müssen jeden Lernprozess auch als Prozess für Demokratie- und Medienbildung sehen. Das geht, indem wir den Lernenden Mitbestimmungsrechte für ihren Lernprozess geben und wir sie bei schulischen Entscheidungen mitreden lassen und wenn wir in den Lernprozessen, wo es sinnvoll ist, mit Medien arbeiten, analog und digital. Lernprozesse lassen sich wunderbar mit digitalen Lernmanagementsystemen organisieren und von E-Portfolios begleiten, für so etwas finden sie hier auf der Messe Anbieter. So entsteht eine selbstverständliche Kultur der Digitalität, wie sie im „echten“ eben oft schon selbstverständlich ist.
Und zuletzt brauchen wir mehr Vernetzung und Austausch. Wir müssen mehr in Teams arbeiten und uns so gegenseitig entlasten, nicht jede Stunde, nicht jede Leistungsüberprüfung, nicht jede Unterrichtsentwicklung muss von Einzelnen immer wieder neu geplant werden. Durch gute Teamarbeit und konstruktiven Austausch lassen sich viele Ressourcen heben. Und das darf nicht am Schulzaun halt machen, das funktioniert auch mit anderen Schulen und sogar außerschulischen Partnern.

Schwieriger wird es dann auf der systemischen Ebene. Hier braucht man dann eine Schulleitung und Schulverwaltung, die Veränderungen mitträgt und man braucht ein Kollegium, das mitzieht, zumindest zu relevanten Teilen. Aber auch das geht, es gibt immer mehr Beispiele.
Elementar ist, dass man nicht einfach losrennt, das ist gefährlich. Viele gute Ideen zur Schulentwicklung verbrennen sofort, wenn sie nicht strategisch und inhaltlich klug geplant werden. Dafür ist es wichtig, sich mit Changemanagement und Organisationsentwicklung auseinander zu setzen. Dazu gibt es in allen Ländern Fort- und Ausbildungen.
Ebenso gibt es externe Begleitungen für diese Veränderungs- und Entwicklungsprozesse, teils von der Bildungsverwaltung, teils als Freelancer. Nutzen Sie das. Das sind die Profis für so etwas. Es ist keine Schande sich Profis in die Schule zu holen, mir ist ohnehin nicht klar, woher der Glaube kommt, dass Lehrkräfte und Schulleitungen alles können müssen, von der Erstellung von Hygienekonzepten bis zur Gefahrenabwehr oder Gewaltprävention. Dafür gibt es bessere externe Kräfte.
Schauen Sie über den Tellerrand, lernen Sie von Schulen, die sich schon verändert haben. Auch hier muss nicht immer das Rad neu erfunden werden. Innovative Schulen gibt es überall in Deutschland und diese kann man besuchen und sich mit ihnen vernetzen.

Verbreiten sie ihre Ideen, indem sie im Kollegium darüber reden oder Websites, Podcasts etc. empfehlen, suchen Sie sich Mitstreiterinnen und Mitstreiter, vernetzen sie Konzepte und arbeiten sie sich in die Komplexität schulischer Zusammenhänge und Konzepte ein.
Etablieren sie an Konferenzen oder pädagogischen Tagen neue Formate, die mehr Austausch ermöglichen, wie bei einem Barcamp. Platzieren sie dort innovative Schulentwicklungsthemen. Etablieren sie Mikrofortbildungen oder Fortbildungssnacks, zum Beispiel für kleine Aspekte der Digitalität, machen Sie Lust auf Neues.
Starten Sie kleine Prototypen und probieren sie gemeinsam mit Lehrkräften und/oder Lernenden neue Methoden, Prüfungsformate usw. aus. Wenn diese kleinen Projekte erfolgreich sind, entlasten und begeistern, dann breiten sie sich aus und werden zu Keimzellen der Veränderung. Aber auch hier ist es wichtig offen und transparent zu kommunizieren, bieten sie anderen an, mitzumachen, seien sie nicht böse, wenn die anderen nicht wollen. Starten sie keine „Geheimprojekte“, das fördert Argwohn.
Etablieren sie ein Qualitäts- und Projektmanagement, so arbeiten sie systematischer und zielgerichteter und sehen, ob Veränderungen wirksam sind. Auch hier gibt es Fortbildungen und externe Begleitung.
Wichtig ist: Veränderung braucht Zeit! Die komplette Neuausrichtung eines Systems kann durchaus fünf bis zehn Jahre dauern und verläuft nie gradlinig und problemlos, das müssen sie aushalten.

Ich kann es nicht oft genug sagen: Vernetzen sie sich! Das gibt Kraft, Orientierung und Rückhalt.
Es gibt bestehende Netzwerke zur Schulreform, die in Präsenz digital Fortbildungen und Workshops anbieten, dazu mehr auf der nächsten Folie.
Nutzen Sie soziale Netzwerke, ich profitiere persönlich sehr von BlueSky, dort sind viele fortschrittliche und digitalaffine Lehrkräfte vernetzt und tauschen sich über neue Ideen und Entwicklungen aus oder stehen mit Rat und Tat zur Seite.
Es gibt ein paar sehr gute Bücher zu Schulentwicklungsthemen in allen möglichen Varianten vom kleinen erbaulichen Bericht aus der Best Practice, bis zu dicken Wälzern mit Theorie zur Organisationsentwicklung.
Es gibt tolle Podcasts und Filme, die Lust auf Veränderung machen und von erfolgreichen Veränderungsprozessen erzählen.
Besuchen Sie Veranstaltungen mit Gleichgesinnten, das macht Lust und zeigt, dass man mit seinen Wünschen und  Sorgen nicht alleine ist.
Schauen sie sich gelungene Beispiele an, fahren sie mit Kolleginnen und Kollegen oder der Schulleitung in eine Schule, die ein innovatives Konzept entwickelt hat und schauen sie sich das vor Ort an.
Zum Beispiel können sie sich bei den Trägerschulen des Deutschen Schulpreis umschauen, das geht vor Ort, aber auch im Internet oder in entsprechenden Veröffentlichungen.

Jetzt wird es ganz konkret! Das sind aber nur Beispiele, die Links kommen auf der übernächsten Folie, mehr gibt es auf meiner Homepage und natürlich im  Netz.
Netzwerke zur Schulreform: Schulen im Aufbruch bietet Entwicklungsbegleitung an und basiert auf den Ideen von Margret Rasfeld, damit verbunden ist der Freiday, BeWirken bietet auch Unterstützung bei der Schultransformation an, mit dem Programm UnlearnSchool gelingt der Wandel zu einer Schulkultur mit Lernbegleitung, die Breuninger-Stiftung von Helga Breuninger und die Pioneers of Education von Silke Weiss bieten ebenfalls Coachingprogramme und Workshops und unterstützen Veränderungsprozesse.
Soziale Netzwerke zur Inspiration nutzen: Es gibt bei BlueSky, Instagram, Threads oder LinkedIn Lehrkräftebubbles, die neue Mitglieder mit offenen Armen empfangen. Die Schwelle ist wirklich niedrig, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Mein Social Media-Hub ist das BlueLZ auf BlueSky. Ich bin in den sozialen Medien selbst erst seit zweieinhalb Jahren aktiv und habe dort so viel gelernt und so wichtige Kontakte geknüpft.
Einschlägige Literatur lesen: Das sind nur ein paar Autorinnen und Autoren, die mich inspiriert haben, mehr gibt es auf meiner Homepage.

Podcasts, Filme: Podcasts lassen sich wunderbar beim Putzen oder Autofahren hören, File können sehr inspirierend sein. „Treibhäuser der Zukunft“ ist schon etwas älter, aber eigentlich Pflichtprogramm für Lehrkräfte. Den Film gibt es auf YouTube. „Bratsch – Ein Dorf macht Schule“ gibt es noch bis zum 28. Februar in der Mediathek von 3Sat, Radical gibt es auf DVD.
Veranstaltungen: Hier auf der Didacta kann man auch zahlreiche Inspirationen mitnehmen, empfehlenswert ist auch die jährliche Tagung der Mobilen Schule in Hannover. Es soll wohl auch eine Neuauflage des PxP-Festivals in Berlin geben mit Workshops, Vorträgen, Ständen und Musikprogramm. Jährlich findet auch der Deutsche Schulleitungskongress in Düsseldorf statt, nicht ganz günstig, aber mit hochkarätigem Speaker- und Workshop-Programm. Neu auf dem Markt ist das Futuromundo von Leonard Sommer diesen Sommer in Stuttgart.
Best Practice: Schauen sie sich die Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe, die Alemannenschule in Wutöschingen, eine der vielen anderen innovativen Schulen an, das sind die lebenden Beweise dafür, das Veränderung möglich ist und Schule zeitgemäß und wohltuend sein kann.

Zum Abschluss noch fünf ganz konkrete Projekte als Beispiele für ein gute Praxis:
DemoKI: Projekt der Friedensschule Osnabrück zur Verbindung von KI und Demokratie, sehr spannend und am Laufen.
Aula: Eine von von Marina Weisband gegründete Initiative, die praktische Demokratie und Digitalität in Schule vereint, mit Aula lassen sich demokratische Strukturen etablieren und digital organisieren.
WSH: Beispiel für eine Schule mit Kultur der Digitalität Die erste digitale Schule Niedersachsens. Dort gab es die ersten Tablet-Klassen, Schulleiterin ist Silke Müller, vielleicht dem einen oder der anderen als Autorin oder Redmerin bekannt.
Auch der Rote Salon der Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe ist ein tolles Projekt, bei dem Schulentwicklung unter Beteiligung der ganzen Schulgemeinschaft und sogar des Stadtteils stattfindet.
Und zuletzt der Freiday, bei dem ein Tag in der Woche kein klassischer Unterricht stattfindet, sondern im Sinne von schülerorientiertem Projektlernen, orientiert an den SDG, Schülerinnen und Schüler Selbstwirksamkeit erfahren.
Es gibt noch viele andere tolle Ideen, die hier den Rahmen sprengen würden wie das Fach Verantwortung oder das Leolab der Leonore-Goldschmidt-Schule in Hannover. Zum Thema KI muss man noch die Homepages von Joscha Falck, Manuel Flick, Hauke Pöhlert und Florian Nuxoll empfehlen, zur Medienbildung die zahlreichen Homepages wir Klicksafe und so weiter. All das würde aber den Rahmen sprengen.
Auf meiner Homepage gibt es dazu kuratierte Linksammlungen, eine Bücherliste, einen Newsletter, einen Blog und mehr. Ich freue mich, wenn sie vorbeischauen. Dort gibt es nach dem Wochenende dann auch diese Präsentation samt Vortragstext im Blog.

