2024-21: Warum eine Vernissage für die Schule der Zukunft steht

Am 01. Juli durfte ich zur Eröffnung der Kunstausstellung “Art’n‘Vielfalt” mit Werken von Schülerinnen und Schülern der Weibelfeldschule ein Grußwort sprechen, in dem ich die Bedeutung von Kreativität und Interdisziplinarität für Lernprozesse betont habe und, dass dabei die Schule der Zukunft aufblitze.
Ich finde das Gesamtprojekt so gelungen, dass ich ihm gerne einen Blogbeitrag widme.
Was alles hinter der Ausstellung steckt, eine Dokumentation der Werke, auch in Kooperation mit einer deutschen Schule in Namibia und mit anderen Künstlerinnen und die Einbindung von DigitalSchoolStory, hat meine wunderbare Kollegin Riedl auf dieser Taskcard dokumentiert. Mein Grußwort im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrkräfte, Eltern und Kunstbegeisterte, (…)

es ist mir ein großes Vergnügen heute auf dieser Vernissage ein paar Worte sagen zu dürfen.
Erstens ist es das erste Mal auf einer Vernissage und ich mag Kunst, zweitens ist es eine Ausstellung, die von der Weibelfeldschule ausgeht, die ich leiten darf. Und drittens, und das ist das Wichtigste, weil hier die Schule der Zukunft aufblitzt!
Wir haben es hier nicht einfach mit einer Vernissage zu tun, einer feierlichen Ausstellungseröffnung mit den Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, sondern mit einer Präsentation des Lernens der Zukunft auf so vielen Ebenen.
Ich möchte Ihnen nun knapp erläutern, warum ich das glaube.
Das klassische Bild von Schule ist das so genannte 7-G-Modell: ”Alle gleichaltrigen Kinder sollen beim gleichen Lehrer mit dem gleichen Lehrmittel im gleichen Tempo das gleiche Ziel zur gleichen Zeit gleich gut erreichen.” Und das auch noch im gleichen Fach, im gleichen Schulzweig und im gleichen Raum. Dieses Modell wird leider den zunehmend komplexer werdenden Herausforderungen unserer Welt nicht mehr gerecht.
Wir müssen anfangen, Fächergrenzen aufzubrechen und Lernprozesse individualisieren. Wir müssen uns in den Schulen mit den echten, den großen Problemen beschäftigen und die lassen sich nicht in einem Fach im 45-Minuten-Rhythmus lösen und in Tests abprüfen. Nehmen wir den Klimawandel. das ist ein Phänomen, welches im Grunde alle Fächer des schulischen Fächerkanons abdeckt. Oder eben die zurückgehende Biodiversität, die ja eher zu den unterschätzten Problemen gehört. Manch eine oder manch einer hier im Raum kann sich vielleicht noch daran erinnern, wie viele Insektenreste wir im Sommer von den Frontscheiben der Autos kratzen mussten. Das gibt es kaum noch. Und eine Welt ohne Insekten ist eine tote Welt. Pflanzen werden nicht mehr bestäubt, Mist nicht mehr zersetzt, die Nahrungskette unterbrochen und so weiter.
Und was hat das mit der Schule und dem Lernen der Zukunft zu tun?
Wenn wir uns dem Problem des Rückgangs der Biodiversität im klassischen Unterrichtsystem nähern, dann beschäftigen wir uns vielleicht in Biologie mit Ökosystemen und Insekten, in Geografie mit der Kultivierung von Naturräumen, in PoWi mit politischen Entscheidungsprozesse und ökonomischen Zusammenhängen, in Mathematik mit exponentiellem Wachstum, in Physik mit Thermodynamik und so weiter. Dass dieses partikularisierte Wissen zusammenhängt, wird den meisten Schülerinnen und Schülern so nicht klar.
Was also tun? Wir müssen anfangen dieses Wissen zusammenzudenken und in Projekten zu arbeiten und genau das ist hier passiert. Und zwar in vorbildlicher Weise, weil drei wichtige Lernaspekte dazu kommen.
Erstens fand in diesem Projekt auch lernen mit, über und durch Medien statt. Indem das Projekt an DigitalSchoolStory angedockt wurde. Dadurch haben sich die Schülerinnen und Schüler (und auch die Lehrkräfte) mit digitalem Storytelling beschäftigt und dazu Feedback von professionellen Content-Creatorn bekommen. Ich kann nicht zu wenig betonen, wie wichtig Medienbildung in unserer Zeit ist und dass Schulen da noch viel mehr tun müssten.
Zweitens hat das Projekt einen internationalen und interkulturellen Aspekt. Durch die Zusammenarbeit mit einer deutschen Schule in Namibia fand ein internationaler Austausch und damit transkulturelles Lernen statt. Auch das ein wichtiger Aspekt in einer immer stärker gespaltenen Gesellschaft und Welt.
Und drittens, damit zwar zuletzt, aber von besonders großer Bedeutung, es gab einen kreativen Zugang zu dem Problemkomplex. Kreativität ist nicht umsonst eine der zentralen Zukunftskompetenzen, was die letzte PISA-Studie wieder bestätigt hat. Neben Kommunikation, Kollaboration und kritischem Denken, die hier auch gefördert wurden. Kreativität ist nämlich unsere zentrale Ressource. Nur mit kreativem Denken kann es uns gelingen Lösungsansätze für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Nur so trainieren wir entscheidende Kompetenzen, die es uns auch in Zukunft ermöglichen können, Wohlstand zu bewahren und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Kreative Menschen sind glücklicher, können sich besser ausdrücken und besser auf Veränderungen einstellen.
Deswegen brauchen wir mehr kreative Projekte in der Schule und deshalb ist dies hier ein Vorzeigeprojekt für das Lernen in der Schule der Zukunft! Versuchen Sie beim Betrachten der Exponate mal darüber zu sinnieren, auf wie vielen und auf welchen Ebenen hier gelernt wurde und welche Botschaften in den Werken und wieviel Potenzial in den jungen Menschen steckt, die das geschaffen haben.
All das lässt mich, trotz alledem, für die Zukunft hoffen. Wir sollten die junge Generation nicht unterschätzen und nicht schlecht reden. Sie ist es, die unseren Planeten retten muss und unser Job ist es sie dazu zu befähigen, ihnen das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu geben und dass ist mit dieser Vernissage vorbildlich gelungen.
Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß, Freude und vielleicht auch ein wenig Erkenntnis am heutigen Abend.
Vielen Dank!

