2024-21: Warum eine Vernissage für die Schule der Zukunft steht

Am 01. Juli durfte ich zur Eröffnung der Kunstausstellung „Art’n‘Vielfalt“ mit Werken von Schülerinnen und Schülern der Weibelfeldschule ein Grußwort sprechen, in dem ich die Bedeutung von Kreativität und Interdisziplinarität für Lernprozesse betont habe und, dass dabei die Schule der Zukunft aufblitze.
Ich finde das Gesamtprojekt so gelungen, dass ich ihm gerne einen Blogbeitrag widme.
Was alles hinter der Ausstellung steckt, eine Dokumentation der Werke, auch in Kooperation mit einer deutschen Schule in Namibia und mit anderen Künstlerinnen und die Einbindung von DigitalSchoolStory, hat meine wunderbare Kollegin Riedl auf dieser Taskcard dokumentiert. Mein Grußwort im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrkräfte, Eltern und Kunstbegeisterte, (…)

es ist mir ein großes Vergnügen heute auf dieser Vernissage ein paar Worte sagen zu dürfen.
Erstens ist es das erste Mal auf einer Vernissage und ich mag Kunst, zweitens ist es eine Ausstellung, die von der Weibelfeldschule ausgeht, die ich leiten darf. Und drittens, und das ist das Wichtigste, weil hier die Schule der Zukunft aufblitzt!
Wir haben es hier nicht einfach mit einer Vernissage zu tun, einer feierlichen Ausstellungseröffnung mit den Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, sondern mit einer Präsentation des Lernens der Zukunft auf so vielen Ebenen.
Ich möchte Ihnen nun knapp erläutern, warum ich das glaube.
Das klassische Bild von Schule ist das so genannte 7-G-Modell: ”Alle gleichaltrigen Kinder sollen beim gleichen Lehrer mit dem gleichen Lehrmittel im gleichen Tempo das gleiche Ziel zur gleichen Zeit gleich gut erreichen.” Und das auch noch im gleichen Fach, im gleichen Schulzweig und im gleichen Raum. Dieses Modell wird leider den zunehmend komplexer werdenden Herausforderungen unserer Welt nicht mehr gerecht.
Wir müssen anfangen, Fächergrenzen aufzubrechen und Lernprozesse individualisieren. Wir müssen uns in den Schulen mit den echten, den großen Problemen beschäftigen und die lassen sich nicht in einem Fach im 45-Minuten-Rhythmus lösen und in Tests abprüfen. Nehmen wir den Klimawandel. das ist ein Phänomen, welches im Grunde alle Fächer des schulischen Fächerkanons abdeckt. Oder eben die zurückgehende Biodiversität, die ja eher zu den unterschätzten Problemen gehört. Manch eine oder manch einer hier im Raum kann sich vielleicht noch daran erinnern, wie viele Insektenreste wir im Sommer von den Frontscheiben der Autos kratzen mussten. Das gibt es kaum noch. Und eine Welt ohne Insekten ist eine tote Welt. Pflanzen werden nicht mehr bestäubt, Mist nicht mehr zersetzt, die Nahrungskette unterbrochen und so weiter.
Und was hat das mit der Schule und dem Lernen der Zukunft zu tun?
Wenn wir uns dem Problem des Rückgangs der Biodiversität im klassischen Unterrichtsystem nähern, dann beschäftigen wir uns vielleicht in Biologie mit Ökosystemen und Insekten, in Geografie mit der Kultivierung von Naturräumen, in PoWi mit politischen Entscheidungsprozesse und ökonomischen Zusammenhängen, in Mathematik mit exponentiellem Wachstum, in Physik mit Thermodynamik und so weiter. Dass dieses partikularisierte Wissen zusammenhängt, wird den meisten Schülerinnen und Schülern so nicht klar.
Was also tun? Wir müssen anfangen dieses Wissen zusammenzudenken und in Projekten zu arbeiten und genau das ist hier passiert. Und zwar in vorbildlicher Weise, weil drei wichtige Lernaspekte dazu kommen.
Erstens fand in diesem Projekt auch lernen mit, über und durch Medien statt. Indem das Projekt an DigitalSchoolStory angedockt wurde. Dadurch haben sich die Schülerinnen und Schüler (und auch die Lehrkräfte) mit digitalem Storytelling beschäftigt und dazu Feedback von professionellen Content-Creatorn bekommen. Ich kann nicht zu wenig betonen, wie wichtig Medienbildung in unserer Zeit ist und dass Schulen da noch viel mehr tun müssten.
Zweitens hat das Projekt einen internationalen und interkulturellen Aspekt. Durch die Zusammenarbeit mit einer deutschen Schule in Namibia fand ein internationaler Austausch und damit transkulturelles Lernen statt. Auch das ein wichtiger Aspekt in einer immer stärker gespaltenen Gesellschaft und Welt.
Und drittens, damit zwar zuletzt, aber von besonders großer Bedeutung, es gab einen kreativen Zugang zu dem Problemkomplex. Kreativität ist nicht umsonst eine der zentralen Zukunftskompetenzen, was die letzte PISA-Studie wieder bestätigt hat. Neben Kommunikation, Kollaboration und kritischem Denken, die hier auch gefördert wurden. Kreativität ist nämlich unsere zentrale Ressource. Nur mit kreativem Denken kann es uns gelingen Lösungsansätze für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Nur so trainieren wir entscheidende Kompetenzen, die es uns auch in Zukunft ermöglichen können, Wohlstand zu bewahren und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Kreative Menschen sind glücklicher, können sich besser ausdrücken und besser auf Veränderungen einstellen.
Deswegen brauchen wir mehr kreative Projekte in der Schule und deshalb ist dies hier ein Vorzeigeprojekt für das Lernen in der Schule der Zukunft! Versuchen Sie beim Betrachten der Exponate mal darüber zu sinnieren, auf wie vielen und auf welchen Ebenen hier gelernt wurde und welche Botschaften in den Werken und wieviel Potenzial in den jungen Menschen steckt, die das geschaffen haben.
All das lässt mich, trotz alledem, für die Zukunft hoffen. Wir sollten die junge Generation nicht unterschätzen und nicht schlecht reden. Sie ist es, die unseren Planeten retten muss und unser Job ist es sie dazu zu befähigen, ihnen das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu geben und dass ist mit dieser Vernissage vorbildlich gelungen.
Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß, Freude und vielleicht auch ein wenig Erkenntnis am heutigen Abend.
Vielen Dank!