Hier gibt es die Links zu den konkreten Impulsen.
https://schule-im-aufbruch.de/, https://bewirken.org/, https://www.helga-breuninger-stiftung.de/, https://pioneersofeducation.online/
https://bsky.app/, https://www.instagram.com/, https://www.threads.net/, https://www.linkedin.com/
https://www.schulmun.de/buchtipps/
https://trello.com/b/7kLElfqe/podcast-box-bildung (Übersicht von Sebastian Staack)
https://www.didacta.de/, https://mobileschule-tagung.de/, https://pxp.one/festival/, https://deutscher-schulleitungskongress.de/, https://www.futuromundo.com/
https://www.ers-karlsruhe.de/, https://asw-wutoeschingen.de/, https://leonore-goldschmidt-schule.de/, https://www.wsh-hatten.de/
https://www.deutscher-schulpreis.de/

Und die Quellen zu den genutzten Studien.
•JIM-Studie 2024: https://mpfs.de/app/uploads/2024/11/JIM_2024_PDF_barrierearm.pdf
•ICILS-Studie 2023: https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&buchnr=4941
•Sonderausw. PISA: https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&buchnr=4993
•Bitkom 2024: https://www.bitkom.org/print/pdf/node/21985
•FNS 2025: https://www.freiheit.org/sites/default/files/2025-01/tabellenband_umfrage-desinformation_fnf_0.pdf
•Vodafone 2025: https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2025/01/KI_an_europaeischen_Schulen_IPSOS_DE-1.pdf
•Bertelsmann 2024: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/jung-kritisch-demokratisch
•Vodafone 2022: https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2022/04/Jugendstudie-2022_Vodafone-Stiftung.pdf
•Jugendwahlstudie 2025: https://www.generation-thinking.de/post/jugendwahlstudie-2025

Wer sich mit mir vernetzen will, kann das gerne tun. Einfach den QR-Code scannen und dann gibt es alle Vernetzungsmöglichkeiten in einem Linktree.
Ich hoffe, mein Vortrag war in irgendeiner Weise hilfreich, mir war es in jedem Fall ein Vergnügen.
Einen Punkt habe ich noch 😉 Ich glaube, dass die Realität an Schule sogar noch viel komplexer ist. Wir haben nämlich noch gar nicht über psychische und physische Gesundheit, Radikalisierung, Bubbles, Echokammern, Ernährung, soziales Lernen und so vieles mehr gesprochen. Dazu vielleicht beim nächsten mal mehr!
Vielen Dank, vernetzen sie sich und denken sie komplex!

Newsletter 24/25-11, 14.02.2025

Liebe Schulgemeinschaft,

ich habe im letzten Newsletter ja schon angekündigt, dass es in diesem Newsletter um Zeugnisse und Noten gehen soll.
Noten haben eine Funktion in der Bildungs- und Arbeitswelt, sie sollen selektieren und kategorisieren, sie suggerieren Objektivität und Vergleichbarkeit und stellen Berechtigungshürden für bestimmte Abschlüsse oder (hoch-)schulische Zugänge dar.
Die Empirie zeugt allerdings, dass das in der Realität nicht ganz so einfach ist. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Noten nicht objektiv und daher auch nicht vergleichbar sind. Ich verzichte jetzt darauf diese hier zu zitieren, wer mehr dazu wissen will, kann hier (https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/das-sagt-die-wissenschaft-ueber-noten/) oder hier (https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/213307/das-dilemma-mit-den-schulnoten/) anfangen zu recherchieren.
Noten und Zeugnisse sind vor allem Momentaufnahmen, sie sagen bestenfalls etwas über einen aktuellen Leistungsstand aus, aber nichts darüber, wie er zustande gekommen ist. Was ist eine bessere Leistung? Die 1 in Musik einer Tochter einer Konzertpianistin, die seit dem 3. Lebensjahr Geige spielt (jeden Respekt dafür!) oder die vier in Geschichte des vor einem halben Jahr in die Regelklasse in der Hauptschule integrierten Geflüchteten, der bis vor zwei Jahren noch kein Deutsch gesprochen hat und auch noch nie etwas von europäischer Geschichte im Mittelalter gehört hat?
Noten und Zeugnisse taugen auch nur sehr bedingt für eine berufliche oder soziale Zukunftsprognose. Die meisten Noten werden in Phasen des körperlichen, seelischen und kognitiven Reifungsprozesses vergeben und sagen daher eher weniger aus. Jeder kenn Beispiele von Menschen, die mit vermeintlich niederem oder gar keinem Abschluss fulminante Leistungen erbracht haben. Gerade neurodivergente Kinder kommen oft kaum mit dem Schulsystem zurecht, sind aber häufig die Kreativen, die wir im Leben brauchen.
Noten treffen aktuell auf eine Gesellschaft in einem enormen Transformationsprozess. Wissen, das früher noch mühsam memoriert werden musste, um es verfügbar zu halten, steht mittlerweile quasi in der Hosentasche zur Verfügung, selbst Prozesse für Reparaturen oder mathematische Operationen sind in Tutorials ubiquitär. Es kommt also zunehmend auf die Anwendung und den Prozess des Lernens an, darauf, wie ich in der Lage bin dieses Wissen zu verknüpfen, zu konstruieren und wieder zu dekonstruieren, ich muss in der Lage sein, dass Wissen kritisch zu hinterfragen und damit kreativ umzugehen.
Diese komplexe und kompetenzorientierte Dimension der Fähigkeiten lässt sich nicht mehr auf Ziffernnoten reduzieren, hier bedarf es in Schulen formativem Feedback und Prozessbegleitung durch Lehrkräfte.
Dazu kommt dann noch eine weitere Dimension: Dieses Wissen lässt sich nicht mehr in Fächern kategorisieren, sondern es muss über Fächer hinweg vernetzt gedacht und angewendet werden.
Ein weiteres Problemfeld bei Noten ist, dass sie nur einen (überkommenen?) Wissenskanon abdecken, der im 19. Jahrhundert entstanden ist. Noten sagen nichts über soziale Fähigkeiten oder nicht zu Kompetenzen im Bereich Modellbau oder zu kollaborativen und kommunikativen Fähigkeiten.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass wir ein Noten- und Selektionssystem in der Schule anwenden, das vielleicht in einer arbeitsteiligen Industriegesellschaft seine Berechtigung hatte, aber zunehmend nicht mehr kompatibel mit den globalen Veränderungen ist. Warum sonst legen große und renommierte Firmen, aber auch Handwerksbetriebe zunehmend weniger Wert auf Zeugnisse und veranstalten Assessment-Center oder lassen Probearbeiten? Vielleicht weil die Fähigkeit auswendig gelerntes Wissen in mehrstündigen Klausuren in Einzelarbeit wiederzugeben wenig mit der beruflichen Realität zu tun hat? Ich frage ja nur…

Ihr

Erik Grundmann

Warnung
Wir finden in letzter Zeit gelegentlich leere Dosen und Überreste von so genannten Nicopds auf dem Schulgelände, das sind kleine hochkonzentrierte Nikotin-Pads, die man sich hinter die Lippe in den Mund klemmt. Die Produkte sind teilweise verboten und ab 18. Mehr dazu gibt es zum Beispiel hier: https://www.deutschlandfunk.de/snus-pouches-nicopods-warum-gesundheitsexperten-vor-nikotinbeuteln-gerade-bei-jugendlichen-warnen-100.html oder hier https://www.dak.de/dak/gesundheit/psychische-gesundheit/sucht/nikotinbeutel_87164.

Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:

Spezialsammlung zur Bundestagswahl
Ich stelle hier einige interessante Seiten zur Bundestagswahl zusammen.
Der bekannte und beliebte Wal-O-Mat der BpB ist hier zu finden: https://www.wahl-o-mat.de/bundestagswahl2025/app/main_app.html. Wichtig zu wissen ist, dass hier nur Parteiprogramme, bzw. offizielle Positionen ausgewertet werden.
Am tatsächlichen Abstimmungsverhalten der Parteien im Bundestag orientiert sich der Real-O-Mat https://real-o-mat.de/ von „Frag den Staat“. Auch hier handelt es sich natürlich um eine Themenauswahl, die der Komplexität der Realität nicht gerecht werden kann.
Wahl.Chat ist ein KI-Chatbot, der es auf der Basis von Parteiprogrammen und anderen Informationen ermöglicht, „individuelle“ Fragen an die Parteien zu stellen: https://wahl.chat/. Auch hier ist natürlich Vorsicht geboten, KI neigt zum Halluzinieren.
Mit https://www.kandidierendencheck.de/bundestag von abgeordnetenwatch.de kann man die Kandidierenden aus dem eigenen Wahlkreis unter die Lupe nehmen.
All dies sind verkürzte Wege sich mit Politik auseinanderzusetzen, für eine wirklich seriöse Urteilsbildung müssen die Parteiprogramme studiert und die aktuellen Entwicklungen über seriöse Nachrichtenquellen dauerhaft verfolgt werden.
Ein interessantes Projekt ist auch https://bundestagswahl.ai/.

Interessantes
Am Montag kam der erste Teil der neuen SINUS-Studie 2024/2025 zum Thema „Zuversicht“ raus. Die Jugendlichen haben große Angst vor Krieg, Populismus und Extremismus, sehen die Zukunft Deutschlands und der Welt überwiegend pessimistisch, sind aber mit ihrem Leben zufrieden und optimistisch, was ihre persönliche Zukunft angeht: https://www.barmer.de/resource/blob/1295344/a7f57a64d056b7e6dd12b885eff681c6/sinus-studie-jugendbericht-2024-2025-kapitel-zuversicht-data.pdf.
Marlen Buri aus der Schweiz startet im Rahmen einer Weiterbilddung einen Blog zum Selbstregulierten Lernen: https://marlenburi.lilo.page/.
In seiner Kolumne bei t-online schreibt Bob Blume über das Fehlen der Interessen von Kindern und Jugendlichen im aktuellen Wahlkampf: https://www.t-online.de/leben/kolumne-bob-blume/id_100592168/bundestagswahl-die-zukunft-von-deutschland-wird-vergessen.html. Siehe dazu auch die Buchempfehlung im letzten Newsletter.
Dieter Dohmen sieht im ntv-Podcast den Kollaps des Schulsystems: https://www.n-tv.de/panorama/Der-Absturz-der-Friedrich-Bergius-Schule-Das-Schulsystem-befindet-sich-mitten-im-Kollaps-article25542935.html.
Am 11.02. war „Safer Internet Day“, Infos hierzu gibt es zum Beispiel bei der ohnehin sehr empfehlenswerten Seite „Klicksafe“: https://www.klicksafe.de/sid25.
Bei der Bundestagswahl mischen im Wahlkampf KI-generierte Fakeprofile, besonders von jungen Frauen, mit Fakenews mit: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/kontext/rechte-ki-influencer-100.html. (Eigentlich müsste dieser Link in die Kategorie Social Media und/oder KI, was zeigt, dass die Zusammenhänge immer deutlich werden, naja, interessant ist es allemal, denn es unterstreicht noch einmal, wie wichtig Demokratie- und Medienbildung sind!).
Die Zeitbild-Stiftung hat ein digitales Buch der Demokratie herausgegeben, in dem um das Aufdecken von Verschwörungstheorien geht: https://www.zeitbild-stiftung.de/projekte/buchderdemokratie/.
„Brand eins“ erzählt die wunderbare Geschichte von „Tumo“ einem innovativen Lernkonzept aus Armenien, das mittlerweile die Welt erobert: https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2025/kommunikation-in-nervoesen-zeiten/armenien-ein-land-im-lernfieber. In Frankfurt am Main entsteht übrigens gerade auch ein Tumo-Zentrum: https://www.tumoffm.de/.