Newsletter 19, 12.07.2024

Liebe Schulgemeinschaft,

nachdem ich nun im letzten Newsletter schon Bilanz gezogen habe und mich bedankt habe, halte ich dieses Mal meinen Einführungstext etwas kürzer, gebe Ihnen aber wieder eine paar Links, Tipps und Empfehlungen mit in die unterrichtsfreie Zeit.
Wir haben uns jetzt alle etwas Ruhe und Erholung verdient, ich habe das Gefühl, das Leben und die Schule werden jedes Jahr schneller und damit herausfordernder. Bei mir dauert es immer ein paar Tage, bis ich realisiere, dass es Zeit für Erholung ist und ich wirklich abschalten kann. Dabei ist das so wichtig. Wir brauchen mindestens drei Wochen, damit ein wirksamer Erholungseffekt eintritt. Ich habe am Montag in der Schulleitungsrunde gesagt, dass es sich für mich so anfühlt, dass ich in einem Jahr Weibelfeldschule mehr erlebt hätte als in 15 Jahren in Dietzenbach. Das ist natürlich etwas zugespitzt und ich bin jetzt auch in ganz anderer Verantwortung, aber ein wahrer Kern steckt wohl doch in dieser Aussage.
Die Weibelfeldschule ist eine große Schule, die größte des Kreises und vermutlich eine der größten in Hessen. Da ist es eigentlich logisch, dass viel passiert. Viel Positives, aber natürlich auch Negatives. In der Summe überwiegt für mich aber das Positive, wir haben viel bewegt und entscheidende Weichen gestellt. Die Abstimmung über die Selbstständige Schule in der Ferienkonferenz ist der nächste bedeutende Meilenstein.
Ich bin zwar erschöpft, freue mich aber gleichzeitig auf das neue Schuljahr. Im nächsten Schuljahr können wir anfangen Ideen in Prototypen umzusetzen, im nächsten Schuljahr erreicht der extern begleitete Schulentwicklungsprozess einen ersten Höhepunkt, indem wir ein Mandat für die Schulentwicklung abstimmen und die „DNA-Gruppe“ bilden, die ein Zentrum für die großen Linien in der Schulentwicklung bilden soll, im nächsten Schuljahr beginnen wir mit der Implementierung des Präventionskonzeptes und entwickeln das Medienkonzept weiter und wir werden bewegen(d). Das sind alles Dinge, die ich wahnsinnig spannend und wichtig finde und die uns resilient machen für die kommenden Herausforderungen. Ich freue mich aber auch auf das Kollegium, die Schulleitung und natürlich die Schülerinnen und Schüler, die neuen 5er, die neue E-Phase. Unsere Schule ist auf vielen Ebenen lebendig und beweglich, das finde ich richtig gut.

