Ich habe vorgestern meinem Stellvertreter gegenüber die Sorge geäußert, dass jetzt der anstrengende Teil des Schulentwicklungsprozesses beginnt, dass wir jetzt durch das berühmte „Tal der Tränen“ in der Change-Kurve nach Kübler-Ross müssten. Er hat das verneint und ist der Meinung, dass wir das schon hinter uns hätten und schon im Aufstieg des „Berges der Veränderung“ seien. Ich wollte erst noch widersprechen, habe dann aber gemerkt, dass der Wahrnehmungsfehler auch bei mir liegen könnte. Er meinte, dass ich da wohl im ersten Jahr zu sehr in meinem persönlichen Ankommensprozess gefangen war, dass ich das überhaupt nicht so richtig mitbekommen habe. Der Vorsitzende des Personalrates hat das heute bestätigt und ich beginne das jetzt auch zu glauben und zu hoffen. In der Tat haben wir ja, wie in diesem Blog beschrieben, schon viel erreicht, vor allem haben wir die Idee der Veränderung in die Breite getragen und vermutlich viele Denkprozesse ausgelöst. Wir arbeiten gleichzeitig an mehreren produktiven Baustellen und beginnen erste Erfolge einzufahren. Wir haben Prozesse demokratisiert und sind dabei eine gemeinsame Vision von Schule zu entwickeln. Natürlich haben wir noch Einiges an Weg vor uns, aber eben auch schon hinter uns.
Heute fand das erste Treffen der DNA-Gruppe statt. Diese soll ein Spiegel der Schulgemeinschaft sein und Entwicklungsprozesse vorentlasten, indem diese dort diskutiert werden und wir so erkennen können, wie die Schulgemeinschaft auf geplante Veränderungen reagieren wird. In der Gruppe sind drei Schülerinnen und Schüler, zwei Eltern und 15 Lehrkräfte aus verschiedenen Zweigen und mit verschiedenen Vorstellungen. Die Stimmung war gelassen und konstruktiv und in den ersten Sitzungen geht es darum Werkzeuge zur Steuerung des Entwicklungsprozesses kennenzulernen und ein Selbstverständnis zu entwickeln. Ein erstes Brainstorming hat gezeigt, dass sehr viele interessante Entwicklungsideen vorhanden sind, die im letzten Jahr aufgekommen sind. Bei uns wissen mittlerweile alle, was ein „Freiday“ oder ein Lernatelier ist, es ist denkbar partiell auf Noten zu verzichten oder Unterricht zu öffnen, wir diskutieren über Deimplementierung, Qualitäts- und Projektmanagement, professionelle Haltung uvm. Das ist nicht selbstverständlich und ist in vielen Systemen leider tabuisiert. Es ist also ein deutlicher Professionalisierungsprozess im Bereich moderner Schulentwicklung zu erkennen. Ich freue mich, dass wir so viele tolle Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler und Eltern haben, die so viel Engagement und Kraft aufbringen, die bereit sind ein paar Extrameilen zu gehen, um unsere Schule voran zu bringen, das motiviert mich ungemein. Bei all den Zweifeln und all dem Unbill die mit dem Jahresstart über uns kamen und die mich etwas schwermütig zurückgelassen haben, stimmt mich die Entwicklung an der Schule positiv, trotz alledem! Eine Kollegin hat wohl gesagt, dass 2025 unser Jahr werde. Ich kann es mir vorstellen!
Dieses Titelmonster voller Buzzwords ist ein wichtiger Teil unseres Schulentwicklungsprozesses geworden und hat daher einen eigenen Blogeintrag verdient, zumal in den Newslettern oder in diesem Blog immer wieder Bezug darauf genommen wird. Daher veröffentliche ich hier, quasi als Gastbeitrag, die von Frau Riedl, die hier federführend tätig ist, die Erklärung, die auch an unsere Schulgemeinschaft rausging:
Informationen zum Reallabor Weibelfeldschule Zukunftsschmiede „TrendHub“ (Think-/Do-Tank)
Aus dem Newsletter Nr. 6 2024/25: „Nicht zuletzt entstehen gerade, federführend von Schülerinnen und Schülern geleitet und begleitet von Frau Riedl, der Think-Tank und der Do-Tank, die Ideenschmieden und Zukunftshub, Reallabor und Experimentierwerkstatt für die Partizipation der Schülerinnen und Schüler werden sollen. Hier entsteht die Schülerzeitung, hier docken Medien- und Social Media-AGs an, hier entstehen neue und offene Lernräume für Selbstwirksamkeitserfahrungen, die sich an den 17 Sustainable Development Goals (SDG) der UNESCO orientieren…
Anknüpfend daran möchte ich das folgende Konzept vorstellen und zum Mitmachen einladen:
Reallabor Weibelfeldschule Zukunftsschmiede „TrendHub“: Zukunftsorientierter Bildungsansatz mit interdisziplinärem ThinkTank/DoTank um die Welt von morgen zu denken (Grafik am Ende)
Die Zukunftsschmiede „TrendHub“ ist ein zukunftsorientierter Bildungsansatz, der Schülerinnen und Schüler dazu ermutigt, auch über den traditionellen Lehrplan hinaus zu denken und die Welt von morgen aktiv mitzugestalten. Als interdisziplinärer ThinkTank bietet er eine Plattform, auf der innovative Ideen gedeihen und in verschiedenen Medien – einer echten Schülerzeitschrift, einem Instagram-Kanal, einem Podcast- und einem YouTube-Studio – zum Ausdruck kommen. Das Projekt zielt darauf ab, Projekte partizipativ und interdisziplinär zu gestalten sowie BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) sinnvoll mit kultureller Bildung zu verknüpfen. BNE ist als zentrales Bildungsziel im Hessischen Schulgesetz verankert und gehört zu den Bildungszielen der Vereinten Nationen. BNE orientiert sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDG). (https://unric.org/de/17ziele/)
Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler, Lehrerschaft & Schulleitung. Eingeladen zur Mitwirkung sind auch Schulträger, Bürgermeister, Landrat sowie lokal ansässige Vereine, Firmen und Kooperationspartner. Dabei geht es um kreative Ideenfindung im ThinkTank und praktische Umsetzung im DoTank. Kooperationen bestehen mit Kultur- und Wirtschaftspaten sowie Partnern aus dem Globalen Süden. Die Ergebnisse der nachhaltigen Lernbedingungen werden u.a. künstlerisch reflektiert und am 1.Juli 2025 in einer Ausstellung sichtbar gemacht. Dabei thematisiert die Zukunftsschmiede „TrendHub“, je nach fachlichem Fokus, verschiedene Transformationsfelder, etwa die Wandgestaltung des Think- & DoTanks, oder die Schülerzeitschrift mit Inhalten wie Gesundheit, Verkehr, Wohnen, Bauen, Konsum und Ernährung.