Smartphone und Social Media
Bei jüngeren und TikTok-affinen Kindern und Jugendlichen wird aktuell der Song „Sigma Boy“ gehyped. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland hat dazu einen Interessanten Artikel mit Hintergrundinformationen bereitgestellt (Spoiler: Es geht um Russland, toxische Männlichkeit und Hypemuster in sozialen Medien): https://www.rnd.de/wirtschaft/sigma-boy-auf-tiktok-warum-ein-russischer-popsong-die-sozialen-medien-erobert-6ZQTSWVB6ZCUJGIUMQJ5HPT4OI.html.
Viele Kinder und Jugendliche nutzen die Spieleplattform Roblox, doch auch diese Plattform wird u.a. für Cybergrooming missbraucht (siehe auch die Sehempfehlung): https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/roblox-cybergrooming-online-spiele-100.html.
Sehr gute Analyse der Hessenschau zu Desinformationskampagnen zur Wahlbeeinflussung auf Social Media: https://www.hessenschau.de/politik/bundestagswahl/bundestagswahl-wie-desinformation-auf-social-media-waehler-beeinflusst-v1,btw25-desinformation-100.html.
Neuneinhalb zeigt in der ARD-Mediathek einmal wie man TikTok zur Information nutzen kann: https://www.ardmediathek.de/video/neuneinhalb/informieren-auf-tiktok-so-geht-s/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtNzk0MGQxNmUtZmI3MS00MWJmLWJhZWQtZTIxZWQ0NWE5Y2Q5?isChildContent.
Der Kompetenzverbund lernen:digital veranstaltet einen Community Call zum Thema „Smarter ohne Phone? Die Nutzung von Handy und Social Media in der Schule“ mit spannenden Speakern. Anmeldung über: https://lernen.digital/veranstaltungen/smarter-ohne-phone-die-nutzung-von-handy-und-social-media-in-der-schule/.

KI
Doris Weßels schreibt im Blog von FelloFish über KI-Agentensysteme, die weit autonomer agieren als Chatbots. Ich habe schon mehrfach gelesen und gehört, dass diese Agentensysteme das neue heiße Ding in 2025 werden sollen, also besser jetzt noch etwas schlau machen: https://www.fellofish.com/blog/agentic-learning-workflows-aufbruch-in-neue-bildungswelten.
Es gibt einen neuen KI-Detektor, speziell für deutsche Texte, ein Schnelltest war überraschend gut. 1000 Zeichen können kostenlos und ohne Anmeldung getestet werden. Sicher nicht gerichtsfest, aber vielleicht eine Hilfe: https://www.detectora.de/.
Im Blog „KI im Klassenzimmer“ von „Der Standard“ geht es dieses Mal um den Einfluss von KI auf Korrekturen: https://www.derstandard.at/story/3000000252004/ki-statt-rotstift.
KI erweckt nicht nur Tote zum Leben, sondern nimmt auch Einfluss auf unsere Erinnerungskultur, doch dabei ist Vorsicht geboten. Der NDR berichtet am Beispiel von Anne Frank: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/kulturjournal/Anne-Frank-als-KI-Version-Erinnerungskultur-im-Wandel,kulturjournal9992.html.

Tipps für den Unterricht
Heute gibt es mal eine tolle Seite für den Physikunterricht! Michael Freeman stellt auf seiner Seite anschauliches und vor allem interaktives Material zu verschiedenen Themenbereichen aus der Physik zur Verfügung. Ist zwar auf Englisch, aber gut: https://sites.google.com/view/afreeparticle/interactives.
Er arbeitet dabei häufig mit desmos, einem Tool zur interaktiven Visualisierung mathematischer Funktionen: https://www.desmos.com/?lang=de. Und wenn wir gerade dabei sind, könnte auch diese Seite für Mathematik interessant sein: https://de.mathigon.org/.
Stefan vom Podcast „Laberfach“ hat seine Materialen zu „Woyzeck“ geteilt: https://www.laberfach.de/2025/02/08/mat02/. Siehe auch Hörempfehlung.
Auch für Sportlehrkräfte ist heute etwas dabei. QUA-LIS NRW hat eine Taskcard zu Apps und digitalen Medien im Sportunterricht erstellt: https://www.taskcards.de/#/board/fd07b560-173e-4202-bd11-d256b3f7434b/view.
Elke Höfler von der Uni Graz hat eine wunderbare Übersicht über Mythen und unsichtbare Effekte beim Lernen erstellt: https://digitalanalog.at/lernen/von-matthaeus-bis-matilda-wie-unsichtbare-effekte-unser-lernen-beeinflussen/.
Das Deutsche Schulportal stellt eine Studie zum Üben vor, die für „verschachteltes Üben“ wirbt: https://deutsches-schulportal.de/bildungsforschung/warum-verschachteltes-ueben-so-nachhaltig-ist/.
Niels Winkelmann hat einen wunderbaren Blogbeitrag zur Arbeit mit Taskcards bei der Abiturvorbereitung in einer Kultur der Digitalität geschrieben: https://digilog.blog/2025/02/12/wiederholen-mit-taskcards/.

Leseempfehlung
Um den ganzen dystopischen Entwicklungen in der Realität etwas entgegenzusetzen, empfehle dieses Mal „Wir können auch anders. Aufbruch in die Welt von morgen“ der Ökonomin Maja Göpel (Berlin 2022), die uns zeigt, wie wir es in eine lebenswerte Zukunft schaffen können.

Hörempfehlung
Aladin El Mafaalani ist zu Gast bei Isabell Probsts Podcast und spricht über seine Vergangenheit als Lehrer und die Zukunft des Schulsystems: https://lifeafterlehramt.podigee.io/32-aladin-el-mafaalani.
Für alle Deutsch-Lehrkräfte, Deutsch-Schülerinnen und -Schüler oder zum Lernen fürs Abitur ist der Podcast „Laberfach“ eine unbedingte Empfehlung: https://www.laberfach.de/.

Sehempfehlung
ZDF-Doku zu den Gefahren auf Roblox: https://www.zdf.de/dokumentation/die-spur/roblox-kinderspiel-online-gefahr-100.html.

Veranstaltungsempfehlung
Safe the Date! Es ist mir gelungen am 30.09.2025 Silke Müller mit Ihrem Vortrag zu Gefahren im Netz ins Bürgerhaus Dreieich zu holen! Infos zu Silke Müller gibt es hier: https://silkemueller.com/. Nähere Infos zu Ticketing etc. folgen.

Spaß im Netz
Heute gibt es einen polyglotten Liebesliedgenerator von Bodo Wartke: https://www.bodowartke.de/liebesliedgenerator/de/. Vielen Dank an die Kollegin Reinelt für den tollen Tipp!

Newsletter 24/25-10, 31.01.2025

Liebe Schulgemeinschaft,

ich habe noch nie so lange überlegt, über was ich in einem Newsletter schreiben soll. Meistens habe ich schon Wochen oder zumindest Tage im Voraus ein Thema im Kopf, welches dann gärt und sich konkretisiert, doch dieses Mal fällt es mir schwer.
Ich mag mich eigentlich nicht mit aktuellen weltpolitischen Entwicklungen oder denen in unserem Land auseinandersetzen. Hierzu gibt es am Ende auch nur einen zentralen Aspekt festzuhalten:

„(2) Die Schulen sollen die Schülerinnen und Schüler befähigen, in Anerkennung der Wertordnung des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Hessen

1. die Grundrechte für sich und andere wirksam werden zu lassen, eigene Rechte zu wahren und die Rechte anderer auch gegen sich selbst gelten zu lassen,

2. staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen und sowohl durch individuelles Handeln als auch durch die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen mit anderen zur demokratischen Gestaltung des Staates und einer gerechten und freien Gesellschaft beizutragen,

3. die christlichen und humanistischen Traditionen zu erfahren, nach ethischen Grundsätzen zu handeln und religiöse und kulturelle Werte zu achten,

4. die Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Achtung und Toleranz, der Gerechtigkeit und der Solidarität zu gestalten,

5. die Gleichberechtigung von Mann und Frau auch über die Anerkennung der Leistungen der Frauen in Geschichte, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft zu erfahren,

6. andere Kulturen in ihren Leistungen kennen zu lernen und zu verstehen,

7. Menschen anderer Herkunft, Religion und Weltanschauung vorurteilsfrei zu begegnen und somit zum friedlichen Zusammenleben verschiedener Kulturen beizutragen sowie für die Gleichheit und das Lebensrecht aller Menschen einzutreten,

8. die Auswirkungen des eigenen und gesellschaftlichen Handelns auf die natürlichen Lebensgrundlagen zu erkennen und die Notwendigkeit einzusehen, diese Lebensgrundlagen für die folgenden Generationen zu erhalten, um der gemeinsamen Verantwortung dafür gerecht werden zu können,

9. ihr zukünftiges privates und öffentliches Leben sowie durch Maßnahmen der Berufsorientierung ihr berufliches Leben auszufüllen, bei fortschreitender Veränderung wachsende Anforderungen zu bewältigen und die Freizeit sinnvoll zu nutzen.“

Das ist der §2 des Hessischen Schulgesetzes und daran sind wir Lehrkräfte gebunden, wir sind zur Mäßigung verpflichtet, Neutralität bedeutet nicht, dass wir Verstöße gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung hinnehmen müssen, im Gegenteil, wir sind sogar aufgefordert, diesen entgegenzutreten.
In der Schule läuft es gut, wir sind weiter auf einem guten Weg, heute erscheint unsere neue Schülerzeitung (online abrufbar unter: https://www.wfs-dreieich.de/wp-content/uploads/2025/01/Fomo-Heft1.pdf) , wir hatten die erste Sitzung der DNA-Gruppe (Mehr Informationen dazu gibt es hier: https://www.schulmun.de/2025/01/16/wfs-06-auf-in-das-2-jahr-die-dna-arbeitet/), die Stimmung scheint mir im Großen und Ganzen gut zu sein. Sicher gilt das nicht in jedem Detail, die vielen Lehrkräftewechsel sind zum Beispiel für alle Teile der Schulgemeinschaft ein Ärgernis, lassen sich aber leider nicht vermeiden. Nächste Woche stehen die Zeugnisse an, denken Sie daran, dass die Kinder mehr sind als die Noten auf den Zeugnissen! Das werde ich im nächsten Newsletter noch etwas vertiefen, womit das Themenfindungsproblem in zwei Wochen schon einmal gelöst ist.
Ich bitte um Nachsicht, dass ich dieses mal im Wesentlichen „nur“ ein Gesetz zitiert habe, wenn auch ein wichtiges.