Erholen Sie sich gut, das nächste Schuljahr wird toll!

Ihr

Erik Grundmann

Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:

Die Taskcard mit einer Projektdokumentation mit allen Werken zur fantastischen Awareness Ausstellung „Art’n‘Vielfalt“ der Weibelfeldschule am 01. Juli in der Stadtbücherei gibt es hier: https://wfs.taskcards.app/#/board/6c7f996b-5c99-44af-b257-02725b5068e7/view?token=57f358ea-aa15-4e6e-8b53-2ac97b56baf7.

Interessantes
Vor gut zwei Wochen ist der nationale Bildungsbericht mit ernüchternden Erkenntnissen erschienen: https://www.bildungsbericht.de/de.
Dazu ein Kommentar aus der FAZ: https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/schulen-in-singapur-in-asien-ist-bildung-etwas-heiliges-19802246.html.
Eine großartige Übersicht zu wichtigen Metastudien zu Unterricht in einem Genially von Sebastian Eisele: https://view.genially.com/66740ce8c86fc30014676718/interactive-content-clearing-house-unterricht-metaanalysen.
Vorstellung des spanischen Schulsystems: https://www.lehrer-news.de/blog-posts/wenn-dreijaehrige-schreiben-lernen—was-ist-anders-in-spaniens-schulen.
Informationen von Jörg Droste zum zukunftsfähigen Abitur: https://schule21.blog/2024/06/19/zukunftsfaehiges-abitur/.
Der Blog von teachino bietet interessante Themen: https://www.teachino.io/blog.
Mal wieder etwas zu Mythen in der Bildung vom Deutschen Schulportal: https://deutsches-schulportal.de/expertenstimmen/von-lerntypen-lernpyramiden-und-anderen-paedagogischen-mythen/.
Über 90 Organisationen fordern eine Bildungsreform: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2024/mai/ein-neustart-fuer-deutschlands-bildung-buendnis-aus-94-organisationen-legt-konzept-fuer-einen-bildungsdialog-fuer-deutschland-vor.
Kritik am Bildungssystem in der Zeit: https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2024-06/bildung-beruf-nationaler-bildungsbericht-arbeitsmarkt.
Joscha Falck bloggt zu seinen Erfahrungen mit dem Freiday: https://joschafalck.de/erfahrungen-freiday/.

Smartphone und Social Media
Tolle Taskcardsammlung zu Cybermopping:  https://www.taskcards.de/#/board/c97d3d40-511d-4e5e-be4c-a19b1e09955a/view.
Aufklärung zu Cybergrooming bei Klicksafe: https://www.klicksafe.de/news/livestream-aus-dem-kinderzimmer-klicksafe-begleitet-strg-f-reportage-ueber-cybergrooming-auf-likee.
The Decoder zu Deepfake-Nudes: https://the-decoder.de/deepfake-nudes-eltern-ahnungslos-lehrer-misstrauisch-schueler-gespalten/?amp=1.
Die Washington Post über eine Schule, die Smartphones verbannt hat: https://www.washingtonpost.com/nation/2024/05/01/school-cellphones-confiscate/.
Die BBC zu den Bemühungen zur gesetzlichen Einschränkung von Social Media für Jugendliche durch den Staat New York.: https://www.bbc.com/future/article/20240626-can-a-law-make-social-media-less-addictive.
Bericht des SWR über eine Schule mit Handyverbot: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/handyverbot-an-schule-in-blaustein-100.html.