Kurzbeschreibung des Vorhabens In der ersten Phase entwickeln Schülerinnen und Schüler der 7.-13. Jahrgangsstufe in der Zusammenarbeit von jeweils zwei oder mehreren Fächern ein konkretes Projekt, das Einfluss auf die Haltung zu Nachhaltigkeitsfragen haben kann. Dabei geht es zunächst um ein Interpretieren der ausgewählten Inhalte im Hinblick auf BNE-relevante Narrative, um daraus Vorschläge zu formulieren, wie sie weiterzuentwickeln und zu vermitteln sind. Die dabei gemachten Erfahrungen werden dann reflektiert und im Hinblick auf die zweite Phase zu Gestaltungskriterien für BNE verallgemeinert. Für diese Phase gibt es Kooperationen mit Paten aus Kultur und Wirtschaft (Kulturelle Bildung und Künstlern, Fotografen, Firmen), um kulturelle und wirtschaftliche Perspektiven einzubringen. Auch gibt es Kooperation mit Paten aus dem Globalen Süden (Windhoek, Namibia), um unvertraute Perspektiven zu betrachten. Partizipierende der ersten Phase sind Schülerinnen und Schüler der Arbeitsgemeinschaft Schülerredaktion (Bücherei), Arbeitsgemeinschaft YouTube-Studio/Instagram (AV-Studio), Wahlpflichtkurs Kunst: Kreatives Denken. Die Ergebnisse der nachhaltigen Lernbedingungen werden künstlerisch reflektiert und in der Ausstellung „LIGHT UP – Nature, Plastik & MEHR /MEER” sichtbar gemacht.
Vernissage „LIGHT UP – Nature, Plastik & MEHR /MEER” eingeladen wird die Schulgemeinschaft, Förderer, Kooperationspartner, Vertreter der Stadt und des Landkreises. Ausgestellt werden kreative und innovative Projekte der Schülerinnen und Schüler (Weibelfeldschule/DHPS Windhoek, Namibia) zu dem Thema Kunst und Nachhaltigkeit. Highlights des Abends: • Wandgestaltung ThinkTank (Künstlerin Tanja S. F. Hoffmann) „Sphären der Hoffnung“ • „Natürliche Erleuchtung“ im DoTank (Fotografin Melina Keil): „Lichtinstallationen und Naturbilder“ • Wettbewerb Upcycling Kronleuchter die von unserer Schulgemeinschaft gestaltet werden sollen (Ausschreibung über Schülerzeitschrift) • „Kunstvolle Lichtquellen der Natur“ Projekte zur Nutzung von Biolumineszenz und Algen als Energiequelle. • Häppchen aus nachhaltigem, ökologischem lokalem Anbau und frischen Köstlichkeiten aus den Streuobstwiesen der Region.
Und viele weitere sind denkbar…
K. Riedl
Förderer der Zukunftsschmiede „TrendHub“: Zukunft bilden – Andrea & Markus Eisel Stiftung: …“Sie haben sehr deutlich dargelegt, wie Sie zukunftsgerichtete Bildung mit der Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an Ihrer Schule ermöglichen wollen. Die Zukunftsschmiede “TrendHub” mit dem ThinkTank und dem DoTank ist eine sehr gute Möglichkeit für die Entwicklung innovativer und kreativer Schülerprojekte. Wir unterstützen dieses Projekt sehr gerne, weil wir in Ihrem Vorhaben die Vision unserer Stiftung und unser Verständnis von nachhaltig wirksamer Bildung wiederfinden. Wir wünschen Ihnen gutes Gelingen und viel Freude am Entdeckergeist der Jugendlichen“ (Zuwendung von jeweils 5000 Euro pro J. für die kommenden 3 J.)