Ihr

Erik Grundmann

Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:

Aktuell: Gerade kam noch eine weiter Warnung vor einer TikTok-Challenge rein, dieses Mal geht es wohl darum große Mengen Paracetamol zu nehmen:
https://www.swissinfo.ch/ger/%22paracetamol-challenge%22-auf-tiktok-beunruhigt-%c3%84rzte/88803551

Interessantes
Michael Drabe hat eine, mittlerweile vierteilige, Serie zur datengestützten Schul- und Unterrichtsentwicklung gestartet, hier geht es zu Teil eins: https://schule-in-der-digitalen-welt.de/1-evaluation/.
Lesenswertes Interview mit Raúl Krauthausen über Inklusion: https://www.news4teachers.de/2025/01/es-sind-ja-nicht-die-behinderten-kinder-schuld-dass-lehrerinnen-immer-mehr-machen-muessen-raul-krauthausen-ueber-inklusion/.
Die Verbraucherzentrale Hessen hat ein umfangreiches Glossar zum Thema Datenschutz erstellt: https://www.verbraucherzentrale-hessen.de/wissen/digitale-welt/datenschutz/datenschutzrecht-wichtige-begriffe-zum-datenschutz-erklaert-55444.
Nach einer repräsentativen Forsa-Befragung im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) ist Gewalt gegen Lehrkräfte auf einem hohen Niveau: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/gewalt-lehrer-studie-100.html.
Bob Blume appelliert in seiner Kolumne beim Deutschen Schulportal für mehr Unterstützung der Lehrkräfte beim Umgang mit Hass und Fakenews: https://deutsches-schulportal.de/kolumnen/wenn-lehrkraefte-mit-dem-hass-allein-gelassen-werden/.
Jan Martin Wiarda setzt sich auf seinem Blog mit den Vorschlägen von Schopper, Prien und Hubig auseinander, die u.a. mehr messbare Bildungsziele fordern: https://www.jmwiarda.de/2025/01/20/neue-ambitionen-auf-dem-weg-zur-bildungsrepublik/.
Nature schreibt darüber, warum Kinder mehr Risiko beim Spielen eingehen müssen: https://www.nature.com/articles/d41586-024-04215-2.
Die Montag Stiftung hat eine tolle Website zum Thema Schulbau gestartet: https://schulbauopensource.de/.

Smartphone und Social Media
Eine Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung zeigt, dass Junge Menschen und TikTok-Nutzer besonders anfällig für Desinformation sind: https://www.zeit.de/digital/internet/2025-01/studie-desinformation-tiktok-junge-menschen.
Andrea Buhl-Aigner, renommierte Smartphone-Coach, stellt acht Tipps für einen bewussten Umgang mit Smartphones in der Familie und zwanzig Maßnahmen dazu zur Verfügung (Voraussetzung ist Registrierung beim abbestellbaren Newsletter): https://www.smartphonecoach.org/8-tipps-fuer-einen-bewussten-umgang-mit-smartphones/.
Ein Bericht des NDR über ein erfolgreiches Präventionsprogramm gegen Cybermobbing in Hamburg: https://www.ndr.de/kultur/Cybermobbing-Jedes-sechste-Schulkind-in-Deutschland-betroffen,cybermobbing406.html.
TikTok macht mal wieder mit einer Challenge von sich reden: https://www.srf.ch/news/schweiz/amokdrohungen-an-schulen-ein-tiktok-trend-der-fuer-aufwand-und-aerger-sorgt.

KI
Manuel Flick, Philipp Sölken & Niels Winkelmann haben einen empfehlenswerten Leitfaden zu KI und Facharbeiten erarbeitet: https://digilog.blog/2025/01/22/ki-und-facharbeiten-ein-leitfaden-fuer-den-unterricht/.
Joscha Falck hat einen sehr guten Blogbeitrag zum Thema „Prompting verstehen“ geschrieben: https://joschafalck.de/prompting-verstehen/.
Die Vodafone-Stiftung hat Schüler zum Thema „KI an europäischen Schulen“ befragt: https://www.vodafone-stiftung.de/europaeische-schuelerstudie-kuenstliche-intelligenz/.
Ab Februar tritt eine neue Stufe des AI Act der EU in Kraft, was das für Schulen bedeutet, ist allerdings noch umstritten, dazu der Standard: https://www.derstandard.de/story/3000000253344/ki-kompetenzen-ai-act-strafe. Fobizz bietet dazu schon Webinare an.
In diesem Video zeigt Hauke Pölert, wie man mit Napkin.ai Grafiken aus Texten erstellt: https://www.youtube.com/watch?v=y1pMMWjlepo.
Die Weltbank bloggt über den erfolgreichen Einsatz von KI in Nigeria: https://blogs.worldbank.org/en/education/From-chalkboards-to-chatbots-Transforming-learning-in-Nigeria.

Tipps für den Unterricht
Wer es noch nicht kennt: https://simpleshow.com/de/ ist ein einfaches und praktisches Tool zur Erstellung von Erklärvideos.
Für Informatiker eine Variante des Brettspiels »Turing Machine – Der Lochkarten-Computer«: https://apfelfreunde.de/2025/01/25/lochkarten/.
Taskcard zu „Deeper Learning“ von Cornelia Stenschke: https://www.taskcards.de/#/board/448fe454-5b72-4832-8e6c-9a7cc321d16c/view?token=b4b74cb3-0588-4aea-9be5-77fd65f90f4a.
Etwas für den PoWi-Unterricht; Simon Meier-Vieracker hat Heatmaps mit den wichtigsten Worten aus den aktuellen Wahlprogrammen erstellt: https://btw25heatmaps.streamlit.app/, sehr interessant.
Frank Ehspanner hat einen Geschichtenwürfel programmiert, mit dem man kleine Piktogramme aus einem Zufallsgenerator geriert, die dann als Schreib- oder Erzählanlass dienen können: https://geschichtenwuerfel.de/.

Leseempfehlung
Ich empfehle dieses Mal das neue Buch von Aladin El Mafaalani: Kinder; Minderheit ohne Schutz; Aufwachsen in der alternden Gesellschaft, Köln 2025. Mit Sebastian Kurtenbach und Klaus Peter Strohmeier beschreibt er, warum Kinder für die Politik kaum eine Rolle spielen (Spoiler: Sie sind keine relevante Wählerschicht) und was zu tun wäre.

Hörempfehlung
Romy Kopsch und Markus Väth sprechen im „Radikalen Salon“ mit Stefan Ruppaner: https://radikalarbeiten.podbean.com/e/revolutionare-schulkonzepte-im-gesprach/.
Bei mobile.schule gibt es eine kleine und feine Übersicht zu Podcasts aus dem Bildungsbereich: https://mobileschule.net/podcast.

Sehempfehlung
Der Hase der Hoffnung, der die ERS Karlsruhe schon durch die Pandemie begleitet hat, meldet sich wieder einmal zu Wort: https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=uDsulCXfq1k.
KI beeinflusst unser Leben auf vielen Ebenen, in der ARD Mediathek gibt es ein Doku zu einer Frau, deren toter Mann als KI weiterlebt: https://www.ardmediathek.de/film/mein-mann-lebt-als-ki-weiter-oder-doku/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kZXJlaWhlbi8zMGUxZjlmYi0yN2YzLTRhZGQtYmU4Ny0yMWM4OGU0OTE3N2UvMzI3MDM2MzYtMjZjMC00YzA1LWI2ZTctNzQzNDU1YzI4YTVm.

Veranstaltungsempfehlung
Die didacta findet vom 11. bis 15. Februar 2025 auf dem Messegelände Stuttgart statt. Die Weibelfeldschule wird dort auch wieder präsent sein.

Spaß im Netz
Schon was älter, aber gut:
https://www.youtube.com/watch?v=nPrWo5pEvyk&t=241s.

2025-05: Lehrkräftegesundheit

Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 und 2025 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema sind unter dem Beitrag zu finden. Zusätzlich hat Susanne Posselt hier eine beschreibbare Taskcards-Pinnwand erstellt. Die gibt’s hier.

Ich überlege schon länger, was ich zu diesem Thema beitragen kann und muss gestehen, dass das für mich persönlich ein etwas blinder Fleck ist.
Natürlich versuche ich in der Schule Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Kollegium Möglichkeiten zur Gesunderhaltung schaffen, so schwer das in unserem Job ist. Wir nehmen an einem Zertifizierungsprogramm des Ministeriums teil, welches Bewegung und Achtsamkeit für alle in Schule fördern soll, ich führe aktuell jede Woche sogenannte Integrationsgespräche mit Kolleginnen und Kollegen, die eine hohe Anzahl an Krankheitstagen haben, um Möglichkeiten auszuloten deren Dienstfähigkeit zu erhalten. Am Ende gehört das aber auch zu den Aufgaben, für die ich nicht ausgebildet bin und von denen ich nicht wirklich Ahnung habe.
Ich weiß, das viele Kolleginnen und Kollegen hohe Belastungen haben, die sicher nicht gesund sind, dass es keine geregelten Pausenzeiten oder vernünftige Rückzugsmöglichkeiten gibt. Ich weiß, dass wir unter entgrenzten Arbeitszeiten leiden und zunehmend mit Schicksalen konfrontiert werden, mit denen wir schwer zurecht kommen und oft genug alleine gelassen sind.
Ich weiß auch, dass ich als Schulleiter viele Kolleginnen und Kollegen mit Konferenzen, Klassenkonferenzen, Berichten, Stundenplanänderungen, Lerngruppenwechseln und vielem mehr belaste, habe aber oft keine Ideen, wie ich das entlastender gestalten kann.
Wir brauchen alle echte Entlastung zur Erhaltung unserer Gesundheit. Wir müssen wirklich Dinge abschaffen, alles muss auf den Prüfstand: Förderpläne, Halbjahreszeugnisse, Klassenarbeitszahlen, Lehrplaninhalte, Dokumentationspflichten usw. Studien zeigen ja, dass nicht nur die Gesundheit der Lehrkräfte leidet, sondern auch die der Schülerinnen und Schüler.

