2024-21: Warum eine Vernissage für die Schule der Zukunft steht

Am 01. Juli durfte ich zur Eröffnung der Kunstausstellung “Art’n‘Vielfalt” mit Werken von Schülerinnen und Schülern der Weibelfeldschule ein Grußwort sprechen, in dem ich die Bedeutung von Kreativität und Interdisziplinarität für Lernprozesse betont habe und, dass dabei die Schule der Zukunft aufblitze.
Ich finde das Gesamtprojekt so gelungen, dass ich ihm gerne einen Blogbeitrag widme.
Was alles hinter der Ausstellung steckt, eine Dokumentation der Werke, auch in Kooperation mit einer deutschen Schule in Namibia und mit anderen Künstlerinnen und die Einbindung von DigitalSchoolStory, hat meine wunderbare Kollegin Riedl auf dieser Taskcard dokumentiert. Mein Grußwort im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrkräfte, Eltern und Kunstbegeisterte, (…)

es ist mir ein großes Vergnügen heute auf dieser Vernissage ein paar Worte sagen zu dürfen.
Erstens ist es das erste Mal auf einer Vernissage und ich mag Kunst, zweitens ist es eine Ausstellung, die von der Weibelfeldschule ausgeht, die ich leiten darf. Und drittens, und das ist das Wichtigste, weil hier die Schule der Zukunft aufblitzt!
Wir haben es hier nicht einfach mit einer Vernissage zu tun, einer feierlichen Ausstellungseröffnung mit den Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, sondern mit einer Präsentation des Lernens der Zukunft auf so vielen Ebenen.
Ich möchte Ihnen nun knapp erläutern, warum ich das glaube.
Das klassische Bild von Schule ist das so genannte 7-G-Modell: ”Alle gleichaltrigen Kinder sollen beim gleichen Lehrer mit dem gleichen Lehrmittel im gleichen Tempo das gleiche Ziel zur gleichen Zeit gleich gut erreichen.” Und das auch noch im gleichen Fach, im gleichen Schulzweig und im gleichen Raum. Dieses Modell wird leider den zunehmend komplexer werdenden Herausforderungen unserer Welt nicht mehr gerecht.
Wir müssen anfangen, Fächergrenzen aufzubrechen und Lernprozesse individualisieren. Wir müssen uns in den Schulen mit den echten, den großen Problemen beschäftigen und die lassen sich nicht in einem Fach im 45-Minuten-Rhythmus lösen und in Tests abprüfen. Nehmen wir den Klimawandel. das ist ein Phänomen, welches im Grunde alle Fächer des schulischen Fächerkanons abdeckt. Oder eben die zurückgehende Biodiversität, die ja eher zu den unterschätzten Problemen gehört. Manch eine oder manch einer hier im Raum kann sich vielleicht noch daran erinnern, wie viele Insektenreste wir im Sommer von den Frontscheiben der Autos kratzen mussten. Das gibt es kaum noch. Und eine Welt ohne Insekten ist eine tote Welt. Pflanzen werden nicht mehr bestäubt, Mist nicht mehr zersetzt, die Nahrungskette unterbrochen und so weiter.
Und was hat das mit der Schule und dem Lernen der Zukunft zu tun?
Wenn wir uns dem Problem des Rückgangs der Biodiversität im klassischen Unterrichtsystem nähern, dann beschäftigen wir uns vielleicht in Biologie mit Ökosystemen und Insekten, in Geografie mit der Kultivierung von Naturräumen, in PoWi mit politischen Entscheidungsprozesse und ökonomischen Zusammenhängen, in Mathematik mit exponentiellem Wachstum, in Physik mit Thermodynamik und so weiter. Dass dieses partikularisierte Wissen zusammenhängt, wird den meisten Schülerinnen und Schülern so nicht klar.
Was also tun? Wir müssen anfangen dieses Wissen zusammenzudenken und in Projekten zu arbeiten und genau das ist hier passiert. Und zwar in vorbildlicher Weise, weil drei wichtige Lernaspekte dazu kommen.
Erstens fand in diesem Projekt auch lernen mit, über und durch Medien statt. Indem das Projekt an DigitalSchoolStory angedockt wurde. Dadurch haben sich die Schülerinnen und Schüler (und auch die Lehrkräfte) mit digitalem Storytelling beschäftigt und dazu Feedback von professionellen Content-Creatorn bekommen. Ich kann nicht zu wenig betonen, wie wichtig Medienbildung in unserer Zeit ist und dass Schulen da noch viel mehr tun müssten.
Zweitens hat das Projekt einen internationalen und interkulturellen Aspekt. Durch die Zusammenarbeit mit einer deutschen Schule in Namibia fand ein internationaler Austausch und damit transkulturelles Lernen statt. Auch das ein wichtiger Aspekt in einer immer stärker gespaltenen Gesellschaft und Welt.
Und drittens, damit zwar zuletzt, aber von besonders großer Bedeutung, es gab einen kreativen Zugang zu dem Problemkomplex. Kreativität ist nicht umsonst eine der zentralen Zukunftskompetenzen, was die letzte PISA-Studie wieder bestätigt hat. Neben Kommunikation, Kollaboration und kritischem Denken, die hier auch gefördert wurden. Kreativität ist nämlich unsere zentrale Ressource. Nur mit kreativem Denken kann es uns gelingen Lösungsansätze für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Nur so trainieren wir entscheidende Kompetenzen, die es uns auch in Zukunft ermöglichen können, Wohlstand zu bewahren und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Kreative Menschen sind glücklicher, können sich besser ausdrücken und besser auf Veränderungen einstellen.
Deswegen brauchen wir mehr kreative Projekte in der Schule und deshalb ist dies hier ein Vorzeigeprojekt für das Lernen in der Schule der Zukunft! Versuchen Sie beim Betrachten der Exponate mal darüber zu sinnieren, auf wie vielen und auf welchen Ebenen hier gelernt wurde und welche Botschaften in den Werken und wieviel Potenzial in den jungen Menschen steckt, die das geschaffen haben.
All das lässt mich, trotz alledem, für die Zukunft hoffen. Wir sollten die junge Generation nicht unterschätzen und nicht schlecht reden. Sie ist es, die unseren Planeten retten muss und unser Job ist es sie dazu zu befähigen, ihnen das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu geben und dass ist mit dieser Vernissage vorbildlich gelungen.
Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß, Freude und vielleicht auch ein wenig Erkenntnis am heutigen Abend.
Vielen Dank!

