es gibt immer einmal wieder Bücher, Podcasts oder Filme, die einen Einfluss auf persönliche Einstellungen und Entwicklungen haben. In seinem Buch „Das könnte Schule machen. Wie ein engagierter Pädagoge unser Bildungssystem revolutioniert“ beschreibt Stefan Ruppaner eine solche Situation mit dem Film „Treibhäuser der Zukunft“ von Reinhard Kahl bei dem er beim Zappen auf dem Sofa hängen geblieben ist. Ich hatte ein ähnliches „Erweckungserlebnis“ als ich auf dem, während Corona digitalen, Deutschen Schulleitungskongress einen Vortrag von Margret Rasfeld gesehen habe, der mir gezeigt hat, dass Schule auch anders funktionieren kann. Daraufhin habe ich mir ihr Buch „Schulen im Aufbruch“ gekauft und war fasziniert von der Idee Schule anders zu gestalten, individualisierter und wirksamer. Genauso inspirierend ist das Buch von Stefan Ruppaner, das ich in diesem Newsletter empfehle, ebenso empfehle ich den erwähnten Film zum wiederholten Mal und auch einen passenden Podcast. Ruppaners Moto ist ja „Unterricht ist allen Übels Anfang“. Damit spitzt er seine Grundhaltung zu, dass das Lernen im Gleichschritt obsolet ist und die Zukunft individualisierten und selbstorganisierten Lernprozessen gilt. Alle, die sich für Schulentwicklung und innovative Schule interessieren, sollten dieses Buch lesen! Der im letzten Sommer pensionierte Schulleiter der Alemannenschule Wutöschingen beschreibt hier, wie er und seine Kolleginnen und Kollegen die Alemannenschule von einer von der Schließung bedrohten Hauptschule zu einer der innovativsten Schulen Deutschlands gemacht haben. Das Buch zeigt, was in einer staatlichen Regelschule möglich ist, wenn visionäres Engagement, eine Hands-On-Mentalität und Durchhaltevermögen zusammenkommen und welche positiven Auswirkungen das auf die Schülerinnen und Schüler hat. Für mich immer wieder inspirierend und Hoffnung machend. Das Buch hat sich übrigens quasi von selbst gelesen, ich war in drei Tagen durch. Überhaupt finde ich, gibt es Grund zur Hoffnung. Ich habe auf der letzten Fachkonferenz Geschichte und auf dem „KI-Klassentreffen“ von fobizz letzten Freitag in Berlin festgestellt, dass immer mehr Kolleginnen und Kollegen anfangen die richtigen Fragen zu stellen und zu dem Schluss kommen, dass wir Dinge anders machen müssen. Das wird nicht leicht und das ist auch kein Selbstläufer. Den Ruppaner lesen, könnte aber ein Einstieg sein.
Ihr
Erik Grundmann
Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:
Leseempfehlung Alle, die sich für Schulentwicklung und innovative Schule interessieren, sollten das kürzlich erschienene Buch „Das könnte Schule machen. Wie ein engagierter Pädagoge unser Bildungssystem revolutioniert“ von Stefan Ruppaner und Anke Willers lesen (Hamburg 2025)! Der frisch pensionierte Schulleiter der Alemannenschule Wutöschingen beschreibt hier, wie er und seine Kolleginnen und Kollegen die Alemannenschule von einer von der Schließung bedrohten Hauptschule zu einer der innovativsten Schulen Deutschlands gemacht haben. Das Buch zeigt, was in einer staatlichen Regelschule möglich ist, wenn visionäres Engagement, eine Hands-On-Mentalität und Durchhaltevermögen zusammenkommen und welche positiven Auswirkungen das auf die Schülerinnen und Schüler hat. Absolute Leseempfehlung!
Sehempfehlung Auch wenn ich den Film „Treibhäuser der Zukunft“ von Reinhard Kahl schon zweimal im Newsletter empfohlen habe, muss ich es wieder tun, vor allem in Ergänzung zur Leseempfehlung, weil Stefan Ruppaner in seinem Buch genau mit der (zufälligen) Inspiration durch diesen Film beginnt: https://www.youtube.com/watch?v=foxcULxYcUs. Ich bin schon sehr gespannt auf den Film von Kahl über die Alemannenschule, der wohl gerade im Schneideprozess ist. Absolute Sehempfehlung! In der ARD-Mediathek gibt es aktuelle im Rahmen der Reihe „7 Tage“ den Selbstversuch eines Reporters, der sich in seiner alten Schule in der Wetterau als Lehrkraft versucht: https://www.ardmediathek.de/video/7-tage/7-tage-lehrer/ard/OGI5OWJhMDgtOWU0Ny00NGE5LWIwNTMtOTk0OWIwZmIzOTA0.
Veranstaltungsempfehlung Im Mai findet ein OER-Barcamp zur professionellen Unterrichtsmaterialerstellung in Darmstadt statt: https://oercamp.de/veranstaltungen/werkstatt-hessen-2025/. Safe the Date! Es ist mir gelungen am 30.09.2025 Silke Müller mit Ihrem Vortrag zu Gefahren im Netz ins Bürgerhaus Dreieich zu holen! Infos zu Silke Müller gibt es hier: https://silkemueller.com/. Nähere Infos zu Ticketing etc. folgen.
Spaß im Netz Bei meinem letzten Berlinaufenthalt bin ich auf folgende bemerkenswerte Partei gestoßen: https://aipd-partei.de/. Die Wahl zum Bundestag ist zwar schon rum, aber die nächste kommt vermutlich in vier Jahren.
Ich durfte am vergangenen Freitag auf dem „KI-Klassentreffen“ von fobizz einen Workshop halten. Thema war „Neue Lern- und Prüfungskultur mit KI. Warum KI in Schule alles verändert? Oder auch nicht?“, die zugehörige Präsentation gibt es unten auf der Seite.
Mir sind beim Workshop zwei Dinge noch einmal klarer geworden, die mich hoffnungsfroh stimmen.
Das Bedürfnis nach konkreten Ideen und Anleitung für die Lern- und Prüfungskultur mit KI ist riesig, aber auch schwer zu befriedigen. Sicher gibt es schon ein paar Beispiel, wie meine Open-Book-Klausur mit KI (https://www.schulmun.de/2025/01/06/2024-28-open-book-klausur-mit-ki-nutzung-ein-erfahrungsbericht/). Aber gerade dieser zeigt auch, dass wir hier noch im Bereich des Ausprobierens sind. Viele Kolleginnen und Kollegen experimentieren mit KI-Tools, produzieren Memes zu aktuellen Themen mit Bildgeneratoren oder Chatbots zu Künstlern oder historischen Themen uvm. Im Grund gelten hier immer noch die berühmten 4A von Doris Weßels, die in ihrer Keynote auch noch einmal bestätigt hat, dass die Entwicklung rasant ist. Die „4A“ von Doris Weßels sind, aufklären, ausprobieren, akzeptieren, aktiv werden: „Aufklären, also Informationsveranstaltungen anbieten, um alle Lehrenden ins Boot zu holen. Das zweite A: Bitte selbst ausprobieren. […] Das dritte A: Akzeptieren. Man muss sich daran gewöhnen, dass das keine Eintagsfliege ist, die morgen wieder weg ist. Das ist irreversibel und wird rasant weitergehen. […] Das vierte A: Wenn wir das erlebt haben, wird es automatisch zu einer Diskussion kommen. […] Das bedeutet, wir werden aktiv.“ (zitiert nach: https://hochschulforumdigitalisierung.de/chatgpt-in-hochschulen-aufklaeren-ausprobieren-akzeptieren-aktiv-werden-interview-mit-prof-dr-doris-wessels/) Tun Sie sich in den Schulen zusammen und arbeiten sie gemeinsam mit den 4A, ich würde als 5. A, auch wenn es im 4. steckt, noch austauschen nennen. Wir müssen uns von den curricularen Vorgaben soweit lösen, dass wir mit den rasanten Entwicklungen Schritt halten können. Eine aktuelle Bürokratielogik in einem Ministerium kann das nicht, wie auch die Diskussionen um Handreichungen zu Prüfungsformaten im Zeitalter von KI gezeigt haben. Das ist kein Vorwurf und keine Anklage, sondern in der Sache begründet. Deswegen kam ich in dem Workshop auch zu folgender These: KI hebt Bildung und Schule auf ein neues Level. Lernen und Lehren wird noch anspruchsvoller, weil wir uns noch stärker auf der Kompetenzebene bewegen werden. KI ist ein Katalysator für Veränderung. Und das ist, finde ich, ein hoffnungsvolle Botschaft. Auch wenn es anstrengend wird, mit Rückschlägen verbunden ist und wir uns von lieb gewordenen Vorstellungen verabschieden müssen, KI stößt notwendige Veränderungen im System an.