KI
Ein positiver Blick aus dem Standard:  https://www.derstandard.at/story/3000000224535/ki-macht-uns-zu-besseren-lehrerinnen-und-lehrern.
Ergebnisse einer größeren Studie zum Prompten, vorgestellt von The Decoder: https://the-decoder.de/der-prompt-report-ist-ein-umfassender-prompting-ueberblick-mit-kuriosen-erkenntnissen/?amp=1.
Und ein kritischer Blick auf KI bei The Decoder: https://the-decoder.de/zahlreiche-ki-experten-fuehrender-unternehmen-warnen-vor-den-risiken-fortgeschrittener-ki/?amp=1.
Ein Überblick zu Studien zum Thema KI und Schule von Joscha Falck auf einer Taskcard: https://www.taskcards.de/#/board/7d96a7c1-2c0d-4438-bbbf-3cfd942d1adb/view.
Tom Mittelbach hat bei der BpB einen lesenswerten Artikel zur Rolle von KI in der Schuile geschrieben: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/256629/ideen-zur-rolle-von-kuenstlicher-intelligenz-im-klassenzimmer-der-zukunft/.
Bill Gates in seinem Blog zur KI-Revolution durch Sal Khan: https://www.gatesnotes.com/Brave-New-Words?utm_source=fb.
Niels Winkelmann zum Thema Facharbeit und KI: https://digilog.blog/2024/01/13/facharbeit-als-prozess-mit-ki-2024/.
Broschüre der Telekom-Stiftung zur Nutzung von KI in der Schule: https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/Leitfaden-kompakt-KI-Schule.pdf.
Ein kritischer Blick auf KI und ein Plädoyer für mehr Medienbildung: https://www.heise.de/blog/Kuenstliche-Intelligenz-ist-unser-Untergang-9744682.html.

Hörempfehlung
Bob Blume interviewt in seinem Podcast den Bildungsjournalsiten Christian Füller: https://www.ardaudiothek.de/episode/die-schule-brennt-der-bildungspodcast-mit-bob-blume/christian-fueller-chancengleichheit-und-exzellenz-welche-schulform-braucht-es-dafuer/swr/13468493/.  

Tipps für den Unterricht
Die Seite Living-Democracy der PH Zürich bietet zahlreiche Informationen, Tipps und Spiele zum Thema Demokratie: https://www.living-democracy.com/de/ und das auch noch in zahlreichen Sprachen. Besonderer Tipp: Das Bleistiftspiel, einfach und lehrreich: https://www.living-democracy.com/de/textbooks/teaching-democracy/chapter-8-dealing-with-conflict/8-9-das-bleistiftspiel/.
Tolles Projekt (nicht nur) für den Geschichtsunterricht mit über 350 Stunden Zeitzeugeninterviews zu 100 Jahren Geschichte: https://www.ardaudiothek.de/sendung/100-jahre-erlebte-geschichte-unter-dem-gras-darueber/13487353/.
Hilfreiche Grafik mit zahlreichen weiterführenden QR-Codes zum Einsatz von iPads im Unterricht von Hanno Kenst: https://www.dropbox.com/scl/fi/ly97jlow9wxyl1k2vlzen/ipAd-Grundlagen.pptx?rlkey=hbczmgfhl1hfrjqyuvfbectip&e=3&st=zeh41zpx&dl=0.
Tolles Tool zum Spracherwerb zur Erstellung von zweisprachigen Bildern zu Alltagsthemen: https://babadada.com/topic/school/eng/ger.
Padlet mit Tipps zur Arbeit mit dem Greenscreen: https://imediasiwbph.padlet.org/imedias_iwb_ph/greenscreen-videos-mit-greenscreen-erstellen-tdb5xossc64amsoj.

Sehempfehlung
Herr K rappt für seine Abschlussklasse „auf lock“ (passt auch nach „Spaß im Netz“): https://www.tiktok.com/@herrn.k/video/7383346398592322849?_r=1&_t=8nUyMbQ2Px3.
Forderung nach einem radikalen Paradigmenwechsel in der Bildungsarbeit von Christoph Schmidt: https://www.youtube.com/watch?v=aE56lUdRvaw.

Spaß im Netz
Die Nothing University:  https://www.youtube.com/watch?v=0lhmKOR8Www.
https://asiersanz.com/2020/11/17/inteligencia-artificial/
Satire ist oft bitter, darf aber alles: https://www.ardmediathek.de/video/extra-3/klassismus-das-spiel-zur-sozialen-ungleichheit/das-erste/Y3JpZDovL25kci5kZS8yMGZmYTI0Yi02NWQxLTQwODAtYWQ3ZS1iNTkzYmRkZjYxZGQ.