2024-20: Warum ich gerade nicht blogge

DALL-E, Prompt: an exhausted school principal in the last weeks before summer vacation. The scene captures his fatigue and determination as he navigates through the end-of-year tasks.

Abiturprüfungen, ca. 35 Vorsitze
Klassenkonferenzen, 2 Stück
Notenkonferenzen, 3
Integrationsgespräche, 3
Reden schreiben, 4
Unterrichtsbesuche, ca. 5
Dienstliche Beurteilungen, 1
Elterngespräche, ca. 10
Gespräche mit Schülerinnen und Schülern, ca. 15
Externe Realschulprüfungen, 2 Vormittage
Gesamtkonferenz, 1 Nachmittag
Staatsexamen, 2 Stück
Schulelternbeirat, 1 Abend
Arbeitsverträge erstellen, ca. 5
Arbeitsverträge auflösen, 2
Gespräche mit Lehrkräften, ca. 20
Gremiensitzungen, ca. 4
Schulentwicklungsgruppe, 1
Webinare, 4
Bauvorplanung, 1
Prüfungsausschuss, 1
Schulleitungssitzungen, 4
Klassenbesuche, 2
Treffen mit der Polizei, 1
Bewerbungsgespräche, ca. 5
Preisverleihungen, 2
Grußwort Schulzeitung
Beratungen mit der dienstvorgesetzten Aufsichtsbehörde, ca. 5

Das ist alles nur im Juni und nur ein grober unsortierter und unvollständiger Überblick aus meinem Kalender.
Nebenbei laufen die Planungen für das kommende Schuljahr (Unterrichtsverteilung, Personal, Terminplanung, Entwicklungsvorhaben, Umwandlung SES etc.), außerdem benötigen viele dieser Termine Zeit für Vor- und Nachbereitung und Absprachen, manche müssen noch dokumentiert werden.
Und natürlich das ganz normale und das spontane Tagesgeschäft.

Ich will gar nicht klagen, ich liebe meinen Job, sondern visualisieren, was in den Hochphasen in der Schule los ist. Mir ist auch völlig klar, dass in vielen anderen Jobs auch viel gearbeitet wird.
Ich werde dann in den Sommerferien sicher auch wieder etwas mit Inhalt bloggen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, allen Eltern und allen weiteren “Bildungsbetroffenen” viel Kraft für die letzten Schulwochen!

2024-19: (Kann) Politische Bildung (funktionieren)?

Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema werden unter dem Beitrag gesammelt. Dies ist der sechste Teil dieser Blogparade.

Als Lehrer für Politik, Wirtschaft und Geschichte ist das natürlich genau mein Thema. Seit meinem Studium werde ich darin ausgebildet Kinder und Jugendliche an die Bildung eines politischen Urteils heranzuführen. Ich habe zahlreiche Schülerinnen und Schüler von der 7. Realschulklasse bis zum Leistungskurs in Politik und Wirtschaft (das ist in Hessen EIN Fach) und in Geschichte unterrichtet, dazu noch Erwachsene am Abendgymnasium, wo es bis vor ein paar Jahren noch das grandiose Fach “Historisch-Politische-Bildung” gab.
Schon an der Uni habe ich gelernt, dass die Bildung eines politischen Urteils ein wahnsinnig komplexer Prozess ist, der aber im Mittelpunkt der Politikdidaktik stehe (vgl. z.B. Massing oder Breit u.a.), es gilt schon als Erfolg, wenn es gelingt Vorurteile abzubauen und Urteilsfähigkeit anzubahnen. Politische Urteile haben viele Dimensionen oder Kategorien, sie sind komplex, wie es auch Jan-Martin im Halbtagsblog zur Blogparade beschreibt und lassen natürlich Spielraum im Sinne einer pluralistischen demokratischen Grundordnung, soll heißen, es gibt eigentlich keine “richtigen” Urteile. Es gibt aber sehr wohl falsche, nämlich dann, wenn der Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Grundgesetzes verlassen wird; also dann, wenn Urteile auf faschistischer oder extremistischer Argumentation fußen.
Dann ist es Aufgabe einer jeden Lehrkraft, diesen Argumenten und Urteilen im Rahmen des Beutelspacher Konsenses entgegenzutreten (vgl. dazu diesen Newsletterbeitrag).

Was könnte helfen, dass Schulen bei der politischen Bildung erfolgreicher werden können?
Ich denke, es gibt im Wesentlichen drei hilfreiche Aspekte:

1. Schulen müssen selbst mehr Demokratie leben und den Schülerinnen und Schülern echte Partizipationsmöglichkeiten bieten, von der Mitgestaltung des Unterrichtes bis zur Mitgestaltung der Schulstruktur und der Gebäude, wie es auch Lars Fengler in seinem Blogbeitrag fordert. In Hessen ist das eigentlich durch die Schülermitverwaltung bis zur Schulkonferenz vorgegeben, in der gelebten Praxis ist aber oft noch viel Luft nach oben.
2. Auch hier haben wir es aktuell mit einem, meiner Meinung nach, unterkomplexen Lösungsansatz zu tun (vgl. dazu diesen Blogbeitrag). Wir siedeln die politische Bildung curricular im Politikunterricht an und vergessen dabei, dass im Grunde alle anderen Fächer dabei ein Rolle spielen, alleine schon um die zu beurteilenden Probleme differenziert und multikausal betrachten zu können. Nehmen wir das Beispiel des Klimawandels, das ist dermaßen komplex, dass es Fakten- und Methodenwissen aus vielen Bereichen braucht, um ein verantwortungsvolles politisches Urteil zu bilden. Auch hier ist das Denken in Fächergrenzen also nicht sinnvoll und nicht zeitgemäß.
3. Schule hat nur einen überschaubaren Einfluss auf Urteile und Ansichten, die im familiären Umfeld und in der Peer-Group dominant sind. Hinzu kommt noch die Bildung von Filterblasen in den sozialen Medien und auch mediales Framing, wie es Herr Mess in seinem Beitrag zur Blogparade anspricht.