Der zweite Punkt hat nicht nur mit dem Workshop zu tun, ist mir aber dort noch einmal deutlicher geworden. Ich hatte zu Beginn gesagt, dass ich nicht genau wusste, was die Bedürfnisse der Teilnehmenden waren und dass ich flexibel sei. So kam es dann auch dazu, dass wir das Ausprobieren von KI-Tools haben sein lassen, dafür aber in eine Diskussion über die Auswirkungen auf Lern- und Prüfungskultur gegangen sind. Diese Diskussion hat noch einmal verdeutlicht, dass wir (noch?) keine Antworten auf viele Fragen haben, schon gar nicht zu Details. Gleichzeitig hat die Diskussion aber deutlich gemacht, dass wir anfangen die meiner Meinung nach richtigen Fragen zu stellen: – Wie können wir moderne Prüfungsformate gestalten? – Wie prüft und bewertet man Kompetenzen? – Wie gestalten wir Lernprozesse? – Welchen Sinn haben die klassischen Bewertungsinstrumente noch? – Was ist (eine) Leistung? – uvm. Das sind, glaube ich, genau die richtigen Fragen, die wir brauchen, um das Bildungssystem zukunftsfähig zu machen und die uns letztlich zu notwendigen Veränderungen zwingen.
Außerdem macht mir gerade noch Folgendes Hoffnung: Letzte Woche fand eine Fachkonferenz Geschichte an unserer Schule statt. Ich kam leider zu spät, weil ich noch bei einer Klassenkonferenz dabei sein musste. Aber auch da wurden im Grunde genau die gleichen Fragen diskutiert, die ich oben skizziert habe. Dazu kam noch der Gedanke, dass Geschichtsunterricht auch Medien- und Demokratiebildung beinhalten muss, das freut mich natürlich besonders. Und zum Schluss macht mir das Buch von Stefan Ruppaner ganz viel Hoffnung, weil er dort erklärt, zu was Schule in der Lage ist, wenn man das möchte (eine kurze Rezension gibt es im Newsletter 24/25-12).
Vorbemerkung: Der hier veröffentlichte Text entspricht nicht exakt dem Wortlaut des Vortrages, ist aber inhaltlich weitgehend Deckungsgleich. Ich formuliere Vorträge (als Sicherheitsmaßnahme) wörtlich vor, halte sie aber möglichst frei. Ich lasse hier nach jeder Folie einen Absatz, dann lässt sich auch nachvollziehen, wie Inhalt und Präsentation zusammenhängen, die Präsentation gibt es am Ende der Seite. Im Didacta-Programm war der Vortrag folgendermaßen angekündigt: Kurzbeschreibung: Demokratie- und Medienbildung können nicht mehr getrennt betrachtet werden. Seit Jahren verlieren die „klassischen“ Medien für Jugendliche an Bedeutung als Informationsquelle. An deren Stelle treten die sozialen Medien und zunehmend auch KI. Diese Entwicklungen haben direkten Einfluss auf die Unterrichtsqualität, die politische Bildung und das Schulklima, außerdem vergrößern sie die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler. Daraus ergeben sich viele noch offene Fragen für das Bildungssystem. Im Vortrag wird auf den Befund aktueller Studien eingegangen und es werden Impulse zum Weiterdenken gegeben und Handlungsvorschläge gemacht, wie sich Schulen in diesem Themenfeld positionieren und organisieren können.
Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie! Die Rolle von KI & Social Media in Schulen
Werte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich begrüße Sie sehr herzlich zu meinem Vortrag und freue mich sehr mit Ihnen ein paar Gedanken zu Demokratie, Künstlicher Intelligenz und Medienbildung teilen zu dürfen. Mein Vortrag gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil werde ich sie mit Studienergebnissen traktieren, um eine Art Ist-Situation zu skizzieren. Wo stehen schulen in den Bereichen Demokratiebildung, KI-Bildung und digital literacy und in der Medienbildung allgemein. Im zweiten Teil werde ich dann skizzieren, was wir besser machen können und am Ende ganz konkrete Beispiele aufzeigen, was bereits geht, wenn wir nur wollen. Jan Vedder, ein großartiger Fortbildner und Schulreformer aus dem Norden sagt immer: Machen ist wie wollen, nur krasser!
Wir leben in einer Zeit großer Veränderungen, oft wird dafür das Wort „Disruption“ bemüht. Wir haben es in vielen Bereichen mit exponentiellen Veränderungen zu tun, Christian Stöcker nennt zum Beispiel Digitalisierung, maschinelles Lernen, also umgangssprachlich KI, Biotechnologie, Wirtschaftswachstum, Artensterben oder den Klimawandel, für ihn beginnt der steile Teil der Exponentialkurve bereits in den 1950 er Jahren.
Ich glaube diese disruptiven Veränderungen, die wir gerade erleben, führen zu einer großen Verunsicherung in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens. Wie unsere Zukunft aussieht, ist aber nicht in Stein gemeißelt. Wir können das beeinflussen und die Zeit dafür ist jetzt! Dafür braucht es neue und komplexere Ansätze. Wir müssen in den Schulen aufhören in Schubladen und Fächern zu denken und anfangen Demokratiebildung, Medien- und KI-Bildung und fächerübergreifenden Kompetenzerwerb zusammen zu denken, um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden. Darum soll es in diesem Vortrag gehen. Da wir es mit exponentiellen Veränderungsprozessen zu tun haben, müssen wir schnell handeln, wir müssen fixed Mindsets in Schulen aufbrechen und den disruptiven Veränderungen in der Welt mit disruptiven Veränderungen in der Schule begegnen. Das gute ist: Ideen und Lösungsvorschläge sind schon da, wir müssen uns nur dran wagen. Es stellt sich also die Frage: Wohin wollen wir? Wollen wir das helle und freundliche Szenario oder die Dystopie auf der rechten Seite. Funfact: Alleine über diese KI-Bild könnte man locker 45 Minuten reden: Warum sind links Facebook und der alte Twittervogel abgebildet, verkauft der Laden Demokratie und wieso sitzt rechts jemand mit seinem Schreibtisch auf der Straße und v.a. warum ist dort eine US-Flagge usw. Aber das ist nicht das Thema, das Bild soll nur einen anregenden Impuls zum Einstieg bieten. Legen wir los!
Das sind Headlines aus den Onlineausgaben von Spiegel, Stern, Handelsblatt, Zeit, FAZ, SZ, dem BR und anderen aus diesem und letztem Jahr. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich unser Bildungssystem und damit nachgelagert auch unsere Gesellschaft, in einer multiplen Krisensituation befindet. Unseren Kindern und Jugendlichen fehlen Medienkompetenzen, gleichzeitig steigen die Abhängigkeit von sozialen Medien und der Hass im Netz, die unsere Demokratie gefährden, bei zunehmendem Lehrkräftemangel und steigender Nutzung und Relevanz von Künstlicher Intelligenz. Riesige Herausforderungen! Lassen Sie uns die einzelnen Herausforderungen etwas genauer betrachten. Zuerst gehe ich auf das Mediennutzungsverhalten ein und problematisiere dieses, dann schauen wir etwas genauer auf KI und schließlich darauf, was das alles für Demokratie bedeutet. Dazu habe ich ein paar zentrale Ergebnisse aus wichtigen Studien der letzten drei Jahre zusammengefasst. Vermutlich kennen sie viele dieser Befunde und sie wissen auch, dass negative Nachrichten aus dem Bildungssektor mittlerweile nicht einmal mehr zu einem Aufschrei führen und schulterzuckend hingenommen werden. Ich finde aber: Das geht so nicht! Wer das neue Buch von Aladin El Mafaalani gelesen hat, weiß, dass Kinder eine Minderheit ohne Schutz sind und, dass die politisch relevante Wählergruppe über 60 Jahre alt ist. Damit will ich mich allerdings nicht zufrieden geben, weil ich weiß, dass die zentrale Investition für unsere Zukunft eine Investition in Bildung sein muss! Wir müssen es schaffen unsere Kinder und Jugendlichen fit zu machen für eine Welt, die wir uns immer weniger vorstellen können, eine Welt, die voller multipler Krisensituationen, aber auch voller Chancen ist. Dafür brauchen sie Resilienz und Kompetenzen, die jenseits des klassischen Bildungskanons liegen. Sie müssen sich in einer zunehmend digitalisierten Welt zurecht finden, sie werden von KI-Assistenten begleitet werden und Medien konsumieren und kreieren. Und Schule muss die Basis dafür legen, sie muss der Raum sein, in denen die Schülerinnen und Schüler Demokratie lernen und lernen Medien zu schaffen und zu lesen. Ein weiter Begriff von digital literacy ist dafür zentral. Schauen wir aber zunächst einmal in die Studien, wie ist es um die Jugendlichen bei diesen erforderlichen Kompetenzen bestellt?