Kulturelle Bildung: Sparkasse 1822-Schulkunstprojekt leistet Basisarbeit in der Förderung von Kunst und Kultur. Ziel der Aktion ist es, Kunstschaffende, Schüler*innen und Lehrkräfte in Kontakt miteinander zu bringen und den Schulalltag in den unterschiedlichen Fächern außerhalb des Regelunterrichts zu bereichern. (3500 Euro)
Uta und Rolf Düncher Stiftung: „Wir möchten Menschen, vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ermutigen, ihre Potentiale zu entwickeln und widerstandsfähiger gegen Störungen auf ihrem Lebensweg zu werden. Dazu engagieren wir uns in den Bereichen Erziehung, Bildung und Kunst.“ (3000 Euro)
Referenz: Erleuchtung des Kunst-Weihnachtsbaums „Sphären der Hoffnung“ Insgesamt waren 90 Schülerinnen und Schüler an diesem Projekt beteiligt. Das interdisziplinäre Projekt, bei dem PoWi, Kunst und Musik zusammenflossen, wurde in der „Zukunftsschmiede TrendHub“ von der AG „Kreative Köpfe“ der Schülerzeitschrift in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Tanja S. F. Hoffmann konzipiert, um ein einzigartiges Erlebnis zu schaffen, das Kulturelle Bildung und Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellt. Beteiligte Fächer und Lehrkräfte: Musik (W. Amin), PoWi (Metzner), Kunst (K. Riedl), Insta (M. Manzoni) https://www.wfs-dreieich.de/2024/12/05/erleuchtung-des-kunst-weihnachtsbaums-sphaeren-der-hoffnung/
Platz 1 ging an „Die Container Wächter“ Die Container Wächter wurden von den „Kreativen Köpfen“ der AG: Digitales Zeichnen und Street Art konzipiert, die nun die Schülerzeitschrift und die „Zukunftsschmiede TrendHub“ entwickeln. Aufgeteilt in Kleingruppen haben die Schülerinnen und Schüler der Weibelfeldschule lebensgroße Figuren geschaffen. Die Wächter stehen auf dem Schulhof und beschützen symbolisch die Container-Klassenräume. Großartig, dass sich insgesamt 135 Schülerinnen und Schüler in das Projekt eingebracht haben. https://www.wfs-dreieich.de/2024/07/12/platz-1-beim-beton-art-award-2024/
KUNSTVOLL-Förderung im Schuljahr 2023/2024 in der Weibelfeldschule. DER KULTURFONDS FRANKFURT RHEINMAIN – WIR FÖRDERN KULTUR Projekte der Bildenden und der Darstellenden Kunst, werden von professionellen Künstlern und Künstlerinnen begleitet und unterstützt. Jugendliche können bei dieser gemeinsamen schöpferischen Arbeit ihr theoretisches Wissen fächerübergreifend mit eigenen Erfahrungen bereichern und mit Leben füllen. Diese kulturelle Praxis weckt ungeahnte Fähigkeiten und fördert die persönliche Entwicklung. Beteiligt waren 10 Lehrkräfte von der Weibelfeldschule, eine Kunstlehrkraft von der DHPS Windhoek, Namibia und fast 400 Schülerinnen und Schüler. Das Konzept zu dem Kunstprojekt zur schwindenden Biodiversität „Awareness Ausstellung Art’n‘Vielfalt“ (Juli 2024) wurde von den „Kreativen Köpfen“ der AG: Digitales Zeichnen und Street Art konzipiert, die nun die Schülerzeitschrift und die „Zukunftsschmiede TrendHub“ entwickeln. https://wfs.taskcards.app/#/board/6c7f996b-5c99-44af-b257-02725b5068e7/view https://www.wfs-dreieich.de/2023/07/13/kunstvoll-foerderung-im-schuljahr-2023-2024-in-der-weibelfeldschule/
Heute ist ein großartiger Tag! Warum erläutere ich gleich, vorher möchte ich noch einen anderen Gedanken los werden. Ich glaube, dass es zwei grundlegende Typen von Veränderungsprozessen in Schulen gibt. Der eine ist eher disruptiver Art und tritt dann ein, wenn große Not herrscht, wie zum Beispiel bei der Alemannenschule in Wutöschingen, die geschlossen werden sollte oder wie bei der Rütli-Schule in Berlin, die nicht mehr steuerbar war. Dann ist der Drang, das Ruder herumzureißen und der Leidensdruck so groß, dass große Veränderungen in kurzer Zeit möglich, ja sogar notwendig sind. Der andere Typus der Veränderung ist ein langsamer und mühsamer Weg mit Überzeugungsarbeit, Ausprobieren und Scheitern, Inspirationen einholen, partizipativen und transparenten Prozessen unter Beteiligung der ganzen Schulgemeinschaft, Schaffung von Strukturen und Gremienarbeit. Der erste Typus gleicht einem Sprint, man investiert wahnsinnig viel Energie in kurzer Zeit um sein Ziel zu erreichen, der zweite gleicht einem Marathon, man muss seine Energie einteilen und den Bewegungsprozess lange am Laufen halten. Ich denke, es ist klar, dass wir an der Weibelfeldschule eher zum Typ zwei gehören und noch im ersten Viertel unseres Marathons unterwegs sind. Wir haben noch Kraft, haben schon etwas erreicht, das Ziel lässt aber noch auf sich warten. Trotzdem lohnt es sich an dieser Stelle kurz inne (nicht an-)zu halten und auf den ersten Teil der Strecke zurückzublicken, um die erreichten Erfolge als An- und Auftrieb für den großen Teil der Strecke zu nutzen, der noch vor uns liegt.