All diese Herausforderungen machen es kompliziert in der Schule eine politische Bildung umzusetzen, die Schülerinnen und Schüler zu mündigen Staatsbürgern macht und sie resilient gegen Extremismen aller Art zu machen und sie gleichzeitig noch mit der Fähigkeit auszustatten Komplexität zu akzeptieren und damit umzugehen. Diese Herausforderungen entlassen uns aber nicht aus der Verantwortung das hehre Ziel der Befähigung zur politischen Urteilsbildung immer wieder anzustreben und an dessen Verwirklichung zu glauben, weil wir hier an der Essenz unseres demokratischen Gemeinwesens rühren.
Dazu ist Schule als Instrument der Reproduktion von Herrschaft eine zu zentrale Institution (vgl. dazu diesen Blogbeitrag). Wir müssten uns dieser Verantwortung vielleicht manchmal noch stärker bewusst werden und den Mut aufbringen in der Schule demokratische und fächerübergreifende Strukturen zu schaffen, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen mündige Bürgerinnen und Bürger auf dem Boden unseres Grundgesetzes zu werden.

Passend dazu auch:

2024-17: Organisieren wir unsere Schulen unterkomplex?

Dies wird kein langer Text, aber hoffentlich ein interessanter Diskursbeitrag zu einer Thematik, die mich schon länger beschäftigt.

Wir schreiben in den Schulen und das scheint natürlich grundsätzlich sinnvoll, Konzepte, die uns Orientierung bieten sollen, wie wir mit Herausforderungen umgehen und wie Arbeitsabläufe organisiert sind. Es gibt Konzepte gegen Drogenmissbrauch, gegen Gewalt oder sexualisierte Gewalt, gegen Absentismus, zur Mediennutzung oder für soziales Lernen usw. Diese Konzepte stehen dann nebeneinander und erfüllen leider nicht immer ihren Zweck.’

Das hat meiner Meinung nach zwei wesentliche Ursachen.

Zum einen werden diese Konzepte meist von kleinen Gruppen, der Schulleitung oder aus den Ministerien entwickelt und sie kommen bei den Lehrkräften nicht wirklich an, weil diese keine Co-Agency, keine “Mitwirksamkeit” entfalten, platt gesagt, weil diejenigen, die die Konzepte ausführen sollen, nicht mitgenommen werden (und außerdem in den konkreten Situationen der Vorstellung und Umsetzung mit viel zu vielen anderen Dingen und Prioritäten des überfrachteten Schulalltags beschäftigt sind). So entfalten die Konzepte keine Wirksamkeit im Schulleben und im Unterricht und werden im ungünstigsten Fall als Belastung wahrgenommen.

Zum anderen werden hier Themen auseinanderdividiert, die eigentlich zusammen gehören. Das macht die Sache anscheinend einfacher, verfehlt aber den Punkt. Wer Probleme mit Drogen oder Medien hat, neigt unter Umständen zu mehr Gewalt oder Absentismus. Und am Ende sind die Ursachen für Suchtverhalten oder Herausforderungen im Verhalten immer individuell und daher schwer “konzeptierbar”.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was aus dieser Analyse folgt?
Ich glaube, wir müssen all diese Aspekte zusammen denken, was leider eine hochkomplexe Herausforderung ist. Wir leben eben in einer immer komplexeren Welt (Vgl. Newsletter 02 zur VUCA-Welt). Wenn wir den größer werdenden Herausforderungen begegnen wollen, brauchen wir eine Art “Meta-Konzept”, welches unsere Aufgaben vernetzt und agil bleibt, welches außerdem noch an der Haltung aller Teile der Schulgemeinschaft ansetzt und daher auch von diesen erarbeitet und immer wieder neu evaluiert und verhandelt werden muss. Alle Konzepte sind sinnlos, wenn sie nicht von der Schulgemeinschaft getragen werden. Das ist schwierig und bedarf Ressourcen und externer Expertise, aber es könnte sich lohnen. Oder?

Nachträge:
Im weiteren Sinne passt auch dieser Beitrag von Florian Nuxoll, in dessen Subtext deutlich wird, dass die größten Veränderungen erst anstehen: https://www.campus-schulmanagement.de/magazin/kolumne/zu-viele-reformen-und-veraenderungen-in-den-schulen-die-groesste-veraenderung-kommt-erst-noch.

2024-15: Warum ich als Lehrer blogge. Teil einer “Blogparade”