Ich entschuldige mich schon im Voraus für die überladenen und dichten Folien, für die vielen Zahlen und Prozentzeichen, aber da müssen sie jetzt durch! Ich will damit einen Raum schaffen, in dem wir uns bewegen und visualisieren, wie es aktuell aussieht. Am Ende wird es wieder besser, versprochen… Ich hoffe, Sie können meine Fleißarbeit dann doch ein wenig würdigen 😉
Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) erhebt seit 1998 unabhängige Basisdaten zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Hierzu wurden 1.200 Jugendliche im Alter von zwölf bis 19 Jahren befragt. Die Studie ist landläufig besser als „JIM-Studie“ bekannt. Fast alle Jugendlichen nutzen WhatsApp, sie von diesem Netzwerk fernzuhalten bedeutet ihnen den zentralen Kommunikationskanal in ihrer Peer-Group zu entziehen. Gleichzeitig ist aus meiner Erfahrung WhatsApp aber auch der zentrale Kanal, in dem in Klassengruppen Mobbing stattfindet, in dem Gewaltbilder, Pornos oder verfassungsfeindliche Bilder und Memes verschickt werden. Hier wird schon deutlich, dass wir an Schulen Demokratiebildung und Medienbildung nicht trennen können. Wer von ihnen hat an der Schule ein Medienkonzept? Wer hat ein Demokratiekonzept? Wer hat das in einem Konzept? Was zeigt JIM uns noch? Instagram, TikTok und Snapchat sind wichtig, der Rest folgt mit Abstand. Es gibt ein grundlegendes Interesse am Weltgeschehen und Nachrichten, etwa die Hälfte nutzen auch noch Fernsehen und Radio (nicht unbedingt linear), Zeitungen spielen kaum noch eine Rolle. Also kommen auch die Nachrichten über das Weltgeschehen aus den sozialen Medien, dort haben es die Schülerinnen aber auch, zunehmend mit Fake News, Beleidigungen und Extremismus zu tun. Außerdem zeigen alle mir bekannten Studien eine Zunahme der KI-Nutzung für die Schule. Zwei Drittel ist meiner Meinung nach ein eher konservatives Ergebnis…
Die ICILS-Studie war im letzten Jahr in aller Munde, weil sie nachgewiesen hat, dass die digitalen Kompetenzen in den achten Klassen nicht nur zu wünschen lassen, sondern auch noch schwächer werden. Die Daten stammen von 2023, die Veröffentlichung erfolgte im letzten November. Befragt wurden achte Klassen in 35 Bildungssystemen. Insgesamt schneidet Deutschland zwar im unteren Durchschnitt ab, ist aber seit der ersten Studie 2013 signifikant schwächer geworden. 40% der Achtklässlerinnen und Achtklässler haben unzureichende digitale Kompetenzen, können also, platt gesagt, nicht mehr als Klicken und Wischen. Nur 1% erreicht Spitzenwerte. Das ist dramatisch! Bei Kompetenzunterschieden von Schülerinnen und Schülern ohne und mit Zuwanderungshintergrund schneidet Deutschland am schlechtesten ab, bei der sozialen Herkunft am viertschlechtesten. Das heißt auch hier ist der digital divide ein fundamentales Problem und spiegelt eines der, wenn nicht das, Grundproblem des deutschen Bildungssystems wider: Die Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft!
Interessant bei ICILS ist, dass auch die Perspektive der Lernenden und Lehrenden auf digitale Bildung untersucht wird. Und hier wird deutlich, dass wir von einer Kultur der Digitalität in den Schulen noch weit entfernt sind. Verstehen sie mich nicht falsch, mir geht es nicht darum alle Prozesse auf „Teufel komm raus“ zu digitalisieren und ja, ich weiß, die Skandinavier fahren schon wieder zurück. Wenn wir aber nur halb so digital wären, wie die Schweden nach dem Zurückfahren, wären wir deutlich weiter als bei 25% täglicher Nutzung. Digitalität ist der Alltag und ein wichtiger Faktor für die Zukunft und da tun wir zu wenig und die 90% der Schülerinnen und Schüler haben recht, die Schule hierbei in der Pflicht zu sehen. Wo sonst soll den professionelle Medienbildung stattfinden? Große Mehrheiten sehen in digitalen Medien Potenziale und Herausforderungen, d.h. 84% erwarten bessere Lebensbedingungen, 82% ein besseres Verständnis der Welt. Aber 82% sehen auch, dass mit digitalen Medien zu viel Zeit verbracht wird, 74% sehen Gefahren für die Gesundheit und 68% fürchten Abgrenzungen zwischen Menschen in der Gesellschaft. Die Schülerinnen und Schüler haben also durchaus eine differenzierte Sicht auf digitale Medien, vielleicht sogar differenzierter als viele Erwachsene.
Aus der Perspektive der Lehrkräfte scheint das etwas anders auszusehen, wenn aber 70% digitale Medien nur mindestens einmal am Tag nutzen und mehrere Klassen unterrichten, wird es wieder stimmig. In der Lehrkräfteausbildung spielte und spielt das Thema keine entscheidende Rolle, vor allem wenn es um konkrete Beispiele und Anwendung in der Praxis geht. Das scheint zwar besser zu werden, ist aber noch lange nicht gut. Bei Lehrkräften unter 35 Jahren sieht es nämlich etwas besser aus, da fühlen sich 55% gut vorbereitet. Bei der dritten Phase der Lehrkräfteausbildung ist sicher auch noch reichlich Luft nach oben, diese hängt ja in der Regel von individuellem Engagement ab. Das wurde hier aber nicht untersucht, ich bin mir allerdings sicher, dass auch der digital divide innerhalb der Kollegien aktuell massiv zunimmt, das heißt, es gibt Gruppen von Lehrkräften, die bei Digitalität und KI weit vorne sind, aber auch solche, die sich damit gar nicht beschäftigen und die diesen größer werdenden Abstand nie mehr einholen können.