Heute ist ein großartiger Tag! Es gibt Tage, an denen kommen mehrere großartige Nachrichten zusammen und heute war ein solcher Tag. Heute kam die Mitteilung des Ministeriums, dass wir zum 1. Januar 2025 den Status einer Selbstständigen Schule (SES) erreicht haben und heute hat die Initialgruppe des extern begleiteten Schulentwicklungsprozesses den Staffelstab an die DNA-Gruppe übergeben, die im Januar ihre Arbeit aufnimmt (Wem nicht klar ist, was hier gemeint ist, dem sei die Lektüre der vorhergehen Blogbeiträge im Blog-WfS-2030 empfohlen). Auch die DNA-Gruppe wird, wie die Initialgruppe, weiter von Enenpro begleitet, durch die SES haben wir die Mittel dafür. Bemerkenswert ist, dass alle 20 Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler, die von der Initialgruppe ausgewählt wurden und einen möglichst breiten Querschnitt der Schulgemeinschaft abbilden sollen (eben die „DNA“), sofort bereit waren diese Arbeit zu übernehmen. Die DNA-Gruppe begleitet den Schulentwicklungsprozess, indem sie auslotet, ob geplante und gewünschte Prozesse in der Schulgemeinschaft Anklang finden oder nicht. Sie entlastet somit von anstrengenden Diskussionen in großen Gremien und beugt der Gefahr von Abstimmungsniederlagen vor, die ja in der Regel darauf beruhen, dass (relevante) Teile der Schulgemeinschaft nicht mitgenommen werden. Bemerkenswert ist außerdem, dass fast alle relevanten Akteure, trotz der vorweihnachtlichen multiplen Belastungen, heute da waren und diese Staffelübergabe gemeinsam gefeiert haben. Hier gebührt Tanja Czwallina ein besonderer Dank, die den Abend organisiert und moderiert hat. Das war aber noch gar nicht alles, was den heutigen Tag großartig gemacht hat. Ich dufte heute einen ersten Ausdruck unserer neuen Schülerzeitung sehen und kann schon jetzt sagen: Das wird ein Knaller! Schülerzeitungen werden leider immer seltener und sind mit viel Arbeit verbunden, aber unsere wird auf mehreren Ebenen besonders. Zum einen wird sie ausschließlich von Schülerinnen und Schülern erstellt und zwar Redaktion, Inhalt und Layout. Federführend ist hier Oskar Ladwig aus der E-Phase als Chefredakteur tätig, der auch schon unser neues Schullogo entworfen hat. Die Schülerzeitung ist Teil des von Frau Riedl begleiteten Think- und Do-Tanks, in dem Schülerinnen und Schüler eigene Ideen entwickeln und verwirklichen können, mehr dazu gibt es im aktuellen Newsletter. Wichtig ist, dass es hier ganz viel um demokratisches und kollaboratives Handeln, Selbstwirksamkeitserfahrungen und BNE geht. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass die hier arbeitenden Schülerinnen und Schüler, gemeinsam mit der SV, für Januar unseren Bürgermeister und unseren Landrat eingeladen haben, um sie über die aktuellen Entwicklungen an unserer Schule zu informieren und um Unterstützung zu bitten. Beide haben Ihr Kommen zugesagt. Außerdem gab es heute noch eine Zusage durch den Schulträger für die Erweiterung unserer Ackerflächen und die Ankündigung, dass im Zuge des Austauschs der Schilder mit dem alten Logo unser Neubau neu gestrichen wird. Alles in allem kann man heute also zurecht von einem großartigen Tag für die Weibelfeldschule sprechen!
Was ist sonst noch erwähnenswert? Um das Resümee zum Jahresende komplett zu machen, sollte noch erwähnt werden, dass unser AV-Studio (zukünftig Teil des Do-Tank) an einem ersten Podcast und an einer Videoplattform arbeitet. Unsere Social-Media-Angebot nimmt fahrt auf (Join us on Insta! @weibelfeldschule), auch hier sind Schülerinnen und Schüler federführend. Neue Konferenzformate (Mini-Barcamp, OpenSpace) haben sich etabliert und werden gut angenommen. Die Abstimmungen zur SES in der SV, dem SEB und der Schulkonferenz erfolgten einstimmig. Es gab einen Pädagogischen Tag zu „einfach bewegen(d)“, der den Auftakt zu einem zweijährigen, von der Zentrale für Schulsport begleiteten, Entwicklungsprozess hin zu mehr Bewegung, Achtsamkeit und ggf. sogar einer neuen Rhythmisierung des Schulalltags bedeuten kann. Die AG zur Handynutzung hat in ihrer letzten Sitzung mit acht Schülerinnen und Schülern, zwei Eltern und vierzehn Lehrkräften getagt, die auf Augenhöhe und auf hohem Niveau eine konstruktive Diskussion geführt haben. Hier zeigt sich, meiner Meinung nach, ziemlich genau, dass wir auf einem guten Weg sind. Es wird selbstverständlich, dass Eltern und vor allem Schülerinnen und Schüler an Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse teilnehmen und diese bereichern. Schlußendlich ist langsam zu erkennen, dass die Schülerschaft aktiver wird. Die neue SV, die nach den Sommerferien gewählt wurde, ist eine schlagkräftige Truppe, die jetzt endlich ein eigenes kleines Büro bekommen hat und der es erstmals gelungen ist, alle Positionen zu besetzen und Delegierte für alle Konferenzen zu ernennen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Abschließend muss ich feststellen, dass ich trotz aller für das Jahresende typischen Erschöpfung, nicht nur auf einen großartigen Tag, sondern auf ein großartiges Jahr zurückblicken kann. Ja, der Marathon ist anstrengend, aber das Erreichte gibt Kraft für das Kommende. Ich freue mich darauf.