Meine Reichweite würde ich als eher bescheiden bezeichnen, mein erster Blogbeitrag stammt erst aus dem letzten Oktober und eigentlich habe ich auch gar keine Zeit zum bloggen.
Warum tue ich es trotzdem?
Für mich hat das Bloggen mehrere Funktionen.
Die zentrale Funktion ist kommunikativer Natur und zwar nach innen und nach außen. Mit nach innen meine ich die Kommunikation in die Schulgemeinschaft der Schule, die ich leiten darf. Als Schulleiter gehört es zu meinen wichtigsten Aufgaben Schulentwicklung zu betreiben. Das tue ich natürlich nicht alleine, sondern ko-kreativ mit einer möglichst breiten Basis aus der Schulgemeinschaft, dennoch finde ich es wichtig, dass deren Mitglieder die Chance haben, meine Vorstellung einer modernen Schule im 21. Jahrhundert zu verstehen. Daher mache ich durch meine Blogbeiträge meine Visionen transparent. Und nach außen, quasi in die bildungsinteressierte “Weltöffentlichkeit”, stelle ich meine Diskussion in klassischer Blog-Manier zur Diskussion und leiste bescheidene Debattenbeiträge in der Edu-Bubble.
Außerdem gibt es noch eine fast “therapeutische” und kontemplative Funktion. Wenn ich schreibe, sortiere ich meine Gedanken, manchmal lindere ich meinen Ärger manchmal nutze ich das Bloggen, um zur Ruhe zu kommen.
Schließlich macht es mir auch Spaß, weitet den Blick, da ich mich gerade in den Blogparaden mit Themen auseinandersetze, mit denen ich mich von selbst nicht unbedingt beschäftigen würde und es bringt mich digital mit Menschen zusammen, denen ich sonst nicht begegnet wäre.
Das Schreiben hat also etwas mit Mitteilungsbedürfnis, Selbstwirksamkeit und Salutogenese zu tun.
Wichtig ist mir abschließend noch zu betonen, dass Bildung nicht nur meine Profession, sondern auch meine Leidenschaft ist. Ich tue das, was ich tue, sehr gerne und setze mich dafür ein, dass wir Schule und Bildung weiterentwickeln, dass wir Schule in einem agilen und permanenten Prozess reformieren und immer wieder neu an den Bedürfnissen der Gesellschaft und der Schülerinnen und Schüler ausrichten. Wer meine Blogs liest, weiß, dass meine zentralen Themen Medienbildung in einer Kultur der Digitalität, KI und individualisierte und selbstorganisierte Lernprozesse in vernetzten Bildungsstrukturen sind. Dafür setze ich mich bei jeder Gelegenheit ein und mein Blog ist eine dieser Gelegenheiten.

Weitere Beiträge zur Blogparade

https://www.ingerfeldundlaube.de/bonus-tracks/blockparade-bildungsblog

https://hauptschulblues.blogspot.com/2024/05/2-jahre-78-t-krieg-in-der-ukraine-188-t.html

http://fontanefan.blogspot.com/2024/05/von-herrn-rau-ich-auf-diese-blogparade.html

https://www.arminhanisch.de/2024/05/blogparade-warum-ein-bildungsblog

Blog WfS 2030

Hier begleite ich den Schulentwicklungsprozess der Weibelfeldschule in einem Blog. Es wird über wichtige Meilensteine, über Ideen und deren Umsetzung oder Scheitern berichtet, hier werden Tipps entwickelt und ein Prozess begleitet.
Es geht auch um pädagogische Haltung und Leitbilder und natürlich wird die kommunale und gesellschaftliche Relevanz im Blick behalten.
Wünschenswert sind hier auch Gastbeiträge.

Under Construction!

2024-12: Vernetzt die Bildung! Wege aus dem, Trilemma aus Fortbildung, Schulentwicklung und Mangelverwaltung.

Dieser Blogbeitrag verbalisiert meine Vision von Bildung im 21. Jahrhundert: Was würde ich mir wünschen und was würde ich tun, wenn ich unbegrenzte Gestaltungsfreiheit hätte?


Das Trilemma der Bildung und die Notwendigkeit von Veränderung
Dass wir auf ein Trilemma aus fehlenden Ressourcen für Fortbildung und Schulentwicklung aufgrund eines wachsenden Lehrkräftebedarfs zusteuern, habe ich an anderer Stelle schon einmal beschrieben. Dieses Problem beschränkt sich nicht auf die weiterführenden Schulen, sondern ist im Primarbereich und in der vorschulischen Bildung noch viel eklatanter.
Aufgrund des demografischen Wandels und politischer Weichenstellungen wird sich die Situation mittelfristig eher nicht und kurzfristig sicher nicht entspannen. Hinzu kommen ja auch noch der zunehmende Mangel an Therapieplätzen für Jugendliche, unterbesetzte Jugendämter, zu wenig Freizeitangebote und vieles mehr.
Wenn wir trotzdem wollen, und das sollten wir unbedingt, dass unsere Kinder eine Bildung bekommen, die sie auf das 21. Jahrhundert vorbereitet und sie mit der dafür nötigen Resilienz ausstattet, müssen wir das System verändern. Darüber wurde, auch auf dieser Website (zum Beispiel hier oder hier), schon viel geschrieben, daher möchte ich den nötigen Systemwandel hier nur kurz skizzieren.
Getreu dem Motto von Stefan Ruppaner und der Alemannenschule in Wutöschingen: “Unterricht ist allen Übels Anfang” müssen wir Fächer und Stunden in den Schulen auflösen und zu selbstorganisierten und individualisierten Lernprozessen übergehen, die von Lerncoaches begleitet werden; wir müssen den Fokus vom Lehren auf das Lernen richten. Wir müssen die gesamte Schulgemeinschaft, am besten sogar die ganze Kommune in Schulentwicklungsprozesse einbinden und vernetzen, dazu bedarf es echter demokratischer Strukturen, die an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet sind. Es muss eine Kultur der Digitalität etabliert werden, in der die Schülerinnen und Schüler Zukunftskompetenzen erlernen, um in einer VUCA– oder BANI-Welt zurechtzukommen.
Das haben viele Länder schon erkannt und auch in Deutschland gibt es “Leuchtturmschulen”, die sich reformiert haben und neue Lernkonzepte bieten, bei denen die Lernenden im Mittelpunkt stehen. Wer sich solche Schulen anschauen will, sollte sich die Preisträger des Deutschen Schulpreises oder die Agora-Schulen in den Niederlanden und natürlich die skandinavischen, die baltischen Länder oder Neuseeland anschauen. (Zur Einordnung: Es gibt mittlerweile knapp über 100 Preisträger beim Deutschen Schulpreis und es gibt ca. 32.000 Schulen in Deutschland).
Das ein leistungsfähiges Bildungssystem für die Zukunft eines Landes, gerade eines rohstoffarmen Landes wie Deutschland, von zentraler Bedeutung ist, muss eigentlich nicht näher begründet werden. Umso unbegreiflicher ist es, dass es in Deutschland gerade nicht gelingt im Bildungsbereich besser zu werden, das zeigen zumindest die einschlägigen Studien der letzten Jahre von PISA bis IGLU. Vielleicht ist es daher an der Zeit die starren Strukturen des Systems, das Festhalten an Stunden, Noten und Fächern, die frühe Selektion, überhaupt das gegliederte Schulsystem, das Lernen im Gleichschritt und die curriculare Obsession auf den Stoff zu überdenken. Die Welt und die Gesellschaft unterliegen großen Veränderungen, das Schulsystem aber bleibt starr.
Wie schaffen wir es aber aus dem oben beschriebenen Trilemma herauszukommen und trotz schwindender personeller Ressourcen das System zu reformieren, um eine bessere und zeitgemäße Bildung zu erreichen?
Ich sehe drei große Reformansätze, die Synergien schaffen und gleichzeitig die Qualität verbessern. Der eine bezieht sich auf die innere Dimension von Schule, der andere auf die äußere und der dritte bezieht sich auf eine inhaltliche Dimension.