Ich zitiere aus dem Fazit der Studie: „Die Ergebnisse der vorliegenden detaillierten Sonderauswertung zur PISA-Studie 2022 verdeutlichen, dass die selbsteingeschätzte digitale Informationskompetenz von Schüler*innen in Deutschland auf wichtigen Nachholbedarf in unterschiedlichen Bereichen hinweist. Während digitale Informationen fest im Alltag der Jugendlichen verankert sind, trauen sich die Schüler*innen oft nicht zu, digitale Informationen kritisch zu bewerten und unterlassen es, unterschiedliche Quellen auf ihre Verlässlichkeit miteinander zu vergleichen. Dies steht im Widerspruch zur wachsenden Bedeutung digitaler Informationskompetenz in einer zunehmend digital-geprägten Gesellschaft. Schulen und Lehrkräfte können hier eine Schlüsselrolle einnehmen und die digitale Informationskompetenz der Schüler*innen nachhaltig stärken.“ (S. 20) Nur knapp die Hälfte der befragten Jugendlichen billigt ihren Lehrerinnen und Lehrern die Kompetenz zu, digitale Geräte im Unterricht zu nutzen. Das ist deutlich weniger als im OECD-Durchschnitt (70 Prozent). Auch hier ist wieder die Abhängigkeit der Kompetenz vom sozioökonomischen Status auffällig, es gelingt den Schulen nicht diese zu verringern. Und noch ein Zitat: „Die Hauptstudie „PISA 2022“ hatte bereits gezeigt, dass die Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland seltener als im OECD-Durchschnitt angeben, digitale Tools in ihrem Unterricht und bei den Hausaufgaben einzusetzen. Die Mehrheit der Schulleitungen hatte in der Befragung berichtet, dass die Lehrkräfte nicht genügend Zeit für die Unterrichtsvorbereitung zur Integration digitaler Medien haben und die Schulen nicht über genügend qualifiziertes Personal für den technischen Support verfügen.“ Im Kontext von digitaler Kompetenz und dem Umgang mit Fake News ist festzuhalten, dass nur 47% sich in der Lage sehen Informationen aus dem Internet qualitativ zu beurteilen und zwei Drittel diese ungeprüft in sozialen Medien teilt. Das ist fatal für den Schulfrieden, das Miteinander in der Gesellschaft und für die Demokratie.
Kommen wir zu einer Studie des Digitalverbands bitkom aus dem August 2024. Diese begegnet naturgemäß den Fähigkeiten der Kinder eher positiv. Bemerkenswert ist allerdings, dass über 90% der Sechsjährigen das Internet nutzen und über 93% der zehnjährigen soziale Netzwerke, was in den meisten Fällen eigentlich gar nicht erlaubt sein dürfte. Insgesamt wurden hier Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren befragt, von denen 76% angeben sich mit Privatsphäreeinstellungen auszukennen, was sehr hoch wirkt. Vielleicht gehört dazu aber auch das Umgehen elterlicher Einstellungen, was man mit Youtube recht leicht erlernen kann. Eher gering, aber es wird ja auch nur das „Hellfeld“ ausgeleuchtet, kommen mir die Zahlen zu den Hasskommentaren und zum Mobbing vor. In der Presserklärung zur Studie äußert sich Bitkom-Präsident Wintergerst so: „ Auch wenn es ohne Kontrolle in jungen Jahren nicht geht, ist allerdings Aufklärung das wichtigste Instrument der Medienerziehung“ Das ist wohl richtig und auch hier ist dann Schule wieder gefordert, weil Eltern es, no offense, oft auch nicht besser wissen.
Rund 2.000 Menschen aller Altersklassen hat das Institut Allensbach im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung zu Falschmeldungen und Desinformation befragt. Im Zentrum der Untersuchung stehen Narrative zu Russland und China, aber auch zu Impfungen, dem Klimawandel und der Corona-Pandemie, die Daten zu Jugendlichen hier stammen aus der Gruppe der 16 bis 19-Jährigen. Wenn nur 44% der Befragten aller Altersgruppen angeben Fake News leicht zu erkennen, heißt das, dass über 50% sich damit schwer tun und wenn diese Zahl bei Jugendlichen noch höher ist, muss Schule mehr leisten. Erschreckend sind auch die anderen Zahlen, ungefähr ein Drittel der Jugendlichen glaubt nicht an den Klimawandel, an Impfstoffe oder dass China eine Demokratie sei. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung fasst das Ergebnis so zusammen: „Die Umfrage zeigt: Wir haben das Ausmaß und die Gefahr von Desinformation in unserer Gesellschaft noch immer nicht erkannt. Junge Menschen sind deutlich empfänglicher für Desinformation und TikTok spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich chinesische und russische Desinformation weiter in unserer Mitte ausbreitet. Sie ist eine Gefahr für unsere Demokratie“. Da hat sie wohl recht und stellt auch wieder einen Zusammenhang zwischen Medien- und Demokratiebildung her.
Bevor wir abschließend zu Zahlen zur Demokratie kommen, werfen wir noch einen Blick auf die Künstliche Intelligenz. Auch bei dieser Vodafone-Studie aus diesem Jahr zeigt sich, dass Jugendliche KI für wichtig halten, diese für die Schule nutzen und knapp die Hälfte mit den Kompetenzen der Lehrkräfte unzufrieden ist. Nur ein gutes Drittel berichtet von Regularien in der Schule. Das zeigt, dass KI bei den Jugendlichen deutlich besser angekommen ist als in der Schule. Interessant ist hier aber auch, dass der Zusammenhang zu Demokratie- und Medienbildung deutlich wird. KI verschärft die Ungleichheit in der Gesellschaft durch einen digital divide, gleichzeitig beeinträchtig sie den gesellschaftlichen Frieden und das Schulklima, indem sie Mobbing auf ein neues Level hebt. Deep Fakes ermöglichen eine ganz neue Qualität von Mobbing und da stehen wir noch am Anfang.
Kommen wir abschließend im statistischen Teil noch zu dem Aspekt der Demokratiebildung im Kontext sozialer Medien. Das Institut für Generationenforschung hat in mehreren Erhebungswellen eine umfassende Umfrage zur aktuellen Erstwählerkohorte durchgeführt. Über mehrere Erhebungswellen hinweg, von 2024 bis Januar 2025, wurden 4.132 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik befragt. Bemerkenswert ist hier das Ergebnis, dass sich über 90% der jungen Erwachsenen Sorgen um die Zukunft machen. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, taucht in meinem Vortrag aber nur am Rande auf. Spannend ist, dass für über 70% der Erstwählenden soziale Medien für ihr Verhältnis zu Politik wichtig sind und, dass ebenso viele junge Erwachsene den Politikern die Kompetenz im Umgang mit sozialen Medien absprechen. Denken sie nur an Scholz‘ Aktentasche. Hellhörig muss man jedoch werden, wenn 55% angeben, dass sie sich im Gegensatz dazu von der AfD erreicht fühlen. Laut statista hat die AfD, Stand Februar 2024, mit Abstand die meisten Followerinnen und Follower in den sozialen Medien, über 2,6 Millionen, das sind fast doppelt so viele wie die anderen Parteien zusammen haben. Auf TikTok und YouTube, bei Jugendlichen sehr beliebten Kanälen, ist die Partei weit vorne. Ebenso bei Facebook, aber das spielt für die Jugend kaum noch eine Rolle. Bei der letzten Europawahl haben 16% der 16 bis 24-Jährigen die AfD gewählt, die Partei konnte im Vergleich zu 2019 um 11% zulegen (im Gegensatz zu 5% über alle Altersgruppen). Bei der Landtagswahl in Thüringen im letzten Jahr waren es 35%, in Brandenburg 31% aus dieser Altersgruppe, die die AfD gewählt haben. Für die kommende Bundestagswahl konnte ich keine Prognosedaten finden, ich bin gespannt. Ein Grund dafür ist die erfolgreiche Präsenz in den sozialen Medien und die mangelnde Kompetenz der anderen Parteien in diesem Bereich. Hier wird noch einmal deutlich, dass Demokratie- und Medienbildung nicht getrennt betrachtet werden können. Jetzt muss man dazu aber auch noch wissen und bedenken, dass die Nutzung KI generierter Bilder und Filmsequenzen in Wahlkämpfen und Parteiwerbung eine zunehmende Rolle spielt und dass auch dort die AfD wieder besonders aktiv ist und ihr der der KI innewohnende cultural bias zugute kommt.
Ergänzend dazu noch Erkenntnisse aus zwei weiteren Studien, dann sind wir durch. Eine Bertelsmann-Studie von 2024 hat herausgefunden, dass das Vertrauen der 18 bis 30-Jährigen in Demokratie mit 59%, in die Regierung mit 39% und in die Medien mit 31% erschreckend gering ist. Das passt zu den Erkenntnissen aus einer Vodafone-Studie von 2022, die ergab, dass 75% der 14 bis 24-Jährigen Politik zu schwerfällig finden und die Hälfte mit der deutschen Demokratie unzufrieden ist. Auch hier wird noch einmal deutlich, dass sich die junge Genration um ihr Zukunft sorgt und wenig Vertrauen in die Politik hat, dass diese Probleme wie den Klimawandel in den Griff bekommt.