2024-15: Warum ich als Lehrer blogge. Teil einer “Blogparade”

Meine Reichweite würde ich als eher bescheiden bezeichnen, mein erster Blogbeitrag stammt erst aus dem letzten Oktober und eigentlich habe ich auch gar keine Zeit zum bloggen.
Warum tue ich es trotzdem?
Für mich hat das Bloggen mehrere Funktionen.
Die zentrale Funktion ist kommunikativer Natur und zwar nach innen und nach außen. Mit nach innen meine ich die Kommunikation in die Schulgemeinschaft der Schule, die ich leiten darf. Als Schulleiter gehört es zu meinen wichtigsten Aufgaben Schulentwicklung zu betreiben. Das tue ich natürlich nicht alleine, sondern ko-kreativ mit einer möglichst breiten Basis aus der Schulgemeinschaft, dennoch finde ich es wichtig, dass deren Mitglieder die Chance haben, meine Vorstellung einer modernen Schule im 21. Jahrhundert zu verstehen. Daher mache ich durch meine Blogbeiträge meine Visionen transparent. Und nach außen, quasi in die bildungsinteressierte “Weltöffentlichkeit”, stelle ich meine Diskussion in klassischer Blog-Manier zur Diskussion und leiste bescheidene Debattenbeiträge in der Edu-Bubble.
Außerdem gibt es noch eine fast “therapeutische” und kontemplative Funktion. Wenn ich schreibe, sortiere ich meine Gedanken, manchmal lindere ich meinen Ärger manchmal nutze ich das Bloggen, um zur Ruhe zu kommen.
Schließlich macht es mir auch Spaß, weitet den Blick, da ich mich gerade in den Blogparaden mit Themen auseinandersetze, mit denen ich mich von selbst nicht unbedingt beschäftigen würde und es bringt mich digital mit Menschen zusammen, denen ich sonst nicht begegnet wäre.
Das Schreiben hat also etwas mit Mitteilungsbedürfnis, Selbstwirksamkeit und Salutogenese zu tun.
Wichtig ist mir abschließend noch zu betonen, dass Bildung nicht nur meine Profession, sondern auch meine Leidenschaft ist. Ich tue das, was ich tue, sehr gerne und setze mich dafür ein, dass wir Schule und Bildung weiterentwickeln, dass wir Schule in einem agilen und permanenten Prozess reformieren und immer wieder neu an den Bedürfnissen der Gesellschaft und der Schülerinnen und Schüler ausrichten. Wer meine Blogs liest, weiß, dass meine zentralen Themen Medienbildung in einer Kultur der Digitalität, KI und individualisierte und selbstorganisierte Lernprozesse in vernetzten Bildungsstrukturen sind. Dafür setze ich mich bei jeder Gelegenheit ein und mein Blog ist eine dieser Gelegenheiten.

Weitere Beiträge zur Blogparade

https://www.ingerfeldundlaube.de/bonus-tracks/blockparade-bildungsblog

https://hauptschulblues.blogspot.com/2024/05/2-jahre-78-t-krieg-in-der-ukraine-188-t.html

http://fontanefan.blogspot.com/2024/05/von-herrn-rau-ich-auf-diese-blogparade.html

https://www.arminhanisch.de/2024/05/blogparade-warum-ein-bildungsblog

Newsletter 13, 19.04.2023

Liebe Schulgemeinschaft,

in diesem Newsletter geht es mal wieder um Künstliche Intelligenz.
Der Anlass ist, dass wir mit Schullizenzen für Fobizz und Fiete zwei KI-basierte Tools bekommen, die unsere Arbeit verändern können, deswegen möchte ich in diesem Newsletter einige Anmerkungen und Ideen teilen, die den Einstieg in die Arbeit mit KI erleichtern sollen. Ich beginne mit didaktischen und pädagogischen Gedanken. In Anlehnung an das aus der Informatik-Didaktik bekannte Dagstuhl-Dreieck (https://zsl-bw.de/,Lde/Startseite/lernen-ueberall/ki-dagstuhl) hat KI, wie alle technischen Anwendungen, drei Dimensionen, eine technische Dimension (wie funktioniert KI eigentlich?), eine Nutzungs-Dimension (wie nutze ich KI?) und eine ethische Dimension (wie wirkt KI auf das Individuum und die Gesellschaft?). Alle drei Dimensionen müssen für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI in der Schule, sowohl bei der Planung von Unterricht als auch bei den Unterrichtsinhalten, berücksichtigt werden und zwar in allen Fächern! Das heißt natürlich auch, dass wir jetzt viele Dinge dazu lernen müssen. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass sich das lohnt. KI ist für Lehrkräfte keine Bedrohung und kann uns nicht ersetzen, KI ist aber ein Copilot, ein Sparringspartner, ein Co-Tutor und vieles mehr, was unsere Arbeit erleichtern, entlasten und reformieren kann und diese drei Aspekte werden immer nötiger.