Die innere Dimension der Veränderung
Dieser Aspekt wurde in den vorherigen Ausführungen schon angedeutet und wird im Folgenden bezüglich der möglichen Synergieeffekte und der praktischen Umsetzung von Reform präzisiert.
Die Auflösung des klassischen Lernsettings in Klassen und Fächern und dessen Überführung in offene und individualisierte Lernformen schafft Freiräume. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen zunehmend selbst Verantwortung für ihre Lernfortschritte, unterstützen sich dabei gegenseitig und werden im Sinne einer Kultur der Digitalität von Lernmanagementsystemen und digitalen Materialpools unterstützt. Dies erfordert die Verwandlung der Lehrkräfte von Instrukteurinnen und Instrukteuren, von Stoffvermittelnden zu Lernbegleitenden. Als Lernbegleitung ist eine Lehrkraft für deutlich weniger Lernende zuständig als als “klassische” Klassenlehrkraft, inhaltliche Unterrichtsvorbereitung entfällt, Korrekturen verändern sich und werden in Präsenzzeiten erledigt. Es gibt keine Hohlstunden und keine Vertretungen, keine Hausaufgaben und keine Unterrichtsstörungen, weil es keinen Unterricht gibt.
Um das zu konkretisieren: An der bereits erwähnten Alemannenschule leisten die Lehrkräfte bei voller Stelle eine Präsenzarbeitszeit von 35 Wochenstunden in der Schule. Die Differenz zur Regelarbeitszeit von Beamten wird für Elternabende, Klassenfahrten usw. benötigt.
Diese innere Veränderung schafft also Freiräume für die pädagogische Arbeit mit den Lernenden, die im bestehenden System oft zu kurz kommt. Gleichzeitig erhöht das neue System die Zufriedenheit und die Leistungsfähigkeit sowohl der Lernenden als auch der Lehrenden.

Die äußere Dimension von Veränderung
Das bisher Beschriebene ist zwar noch lange nicht Regelstandard, aber es gibt erfolgreiche Beispiele in der Praxis. Die nun folgenden Gedanken sind bisher, zumindest nach meiner Kenntnis, so noch nicht verwirklicht.


Wie wäre es kommunale Orte im Sinne von Bildung enger zu vernetzen und idealerweise diese Orte dann auch räumlich zu einer Art “Bildungshub” zu verdichten? Was genau damit gemeint ist, warum das sinnvoll ist und welche Synergieeffekte so entstehen können werde ich nun genauer darstellen.
Ein solcher Bildungshub würde dann in einem umgrenzten kindgerechten Raum, Kindergärten, Grund- und weiterführende Schulen und Einrichtungen des lebenslangen Lernens wie Volkshochschulen oder Abendschulen umfassen. Zusätzlich gäbe es Sportstätten, die gemeinsam genutzt werden können, aber auch medizinische, therapeutische und psychologische Versorgung, vielleicht sogar eine Jugendherberge und stationäre Einrichtungen der Jugendpflege. Es gäbe dort Werkstätten und Makerspaces, eine Bibliothek ein Theater und weitere kulturelle Einrichtungen. All diese Einrichtungen dienen tagsüber den Bildungsinstitutionen und stehen abends und am Wochenende der Kommune zur Verfügung. Durch diese geteilten Nutzungen entstehen höhere Auslastungen der Gebäude und Einrichtungen, also in der Summe Synergien bei der Instandhaltung.
Die kurzen Wege schaffen weitere Synergieeffekte vor Ort, zugegebenermaßen entstehen natürlich teilweise längere Anfahrtswege.


Wenn nun die vor Ort vorhandenen Einrichtung noch untereinander vernetzt werden, entstehen weitere Synergieeffekte. Die Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen könnten lernende in den Grundschulen unterstützen. Sie entlasten so Lehrkräfte im Primarbereich und lernen selbst Verantwortung für andere zu übernehmen. Gleichzeitig können die Grundschülerinnen und -schüler in den vorschulischen Einrichtungen Vorlesestunden abhalten und unterstützen so die Erzieherinnen und Erzieher und stärken ihre Lesekompetenz.
Im ländlichen Raum könnten zum Bildungshub zugehörige Nutzgartenflächen bewirtschaftet werden und die Erträge vor Ort für das Mittagessen verarbeitet werden. Die ansässigen Psychologinnen und Therapeuten könnten Präventionsangebote machen oder Workshops anbieten. Lokale Sportvereine, freiwillige Feuerwehren oder andere ehrenamtliche Institutionen können Angebote machen und so Nachwuchs rekrutieren, ebenso wie Studentinnen und Studenten der nächsten Universitäten.
Weitere Synergien ergeben sich natürlich im Gebäudemanagement, in der IT-Administration, der Personalverwaltung usw.
Diese ganzen Synergieeffekte führen zu multiprofessionellen Teams vor Ort und schaffen Ressourcen und eine Lernumgebung mit unzähligen Möglichkeiten sich kreativ, kollaborativ und kommunikativ auszuprobieren, also genau das, was unsere Gesellschaft für die Zukunft braucht.
Ich denke, es wäre wichtig, dass all die verschiedenen Institutionen des Bildungshubs weitgehend autonom bleiben und zentrale Steuerung möglichst minimalinvasiv erfolgt. Kooperation und Kollaboration der einzelnen Institutionen sollten in einem Leitbild festgehalten werden und es müssen basisdemokratische Entscheidungsstrukturen geschaffen werden, in denen die Kinder und Jugendlichen auf Augenhöhe agieren.