Und zuletzt bin ich bei der Gesunderhaltung auch kein gutes Vorbild. Und arbeite deutlich mehr Stunden als ich muss, ich lege Termine in die Mittagspause, Esse am Computer, zu viel und zu ungesund. Ich treibe zu wenig Sport und sitze zu viel am Schreibtisch. Anders ist das Pensum aber oft kaum zu bewältigen, zumal ich ja auch noch daran interessiert bin, Schulentwicklung zu betreiben, für eine hoffentlich bessere Zukunft. Auch bei den Aufgaben für Schulleitungen bedarf es der Deimplementierung.

Am Ende stelle ich fest, dass dieses Thema der Blogparade eines ist, zu dem ich keinen wirklich konstruktiven Beitrag leisten kann. Das ist eigentlich eine Katastrophe.

Weitere Beiträge:
Herr Mess: https://herrmess.de/2025/01/23/edublogparade-2025-folge-1-lehrergesundheit/.
Frank Zinecker: https://schulgedanken.de/blogparade-lehrergesundheit.
Frau Kreis: https://fraukreis.wordpress.com/2025/01/26/edublogparade-2025-folge-1-lehrkraftegesundheit/.
Susanne Posselt: https://susanneposselt.de/lehrkraeftegesundheit/.

Newsletter 24/25-09, 17.01.2025

Liebe Schulgemeinschaft,

ein neues Jahr beginnt und damit viele neue Chancen.
ich glaube, dass 2025 für die Weibelfeldschule ein wichtiges Jahr wird (und für die gesamte Welt).
Wir haben im vergangenen Jahr mit der Gründung der DNA-Gruppe, der stärkeren Einbeziehung von Schülerinnen, Schülern und Eltern, der Umwandlung in eine Selbstständige Schule und zunehmender Vernetzung eine gute Basis für unsere Weiterentwicklung 2025 geschaffen. Wir werden die begonnenen Prozesse fortführen und wichtige Weichen stellen, zum Beispiel bei der Handynutzung, der Gewaltprävention, beim Hauptschulkonzept und letztlich bei der Professionalisierung unser aller Haltung.
Zum Thema Haltung hat Micha Pallesche kürzlich auf LinkedIn einen Beitrag geschrieben. Er bezieht sich auf Katrin Halfmann, mit der ich mich im Newsletter 24/25-05 (https://www.schulmun.de/2024/11/07/newsletter-24-25-05-01-11-2024/) auseinandergesetzt habe und kommt zu folgendem Schluss:
„Bislang verstehen sich Lehrende in der Breite noch immer als Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer, deren zentrale Aufgabe es ist, bestehende Inhalte, Wissen, Regeln, Kultur und Bedeutung an Schülerinnen und Schüler zu vermitteln (vgl. Allert und Asmussen 2017, 49f.) Transformationsprozesse vor dem Hintergrund des oben formulierten Haltungsbegriffes, gelingen jedoch nur in Gemeinschaft. Das Rollenverständnis von Lehrenden als Einzelkämpfer muss daher überwunden werden. Es geht vielmehr darum, sich kooperativ in Teamstrukturen als Gestalterin oder Gestalter von Lernprozessen zu betrachten, die wiederum Schülerinnen und Schüler befähigen, sich aktiv und gemeinschaftlich den Veränderungsprozessen und Herausforderungen unserer Gesellschaft zu stellen, diese mitzugestalten und durch das Verständnis eines kollektiven Haltungsbegriffs Kultur zu schaffen.“ (https://www.linkedin.com/pulse/haltung-ist-das-eigentlich-micha-pallesche-1e/).
Genau so sehe ich das auch!
Ich wünsche mir ehrliche, offene und konstruktive Debatten für unsere weitere Schulentwicklung. Stillstand ist keine Option. Mein persönlicher Fokus liegt neben mehr selbstorganisiertem Lernen und Feedback für die Lernenden auf mehr Demokratie- und Medienbildung.
Außerdem muss es uns gelingen mehr Raum für Austausch zur Schulentwicklung und zu pädagogischen Aspekten zu schaffen. Daher (vgl. die entsprechenden Links unten) müssen wir gleichzeitig versuchen Arbeitsschritte und -routinen zu identifizieren, bei denen wir De-Implementieren können. Wir müssen Handlungsfelder identifizieren, und dazu gehören meiner Meinung nach zum Beispiel Aufsicht und Durchsetzung von Schulregeln, die wir in den Fokus nehmen und durchsetzen. Für all das brauchen wir eine Professionalisierung im Bereich von (evidenzbasiertem) Qualitäts- und Projektmanagement.
Ein weiteres wichtiges Thema wird das Schulklima sein. Ich fürchte, dass negative Aspekte beim gesellschaftlichen Klima auf die Schule ausstrahlen und wir deshalb pädagogisch noch mehr gefordert werden. Darauf sollten wir uns vorbereiten. Wichtig ist auch hierbei, dass wir uns eng abstimmen und situativ und agil reagieren.
Wir wissen aus der Organisationsentwicklung, dass Change-Management auch mit Widerständen und Arbeit verbunden ist. Wir sind jetzt in der Phase, in der wir erste Fernziele ins Auge fassen müssen und ins Handeln kommen sollten. Wenn wir auch in zehn Jahren noch in der Lage sein wollen unsere Arbeit gern und gut zu machen, müssen wir die Entwicklungen in der Gesellschaft, der Wissenschaft und der Technik annehmen und in unserer Arbeit aufnehmen. Wir erleben gerade überall disruptive und tiefgreifende Veränderungen wie schon lange nicht mehr, darauf müssen wir reagieren. Packen wir es an!

Ihr

Erik Grundmann

Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:

Interessantes
Das Deutsche Schulportal bietet einen Überblick über wichtige Termine für Schulen 2025: https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/das-kommt-2025-auf-die-schulen-zu/. Und Lehrer News zeigt einen Rückblick auf 2024: https://www.lehrer-news.de/blog-posts/krisenjahr-bildung-ein-rueckblick-auf-die-bildungspolitik-2024.
Michael Drabe hat eine Serie mit einem „Plädoyer für datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung“ gestartet. Ich finde, daran kann sich jede Schule orientieren: https://schule-in-der-digitalen-welt.de/1-evaluation/.
Hauke Pölert bloggt über die Sinnlosigkeit von Korrekturen und die Sinnhaftigkeit von Feedback: https://unterrichten.digital/2025/01/06/korrekturen-feedback-de-implementierung-wisniewski/. (Vgl. dazu auch die Hörempfehlung zum Podcast von Bob Blume)
Die Medienanstalt für Baden-Württemberg fasst die JIM-Stuide 2024 zusammen: https://www.lfk.de/forschung/mediennutzungsstudien/jim-studie-2024.
Interessant: Unterschiedliche Perspektiven auf die Rolle von Schulaufsicht aus Berlin und Niedersachsen: https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/schulaufsicht-koennte-so-viel-mehr-sein-als-nur-kontrolle/.
Christian Füller berichtet vom Modell der „Lausitzer Lehrprobe“, bei dem Lehramtsstudierende schon früh an Schulen eingesetzt und dabei professionell begleitet werden: https://pisaversteher.com/2024/12/27/lausitzer-lehrprobe-breitet-sich-aus/.
David Epstein beschreibt in seinem Blog „The Christmas Tree Effect“ und warum wir nicht immer nur Dinge implementieren können, sondern auch Deimplementieren müssen: https://davidepstein.substack.com/p/the-christmas-tree-effect.
Tim Engartner hat auf heise.de ein kluges Interview zu Big Tech, Digitalisierung und Prioritäten in Schulen gegeben: https://www.heise.de/hintergrund/Raus-aus-der-Bildungsfalle-Warum-Digitalisierung-kein-Allheilmittel-ist-10218738.html.
Bei Wolters Kluwer kann man die „Zukunftsstudie Schulmanagement 2024 – Digitalisierung im Schulleitungsalltag“ herunterladen: https://www.wolterskluwer.com/de-de/know/zukunftsstudie-schulmanagement-2024.
Der https://www.kuketz-blog.de/ ist eine gute Anlaufstelle für viele Datenschutzfragen, auch im schulischen Kontext.

Smartphone und Social Media
„Brain-Rot“ ist das Oxford-Wort des Jahres 2024 und ist mittlerweile durch Studien belegt, dazu der Standard: https://www.derstandard.at/story/3000000251107/brain-rot-durch-social-media-ist-medizinisch-nachweisbar und El Pais: https://english.elpais.com/technology/2024-12-26/the-effects-of-brain-rot-how-junk-content-is-damaging-our-minds.html.
Johannes Drosdowski kritisiert in der taz die sich anbahnende „Verbotskultur auf Social Media“: https://taz.de/Verbotskultur-auf-Social-Media/!6052977/.
Kritisch sieht das auch Sebastian Meineck bei netzpolitik.org: https://netzpolitik.org/2024/social-media-verbot-in-australien-jugendschutz-nach-dem-prinzip-ohrfeige/.
Eine weitere Kritik von Philippe Wampfler richtet sich explizit an Jonathan Haidt: https://schulesocialmedia.com/2024/09/19/das-problem-mit-generation-von-angst-von-jonathan-haidt/.
Haidt wiederum fordert bei „wired“ Politik und Tech-Firmen zum Handeln auf und erwartet in 2025 große Veränderungen: https://www.wired.com/story/digital-social-media-safeguards-children-policy/.
Die taz zur Ausbeutung von „Clickworkern“ in Afrika, die sich mit einer Klage gegen Meta wehren: https://taz.de/Meta-Mitarbeitende-in-Kenia-wehren-sich/!6058005/.