Heute hatten wir unsere (vorerst?) letzte Sitzung mit Enenpro, unseren externen Schulentwicklungsbegleitern, mit denen wir einen wertschätzenden, konstruktiven und lohnenswerten Prozess erlebt haben. Als Resultat haben wir jetzt fast eine DNA-Gruppe. „Fast“, weil noch einige Personen gefragt werden müssen, ob sie überhaupt mitmachen wollen. Sinn der DNA-Gruppe ist es dort Vertreter aller relevanten Gruppen aus der Schulgemeinschaft zu versammeln, also innovative und bewahrende Lehrkräfte, Eltern, Lernende, Personalrat, Schulleitung usw. Durch diese heterogene Zusammensetzung soll ein Querschnitt, ein Spiegelbild der Schulgemeinschaft, immerhin ca. 130 Lehrkräfte und 1.700 Schülerinnen und Schüler und deren Eltern, abgebildet werden. Die Aufgabe dieses Gremiums ist es Entwicklungsprozesse, die von allen Menschen aus der Schulgemeinschaft angestoßen werden können, vorzuentlasten, indem sie dort diskutiert werden. So soll schon bevor über Ideen entschieden wird, erkannt werden, ob Vorhaben einfach umzusetzen sind oder, ob mit Widerstand zu rechnen ist. Eine DNA-Gruppe trifft keine Entscheidungen, leistet aber wertvolle Vorarbeit und Vorentlastung. Mit diesem ersten Zyklus im Schulentwicklungsprozess haben wir also ein entlastendes und beratendes Gremium geschaffen und zahlreiche Methoden und Werkzeuge für die Arbeit an die Hand bekommen, die jetzt auch in der DNA-Gruppe zum Einsatz kommen. Das ist sehr hilfreich. Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass wir immer noch am Anfang stehen, tiefgreifende Veränderungen sind damit noch nicht geschaffen und der in den vorherigen Blogbeiträgen avisierte Haltungsveränderungsprozess ist auch erst angestoßen. Aber das ist auch völlig in Ordnung so, wir haben viel erreicht, aber noch mehr liegt vor uns. Es gibt auch immer noch tieferliegende Konflikte im Kollegium, deren Aufarbeitung erst begonnen hat, aber auch das ist normal. Sascha von Enenpro hat heute zurecht betont, dass wir schon ganz viel erreicht haben, indem wir in der Initialgruppe gelernt haben hierarchiefrei zu diskutieren und zu arbeiten und da hat er wohl recht. Das müssen wir jetzt auf die DNA-Gruppe übertragen, ich werde berichten, wenn diese ihre Arbeit aufgenommen hat.
Haltungen, vor allem Haltungen in Systemen wie Schulen, zu verändern ist ein komplexer, langwieriger und anstrengender Prozess. Silke Müller, Schulleiterin der Waldschule in Hatten, hat einmal in einem LinkedIn-Beitrag geschrieben, dass es an ihrer Schule einen einjährigen, professionell von Metaplan begleiteten, Entwicklungsprozess gegeben hat, bei dem das Kollegium „runter auf den Erd- bzw Schulkern gehen“ musste, „deren Antwort auch schmerzhafte Selbsterkenntnis sein mussten- all das war im Prozess aufreibend, emotional, schwierig.“, schreibt sie und das steht uns wohl in dieser Intensität noch bevor. Wir sind aber wild entschlossen, diesen Weg zu gehen. Zum Thema Haltung hatte ich auch im letzten Newsletter geschrieben.
Wie in den letzten Blogbeiträgen beschrieben, gehen wir den Schulentwicklungs- und Haltungsveränderungsprozess auf mehreren Ebenen an. Daher will ich hier auch ein kurzes Update zur Selbstständigen Schule (SES) und dem Präventionskonzept geben. Alle Gremien (SV, SEB und Schulkonferenz) haben dem Antrag auf SES einstimmig zugestimmt, der Antrag wurde über das Staatliche Schulamt an das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen weitergeleitet. Von dort gab es ein paar Rückfragen und bitten um Präzisierungen, die hoffentlich heute abschließend beantwortet werden konnten. Jetzt heißt es warten auf die Entscheidung. Stay tuned. Unser dort anzugebender Entwicklungsschwerpunkt dreht sich ja um eine Reform des Hauptschulzweiges, darüber werde ich in einem der nächsten Beiträge berichten.
Das Präventionskonzept, das ich für einen wichtigen Schritt zur Haltungsänderung halte, liegt in einem ersten Entwurf vor und muss noch etwas ausgeschärft werden. Ziel ist es im Moment dieses auf der Gesamtkonferenz im Dezember vorzustellen und möglicherweise schon abzustimmen.
