2024-14: Sieht denn wirklich niemand die Katastrophe?

Ich habe in meinem letzten Blogbeitrag über die desolate Situation in der Medienbildung geschrieben. Anfang März hat die HSBC-Studie eine drastische Zunahme psychosomatischer Beschwerden bei Jugendlichen diagnostiziert. Die Studie “Jugend in Deutschland” von Dienstag belegt: “Stimmungstief und Rechtsruck bei Jugend“. Und gestern kam das neue Schulbarometer der Bosch-Stiftung heraus, Ergebnis: Gewalt und Unzufriedenheit an Schulen nehmen zu, immer mehr Lehrkräfte und Schulleitungen wollen ihren Job aufgeben. Die Ergebnisse der letzten PISA-Studie oder des IQB-Bildungstrends sind schon fast wieder verklungen. In den Schulen in Deutschland besteht ein Sanierungsstau von 50 Milliarden Euro, es fehlen 70.000 Lehrkräfte und rund 100.000 Erzieherinnen und Erzieher. Die Liste ließe sich fortsetzen, sollte aber eigentlich schon krass genug sein.
Wo bleibt der Aufschrei? Warum titeln nicht alle Zeitungen damit, warum gibt es keine täglichen Talkshows, Sondersendungen und Demonstrationen? Ist die Situation noch nicht schlimm genug oder ist es uns egal? Überlagern “wichtigere” Themen die notwendige Diskussion? Ich weiß es nicht!


Was ich aber weiß ist, dass ich das nicht hinnehmen will. Ich sehe eine drohende Katastrophe und leite daraus Handlungsbedarf ab. Ich beschäftige mich fast den ganzen Tag und manche Nächte mit Bildung und Schule. Ich sehe die Symptome, die oben geschildert werden, ich sehe aber auch, dass der Status Quo nicht zementiert ist. Es gibt zahlreiche Schulen, die es besser machen und es gibt zahlreiche Institutionen, die helfen und unterstützen es besser zu machen.

Ich zähle hier mal ein paar Schulen auf, die Liste ist alles Andere als vollständig (Links bitte selber googlen):
– Alemmanenschule Wutöschingen
– Richtsbergschule Marburg
– Erich-Kästner-Schule Darmstadt
– IGS-Süd Frankfurt
– Ernst-Reuter-Schule Karlsruhe
– IGS Garbsen
– uvm.
Und jetzt noch ein paar Institutionen:
– Schulen im Aufbruch
– BeWirken
– Helga-Breuninger-Stiftung
– Digital School Story
– Bildungsliebe.Jetzt
– 48 Könige
– Lernkulturzeit/Pioneers of Education
– uvm.
Außerdem gibt es zahlreiche Stellen und Institute innerhalb und außerhalb des Bildungssystems, die Schulentwicklungsprozesse begleiten, Lehrkräfte Fortbilden und coachen.

Der “Tisch der Veränderung” ist also gedeckt! Wir müssen nur zugreifen. Ich bin froh, dass sich die Schule, die ich leiten darf, auf den Weg gemacht hat. Wir haben dort tolle Kolleginnen und Kollegen, die die Veränderung sein wollen und die meine volle Unterstützung haben. Natürlich ist das kein leichter Weg und nicht alle werden ihn gehen wollen, aber es ist ein lohnenswerter Weg. Natürlich wird nicht alles funktionieren, na und? Der Eingangs beschriebene Abwärtstrend ist sicher keine Alternative.
Ich werde alles daran setzen, gemeinsam mit der ganzen Schulgemeinschaft, eine bessere Schule zu entwickeln, eine Schule mit glücklicheren Menschen, eine Schule, die zukunftsfähig ist und macht.
Wir haben aktuell so viele Probleme auf der Welt und Bildung und Schule sind die Schlüssel für eine bessere Zukunft. Packen wir es an! Machen ist wie wollen, nur krasser!


P.S.: Sorry for the Rant, aber schreiben hilft manchmal. Und schließlich gibt es ja auch eine Perspektive. Wenn ich nicht an diese glauben würde, könnte ich meinen Job nicht machen und ich liebe meinen Job.

2 Gedanken zu „2024-14: Sieht denn wirklich niemand die Katastrophe?“

  1. Ich unterstütze dies voll; bin zwar nicht dìrekt Teil des Schulalltags, aber seit Jahrzehnten sehr dicht dran (auch: LK-Ausbildung). Wir haben auch in unserem Team direkt (aktive) Lehrkraftbeteiligung. Da wir unter diesem Eindruck bereits seit langer Zeit Intelligentes (Digitales) entwickeln, kennen wir wirklich lange ein sehr breites Spektrum von KI Möglichkeiten. Wir sind keine KI Forschenden, aber: Einiges und Eigenes, speziell für größere Ansprüche in der Schulbildung haben wir selbst entwickelt. Daher erkennen wir Holzwege und Unfairness. “Die KI”, genauer also Generative KI auf Basis von LLMs, ist nützlich aber verbaut den nächsten Generationen im Turbo durch den katastrophalen Resourcenverbrauch und auch Unfairness die Zukunft.
    Warum gibt die Gesellschaft das nicht als Bananenprodukt nochmal zurück in die Entwicklung, bevor sie begeistert zugreift?
    Meine Auffassung: weil Meinung gemacht wird; wir haben zuletzt überbordend bissige, persönlich angreifende Kommentare von Influencern geerntet, einfach weil wir unsere Meinung, ein “Ja, aber …” geäußert haben – die nicht vom Himmel gefallen ist (s.o.).
    Bogen zurück zu Ihrem Artikel: anscheinend ist die Story “alles wird untergehen, aber macht nix, ich habe auch meine Schulzeit gehasst” wesentlich besser zu verkaufen als: “wir wissen jetzt ganz genau, wie wir sehr rasch realitätsnahe Besserung herbeiführen”.
    Auch dieser Zustand der fehlenden Lobby muss ja nicht hingenommen werden, aber in der Tat müssen sich Konstruktive, die sich nicht untertänig einem Untergangsschicksal ergeben wollen, zusammenfinden.
    Letzte Anekdote: wir haben eine Zeit lang probiert, uns deutlichst zu melden, wenn es mal wieder hieß: “wenn wir doch nur Externes unterrichtspassend in die Schule bringen könnten”. In großen, öffentlichen Veranstaltungen z.B.
    Das ist unser entwickeltes Spezialgebiet!
    Sie würden wenigstens ein “zeigt mal her” erwarten, oder? …
    Es gibt eine ganze Horde von Menschen rund um das eigentliche Schulgeschehen, das vom Rezitieren der Probleme in ausführlichen Vorträgen und Webinaren lebt. Wir hören nur noch denen mit Entwicklungserfahrung zu.
    Denn Machen ist krasser als Mitlaufen. 😎

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