Ich möchte Sie ermutigen, sich auszuprobieren und über ihre Arbeit, ihre Erfolge und vor allem ihre Misserfolge auszutauschen, wir sind nicht nur eine lehrende, sondern auch eine lernende Gemeinschaft. Trauen Sie sich Fehler zu machen und lassen Sie uns gemeinsam aus diesen Fehlern lernen. Ich freue mich auf den Diskurs mit Ihnen; die Schülerinnen und Schüler und auch die Eltern sind natürlich herzlich eingeladen, sich an diesem Diskurs zu beteiligen.

Zum Einstieg möchte ich Ihnen zwei Homepages besonders ans Herz legen. Zum einen die von Joscha Falck (https://joschafalck.de/). Joscha ist Mittelschullehrer, Autor und Lehrbeauftragter an der Universität in Bayern und einer der zentralen Akteure in der deutschen KI-Didaktik. Ganz zentral sind seine für den Umgang mit KI entwickelten fünf Dimensionen: Lernen mit, über, durch, trotz und ohne KI:


Empfehlenswert ist auch sein Buch „Effektiv unterrichten mit Künstlicher Intelligenz“, das kürzlich im Persen-Verlag erschienen ist.
Zum anderen empfehle ich noch die Homepage von Manuel Flick (https://www.manuelflick.de/). Manuel ist Lehrer an einem Oberstufenzentrum in Berlin, Fortbildner und Blogger. Auf seiner Homepage findet sich unter anderem ein immer wieder aktualisierter „Chat-GPT-Guide“.

Wem das alles noch nicht genug ist, der kann noch viele weitere spannende Anregungen, Tools und Diskursbeiträge zu KI in der Bildung in der entsprechenden Linksammlung auf meiner Homepage finden (https://www.schulmun.de/2023/10/25/kuenstliche-intelligenz/). Es ist also wichtig, KI nicht einfach irgendwie zu nutzen, sondern immer auch die Kompetenzebene, gemeinsam mit den Lernenden, zu reflektieren. Was bringt mir der Einsatz, war KI wirklich hilfreich und warum? Wie habe ich das gemacht, was habe ich verbessert, was gelernt? Kann ich mir sicher sein, dass mein Ergebnis stimmt und warum?

Welche Fallstricke muss ich beachten, wo sind die Gefahren (zum Beispiel: Cultural Bias, Halluzinationen, Datenschutz, Urheberrecht usw.)?

Nun noch ein paar einführende Worte zu den beiden Tools. Fobizz (fobizz.com) ist eine Plattform, die mittlerweile aus drei Bereichen besteht. Es gibt einen Bereich für Fortbildungen, viele davon stehen als digitale Selbstlernkurse zur Verfügung, können also jederzeit gemacht, unterbrochen und wiederholt werden. Es gibt aber auch Fortbildungen und Webinare, die zu bestimmten Zeiten live stattfinden. Darunter finden sich Fortbildungen für alle Fächer, für viele Tools und Anwendungen, aber auch zu pädagogischen oder didaktischen Themen. Ein anderer Bereich bietet fertiges aber umgestaltbares Unterrichtsmaterial mit Unterrichtsinhalten, Methoden und Tools für den Unterricht. Der dritte Bereich schließlich bietet DSGVO-konforme KI-Assistenzen und Tools. Zum Beispiel gibt es eine KI zum Chatten, eine für Bilder, Korrekturhilfen, KI-Zugänge für die Lernenden und vieles mehr. Bei den Tools finden Sie hier Werkzeuge für den Unterricht. Außerdem hat sich Fobizz kürzlich mit „to teach“ zusammen getan, einer Plattform zur Erstellung von Unterrichtsmaterial, Unterrichtsentwürfen und Übungsaufgaben. Bei den Fortbildungen gibt es auch ein Einführungsvideo, wir bekommen aber auch eine exklusive digitale Einführung für uns.