Was ist sonst noch passiert? Vieles natürlich, jeden Tag passiert etwas. Herauszuheben ist noch das Projekt „Think- und Do-Tank“, welches unsere fantastische Seiteneinsteigerin Kirsten Riedl angestoßen hat. Hier geht es um mehr Verantwortung für und Partizipation von Lernenden, einen kreativen Think-Tank und einen Makerspace; alles orientiert an den SDGs. Aber auch dazu mehr in einem der nächsten Beiträge.
Auch wenn die Belastungen im Moment wieder sehr groß sind, wenn ich kontemplativ an meinem Schreibtisch an einem solchen Blogbeitrag schreibe, merke ich doch, dass wir auf einem guten Weg sind und mein Job großartig ist. Trotz aller Widrigkeiten, bin ich von zahlreichen Menschen umgeben, die für ihren Job als Lehrkraft brennen und ein kreatives Potenzial zur Weiterentwicklung entfalten, was mir immer wieder den allergrößten Respekt abverlangt.
Wie im letzten Beitrag schon beschrieben, wusste ich im Juli 2023, als ich in der Weibelfeldschule anfing, nicht genau, was mich erwartet. Daher wollte ich mit meinen Reformambitionen zunächst etwas langsam machen und erst einmal lernen, wie die Schule tickt. Allerdings war natürlich bekannt, dass ich Ambitionen habe, etwas zu verändern. Klar, ich bin in sozialen Medien unterwegs und die Schule liegt in meinem Wohn- und Geburtsort, man kennt sich also. Und da die Weibelfeldschule eine große Schule und eine Gesamtschule mit einer innovativen pädagogischen Tradition ist, bestand bei einem Teil des Kollegiums ein Drang etwas zu verändern.
Am 26. September 2023 fand dann mein erstes Treffen mit der schon länger bestehenden Schulentwicklungsgruppe (SEG), hervorragend geleitet von der Kollegin Tanja Czwalinna, statt. Spätestens seit diesem Treffen war mir klar, dass das mit meinen Reformideen und der Weibelfeldschule etwas werden kann und davon bin ich nach wie vor überzeugt. Im lockeren Austausch kristallisierte sich heraus, dass eigentlich alle Mitglieder der SEG bereit sind, tiefgreifende Veränderungen anzugehen, zu den diskutierten Punkten gehörte die Sinnhaftigkeit von Noten, der Wunsch nach mehr Projektarbeit und fächerübergreifendem Arbeiten und vieles mehr.
Dann stellt sich natürlich die Frage, wie man so etwas macht. Ich hatte mich ja schon etwas mit Change-Management im schulischen Kontext beschäftigt und es war klar, dass wir sehr transparent agieren und kommunizieren mussten, um dem Rest des Kollegiums wenigstens ein Angebot zu machen, jede und jeden mitzunehmen. Außerdem bedarf es für solche Entwicklungsschritte einer externen Begleitung, die der Verfolgung eigener Interessen unverdächtig ist. Unsere Diskussionen haben nämlich auch gezeigt, was ja überhaupt nicht ungewöhnlich ist, dass innerhalb des Kollegiums und in der Schulleitung durchaus Ressentiments zwischen einzelnen Interessengruppen bestehen, die aufgearbeitet werden müssen. Zum Glück hatte der Kollege Gregor Arnold Kontakt zu den Schulentwicklungsberatern Miklas Flamm und Sacha Teufel von Enenpro. Bereits im ersten Vorgespräch mit den beiden, meinem Stellvertreter Thorsten Möller und mir wurde klar, dass wir sehr ähnlich ticken. Im Vorgespräch ging es um selbstorganisertes Lernen, die Alemannenschule und weitere typische Buzzwords moderner Schulentwicklungsprozesse. Also haben wir Miklas und Sascha engagiert, die uns in fünf Sitzungen mit an Schulentwicklung interessierten Kolleginnen und Kollegen Instrumente und Strukturen näher gebracht haben, wie wir in Zukunft Schulentwicklung kommunizieren und betreiben können. Im Kern geht es darum im Kollegium hierarchiefreie Kommunikationsstrukturen zu schaffen und eine „DNA-Gruppe“ zu etablieren, die möglichst einen Querschnitt der verschiedenen Interessengruppen im Kollegium abbildet. Diese DNA-Gruppe entscheidet zwar nichts, diskutiert aber Entwicklungsvorhaben vor, um abschätzen zu können, wie deren Potenzial ist, vom Kollegium getragen zu werden.
Ein zweiter wichtiger Punkt, der in der Schulentwicklungsgruppe relativ schnell Gestalt annahm, war der Wunsch nach Umwandlung in eine Selbstständige Schule (SES) (mehr dazu unter: https://www.schulmun.de/2024/06/14/newsletter-17-14-06-2024/). Eine SES ist eine hessische Besonderheit, durch die Schulen mehr pädagogischen Gestaltungsspielraum und eine erweiterte Budgethoheit erlangen können. Außerdem sind damit bestimmte Standards im Projekt- und Qualitätsmanagement verbunden. Dieser Prozess war auch eine Art Test, wie gut es (noch ohne die Strukturen von Enenpro) gelingt, das Kollegium mitzunehmen. Also war es das Ziel den Prozess möglichst transparent zu gestalten, indem immer wieder informiert wurde und indem Gesprächs- und Diskussionsanlässe geschaffen wurden, zum Beispiel in unserem Barcamp, in Open Spaces im Rahmen der Gesamtkonferenz oder mit einer Wandzeitung im Lehrerzimmer. Anscheinend hat das gut funktioniert, die Gesamtkonferenz hat am Tag der Veröffentlichung dieses Blogbeitrages (22.08.2024) mit nur drei Gegenstimmen beschlossen, den Antrag einzureichen. Jetzt müssen nur noch die Schülerinnen und Schüler, die Eltern und die Schulkonferenz zustimmen, dann wird der Antrag dem Ministerium zur Genehmigung vorgelegt. Der für den Antrag obligatorische Entwicklungsschwerpunkt sieht übrigens vor mit einer Reform des Hauptschulzweiges in Jahrgang 7 zu beginnen (unter anderem mit einem flexibleren Anfang, festem Projekttag in der Woche; mehr dazu in kommenden Blogbeiträgen). Mit der Umwandlung in eine SES hätten wir ein wichtiges Instrumentarium für weitere Reformschritte geschaffen.