Was ist nun das Fazit aus diesem Parforce-Ritt durch die Zahlen? Eigentlich ist das Fazit desaströs. Wir lassen unsere Kinder und Jugendlichen alleine und sind dabei sie an Fake News und Hass zu verlieren. Das Vertrauen in die Institutionen schwindet, obwohl sich die Jugend für Politik und das Weltgeschehen interessiert. Sowohl das Elternhaus als auch die Schule und auch die Politik werden ihrer Verantwortung nicht gerecht. „Wir verlieren unsere Kinder“, wie Silke Müller in ihrem gleichnamigen Bestseller feststellt und Kinder sind eine „Minderheit ohne Schutz“, wie Aladin El Mafaalani sein neues Buch betitelt. da sie und auch ihre Eltern politisch keine relevante Wählerschicht bilden, weil sie demografisch zunehmend marginalisiert werden. Betrachten wir die einzelnen Punkte des Fazits noch etwas genauer, bevor wir zu Handlungsoptionen kommen.
Politik ist für Jugendliche nicht uninteressant, allerdings hat sich der Zugang fundamental gewandelt. Soziale Medien spielen eine zunehmend bedeutende Rolle, damit nimmt aber auch die Gefahr von Fake News und Beeinflussung durch extremistische Propaganda zu und das bei schwächer werdenden digitalen Kompetenzen und schwacher Unterstützung durch die Schulen, bei denen oft noch keine Kultur der Digitalität aufgebaut wird. Trotz des Interesses an Politik haben die Jugendlichen zu wenig Vertrauen in die Demokratie, Politiker und Medien. Klassische Zeitungen spielen kaum noch eine Rolle.
Wir wissen, dass die Nutzung des ersten Smartphones immer früher erfolgt, damit verbunden sind soziale Medien und das Internet. Das bedeutet zwangsläufig, dass immer jüngere Kinder mit Fake News, Gewalt, Extremismus und Pornographie konfrontiert werden. Für mich heißt das, dass wir noch früher mit Medien- und Demokratiebildung beginnen müssen. Wir müssen unsere Kinder so stark und resilient machen, dass sie damit umgehen können.
Dieser Einfluss von Fake News, Extremismus usw. nimmt eher zu. Andere Länder, China, Russland, aber auch die USA, versuchen online und digital Einfluss aus Wahlen und das gesellschaftliche Klima oder politische Entscheidungen zu nehmen. Dabei spielen auch Deep Fakes mit KI eine Rolle, KI kann aber noch mehr, sie kann zur Analyse von Nutzerverhalten und der Generierung von passgenauem Content genutzt werden oder Massen an Bots herstellen und dirigieren. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf die Stabilität unserer Demokratie und das Klima an unseren Schulen.
Die eben schon angedeutete gefährliche Seite von KI, wird ums gefährlicher, wenn diese auch von Schülerinnen und Schülern vermehrt genutzt wird, aber die Kompetenzen im kritischen Umgang nicht ausreichen und die Lehrkräfte dafür nicht ausgebildet und daher nur begrenzt hilfreich sind. KI überrollt die Schulen, es zeichnet sich aber noch keine flächendeckende Strategie ab, wie damit umgegangen werden soll. Erste Prüfungsformate, wie die klassische Hausarbeit, haben sich eigentlich schon erledigt, Hausaufgaben werden eher obsolet, aber wir haben bisher nur wenig Ahnung, was das für das Schulsystem bedeutet. Nicht zu vernachlässigen ist der zunehmende digital divide, der eng mit der Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom sozioökonomischen Status zusammenhängt. Es ist wichtig zu wissen, dass auch eine erfolgreiche KI-Nutzung Geld kostet und on zuhause gestützt werden muss, was gerade in ohnehin schon abgehängten Familien nicht möglich ist. Hinzu klommt dann noch der cultural bias, der in der KI stecht, durch den marginalisierte Gruppen weiter marginalisiert werden, weil sie in den Trainingsdaten der KI keine relevante Rolle spielen.
Deutsche Schülerinnen und Schüler werden schlechter in den Kompetenzen, die für eine Kultur der Digitalität benötigt werden, statt digital Literacy nur „click and swipe“. Das genügt nicht. Gleichzeitig haben die Schulen diese Themen zu wenig auf dem Schirm, die Lehrkräfte sind nicht hinreichend ausgebildet und ohnehin überlastet. Dazu kommt der Lehrermangel. All das gilt auch für die Schulleitungen und die Kultusbürokratie. Das Vertrauen der Jugendlichen in Politik und Medien nimmt ab, das heißt, wir müssen uns Sorgen um unsere Demokratie machen. Das hängt natürlich mit den Fake News zusammen, aber auch damit, dass Jugendliche die Erfahrung machen, dass sie im politischen Diskurs keine sichtbare Rolle einnehmen. Das und die Zukunftssorgen der Jugend machen sie anfällig für politische und religiöse Extremisten jeglicher Couleur. Auch hier muss Schule mehr Verantwortung übernehmen. Sie fragen sich jetzt natürlich zurecht, was Schulen noch alles machen sollen. Aber mal ehrlich, können wir es uns bei dieser Ausgangslage leisten uns nicht damit zu beschäftigen? Schule ist das Instrument der Gesellschaft zur Reproduktion von Herrschaft, wenn wir weiter eine pluralistische Demokratie wollen, müssen wir unseren Nachwuchs entsprechend ausbilden. Dafür müssen wir darüber reden, was wir in Schulen Deimplementieren können, aber das ist eine andere Debatte. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, warum ich glaube, dass Medien- und Demokratiebildung und digital literacy, inklusive KI, zusammen gehören und es so wichtig ist, diese zusammen und komplex zu denken und warum sich Schule dessen annehmen muss. Die Diagnose ist also katastrophal und wenn wir die Probleme nicht angehen, rückt das rechte Szenario auf dem Eingangsbild näher. Sie erinnern sich?
Wie verhindern wir, dass die Dystopie eintritt, die sich vielleicht schon anbahnt? Was kann Schule konkret und realistisch tun? Im zweiten Teil meines Vortrages will ich Impulse und Anregungen geben, wie wir Schule verändern können, um in Zukunft Medien-, Demokratie- und KI-Kompetenz in der Schule so zu fördern, dass wir eine optimistische Zukunft erwarten können, also die linke Seite des Bildes. Ich glaube, dass Schule die zentrale Rolle bei der Gestaltung der Gesellschaft der Zukunft spielt. Hier müssen alle Kinder hin und hier werden sie gesellschaftlich zu großen Teilen sozialisiert und instruiert. Ich werde nun zuerst auf einer eher abstrakten Ebene formulieren, wie sich Schule verändern muss und dann auf der persönlichen und systemischen Ebene konkreter werden und am Ende ganz konkrete Impulse für die Praxis setzen mit denen sie, wenn sie das denn wollen, am Montag loslegen können. Ganz am Ende gibt es noch die nötigen Links dazu.
Zunächst glaube ich, ist es wichtig, dass wir uns dafür öffnen, Schule neu zu denken. Wir müssen uns klar machen, dass es immer weniger um reine Wissensvermittlung geht, Wissen wird durch das Internet und KI immer leichter verfügbar. Wir müssen endlich die Kompetenzen stärker in den Fokus rücken und den Umgang mit Wissen und dessen Überprüfung stärker in den Blick nehmen. Außerdem muss ein Schwerpunkt auf Demokratie- und Medienbildung in einer Kultur der Digitalität gelegt werden. Das ist eine Aufgabe für alle Lehrkräfte! Weiter müssen Schulen echte demokratische Institutionen werden, die Bedürfnisse der Lernenden müssen ernst genommen werden, sie müssen echte Mitspracherechte bei der Gestaltung des Lernens, der Gebäude und der Strukturen bekommen. Nur wer wirklich mitbestimmt lernt demokratische Selbstwirksamkeit und vertrauen in die Funktionsweise von Demokratie. Wir müssen akzeptieren, dass in einer immer komplexer werdenden Welt auch das Schulsystem komplexer wird. Es reicht nicht mehr Konzepte für Medien, Gewaltprävention, Suchtprävention, soziales Lernen, Methodenlernen und was es noch alles gibt, nebeneinander in den Schrank zu stellen. Wir müssen das alles zusammen denken, weil es zusammen gehört. Das ist natürlich komplex, aber Lehrkräfte können das. Dafür müssen sie sich natürlich permanent fortbilden, dafür braucht es entsprechende Ressourcen. In anderen Ländern funktioniert das ja auch.