Die inhaltliche Dimension der Veränderung
Nicht zwingend an einen Bildungshub gebunden, aber dort sicher einfacher zu verwirklichen, ist die dritte und inhaltliche Dimension der Veränderung, die bisher nach meiner Einschätzung zu wenig Beachtung findet.
Methoden, Begrifflichkeiten und didaktische Prinzipien müssen vom Kindergarten bis zur Volkshochschule besser synchronisiert werden. All diese Institutionen führen Projekte in den Bereichen Medienbildung, BNE, soziales Lernen oder Sprachförderung durch, was natürlich sinnvoll ist.
Allerdings sind diese nicht vernetzt und nicht synchronisiert, sodass die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel mit verschiedenen Begrifflichkeiten konfrontiert sind, die aber das Gleiche meinen.
Bildung im Bereich von BNE oder einer Kultur der Digitalität ist hoch komplex und nur fächerübergreifend denkbar. Ich halte es für unerlässlich hier institutionenübergreifende Konzepte, Methoden und Didaktiken zu entwickeln, die es den Lernenden ermöglichen beim Übergang in andere Institutionen an ihr Vorwissen und ihre Vorerfahrungen anzuknüpfen.
Wenn wir es nicht schaffen hier sinnvollere und stringentere Konzepte zu entwickeln provozieren wir unnötige Reibungsverluste.

Fazit
Mir ist durchaus bewusst, dass ich hier eine Zentralisierung fordere, die auch mit gewissen Schwierigkeiten verbunden ist, wie zum Beispiel längeren Wegen für die Lernenden, tiefgreifenden Veränderungen in der lokalen Infrastruktur und die auch Widersprüche zu Dezentralisierungstendenzen hervorruft.
Ich bin aber dennoch der Meinung, dass die Vorteile und Synergien überwiegen. Eine Konzentration der knapper werdenden Ressourcen an einem dafür überdurchschnittlich ausgestatteten und attraktiven Ort ist für Lernende und Lehrende und alle Anderen notwendigen Professionen sicher eine bessere Lösung als marode Einrichtungen mit Personalmangel.
Die Praxistauglichkeit der inneren Dimension der Veränderung wurde schon belegt, die äußere Dimension hat noch einen stark visionären Charakter, von dem ich mir allerdings wünschen würde, dass er in den bildungspolitischen Diskurs Eingang findet. Die inhaltliche Dimension ist eigentlich keine große Hürde und kann in kommunalen Pilotprojekten entwickelt und erprobt werden; das hatte ich an meiner alten Wirkungsstätte schon angebahnt und das will ich gerne an meiner neuen Wirkungsstätte in den nächsten Jahren wieder aufnehmen.
Es gibt also viel zu tun, packen wir es an. Machen ist wie wollen, nur krasser!

Spätere Ergänzungen:

Eine Idee, die mich auch schon länger beschäftigt hatte, wird in Lübeck umgesetzt. Eine Schule im leeren Kaufhaus; belebt auch gleichzeitig die Innenstadt: https://deutsches-schulportal.de/schule-im-umfeld/vier-schulen-ziehen-in-ein-karstadt-kaufhaus/?utm_source=+CleverReach+GmbH+%26+Co.+KG&utm_medium=email&utm_campaign=Newsletter+KW+16%2F2024&utm_content=Mailing_15255171.

2024-10: OEP (Open Educational Practices); mein Beitrag zu einer “Blogparade”

Vorneweg: Dieser Beitrag ist sicher nicht mein Highlight und er gerät auch eher kurz, dennoch möchte ich einen Gedanken einbringen.


Nils Winkelmann hat zur Blogparade zum Thema “Wie öffnest Du Deinen Unterricht?” aufgerufen, an der ich mich gerne beteilige. Er hat in seinem Beitrag einen Schwerpunkt auf Partizipation und Teilen im Sinne von Co-Planning und Co-Agency in einer Kultur der Digitalität gelegt. Tom Mittelbach geht es um Digitalität und Demokratielernen.
Meine einfache Antwort auf die Ausgangsfrage wäre: Gar nicht, weil ich aktuell nicht unterrichte. Das soll aber nicht so bleiben und natürlich habe ich auch eine Unterrichtsvergangenheit und eine Position, ja sogar eine Vision, zum Thema Open Educational Ressources (OER) und Open Educational Practice (OEP).
OER, verstanden als geteiltes oder gemeinsam erstelltes Material, zählen für mich zu den größeren Mysterien des Schulsystems. Fast alle Lehrkräfte wünschen sich das oder fordern es sogar, aber die wenigsten Kollegien bekommen das, außer in mehr oder weniger großen Teilbereichen, hin, obwohl die Vorteile (Arbeitserleichterung/-teilung, Vergleichbarkeit, Schwarmintelligenz zur Qualitätssicherung usw.) ja eigentlich auf der Hand liegen. Noch deutlicher tritt dieses Mysterium bei den OEP auf. Gegenseitige Hospitationen, Team-Teaching usw. werden gerne gefordert, aber selten umgesetzt und wenn, dann ist es schwierig eine wertschätzende Feedbackkultur zu entwickeln, die dann wirklich zu Verbesserungen für Lehrende und Lernende führen.
Das soll jetzt keinesfalls wie billiges Lehrkräfte-Bashing klingen. Die Gründe dafür sind wohl eher systemischer Natur, also muss die wünschenswerte Umsetzung von OER und OEP auch durch eine Systemänderung erfolgen. Wenn lernen in einer Kultur der Digitalität individualisiert und mit einem gescheiten Lernmanagement-System (LMS) in einer offenen Lernkultur stattfindet, dann ergeben sich OER und OEP von selbst. Das gemeinsam erstellte oder ausgesuchte Material ist im LMS hinterlegt und kann bei Bedarf angepasst werden und Lernen findet in offenen Räumen und Prozessen an den Bedarfen der Lernenden orientiert statt.