Zentral bei Schulentwicklungsprozessen, und vermutlich der anspruchsvollste Aspekt, ist die Entwicklung einer gemeinsamen, konstruktiven und wertschätzenden pädagogischen Haltung. Auch hier haben wir uns auf den Weg gemacht. Wie alle Schulen müssen wir zahlreiche Konzepte schreiben, im letzten Schuljahr standen ein Gewaltpräventionskonzept und die Fortschreibung des Medienkonzeptes an. Natürlich halte ich diese Konzepte inhaltlich für erforderlich, allerdings ist mit einer Verschriftlichung im Grunde noch nichts gewonnen und nebeneinander stehende Konzepte sind meiner Meinung nach nicht funktional und führen zu einer unterkomplexen Herangehensweise (mehr dazu unter: https://www.schulmun.de/2024/05/24/2024-17-organisieren-wir-unsere-schulen-unterkomplex/). Moderiert von der Kollegin Rocio Herrera und dem Kollegen Rüdiger Weidmann hat sich eine Gruppe gefunden, die das Präventionskonzept zum Anlass nehmen auch an der Frage der grundsätzlichen pädagogischen Haltung zu arbeiten. Auch hier fand ein extern begleiteter Analyseprozess statt, in dem Eltern, Schüler und Schülerinnen und Teile des Kollegiums zu Gewalterfahrungen befragt wurden. Ziel des Prozesses ist es neben der Etablierung eines „Beschwerdemanagements“ einen Diskussionsprozess zum Thema Haltung einzuleiten und die verschiedenen Konzepte zu Suchtprävention, Gewaltprävention oder Medienbildung usw. in einem komplexen pädagogischen Konzept zu vereinen. Auch hier stehen wir am Anfang eines hoffentlich lohnenswerten Prozesses.
Wenn ich also das vergangene Schuljahr Revue passieren lasse (siehe auch: https://www.schulmun.de/2024/06/28/newsletter-18-28-06-2024/) ist eigentlich der Ansatz es ruhig angehen zu lassen und erst einmal zu beobachten grandios gescheitert. Hier noch einmal eine unvollständige Auswahl der Veränderungsprozesse aus dem letzten Schuljahr in einer Übersicht: – Externe Schulentwicklungsberatung zur Implementierung eines kontinuierlichen Schulentwicklungsprozesses unter Einbeziehung der gesamten Schulgemeinschaft – Start der Erstellung eines umfassenden Präventionskonzeptes, auch mit externer Expertise und Arbeit am Medienkonzept – Vorbereitung der Umwandlung in eine Selbstständige allgemeinbildende Schule zum nächsten Jahr – Teilnahme am Projekt „Einfach bewegen(d)“ zur Bewegungs- und Gesundheitsförderung der gesamten Schulgemeinschaft – Barcamp als neues Format für einen Pädagogischen Tag – Weiterentwicklung der Konferenzkultur durch Open Spaces zur pädagogischen Entwicklung – Einführung eines neuen Logos – Wiederaufleben der Stammtische von Eltern und Lehrkräften – Beginn der Befassung mit KI-Tools durch Schullizenzen für Fobizz und Fiete – Letztlich hoffe ich auch, dass der regelmäßige Newsletter immer wieder einmal kleine Impulse setzen und Denkanstöße geben kann – Und natürlich noch vieles mehr, wie der Gewinn von Preisen, Rezertifizierungen, das Radio an der Schule, das Schulfest und all die kleinen und größeren Initiativen, die unsere Schule voranbringen
Dennoch bereue ich nichts. Ich liebe meinen Job und bin froh, die Weibelfeldschule leiten zu dürfen. Wir haben noch Großes vor und wir haben die Kolleginnen und Kollegen dafür. Wir haben im vergangenen Schuljahr wahnsinnig viel bewegt und initiiert, ich bin gespannt, was das kommende Schuljahr bringt und werde weiter hier berichten. Es stehen noch zwei Sitzungen mit Enenpro aus, die Gremien müssen in der kommenden Woche noch dem Antrag auf SES zustimmen und die Arbeitsgruppe zum Präventionskonzept wird weiterarbeiten. Im Rahmen des Medienbildungskonzeptes stehen spannende Diskussionsprozesse zur Handy- und Tabletnutzung mit allen Teilen der Schulgemeinschaft an. Es bleibt also spannend auf unserem Weg zu einem agilen und lernenden System Schule im 21. Jahrhundert!