KI
Bericht des Deutschen Schulportals über zwei Studien zum Nutzen und Schaden von KI beim Lernen: https://deutsches-schulportal.de/bildungsforschung/wann-ki-beim-lernen-hilft-und-wann-sie-schadet/. Spoiler: Entscheidend ist, wie und wofür KI genutzt wird. Das sieht auch Ulrike Cress in Forschung & Lehre so: https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/ki-kann-lernende-unterstuetzen-oder-ihre-anstrengungen-verhindern-6811.
Die TU-München stellt eine Metastudie zu Chatbots im Unterricht vor. Chatbots sind geeignet argumentative Lernprozesse zu strukturieren, als Lernassistent und Prüfungsleistungen zu fördern, sowie das Behalten und die Lernbereitschaft. Unklar ist, ob auch kritisches Denken gefördert werden kann und inwiefern sich ein Neuigkeitseffekt zeigt: https://www.clearinghouse.edu.tum.de/lehrstrategien/chatbots-im-unterricht-welche-lernergebnisse-werden-unterstuetzt/.
Daniel Borowski sammelt in einer TaskCard Tipps und Beispiele zu KI-Tutoren: https://hb.taskcards.app/#/board/1ac2ccb7-00a6-4a1f-9ee6-adcffc7355bd/view?token=1ee7ba94-2eaa-4717-886c-464cc5889dce.
Bob Blume hat bei einer Klassenarbeit die Nutzung von KI zugelassen und schildert hier seine Erfahrungen: https://deutsches-schulportal.de/kolumnen/bob-blume-kuenstliche-intelligenz-in-klassenarbeiten-ein-schritt-in-die-zukunft/. Ich habe das im November auch bereits bei einer E-Phase im Abendgymnasium getestet, mein Erfahrungsbericht findet sich hier: https://www.schulmun.de/2025/01/06/2024-28-open-book-klausur-mit-ki-nutzung-ein-erfahrungsbericht/.
Der Guardian setzt sich kritisch mit dem Trend auseinander Chatbots als Life-Coaches zu nutzen: https://www.theguardian.com/technology/2024/dec/03/the-chatgpt-secret-is-that-text-message-from-your-friend-your-lover-or-a-robot?mc_cid=b02d9505a5.
Bei https://theyseeyourphotos.com/ kann man ausprobieren, was eine KI alles über eine Person aus einem einzigen Foto herauslesen kann.

Tipps für den Unterricht
Mundo ist die offene Bildungsmediathek der Länder mit zahlreichen kuratierten Materialien für den Unterricht: https://mundo.schule/.
Die Initiative #UseTheNews hat ein Whitepaper für Schulen mit zahlreichen Materialen zur Förderung von Nachrichtenkompetenz veröffentlicht (Link im Text): https://deutsches-schulportal.de/schule-im-umfeld/whitepaper-fuer-schulen-zur-foerderung-von-nachrichtenkompetenz/. Der Grundstock für die Module stammt übrigens aus den Empfehlungen des Vereins „Journalismus macht Schule“, dem ich beitreten will.
Joscha Falck und Manuel Flick haben einen Leitfaden zur Aufgabenkultur mit KI und Downloadmaterial herausgegeben: https://joschafalck.de/leitfaden-aufgaben/.
Materialien zu 3D-Druck im Unterricht gibt es bei AppCamps: https://appcamps.de/2022/12/13/3d-druck-im-unterricht/.
Das Konzept von CultureNature Literacy (CNL) setzt auf kulturelle Nachhaltigkeit und will Mut machende Zukunftsbilder, nicht Katastrophenszenarien vermitteln: https://cnl.ph-noe.ac.at/.
Hier gibt es eine einfach zu nutzende digitale „Argumentationswippe“: https://argumentationswippe.de/#.

Leseempfehlung
Ich habe den neuen Harari jetzt tatsächlich gelesen und bleibe bei meiner Empfehlung, ein Kollege aus der Geschichtsfachschaft hat sogar dazu aufgerufen, dass Buch im Kollegium zu diskutieren.
Dieses Mal möchte ich das neue Buch von Margret Rasfeld und Ute Puder empfehlen: Das Schuldrama, und wie wir unsere Kinder für die Zukunft stärken, bene! Verlag 2024. Rasfeld und Puder analysieren schonungslos die Schwächen des Bildungssystems und zeigen mit konkreten Beispielen auf, wie es besser geht. Ein wunderbarer Einstieg in die Notwendigkeit einer Reform des Bildungssystems.

Hörempfehlung
Owen Henkel & Libby Hills betreiben den Podcast „Ed-Technical“, der sich mit KI in der Bildung beschäftigt. Besonders interessant sind die Folgen zu Google und KI in der Bildung: https://open.spotify.com/show/3AYZ7qUVTMnRqQsoNTFCVU.
Stefan Ruppaner im Radikalen Salon von Romy Kopsch und Markus Väth: https://radikalarbeiten.podbean.com/e/revolutionare-schulkonzepte-im-gesprach/.
Bob Blume hat in seinem Podcast „Die Schule brennt“ den hier auch schon häufig genannten Psychologen und Lehrer Benedikt Wisniewski zum Thema De-Implementierung zu Gast: https://www.ardaudiothek.de/episode/die-schule-brennt-der-bildungspodcast-mit-bob-blume/benedikt-wisniewski-lieber-weniger-statt-mehr-machen-das-konzept-der-de-implementierung/swr/13995381/.

Sehempfehlung
Die wunderbare Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe veröffentlicht seit ein paar Jahren zum Jahresabschluss ein „Sekundenglück-Video“ in dem mit schönen Momenten das vergangene Jahr Revue passiert, sehenswert und herzergreifend: https://vimeo.com/1040916733/77d8ce62a3?share=copy.
Interessante Doku in der ARD-Mediathek „Sprechende Schweine – KI übersetzt Tiersprache“: https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL25kci5kZS9wcm9wbGFuXzE5NjM0NjE0MV9nYW56ZVNlbmR1bmc.
Noch eine ARD Doku zu KI: https://www.ardmediathek.de/video/doku-und-reportage/unser-leben-mit-ki-revolution-in-echtzeit/wdr/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtZGJjNTE2YWQtODZlYi00OGM1LThiNzUtNTEwZWUxNzNhYzY2.

Veranstaltungsempfehlung
Am 29.01.2025 findet von 18 bis 22:00 Uhr das erste hessische Bildungsbier in der Weibelfeldschule statt. Wir wollen uns in lockerer Atmosphäre vernetzen, austauschen und amüsieren.
Eingeladen sind alle Bildungsbegeisterten aus der Region. Bitte bei mir anmelden.

Die didacta findet vom 11. bis 15. Februar 2025 auf dem Messegelände Stuttgart statt. Die Weibelfeldschule wird dort auch wieder präsent sein.

Spaß im Netz
Wenn es schon draußen keinen gescheiten Schnee gibt: https://rectangleworld.com/PaperSnowflake/.

WfS-06: Auf in das 2. Jahr! Die DNA arbeitet.

Ich habe vorgestern meinem Stellvertreter gegenüber die Sorge geäußert, dass jetzt der anstrengende Teil des Schulentwicklungsprozesses beginnt, dass wir jetzt durch das berühmte „Tal der Tränen“ in der Change-Kurve nach Kübler-Ross müssten. Er hat das verneint und ist der Meinung, dass wir das schon hinter uns hätten und schon im Aufstieg des „Berges der Veränderung“ seien. Ich wollte erst noch widersprechen, habe dann aber gemerkt, dass der Wahrnehmungsfehler auch bei mir liegen könnte. Er meinte, dass ich da wohl im ersten Jahr zu sehr in meinem persönlichen Ankommensprozess gefangen war, dass ich das überhaupt nicht so richtig mitbekommen habe. Der Vorsitzende des Personalrates hat das heute bestätigt und ich beginne das jetzt auch zu glauben und zu hoffen.
In der Tat haben wir ja, wie in diesem Blog beschrieben, schon viel erreicht, vor allem haben wir die Idee der Veränderung in die Breite getragen und vermutlich viele Denkprozesse ausgelöst. Wir arbeiten gleichzeitig an mehreren produktiven Baustellen und beginnen erste Erfolge einzufahren. Wir haben Prozesse demokratisiert und sind dabei eine gemeinsame Vision von Schule zu entwickeln. Natürlich haben wir noch Einiges an Weg vor uns, aber eben auch schon hinter uns.

Heute fand das erste Treffen der DNA-Gruppe statt. Diese soll ein Spiegel der Schulgemeinschaft sein und Entwicklungsprozesse vorentlasten, indem diese dort diskutiert werden und wir so erkennen können, wie die Schulgemeinschaft auf geplante Veränderungen reagieren wird. In der Gruppe sind drei Schülerinnen und Schüler, zwei Eltern und 15 Lehrkräfte aus verschiedenen Zweigen und mit verschiedenen Vorstellungen. Die Stimmung war gelassen und konstruktiv und in den ersten Sitzungen geht es darum Werkzeuge zur Steuerung des Entwicklungsprozesses kennenzulernen und ein Selbstverständnis zu entwickeln. Ein erstes Brainstorming hat gezeigt, dass sehr viele interessante Entwicklungsideen vorhanden sind, die im letzten Jahr aufgekommen sind. Bei uns wissen mittlerweile alle, was ein „Freiday“ oder ein Lernatelier ist, es ist denkbar partiell auf Noten zu verzichten oder Unterricht zu öffnen, wir diskutieren über Deimplementierung, Qualitäts- und Projektmanagement, professionelle Haltung uvm. Das ist nicht selbstverständlich und ist in vielen Systemen leider tabuisiert. Es ist also ein deutlicher Professionalisierungsprozess im Bereich moderner Schulentwicklung zu erkennen.
Ich freue mich, dass wir so viele tolle Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler und Eltern haben, die so viel Engagement und Kraft aufbringen, die bereit sind ein paar Extrameilen zu gehen, um unsere Schule voran zu bringen, das motiviert mich ungemein. Bei all den Zweifeln und all dem Unbill die mit dem Jahresstart über uns kamen und die mich etwas schwermütig zurückgelassen haben, stimmt mich die Entwicklung an der Schule positiv, trotz alledem! Eine Kollegin hat wohl gesagt, dass 2025 unser Jahr werde. Ich kann es mir vorstellen!

2025-04: Wird Schule Hyperkomplex? (Oder sogar unser ganzes Leben?)