Schulen müssen sich vernetzen, mit anderen Schulen aber auch mit anderen Bildungsträgern und Institutionen in den Kommunen, vom Gartenbauverein bis zur Volkshochschule. Dadurch lassen sich Synergien schaffen und der Blick weitet sich. Für die Schülerinnen und Schüler bieten sich außerschulische Lernorte und außerschulische Lehrende bereichern und entlasten die Schulen. Vieles am Setting von Schule hat sich in den letzten 200 Jahren nicht geändert. Wir denken immer noch in Klassen, Fächern und Klassenarbeiten, alle Lernenden sollen im gleichen Alter, zur gleichen Zeit, im gleichen Raum, bei der gleichen Lehrkraft, im gleichen Tempo, mit dem gleichen Material, der gleichen Methode das gleiche Ziel gleich gut erreichen. Ob das je funktioniert hat, sei dahingestellt. Nach meiner Einschätzung funktioniert das immer schlechter. Alles muss auf den Prüfstand und neu gedacht werden. Das das möglich ist, zeigen real existierende Beispiel, dazu gleich mehr. Wenn sich die Welt verändert, wie kann dann Schule stehen bleiben? Werden wir aber erst einmal konkreter.
Was kann jede und jeder Einzelne tun? Das Schwierigste ist, so zumindest meine Erfahrung, an Haltungen zu arbeiten. Die Rolle der Lehrkraft wandelt sich, sie wird vom Instrukteur zum Lernbegleiter oder zur Lernbegleiterin. Es geht darum die Lernenden bei ihrem Lernprozess zu unterstützen, sie zu „coachen“, ihnen beizubringen selbstorganisiert und individualisiert zu lernen. Dafür müssen wir ihnen auf Augenhöhe, frei von Adultismus und Klassismus, begegnen, sie in ihrer Persönlichkeit ernst nehmen, ihnen klar machen, dass sie ein Jemand sind und ihnen ein Growth Mindset mitgeben und ihr Potenzial erkennen und entfalten. Wir müssen uns fortbilden, in Sachen Lernbegleitung, Potenzialentfaltung und einer Kultur der Digitalität. Diese Erkenntnisse müssen wir zur Unterstützung der Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler umsetzen.
Wir müssen jeden Lernprozess auch als Prozess für Demokratie- und Medienbildung sehen. Das geht, indem wir den Lernenden Mitbestimmungsrechte für ihren Lernprozess geben und wir sie bei schulischen Entscheidungen mitreden lassen und wenn wir in den Lernprozessen, wo es sinnvoll ist, mit Medien arbeiten, analog und digital. Lernprozesse lassen sich wunderbar mit digitalen Lernmanagementsystemen organisieren und von E-Portfolios begleiten, für so etwas finden sie hier auf der Messe Anbieter. So entsteht eine selbstverständliche Kultur der Digitalität, wie sie im „echten“ eben oft schon selbstverständlich ist. Und zuletzt brauchen wir mehr Vernetzung und Austausch. Wir müssen mehr in Teams arbeiten und uns so gegenseitig entlasten, nicht jede Stunde, nicht jede Leistungsüberprüfung, nicht jede Unterrichtsentwicklung muss von Einzelnen immer wieder neu geplant werden. Durch gute Teamarbeit und konstruktiven Austausch lassen sich viele Ressourcen heben. Und das darf nicht am Schulzaun halt machen, das funktioniert auch mit anderen Schulen und sogar außerschulischen Partnern.
Schwieriger wird es dann auf der systemischen Ebene. Hier braucht man dann eine Schulleitung und Schulverwaltung, die Veränderungen mitträgt und man braucht ein Kollegium, das mitzieht, zumindest zu relevanten Teilen. Aber auch das geht, es gibt immer mehr Beispiele. Elementar ist, dass man nicht einfach losrennt, das ist gefährlich. Viele gute Ideen zur Schulentwicklung verbrennen sofort, wenn sie nicht strategisch und inhaltlich klug geplant werden. Dafür ist es wichtig, sich mit Changemanagement und Organisationsentwicklung auseinander zu setzen. Dazu gibt es in allen Ländern Fort- und Ausbildungen. Ebenso gibt es externe Begleitungen für diese Veränderungs- und Entwicklungsprozesse, teils von der Bildungsverwaltung, teils als Freelancer. Nutzen Sie das. Das sind die Profis für so etwas. Es ist keine Schande sich Profis in die Schule zu holen, mir ist ohnehin nicht klar, woher der Glaube kommt, dass Lehrkräfte und Schulleitungen alles können müssen, von der Erstellung von Hygienekonzepten bis zur Gefahrenabwehr oder Gewaltprävention. Dafür gibt es bessere externe Kräfte. Schauen Sie über den Tellerrand, lernen Sie von Schulen, die sich schon verändert haben. Auch hier muss nicht immer das Rad neu erfunden werden. Innovative Schulen gibt es überall in Deutschland und diese kann man besuchen und sich mit ihnen vernetzen.
Verbreiten sie ihre Ideen, indem sie im Kollegium darüber reden oder Websites, Podcasts etc. empfehlen, suchen Sie sich Mitstreiterinnen und Mitstreiter, vernetzen sie Konzepte und arbeiten sie sich in die Komplexität schulischer Zusammenhänge und Konzepte ein. Etablieren sie an Konferenzen oder pädagogischen Tagen neue Formate, die mehr Austausch ermöglichen, wie bei einem Barcamp. Platzieren sie dort innovative Schulentwicklungsthemen. Etablieren sie Mikrofortbildungen oder Fortbildungssnacks, zum Beispiel für kleine Aspekte der Digitalität, machen Sie Lust auf Neues. Starten Sie kleine Prototypen und probieren sie gemeinsam mit Lehrkräften und/oder Lernenden neue Methoden, Prüfungsformate usw. aus. Wenn diese kleinen Projekte erfolgreich sind, entlasten und begeistern, dann breiten sie sich aus und werden zu Keimzellen der Veränderung. Aber auch hier ist es wichtig offen und transparent zu kommunizieren, bieten sie anderen an, mitzumachen, seien sie nicht böse, wenn die anderen nicht wollen. Starten sie keine „Geheimprojekte“, das fördert Argwohn. Etablieren sie ein Qualitäts- und Projektmanagement, so arbeiten sie systematischer und zielgerichteter und sehen, ob Veränderungen wirksam sind. Auch hier gibt es Fortbildungen und externe Begleitung. Wichtig ist: Veränderung braucht Zeit! Die komplette Neuausrichtung eines Systems kann durchaus fünf bis zehn Jahre dauern und verläuft nie gradlinig und problemlos, das müssen sie aushalten.
Ich kann es nicht oft genug sagen: Vernetzen sie sich! Das gibt Kraft, Orientierung und Rückhalt. Es gibt bestehende Netzwerke zur Schulreform, die in Präsenz digital Fortbildungen und Workshops anbieten, dazu mehr auf der nächsten Folie. Nutzen Sie soziale Netzwerke, ich profitiere persönlich sehr von BlueSky, dort sind viele fortschrittliche und digitalaffine Lehrkräfte vernetzt und tauschen sich über neue Ideen und Entwicklungen aus oder stehen mit Rat und Tat zur Seite. Es gibt ein paar sehr gute Bücher zu Schulentwicklungsthemen in allen möglichen Varianten vom kleinen erbaulichen Bericht aus der Best Practice, bis zu dicken Wälzern mit Theorie zur Organisationsentwicklung. Es gibt tolle Podcasts und Filme, die Lust auf Veränderung machen und von erfolgreichen Veränderungsprozessen erzählen. Besuchen Sie Veranstaltungen mit Gleichgesinnten, das macht Lust und zeigt, dass man mit seinen Wünschen und Sorgen nicht alleine ist. Schauen sie sich gelungene Beispiele an, fahren sie mit Kolleginnen und Kollegen oder der Schulleitung in eine Schule, die ein innovatives Konzept entwickelt hat und schauen sie sich das vor Ort an. Zum Beispiel können sie sich bei den Trägerschulen des Deutschen Schulpreis umschauen, das geht vor Ort, aber auch im Internet oder in entsprechenden Veröffentlichungen.