Das zweite Tool, für das wir eine Schullizenz erworben haben, ist Fiete (www.fiete.ai). Fiete ist ein Feedbacktool, mit dem Lehrkräfte Feedbackkriterien für eine Aufgabe der Lernenden festlegen können, die Lernenden laden ihr Ergebnis hoch und erhalten ein Feedback anhand der vorgegebenen Kriterien und überarbeiten damit ihr Ergebnis. Die Lehrkraft bekommt das Endprodukt und eine Auswertung zum Lernprozess der Lernenden. Fiete hat außerdem noch einen tollen Blog mit spannenden Beiträgen zu KI und Feedback von renommierten Gastautorinnen und -autoren. Auch zu Fiete wird es eine Einführung geben.

Wer Zugang zu den Tools haben möchte, kann sich ab Montag im Lehrerzimmer analog in eine Liste eintragen. Die Zugangsdaten gibt es dann per Mail. Probieren Sie rum und aus, binden Sie die Schülerinnen und Schüler ein und tauschen Sie sich mit den Kolleginnen und Kollegen aus. Bei nächster Gelegenheit wird es sicher auch Mikrofortbildungen, ein zweites Barcamp oder Austausch in anderen Formaten zu KI und den Tools geben. Ich freue mich darauf!

Ihr

Erik Grundmann

Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:

Warum eigentlich SchulMUN und warum “Trotz alledem”?

MUN ist die Abkürzung für “Model United Nations”, ein vor allem an angelsächsischen Schulen und Universitäten beliebtes Planspiel, bei dem verschiedene Gremien der Vereinten Nationen simuliert werden. Im Rahmen meines Politikstudiums hatte ich 2004 die Chance am weltgrößten studentischen MUN in New York, dem NMUN, teilzunehmen. Wir waren so begeistert davon, dass wir beschlossen, etwas ähnliches in Frankfurt zu etablieren, so entstand das bis heute existierende MainMUN. Im Rahmen dieser Initiative haben einige Kommilitoninnen, Kommilitonen und ich, gemeinsam mit unserer Professorin Tanja Brühl, SchulMUNs entwickelt, deren Ziel es war MUNs an Schulen in der Umgebung durchzuführen. Das haben wir auch getan, zum Beispiel in Lampertheim, Herborn oder Freigericht. Ich hatte dann angefangen diese MUNs auf einer Homepage zu dokumentieren und so entstand www.schulmun.de. Nach dem Studium war es uns leider nicht mehr möglich SchulMUNs durchzuführen und dann kam die Novellierung der DSGVO und es war nicht mehr möglich die auf der Website enthaltenen Bilder und Dokumente rechtskonform zu veröffentlichen, sodass ich mich entschied, diese vom Netz zu nehmen. Und das blieb dann einige Jahre so, doch der Gedanke wieder zu bloggen und eine Website zu betreiben ist nie ganz verblichen, sodass ich dann 2023 wieder damit begonnen habe. Da ich die Domain schulmun.de schon hatte, lag es nahe, diese einfach zu reaktivieren. Und deshalb heißt meine Homepage jetzt SchulMUN. Vielleicht schreibe ich ja auch einmal wieder etwas zu MUNs, die ich nach wie vor für eine sinnvolle Schulveranstaltung im Rahmen der politischen Bildung halte.

„Trotz alledem!“ ist der Titel eines Gedichtes von Ferdinand Freiligrath von 1843, das vor allem bei der 1848er Bewegung eine große Rolle spielte und auch im 20. Jahrhundert mehrere kleine Renaissancen und Adaptionen durch Liedermacher wie Wolf Biermann und Hannes Wader erlebte. Freiligrath ließ sich damals von Robert Burns Poem „A Man’s a Man for A’ That“ inspirieren (Mehr dazu hier). Der Tenor der Gedichte und Lieder ist, dass es sich lohnt trotz widriger Voraussetzungen und Umstände weiterzumachen und genau das ist eine gute Umschreibung der für Schulleitung nötigen Resilienz.