Sehen kann man das in vielen preisgekrönten Schulen und wer es auf die Spitze getrieben sehen will, der sollte sich mit den Agora-Schulen in den Niederlanden auseinandersetzen (einfach mal googeln).
Spannend wäre es jetzt noch die Rolle der Schulträger, der Bundesländer und der KMK zu betrachten. Auch spannend wäre es jetzt noch weiter zu denken und zu überlegen, was das für die verschiedenen Schulstufen bedeutet, Schulformen sollten durch die Individualisierung ja obsolet sein.
Am Ende sind OER und OEP auch wieder eine Frage der Haltung, die eng mit den systemischen Rahmenbedingungen verknüpft ist. Wenn wir OER und OEP wollen müssen wir an diesen beiden Punkten ansetzen und geschicktes Changemanagment betreiben. Auf geht´s!

Andere Beiträge zur Blogparade:

Jan-Martin Klinge auf Halbtagsblog: https://halbtagsblog.de/2024/03/16/teilst-du-noch-oder-oeffnest-du-schon-2/.

Nils Winkelmanns Digilog-Blog: https://digilog.blog/2024/03/14/aufruf-zur-blogparade-wie-oeffnest-du-deinen-unterricht/.

Tom Mittelbach: https://www.tommittelbach.org/2024/03/16/4909/.

Gratian Riter, der SEAgent: https://seagent.de/soziale-einbindung-vernetzung-offenheit/.

2024-08: Die Attraktivität des Lehrberufes – als Teil einer “Blogparade”

Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema werden unter dem Beitrag gesammelt.

Das Thema der dritten diesjährigen Bildungs-Blogparade lautet:
Morgens nicht Recht, mittags nicht frei haben – trotzdem zufrieden. was macht den Beruf der Lehrer:in so attraktiv?

Zunächst muss ich festhalten, dass ich mittlerweile ja Schulleiter bin. Das ist deswegen bedeutend, weil meine Arbeit nur noch sehr wenig mit der Vorstellung von dem zu tun hat, was eine Lehrkraft tut. Ich habe, zumindest aktuell, keinen Unterricht. Ich tue also nicht, was ich eigentlich gelernt habe und was ich sehr gern gemacht habe, jungen Menschen Wissen und Zusammenhänge vermitteln und sie bei ihrem Prozess der Mündigwerdung zu begleiten. Das bedaure ich sehr. Was den Beruf so attraktiv macht, ist nämlich die Arbeit mit Kindern, mit Menschen und das damit verbundene Gefühl der Selbstwirksamkeit. Der Job der Lehrkraft ist hochbedeutsam, Lehrkräfte können den Unterschied machen, ob ein Kind Resilienz entwickelt und selbst Wirksamkeit erfährt oder nicht. Lehrkräfte stabilisieren die Gesellschaft, indem sie Kindern (demokratische) Werte vermitteln, indem sie ihnen einen geschützten Raum bieten, um sich auszuprobieren und zu reifen. Natürlich ist der Job auch mit Herausforderungen verbunden, zunehmende Heterogenität, soziale Medien, Bürokratisierung, entgrenzte Arbeitszeiten und vieles mehr. Aber der Kern bleibt. Mit der richtigen Haltung und einem pädagogischen Ethos ist der Lehrberuf einer der schönsten der Welt, mehr als ein Beruf, eine Berufung.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum ich das aufgegeben habe, um Schulleiter zu werden. Dominik Schöneberg beschreibt in seinem Blog “Bildungslücken” ausführlich warum er nicht Schulleiter werden will. Er nennt zum Beispiel die zu bewältigende Aufgabenflut, permanenten Zeitmangel, fehlende Unterstützung, Mangelverwaltung, ein enges Korsett und noch ein paar Punkte mehr. Da ist sicher etwas dran. Schulleiter müssen vieles gleichzeitig tun, für das sie nicht einmal ausgebildet wurden.


Ich bin Schulleiter geworden, weil ich etwas verändern will, weil ich eine Vision habe, wie Bildung im 21. Jahrhundert aussehen soll, wie sich Schule verändern muss, um den veränderten Anforderungen gerecht zu werden, um zu einem Ort des Lebens und Lernens zu werden, der Freude macht. Um das erreichen zu können, muss ich Schulleiter werden.
Was den Beruf als Schulleiter so attraktiv macht, ist nämlich die Arbeit mit Lehrkräften und mit Kindern, denn damit ist das Gefühl der Selbstwirksamkeit verbunden. Der Job des Schulleiters ist hochbedeutsam, Schulleiter können den Unterschied machen, ob eine Lehrkraft Resilienz entwickelt und selbst Wirksamkeit erfährt oder nicht. Schulleiter stabilisieren die Gesellschaft, indem sie Lehrkräften den Rücken stärken, indem sie ihnen einen geschützten Raum bieten, um sich auszuprobieren und Schule zu einem besseren Ort zu machen.
In meinem Selbstbild als Schulleiter ist es meine zentrale Aufgabe Schulentwicklung zu betreiben. Aber nicht, indem ich meine Ideen zu Vorgaben mache und deren Umsetzung erzwinge, das kann nicht funktionieren. Meine Aufgabe ist es einen Resonanzraum zu schaffen, in dem Schulentwicklung passieren kann, in dem ein Mindset des Ausprobierens in einer positiven Fehlerkultur entsteht, in dem Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und auch die Eltern gemeinsam ihre Schule erschaffen. Wenn mir das gelingt, bin ich (selbst-)wirksam, dann bin ich zufrieden, dann kann ich auch Rückschläge und Enttäuschungen verkraften.


Und ja, ich würde es immer und immer wieder machen. Die Arbeit in der Schule, ist mit kaum einem anderen Beruf zu vergleichen, kaum eine andere Institution hat eine solche Wirkung auf unsere Gegenwart und unsere Zukunft wie die Schule. Das müsste uns allen eigentlich noch viel deutlicher bewusst sein.