An dieser Stelle ist es vielleicht angebracht kurz zu erläutern, warum ich Schule verändern will und wie es zu dieser Einsicht kam:
2007 habe ich nach einem Gymnasiallehramtsstudium mein Referendariat an einer Gesamtschule mit einem typischen Mindset begonnen. Ich kannte Schule aus meiner eigenen Schulzeit und erwartete, dass Schule auch genau so sein müsste. Das heißt im Wesentlichen Frontalunterricht, gelegentlich vielleicht mal eine Gruppenarbeit, Klassenarbeiten und Tests und das „Eintrichtern“ von Wissen; ich stehe vorne und die Schülerinnen und Schüler machen was ich sage. Bis auf Letzteres haben meine anfänglichen Erfahrungen und das Referendariat dieses „fixed“ Mindset nicht verändert. Nach ein paar Jahren im Job und ein paar Jahren Teilabordnung zur Lehrkräfteausbildung habe ich immer deutlicher ein diffuses Gefühl bekommen, dass das Schulsystem dysfunktionaler wird. Ich spürte, dass das System der Wissensvermittlung, das „Teaching to the Test“ und das Korsett aus Stunden und Fächern nicht mehr passten, konnte das aber noch nicht konkretisieren und fassen. Der Wendepunkt begann mit der Corona-Pandemie. Ich war zwar schon immer technik- und medienaffin, aber durch Corona begann ich mich stärker online zu vernetzen (Twitter) und es gab plötzlich viele Webinare und andere digitale Veranstaltungen. So wurde ich zu einem der Treiber der Digitalisierung an meiner „alten“ Schule und unsere Bemühungen wurden nicht zuletzt mit dem Preis „genial digital 2020″ gekrönt. Der eigentliche Wendepunkt war dann aber der digitale Deutsche Schulleitungskongress im Mai 2021. Ich wollte mir einen Vortrag von Margret Rasfeld anschauen, der mit einem Hinweis auf den desolaten Zustand unseres Planeten begann. Ich dachte mir: „Das kenne ich schon…“ und habe zum nächsten Vortrag gezappt, den ich dann aber noch langweiliger fand, also zurück zu Margret Rasfeld, die nach den einleitendenden Worten von der von ihr aufgebauten Evangelischen Gemeinschaftsschule Berlin-Mitte und vom Freiday sprach und danach war für mich alles klar. Meine vorher noch diffusen Reformgedanken waren einigermaßen sortiert und ich bekam eine Vorstellung von Schule im 21. Jahrhundert, d.h. die Lernenden müssen mehr Verantwortung für ihren Lernprozess übernehmen und die Lerngegenstände müssen relevanter werden, Lernen muss individualisiert und in Projekten stattfinden. Fächer, Klassenarbeiten, Noten treten in den Hintergrund, der Mensch und der Lernprozess in den Vordergrund. Danach begann ich mich aktiver mit Schulreform zu beschäftigen, ich hörte und las vom Dalton-Plan, von der Alemannenschule, von Schule in Skandinavien, auf dem Baltikum, in Singapur und Neuseeland. Ich vertiefte meine Social-Media-Aktivitäten, kam ins Lesen (Empfehlungen hier) und besuchte zahlreiche Online-Veranstaltungen. Und so wurde mir immer klarer das, aber auch wie sich Schule verändern muss. Ich begann dann diese Ideen auch in meinem Kollegium in Dietzenbach zu kommunizieren und lernte dort schnell, dass nicht alle Lehrkräfte meiner Meinung waren, fand aber auch Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Anfang 2023 habe ich mich dann allerdings auf die Schulleiterstelle in der Weibelfeldschule beworben und wurde damit im Juli beauftragt, sodass ich meine Reformideen nun nach Dreieich verlegt habe.
Am 19. Juli 2023 wurde ich dann, kurz vor den Sommerferien, dem Kollegium der Weibelfeldschule als neuer Schulleiter vorgestellt (korrekterweise muss es heißen, dass ich mit den Dienstobliegenheiten beauftragt wurde). In meiner kurzen Ansprache hatte ich damals betont, dass ich als Lernender komme und mir zunächst die bestehenden Prozesse und Strukturen anschauen will. Das war ein Learning aus meiner letzten Schule: Man darf bei Veränderungsprozessen nicht zu forsch sein. Ich merkte allerdings schnell, dass es in der Schule einen Wunsch nach Veränderung gab und ich habe gerne immer wieder angedeutet, dass ich dafür offen bin. Wie es dann im ersten Jahr an der Weibelfeldschule weiterging, ist Thema des nächsten Blogbeitrags.
Hier begleite ich den Schulentwicklungsprozess der Weibelfeldschule in einem Blog. Es wird über wichtige Meilensteine, über Ideen und deren Umsetzung oder Scheitern berichtet, hier werden Tipps entwickelt und ein Prozess begleitet. Es geht auch um pädagogische Haltung und Leitbilder und natürlich wird die kommunale und gesellschaftliche Relevanz im Blick behalten.
Hier noch ein paar Hintergrundinformationen: Die Weibelfeldschule wurde in den 1970er Jahren im Rahmen des „hessischen Gesamtschulbooms“ gebaut und ist eine Kooperative Gesamtschule mit Förderstufe und gymnasialer Oberstufe. Sie wird von ca. 1700 Schülerinnen und Schülern besucht und es arbeiten ca. 160 Lehrkräfte, Verwaltungsangestellte, Hausmeister und andere Menschen dort.
Wünschenswert sind in diesem Blog auch Gastbeiträge (bei Interesse bitte melden).