2024-07: Meine persönliche Bilanz der Didacta

KI, überall KI. Egal ob Startup oder Schulbuch-Dino, ohne KI geht (fast) nichts mehr. Das ist allerdings wenig überraschend, wie ich schon im Blog 2024-06 beschrieben habe. Auffällig war noch, dass es einige Stände mit VR-Brillen gab, es laufen ja schon Wetten, ob das Metaverse nächstes Jahr schon der neue “heiße Scheiß” ist:


Wir werden sehen. Zu KI möchte ich Christian Vanell, zitieren, der messerscharf, differenziert und meiner Meinung nach korrekt folgendes beobachtet hat:


Unter dem Thread hat sich übrigens eine sehr spannende Diskussion entwickelt. Ich finde, dass “Quizzifizierung” natürlich keine Lösung sein kann. Guter Unterricht in einer Kultur der Digitalität nutzt KI als Sparringspartner und Copilot für Lehrende und Lernende. Außerdem muss KI im Sinne des Dagstuhl-Dreiecks von der technischen Seite, der Anwenderseite und den gesellschaftlichen Implikationen her untersucht und bearbeitet werden. Nur so entstehen die nötigen Zukunftskompetenzen.
Die Didacta war ja schon in den letzten Jahren ein guter Spiegel des immer schnelllebigeren Edu-Marktes und wie bei den digitalen Displays und den damit verbundenen Anwendungen, bei Schulmessengern oder anderen digitalen Werkzeugen, wird auch bei den schulischen KI-Anwendungen bald ein Konsolidierungsprozess einsetzen. Ich wage mal zu behaupten, dass am Ende die Schulbuchverlage aufgrund ihrer Marktmacht und ihrer finanziellen Möglichkeiten als Sieger hervorgehen werden. Spannend bleibt, ob die “KI-Platzhirsche” der “ersten Stunde”, wie Fobizz, Schul-KI oder der frisch prämierte Fiete ihre Eigenständigkeit bewahren können (und wollen). Die großen Verlage sind in jedem Fall gut beraten, neben digitalen Schulbüchern und den damit verbundenen Anwendungen, auch auf KI zu setzen.
Spannend ist auch die Inkorporation der Mobilen Schule in den Westermann-Verlag, der so sein Portfolio diversifiziert und damit Resilienz für die Zukunft aufbaut. Wie der aufgrund qualitativ hochwertiger Vorträge gut besuchte riesige Messestand der Mobilen Schule und natürlich auch die dortige Party am Freitag gezeigt haben, scheinen sowohl die Mobile Schule als auch der Verlag von dem Zusammenwachsen zu profitieren.
Eine hoffentlich nicht nur subjektive Beobachtung und ein außerdem hoffentlich positiver Trend war, dass mehr Schülerinnen und Schüler auf der Messe präsent waren, jedenfalls haben die Schülerinnen und Schüler meiner Schule eine großartige Präsentation gehalten und die Podiumsdiskussion mit dem Schüler Jonathan Bork, Michael Drabe und mir wurde durch Jonathans Konzept der hybriden Bildung bereichert.
Neben diesen eher progressiven Aspekten, zu denen auch Stände mit BNE-, SDG oder anderen Zukunftsthemen zählten, war auch immer noch eine deutliche Präsenz des letzten Jahrhunderts zu spüren: Bücher, Berge von Arbeitsblättern und natürlich die riesige Betzold-Tasche für Jäger und Sammler.
Am Ende ist die Didacta natürlich in erster Linie eine Messe, das heißt, es geht ums Verkaufen; schön ist aber dennoch, dass sich auch nicht kommerzielle Verbände und Institutionen, wie Ministerien und Datenschutz, präsentieren und es spannende Vorträge und Diskussionen gibt.
Für mich persönlich das Wichtigste ist jedoch das Netzwerken und das hat auch dieses Jahr wieder hervorragend funktioniert und ich freue mich, dass ich einige Menschen aus den sozialen Edu-Netzwerken endlich mal wieder oder auch zum ersten Mal “in echt” treffen konnte.
Deshalb gilt mein besonderer Dank dem Didacta-Verband für die Einladung zu gleich zwei Podiumsdiskussionen mit tollen Gästen, der Mobilen Schule für die Party und all den Menschen, mit denen ich inspirierende Gespräche führen konnte, ich hoffe wir sehen uns nächsten Februar in Stuttgart!

Nachtrag nach Erscheinungsdatum:
Zur Ehrenrettung der Quizzification sei dieser Beitrag von Michale Drabe angeführt (Danke dafür!): https://schule-in-der-digitalen-welt.de/quiz/. Und die Forderung nach Evidenzbasierung ist angenommen!

Auch Christian Füller hat sich lesenswerte Gedanken zu KI, Schulbüchern und Elefanten gemacht: https://pisaversteher.com/2024/02/22/chatgptco-der-elefant-der-contentproduktion/.