Ich habe heute mit meinem ehemaligen Chef telefoniert und er hat mir erzählt, dass er im Moment gerne den Begriff „unterkomplex“ gebraucht, aus Gründen. Mir ist daraufhin eingefallen, dass ich im letzten Mai bereits einen Blogartikel geschrieben habe, in dem ich feststelle, dass wir Schule unterkomplex organisieren, was ich daran festmache, dass wir viele Konzepte für einzelne Themen (Demokratiebildung, Medien, Sucht- und Gewaltprävention usw.) schreiben, die alle schön nebeneinander stehen. Eigentlich müssten diese aber alle zusammengedacht werden, da sie inhaltlich zusammenhängen, diese Zusammenhänge also komplexer sind als wir sie in den Konzepten abbilden und dass deshalb diese Konzepte oft wirkungslos bleiben.
Diese Beobachtung bedeutet natürlich im Umkehrschluss, dass die in der Schule und überhaupt abgebildete Realität komplexer wird. Diese Vorstellung ist ja nicht neu und bestimmt den öffentlichen Diskurs schon länger, vermutlich seit Beginn der Neuzeit, mit dem auch technische und wissenschaftliche Entdeckungen sich beschleunigend zunehmen. Dies führt natürlich zu gesellschaftlichen Verwerfungen, zu so genannten Disruptionen, Brüchen, die nicht ohne Konflikte vonstatten gehen. Frederic Laloux spricht in seinem Buch „Reinventing Organisations“ vom erreichen einer neuen Evolutionsstufe, Andreas Reckwitz von einer Gesellschaft der Singularitäten, wir ordnen uns ins Zeitalter der Postmoderne ein, Colin Crouch hat zur Jahrtausendwende den Begriff der Postdemokratie geprägt und immer wieder ist die Rede, auch in meinen Beiträgen, von einer VUCA- oder BANI-Welt, diese Akronyme enthalten ja die Begriffe Komplexität und Unbegreiflichkeit.
Aladin El Mafaalani spricht im Bezug auf Schule immer wieder von Superdiversität im Klassenzimmer und meint damit eine Steigerungsform der allseits bekannten Heterogenität der Lernenden, mit der es Schulen zu tun haben. Die psychischen Belastungen der Schülerinnen und Schüler nehmen zu, die Anzahl der Inklusionsfälle, der Förderpläne, die curricularen Inhalte, die Forderung nach neuen Fächern, die Dokumentationspflichten, die Rechtsverordnungen, die statistischen Erfassungen, die Datenschutzformulare, die zu erstellenden Konzepte und so weiter. All das sind Symptome einer zunehmenden Komplexität in der Schule im Besonderen und in der Gesellschaft im Allgemeinen. All dies führt zu einer Überforderung der einzelnen Akteure in den Schulen, aber auch in der Gesellschaft (und da haben wir noch gar nicht über internationale Politik oder den politischen Diskurs in Deutschland im Besonderen gesprochen, was ich an dieser Stelle auch ausspare beziehungsweise im Epilog anspreche).
In jedem Fall führt diese zunehmende Überforderung der Einzelnen, die der oder die Einzelne ja auch nicht so ohne weiteres zugeben kann, zu mehr Konflikten und Vandalismus in Schule und Gesellschaft und zu mehr Krankheitstagen und Burnout. Irgendwo muss dieses Gefühl der Überforderung und Getriebenheit ja auch hin.
Gleichzeitig, und das zeigt zum Beispiel der aktuelle Wahlkampf, verspricht man uns, das alles zumindest so bleibt wie es ist, oder, besser noch, so schön wird, wie es früher einmal gewesen sein soll. Natürlich wünschen wir uns eine vermeintliche Einfachheit (und Unschuld) zurück, die es so wahrscheinlich nie gegeben hat. Natürlich ist es einfacher, wenn wir den Klimawandel einfach ignorieren und uns glauben machen, dass mit der Rückkehr der Atomkraft Energie billiger und umweltfreundlicher wird. All das sind verständliche Reaktionen auf die zunehmende Komplexität der Welt. Aber insgeheim wissen oder spüren die meisten Menschen instinktiv auch, das hoffe ich zumindest, dass es so nicht funktionieren wird.
Also müssen wir uns der Komplexität stellen, wir müssen einsehen, dass es keine einfachen Lösungen gibt, dass es Anstrengungen bedarf unseren Wohlstand und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu erhalten. Das Versprechen eines vermeintlich immer einfacheren Lebens mit immer mehr Wohlstand und Konsum geht nicht mehr auf, wir brauchen eine neue Vision, einen neuen Konsens.
Zurück zu meinem eigentlichen Thema. Für Schule und Bildung bedeutet das, dass wir eine neue Form von Bildung und Erziehung entwickeln müssen, die noch mehr das Miteinander und einen bewussten Konsum in den Fokus nimmt. Demokratie- und Menschenbildung, dazu Medienkompetenz und Resilienztraining, kritisches Denken und Kompetenzen in Kommunikation und Kollaboration, kreativer Umgang mit Herausforderungen und so weiter müssen im Vordergrund stehen und kein Prüfungs- und Fächerkult.

Epilog
Ich habe leider Zweifel, dass uns das nötige Umdenken aktuell gelingen kann und das hat mit einer Beobachtung zu tun, die ich jeden morgen auf meinem Schulweg mache, wenn ich die Darmstädter Straße überquere und die Wahlplakate am Gitter der Brücke über den Hengstbach sehe und unser aktueller Bundeskanzler darauf „Mehr für Dich“ verspricht (andere Parteien versprechen das auf ähnliche Weise). Dieses Versprechen ist aus wahlkämpferischer Sicht verständlich, wer würde schon eine Partei wählen, die weniger verspricht. Aber eigentlich müssten wir genau darüber sprechen. Wir werden weniger Renten bekommen, wir werden weniger konsumieren müssen, wir werden weniger Reisen können, wir werden uns im Allgemeinen mit weniger zufrieden geben müssen, alleine schon weil die Ressourcen knapper werden und weil die Gesellschaft einem demographischen Wandel unterliegt. Insofern ist auch das Versprechen „Mehr für alle“ eine viel zu einfache Antwort auf die komplexen Probleme mit denen wir konfrontiert sind. Das gilt für viele andere Versprechen im Wahlkampf genauso.
Der Schlüssel für die Lösung unserer Probleme ist eine andere Bildung. Wenn wir den nächsten Generationen schon einen ausgebeuteten und geschundenen Planeten mit fragmentierten Gesellschaften in einer gegebenenfalls neoimperialistischen Weltordnung hinterlassen, sollten wir ihnen wenigstens schon jetzt eine Bildung zukommen lassen, die sie in die Lage versetzt mit dieser Hinterlassenschaft umzugehen.

Redaktionelle Anmerkung
In einer ersten Version des Artikels wurde im Epilog der Slogan auf dem Wahlplakat falsch zitiert („Mehr für alle“). Die korrekte Version verändert die inhaltliche Aussage aber nicht.

2025-03: Warum wir einen neuen Literacy-Begriff brauchen. Eine Streitschrift?

Ich erinnere mich noch ziemlich genau an den PISA-Schock, den die erste PISA-Studie 2000 ausgelöst hat (Hintergründe zur PISA-Studie). Ich war noch Student und diese Studie war die erste Studie, die ich ganz gelesen habe, ich habe sogar, ich glaube es war im Hauptseminar Erziehungswissenschaften, ein Referat darüber gehalten.
Zu den Haupterkenntnissen, neben den schwächer werdenden deutschen Schulleistungen und der erschreckenden Abhängigkeit des Erfolgs im Schulsystem von der sozialen Herkunft, gehörte für mich definitiv der in der Studie verwendete Begriff von Literacy. Dieser konnte nicht einfach mit Lesefähigkeit gleichgesetzt werden, sondern bedeutete mehr. Literacy ist demnach:
Lesekompetenz wird bei PISA als Fähigkeit verstanden, Texte zu verstehen, zu nutzen, zu bewerten und über sie zu reflektieren sowie bereit zu sein, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, um eigene Ziele zu erreichen. Lesekompetenz ist danach die Grundlage dafür, eigenes Wissen und Potenzial zu entwickeln und an der Gesellschaft teilzuhaben. Um dieser umfassenden Definition der Lesekompetenz gerecht zu werden, deckt der PISA-Test verschiedene Arten von Texten und Aufgaben in verschiedenen Schwierigkeitsstufen ab.“ (Quelle)
Es geht also nicht nur darum einen Text zu lesen, sondern weit darüber hinaus. Der Text muss auch verstanden, genutzt und reflektiert werden, ja sogar um die Fähigkeit zur Partizipation mit eigenem Wissen und Potenzial. Aber die Literacy-Fähigkeit ist an den Text gebunden, wenn auch verschiedene Arten von Texten. Dazu zählen auch so genannte nicht kontinuierliche Texte, wie Grafiken oder Tabellen.
In den letzten Jahren wurde dieses Verständnis noch weiter erweitert:
„Seit 2018 gibt es bei PISA zudem Leseaufgaben, die das Einschätzen der Qualität und Glaubwürdigkeit von Textaussagen erfordern. Zusätzlich wird bei PISA die Fähigkeit erfasst, Informationen durch das Navigieren auf Webseiten zu finden – eine wichtige Komponente des digitalen Lesens.“ (Quelle)

Es fand also eine Erweiterung in Richtung einer Digital-Literacy statt, damit ist das Erfassen von linear und nicht-linear gemischten Texten gemeint, zum Beispiel Webseiten mit Bildern und Grafiken.

In der letzten Zeit ist zusätzlich zu dieser Begriffserweiterung immer wieder einmal die Rede von Data-Literacy oder AI-Literacy. Damit kommt, neben der bis dato stattgefundenen Erweiterung des Begriffs auf der sichtbaren Ebene, noch eine weitere Dimension zum Literacy-Begriff hinzu. Es geht dabei um ein Verständnis von Prozessen, die zu variablen Ergebnissen auf der sichtbaren Ebene führen. Ich muss ein Verständnis für die Verknüpfung, Sammlung und Verarbeitung von Daten haben, die dann durch algorithmengesteuerte Sprachmodelle einer KI in einem von mir initiierten interaktiven Prozess mit dem Sprachmodell ein „personalisiertes“ Ergebnis anzeigen. Chat-GPT und Co liefern keine reproduzierbaren Ergebnisse mehr.
Dies erfordert ein wiederum erweitertes Verständnis von Literacy, eben eines das nicht nur ein für alle gleich visualisiertes Ergebnis betrachtet, sondern eines, das mit dynamischen Ergebnissen umgehen kann. Das deutet sich schon in dem oben zitierten Einschätzen der Qualität und Glaubwürdigkeit von Textaussagen an, geht aber noch weiter. Es beinhaltet Elemente von Quellenkritik aus der Geschichtsforschung und von Ideologiekritik aus der Theorie der politischen Urteilsbildung und bezieht sich auf Texte, Audios, Videos, Bildern und Grafiken aller Art, die im Zeitalter der KI (ja, ich weiß, dass der Begriff „KI“ im Kontext nicht ganz korrekt, aber gebräuchlich ist) massenhaft reproduzierbar und generierbar sind. Die Grenzen zwischen wahr und falsch, künstlich und natürlich, guter und böser Intention, Manipulation und Aufklärung beginnen zu verschwimmen und auf dieser Ebene muss sich eine neue Form von Literacy entwickeln, die neben der Dimension des Sichtbaren und Offensichtlichen auch das Unsichtbare und Verdeckte in den Blick nimmt, also einen noch stärkeren Fokus auf die Intention richtet und gleichzeitig die technische Dimension der Algorithmizität und deren Grenzen und Möglichkeiten betrachtet.
Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, ergeben sich für mich zwei wesentliche Erkenntnisse:

  1. Das Verständnis von linearen und nichtlinearen Texten wird um eine Ebene ergänzt, nennen wir sie post-lineare Texte, deren sichtbare Ebene nicht mehr statisch ist, sondern variabel, weil mit Big-Data KI-generiert. Das macht das Lesen von Informationen noch schwieriger und ist Teil der wachsenden Herausforderungen, mit denen wir in unserer Welt lernen müssen umzugehen.
    Historisch gesehen wird unser Leben körperlich immer weniger anstrengen, geistig aber dafür umso mehr, weil der Komplexitätsgrad unseres Weltverständnisses immer größer wird.
  2. Das hat unmittelbaren Einfluss auf unseren Bildungsbegriff und damit auf die Art und Weise, wie wir Schule machen. Der Umgang mit Daten und Informationen lässt sich immer schlechter in Fächern kategorisieren und kanonisieren. Reines Wissen steht in riesigen Mengen zur Verfügung, man geht davon aus, dass sich die Menge der wissenschaftlichen Erkenntnis alle fünf bis zwölf Jahre verdoppelt. Das ist für einen einzelnen Menschen schier unfassbar. Dieses Wissen steht aber in großen Teilen digital zur Verfügung und lässt sich mit und ohne Hilfe von KI recherchieren. Problematisch ist hierbei allerdings, dass, wie oben beschrieben, die Qualität der Informationen mit fächerübergreifenden Kompetenzen kritisch hinterfragt werden muss. Das ist es, was wir in Schulen lernen und lehren müssen. Wie lese ich die Flut von Wissen und Informationen richtig? Wie kann ich diese finden, bewerten, sortieren, kategorisieren, hierarchisieren, verifizieren, kommunizieren, teilen, ablegen usw. Dafür werden Kompetenzen aus allen „klassischen“ Schulfächern gleichzeitig gebraucht.
    Dann macht aber das Lernen in Fächern und Stunden im Gleichtakt, mit Klassenarbeiten und Hausarbeiten keinen Sinn mehr. Dann müssen wir Umgang mit und Gestaltung von Wissen vermitteln. Wir müssen Lernen zu kollaborieren und zu hinterfragen, wir müssen Lernprozesse individualisieren und begleiten, um Potenziale zu entfalten. Wenn sich die Welt so rasant verändert, müssen wir in der Schule nicht nur die Vermittlung von Kompetenzen, und ja natürlich auch noch Wissen, in den Blick nehmen, sondern auch Resilienz und Salutogenese. Wir müssen lernen in einer VUCA- und BANI-Welt zu leben und zu lernen und uns auf eine Zukunft vorzubereiten, die noch nie so unvorhersagbar war, in der Unsicherheit als Lernchance begriffen wird und Ambiguitätstoleranz eine zentrale Kompetenz im Bereich der Literacy ist (vgl. dazu Isabella Buck, vor allem den Schluss).

Schlussbemerkung
Dieser Text ist sperrig, das ist mir klar. Er ist auch etwas wirr und vielleicht nicht immer ganz nachvollziehbar. Er scheint mir auch noch nicht fertig, wahrscheinlich arbeite ich noch weiter daran. Daher ist Feedback natürlich sehr willkommen.
Der Text ist mir aber, und das gilt für einige meiner Blogbeiträge, persönlich wichtig, weil er mir hilft Gedanken zu strukturieren und auszuformulieren. Er hilft mein persönliches Weltbild zu modellieren und zu strukturieren und ist damit ein Mosaikstein meines Blogs, in dem ich nach und nach ein hoffentlich im konsistenteres Gesamtbild eines Gesellschafts- und Bildungsbegriffs entwickle, der mich meinem Ziel, der Entwicklung eines Bildungsmodells für das 21. Jahrhundert, näher bringt.

2025-02: Dammbrüche allenthalben

Visualisierung dieses Beitrages durch DALL-E

In diesem Beitrag geht es nur mittelbar um Bildung.

Neben all den herausfordernden Geschehnissen und Entwicklungen auf der Welt, möchte ich in einem kurzen Beitrag zwei Ereignisse thematisieren, die heute viral gingen.

Erstens, die Ankündigung von Mark Zuckerberg die Moderation von Inhalten auf den Meta-Plattformen (Instagram, Facebook, Threads) nicht mehr von Faktencheckern durchführen zu lassen, sondern, orientiert an Elon Musks Vorbild X, die Nutzer dafür einzubinden. Außerdem soll im Zuge der „Redefreiheit“ weniger Content gelöscht werden, zum Beispiel soll es weniger Einschränkungen bei Themen wie Migration und Gender geben. Es ist klar, wer hier weniger eingeschränkt werden soll, zumal Zuckerberg gleichzeitig ankündigt enger mit Trump zusammenarbeiten zu wollen. (Vgl. hierzu zum Beispiel heise.de oder SPON)
Johanna Stella Kompa schreibt dazu auf LinkedIn:
„Die Medien selbst haben der Wahrheit, der Vernunft, der Empathie und der Toleranz den Krieg erklärt. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir alle, die wir in der Medienpädagogik und Medienbildung arbeiten, darüber nachdenken müssen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. Unsere Workshops erscheinen wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen neue Formate und Allianzen.“
Ja, das hat einen großen Einfluss auf unsere Arbeit, weil jetzt neben dem weitgehend unregulierten TikTok auch die bei den Jungen verbreitete Plattform Instagram und die bei den eher Älteren beliebte Plattform Facebook mit noch mehr Inhalten geflutet werden, die von gesellschaftszersetzend über demokratiegefährdend bis zu kriminell reichen. Verfassungsfeindliche Meinungen, Pornografie und Volksverhetzung, die Unterdrückung und Diffamierung von Minderheiten, Migranten und ohnehin marginalisierten Gruppen wird zunehmen und „salonfähiger“ werden. Ja, die Veränderungen betreffen Europa zunächst (noch?) nicht, aber es ist ein Trend zu erkennen, wie BigTech und Ultrareiche mit Medien umgehen und Öffentlichkeit manipulieren und instrumentalisieren (vgl. auch das Verbot einer kritischen Karikatur durch Jeff Bezos in der Washington Post).
Was sollen wir im Bildungsbereich dem noch entgegensetzen? Die halbherzig geführten Diskussionen um Social Media-Verbote für Jugendliche sind nicht unproblematisch, aber vermutlich unverzichtbar. Die Bestsellerautorin Silke Müller schreibt dazu auf LinkedIn:
„Wir tragen diese Nonsens-Diskussion und die Notwendigkeit von Verboten und Regulierungen auf dem Rücken der Kinder aus, anstatt endlich gemeinsam zu reagieren. Es braucht sofortige Einschränkungen, Regulierungen, Grenzen und JA, AUCH VERBOTE! Zum unbedingten Schutz der Kinder im Netz.“
Hier passiert gerade etwas. Die Sozialen Medien, aber auch die „klassischen“ Medien, entgleiten uns mit ungeahnten Folgen für die Gesellschaft. Ich nenne hier abschließend noch ein paar weitere Stichpunkte, um das zu unterstreichen: die (annullierten) Wahlen in Rumänien und TikTok, die Manipulation von X durch Musk und dessen Einflussnahmen auf die Politik, TikTok-Challenges, Echokammern, Telegram-Kanäle, Musks Grok-Interview in der Welt, NIUS usw.
Wir werden „darüber nachdenken müssen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. (…) Wir brauchen neue Formate und Allianzen.

Auf den zweiten Punkt wurde ich von dem „Cyberkriminologen“ Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger auf Instagram aufmerksam gemacht. Er schreibt dort:
„Aktuell gibt es mit der Seite „They See Your Photos “ eine Experimentierplattform, auf der jeder selbst testen kann, wie gut KIs mittlerweile in der Lage sind, Informationen aus Bildern zu extrahieren. Die Plattform nutzt dabei Google Vision AI. Die Seite versteht sich auch als Aufklärungsprojekt und soll den Menschen zeigen, wie viele Inhalte und Erkenntnisse eine KI mittlerweile aus einfachen Bildern herauslesen kann.“
Das sieht für mich zum Beispiel so aus:

Genauer heißt es da:

InsightsHis calm demeanor and apparent comfort suggest a predictable consumer behavior pattern, making him an ideal target for financial products and outdoor gear. The subtle background also offers an opportunity to subtly integrate our ads into his daily experiences.
PredictionHe will become increasingly reliant on technology to maintain a sense of connection, which will leave him feeling more alone and vulnerable to our influence. His routine will be tracked and used to further predict his actions and reactions.

Ich halte das zwar nicht für sonderlich korrekt und präzise, es verdeutlicht aber eine Konsequenz von Big Data und KI, die immer offensichtlicher wird. Unsere Bilddaten in den Clouds und in den Sozialen Medien können von KI analysiert werden und dann zu Marketingzwecken gebraucht (oder besser missbraucht?) werden. Das geschieht auch nicht mehr unverhohlen, sondern steht dort ja explizit: ich werde zu einem idealen Ziel für Finanzprodukte und Outdoor-Ausrüstung. Der subtile Hintergrund bietet zudem die Möglichkeit, Werbung unauffällig in meinen Alltag zu integrieren. Und in der Vorhersage: „Er wird zunehmend auf Technologie angewiesen sein, um ein Gefühl von Verbundenheit aufrechtzuerhalten, was ihn jedoch isolierter und anfälliger für unseren Einfluss machen wird. Sein Alltag wird verfolgt und genutzt, um sein Verhalten und seine Reaktionen noch präziser vorherzusagen.“
Das ist schon perfide und ein weiterer Schritt in der Kommerzialisierung von Big Data. Ich werde direkt als Opfer betrachtet, dessen Schwächen ausgenutzt werden müssen.
Hier kann man das Ganze direkt bei Google Vision AI testen und erhält Einblick in das kommerzielle Modell dahinter. Neukunden bekommen 300 $ Startguthaben…

Fazit
Warum eigentlich Dammbrüche?
Weil hier zwei Ereignisse herausgepickt wurden, die ich in einem größeren Kontext sehe. Es kippen gerade einige Dinge in unserer Gesellschaft. Big Tech und die damit verbundenen Plattformen entfesseln gemeinsam mit libertär geprägten Politikern einen ungehemmten Kapitalismus. Gleichzeitig werden Gesellschaften gespalten und relevante Teile dieser zunehmend marginalisiert. Menschenverachtung wird wieder salonfähig und nackte Machtpolitik wieder praktiziert. Trump kann unverblümt Annexionsgedanken gegenüber Grönland oder dem Panama-Kanal äußern und wird dafür in bestimmten Kreisen und sozialen Medien auch noch bejubelt. Als Geisteswissenschaftler spüre ich hier Zusammenhänge und gefährliche Entwicklungen. Wir müssen wachsam bleiben und den Anfängen wehren. Hoffentlich ist es nicht schon zu spät…

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