Weitere Beiträge zur Blogparade:

Jan Martin Klinge auf Halbtagsblog:
https://halbtagsblog.de/2024/03/04/blogparade-3-morgens-nicht-recht-nachmittags-nicht-frei-vom-lehrberuf/.

Matthias Lausmann als Herr Mess:
https://herrmess.de/2024/03/14/edublogparade-folge-3/.

Tobias Schreiner “Gedanken aus der Schule”: https://tobias-schreiner.net/2024/03/25/was-macht-den-lehrberuf-so-attraktiv/.

Gastbeitrag von “Lehrer mit Bart” auf Halbtagsblog: https://halbtagsblog.de/2024/03/25/gastbeitrag-zur-blogparade-3/.

Susanne Posselt: https://susanneposselt.de/mit-begeisterung/.

Arne Paulsen, “Die reine Leere”: https://reine-leere.de/edublogparade-2024-3/.

Christiane Schicke in: Neues aus dem Baumhaus – https://moewenleak.wordpress.com/2024/03/16/blogparade-3-morgens-nicht-recht-mittags-nicht-frei-haben-was-macht-den-beruf-der-lehrerin-noch-attraktiv/.

2024-07: Meine persönliche Bilanz der Didacta

KI, überall KI. Egal ob Startup oder Schulbuch-Dino, ohne KI geht (fast) nichts mehr. Das ist allerdings wenig überraschend, wie ich schon im Blog 2024-06 beschrieben habe. Auffällig war noch, dass es einige Stände mit VR-Brillen gab, es laufen ja schon Wetten, ob das Metaverse nächstes Jahr schon der neue “heiße Scheiß” ist:


Wir werden sehen. Zu KI möchte ich Christian Vanell, zitieren, der messerscharf, differenziert und meiner Meinung nach korrekt folgendes beobachtet hat:


Unter dem Thread hat sich übrigens eine sehr spannende Diskussion entwickelt. Ich finde, dass “Quizzifizierung” natürlich keine Lösung sein kann. Guter Unterricht in einer Kultur der Digitalität nutzt KI als Sparringspartner und Copilot für Lehrende und Lernende. Außerdem muss KI im Sinne des Dagstuhl-Dreiecks von der technischen Seite, der Anwenderseite und den gesellschaftlichen Implikationen her untersucht und bearbeitet werden. Nur so entstehen die nötigen Zukunftskompetenzen.
Die Didacta war ja schon in den letzten Jahren ein guter Spiegel des immer schnelllebigeren Edu-Marktes und wie bei den digitalen Displays und den damit verbundenen Anwendungen, bei Schulmessengern oder anderen digitalen Werkzeugen, wird auch bei den schulischen KI-Anwendungen bald ein Konsolidierungsprozess einsetzen. Ich wage mal zu behaupten, dass am Ende die Schulbuchverlage aufgrund ihrer Marktmacht und ihrer finanziellen Möglichkeiten als Sieger hervorgehen werden. Spannend bleibt, ob die “KI-Platzhirsche” der “ersten Stunde”, wie Fobizz, Schul-KI oder der frisch prämierte Fiete ihre Eigenständigkeit bewahren können (und wollen). Die großen Verlage sind in jedem Fall gut beraten, neben digitalen Schulbüchern und den damit verbundenen Anwendungen, auch auf KI zu setzen.
Spannend ist auch die Inkorporation der Mobilen Schule in den Westermann-Verlag, der so sein Portfolio diversifiziert und damit Resilienz für die Zukunft aufbaut. Wie der aufgrund qualitativ hochwertiger Vorträge gut besuchte riesige Messestand der Mobilen Schule und natürlich auch die dortige Party am Freitag gezeigt haben, scheinen sowohl die Mobile Schule als auch der Verlag von dem Zusammenwachsen zu profitieren.
Eine hoffentlich nicht nur subjektive Beobachtung und ein außerdem hoffentlich positiver Trend war, dass mehr Schülerinnen und Schüler auf der Messe präsent waren, jedenfalls haben die Schülerinnen und Schüler meiner Schule eine großartige Präsentation gehalten und die Podiumsdiskussion mit dem Schüler Jonathan Bork, Michael Drabe und mir wurde durch Jonathans Konzept der hybriden Bildung bereichert.
Neben diesen eher progressiven Aspekten, zu denen auch Stände mit BNE-, SDG oder anderen Zukunftsthemen zählten, war auch immer noch eine deutliche Präsenz des letzten Jahrhunderts zu spüren: Bücher, Berge von Arbeitsblättern und natürlich die riesige Betzold-Tasche für Jäger und Sammler.
Am Ende ist die Didacta natürlich in erster Linie eine Messe, das heißt, es geht ums Verkaufen; schön ist aber dennoch, dass sich auch nicht kommerzielle Verbände und Institutionen, wie Ministerien und Datenschutz, präsentieren und es spannende Vorträge und Diskussionen gibt.
Für mich persönlich das Wichtigste ist jedoch das Netzwerken und das hat auch dieses Jahr wieder hervorragend funktioniert und ich freue mich, dass ich einige Menschen aus den sozialen Edu-Netzwerken endlich mal wieder oder auch zum ersten Mal “in echt” treffen konnte.
Deshalb gilt mein besonderer Dank dem Didacta-Verband für die Einladung zu gleich zwei Podiumsdiskussionen mit tollen Gästen, der Mobilen Schule für die Party und all den Menschen, mit denen ich inspirierende Gespräche führen konnte, ich hoffe wir sehen uns nächsten Februar in Stuttgart!

Nachtrag nach Erscheinungsdatum:
Zur Ehrenrettung der Quizzification sei dieser Beitrag von Michale Drabe angeführt (Danke dafür!): https://schule-in-der-digitalen-welt.de/quiz/. Und die Forderung nach Evidenzbasierung ist angenommen!

Auch Christian Füller hat sich lesenswerte Gedanken zu KI, Schulbüchern und Elefanten gemacht: https://pisaversteher.com/2024/02/22/chatgptco-der-elefant-der-contentproduktion/.