Jetzt wird es ganz konkret! Das sind aber nur Beispiele, die Links kommen auf der übernächsten Folie, mehr gibt es auf meiner Homepage und natürlich im Netz. Netzwerke zur Schulreform: Schulen im Aufbruch bietet Entwicklungsbegleitung an und basiert auf den Ideen von Margret Rasfeld, damit verbunden ist der Freiday, BeWirken bietet auch Unterstützung bei der Schultransformation an, mit dem Programm UnlearnSchool gelingt der Wandel zu einer Schulkultur mit Lernbegleitung, die Breuninger-Stiftung von Helga Breuninger und die Pioneers of Education von Silke Weiss bieten ebenfalls Coachingprogramme und Workshops und unterstützen Veränderungsprozesse. Soziale Netzwerke zur Inspiration nutzen: Es gibt bei BlueSky, Instagram, Threads oder LinkedIn Lehrkräftebubbles, die neue Mitglieder mit offenen Armen empfangen. Die Schwelle ist wirklich niedrig, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Mein Social Media-Hub ist das BlueLZ auf BlueSky. Ich bin in den sozialen Medien selbst erst seit zweieinhalb Jahren aktiv und habe dort so viel gelernt und so wichtige Kontakte geknüpft. Einschlägige Literatur lesen: Das sind nur ein paar Autorinnen und Autoren, die mich inspiriert haben, mehr gibt es auf meiner Homepage.
Podcasts, Filme: Podcasts lassen sich wunderbar beim Putzen oder Autofahren hören, File können sehr inspirierend sein. „Treibhäuser der Zukunft“ ist schon etwas älter, aber eigentlich Pflichtprogramm für Lehrkräfte. Den Film gibt es auf YouTube. „Bratsch – Ein Dorf macht Schule“ gibt es noch bis zum 28. Februar in der Mediathek von 3Sat, Radical gibt es auf DVD. Veranstaltungen: Hier auf der Didacta kann man auch zahlreiche Inspirationen mitnehmen, empfehlenswert ist auch die jährliche Tagung der Mobilen Schule in Hannover. Es soll wohl auch eine Neuauflage des PxP-Festivals in Berlin geben mit Workshops, Vorträgen, Ständen und Musikprogramm. Jährlich findet auch der Deutsche Schulleitungskongress in Düsseldorf statt, nicht ganz günstig, aber mit hochkarätigem Speaker- und Workshop-Programm. Neu auf dem Markt ist das Futuromundo von Leonard Sommer diesen Sommer in Stuttgart. Best Practice: Schauen sie sich die Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe, die Alemannenschule in Wutöschingen, eine der vielen anderen innovativen Schulen an, das sind die lebenden Beweise dafür, das Veränderung möglich ist und Schule zeitgemäß und wohltuend sein kann.
Zum Abschluss noch fünf ganz konkrete Projekte als Beispiele für ein gute Praxis: DemoKI: Projekt der Friedensschule Osnabrück zur Verbindung von KI und Demokratie, sehr spannend und am Laufen. Aula: Eine von von Marina Weisband gegründete Initiative, die praktische Demokratie und Digitalität in Schule vereint, mit Aula lassen sich demokratische Strukturen etablieren und digital organisieren. WSH: Beispiel für eine Schule mit Kultur der Digitalität Die erste digitale Schule Niedersachsens. Dort gab es die ersten Tablet-Klassen, Schulleiterin ist Silke Müller, vielleicht dem einen oder der anderen als Autorin oder Redmerin bekannt. Auch der Rote Salon der Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe ist ein tolles Projekt, bei dem Schulentwicklung unter Beteiligung der ganzen Schulgemeinschaft und sogar des Stadtteils stattfindet. Und zuletzt der Freiday, bei dem ein Tag in der Woche kein klassischer Unterricht stattfindet, sondern im Sinne von schülerorientiertem Projektlernen, orientiert an den SDG, Schülerinnen und Schüler Selbstwirksamkeit erfahren. Es gibt noch viele andere tolle Ideen, die hier den Rahmen sprengen würden wie das Fach Verantwortung oder das Leolab der Leonore-Goldschmidt-Schule in Hannover. Zum Thema KI muss man noch die Homepages von Joscha Falck, Manuel Flick, Hauke Pöhlert und Florian Nuxoll empfehlen, zur Medienbildung die zahlreichen Homepages wir Klicksafe und so weiter. All das würde aber den Rahmen sprengen. Auf meiner Homepage gibt es dazu kuratierte Linksammlungen, eine Bücherliste, einen Newsletter, einen Blog und mehr. Ich freue mich, wenn sie vorbeischauen. Dort gibt es nach dem Wochenende dann auch diese Präsentation samt Vortragstext im Blog.
Wer sich mit mir vernetzen will, kann das gerne tun. Einfach den QR-Code scannen und dann gibt es alle Vernetzungsmöglichkeiten in einem Linktree. Ich hoffe, mein Vortrag war in irgendeiner Weise hilfreich, mir war es in jedem Fall ein Vergnügen. Einen Punkt habe ich noch 😉 Ich glaube, dass die Realität an Schule sogar noch viel komplexer ist. Wir haben nämlich noch gar nicht über psychische und physische Gesundheit, Radikalisierung, Bubbles, Echokammern, Ernährung, soziales Lernen und so vieles mehr gesprochen. Dazu vielleicht beim nächsten mal mehr! Vielen Dank, vernetzen sie sich und denken sie komplex!
ich habe im letzten Newsletter ja schon angekündigt, dass es in diesem Newsletter um Zeugnisse und Noten gehen soll. Noten haben eine Funktion in der Bildungs- und Arbeitswelt, sie sollen selektieren und kategorisieren, sie suggerieren Objektivität und Vergleichbarkeit und stellen Berechtigungshürden für bestimmte Abschlüsse oder (hoch-)schulische Zugänge dar. Die Empirie zeugt allerdings, dass das in der Realität nicht ganz so einfach ist. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Noten nicht objektiv und daher auch nicht vergleichbar sind. Ich verzichte jetzt darauf diese hier zu zitieren, wer mehr dazu wissen will, kann hier (https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/das-sagt-die-wissenschaft-ueber-noten/) oder hier (https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/213307/das-dilemma-mit-den-schulnoten/) anfangen zu recherchieren. Noten und Zeugnisse sind vor allem Momentaufnahmen, sie sagen bestenfalls etwas über einen aktuellen Leistungsstand aus, aber nichts darüber, wie er zustande gekommen ist. Was ist eine bessere Leistung? Die 1 in Musik einer Tochter einer Konzertpianistin, die seit dem 3. Lebensjahr Geige spielt (jeden Respekt dafür!) oder die vier in Geschichte des vor einem halben Jahr in die Regelklasse in der Hauptschule integrierten Geflüchteten, der bis vor zwei Jahren noch kein Deutsch gesprochen hat und auch noch nie etwas von europäischer Geschichte im Mittelalter gehört hat? Noten und Zeugnisse taugen auch nur sehr bedingt für eine berufliche oder soziale Zukunftsprognose. Die meisten Noten werden in Phasen des körperlichen, seelischen und kognitiven Reifungsprozesses vergeben und sagen daher eher weniger aus. Jeder kenn Beispiele von Menschen, die mit vermeintlich niederem oder gar keinem Abschluss fulminante Leistungen erbracht haben. Gerade neurodivergente Kinder kommen oft kaum mit dem Schulsystem zurecht, sind aber häufig die Kreativen, die wir im Leben brauchen. Noten treffen aktuell auf eine Gesellschaft in einem enormen Transformationsprozess. Wissen, das früher noch mühsam memoriert werden musste, um es verfügbar zu halten, steht mittlerweile quasi in der Hosentasche zur Verfügung, selbst Prozesse für Reparaturen oder mathematische Operationen sind in Tutorials ubiquitär. Es kommt also zunehmend auf die Anwendung und den Prozess des Lernens an, darauf, wie ich in der Lage bin dieses Wissen zu verknüpfen, zu konstruieren und wieder zu dekonstruieren, ich muss in der Lage sein, dass Wissen kritisch zu hinterfragen und damit kreativ umzugehen. Diese komplexe und kompetenzorientierte Dimension der Fähigkeiten lässt sich nicht mehr auf Ziffernnoten reduzieren, hier bedarf es in Schulen formativem Feedback und Prozessbegleitung durch Lehrkräfte. Dazu kommt dann noch eine weitere Dimension: Dieses Wissen lässt sich nicht mehr in Fächern kategorisieren, sondern es muss über Fächer hinweg vernetzt gedacht und angewendet werden. Ein weiteres Problemfeld bei Noten ist, dass sie nur einen (überkommenen?) Wissenskanon abdecken, der im 19. Jahrhundert entstanden ist. Noten sagen nichts über soziale Fähigkeiten oder nicht zu Kompetenzen im Bereich Modellbau oder zu kollaborativen und kommunikativen Fähigkeiten. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass wir ein Noten- und Selektionssystem in der Schule anwenden, das vielleicht in einer arbeitsteiligen Industriegesellschaft seine Berechtigung hatte, aber zunehmend nicht mehr kompatibel mit den globalen Veränderungen ist. Warum sonst legen große und renommierte Firmen, aber auch Handwerksbetriebe zunehmend weniger Wert auf Zeugnisse und veranstalten Assessment-Center oder lassen Probearbeiten? Vielleicht weil die Fähigkeit auswendig gelerntes Wissen in mehrstündigen Klausuren in Einzelarbeit wiederzugeben wenig mit der beruflichen Realität zu tun hat? Ich frage ja nur…
Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:
Spezialsammlung zur Bundestagswahl Ich stelle hier einige interessante Seiten zur Bundestagswahl zusammen. Der bekannte und beliebte Wal-O-Mat der BpB ist hier zu finden: https://www.wahl-o-mat.de/bundestagswahl2025/app/main_app.html. Wichtig zu wissen ist, dass hier nur Parteiprogramme, bzw. offizielle Positionen ausgewertet werden. Am tatsächlichen Abstimmungsverhalten der Parteien im Bundestag orientiert sich der Real-O-Mat https://real-o-mat.de/ von „Frag den Staat“. Auch hier handelt es sich natürlich um eine Themenauswahl, die der Komplexität der Realität nicht gerecht werden kann. Wahl.Chat ist ein KI-Chatbot, der es auf der Basis von Parteiprogrammen und anderen Informationen ermöglicht, „individuelle“ Fragen an die Parteien zu stellen: https://wahl.chat/. Auch hier ist natürlich Vorsicht geboten, KI neigt zum Halluzinieren. Mit https://www.kandidierendencheck.de/bundestag von abgeordnetenwatch.de kann man die Kandidierenden aus dem eigenen Wahlkreis unter die Lupe nehmen. All dies sind verkürzte Wege sich mit Politik auseinanderzusetzen, für eine wirklich seriöse Urteilsbildung müssen die Parteiprogramme studiert und die aktuellen Entwicklungen über seriöse Nachrichtenquellen dauerhaft verfolgt werden. Ein interessantes Projekt ist auch https://bundestagswahl.ai/.
Leseempfehlung Um den ganzen dystopischen Entwicklungen in der Realität etwas entgegenzusetzen, empfehle dieses Mal „Wir können auch anders. Aufbruch in die Welt von morgen“ der Ökonomin Maja Göpel (Berlin 2022), die uns zeigt, wie wir es in eine lebenswerte Zukunft schaffen können.
Hörempfehlung Aladin El Mafaalani ist zu Gast bei Isabell Probsts Podcast und spricht über seine Vergangenheit als Lehrer und die Zukunft des Schulsystems: https://lifeafterlehramt.podigee.io/32-aladin-el-mafaalani. Für alle Deutsch-Lehrkräfte, Deutsch-Schülerinnen und -Schüler oder zum Lernen fürs Abitur ist der Podcast „Laberfach“ eine unbedingte Empfehlung: https://www.laberfach.de/.
Veranstaltungsempfehlung Safe the Date! Es ist mir gelungen am 30.09.2025 Silke Müller mit Ihrem Vortrag zu Gefahren im Netz ins Bürgerhaus Dreieich zu holen! Infos zu Silke Müller gibt es hier: https://silkemueller.com/. Nähere Infos zu Ticketing etc. folgen.
ein neues Jahr beginnt und damit viele neue Chancen. ich glaube, dass 2025 für die Weibelfeldschule ein wichtiges Jahr wird (und für die gesamte Welt). Wir haben im vergangenen Jahr mit der Gründung der DNA-Gruppe, der stärkeren Einbeziehung von Schülerinnen, Schülern und Eltern, der Umwandlung in eine Selbstständige Schule und zunehmender Vernetzung eine gute Basis für unsere Weiterentwicklung 2025 geschaffen. Wir werden die begonnenen Prozesse fortführen und wichtige Weichen stellen, zum Beispiel bei der Handynutzung, der Gewaltprävention, beim Hauptschulkonzept und letztlich bei der Professionalisierung unser aller Haltung. Zum Thema Haltung hat Micha Pallesche kürzlich auf LinkedIn einen Beitrag geschrieben. Er bezieht sich auf Katrin Halfmann, mit der ich mich im Newsletter 24/25-05 (https://www.schulmun.de/2024/11/07/newsletter-24-25-05-01-11-2024/) auseinandergesetzt habe und kommt zu folgendem Schluss: „Bislang verstehen sich Lehrende in der Breite noch immer als Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer, deren zentrale Aufgabe es ist, bestehende Inhalte, Wissen, Regeln, Kultur und Bedeutung an Schülerinnen und Schüler zu vermitteln (vgl. Allert und Asmussen 2017, 49f.) Transformationsprozesse vor dem Hintergrund des oben formulierten Haltungsbegriffes, gelingen jedoch nur in Gemeinschaft. Das Rollenverständnis von Lehrenden als Einzelkämpfer muss daher überwunden werden. Es geht vielmehr darum, sich kooperativ in Teamstrukturen als Gestalterin oder Gestalter von Lernprozessen zu betrachten, die wiederum Schülerinnen und Schüler befähigen, sich aktiv und gemeinschaftlich den Veränderungsprozessen und Herausforderungen unserer Gesellschaft zu stellen, diese mitzugestalten und durch das Verständnis eines kollektiven Haltungsbegriffs Kultur zu schaffen.“ (https://www.linkedin.com/pulse/haltung-ist-das-eigentlich-micha-pallesche-1e/). Genau so sehe ich das auch! Ich wünsche mir ehrliche, offene und konstruktive Debatten für unsere weitere Schulentwicklung. Stillstand ist keine Option. Mein persönlicher Fokus liegt neben mehr selbstorganisiertem Lernen und Feedback für die Lernenden auf mehr Demokratie- und Medienbildung. Außerdem muss es uns gelingen mehr Raum für Austausch zur Schulentwicklung und zu pädagogischen Aspekten zu schaffen. Daher (vgl. die entsprechenden Links unten) müssen wir gleichzeitig versuchen Arbeitsschritte und -routinen zu identifizieren, bei denen wir De-Implementieren können. Wir müssen Handlungsfelder identifizieren, und dazu gehören meiner Meinung nach zum Beispiel Aufsicht und Durchsetzung von Schulregeln, die wir in den Fokus nehmen und durchsetzen. Für all das brauchen wir eine Professionalisierung im Bereich von (evidenzbasiertem) Qualitäts- und Projektmanagement. Ein weiteres wichtiges Thema wird das Schulklima sein. Ich fürchte, dass negative Aspekte beim gesellschaftlichen Klima auf die Schule ausstrahlen und wir deshalb pädagogisch noch mehr gefordert werden. Darauf sollten wir uns vorbereiten. Wichtig ist auch hierbei, dass wir uns eng abstimmen und situativ und agil reagieren. Wir wissen aus der Organisationsentwicklung, dass Change-Management auch mit Widerständen und Arbeit verbunden ist. Wir sind jetzt in der Phase, in der wir erste Fernziele ins Auge fassen müssen und ins Handeln kommen sollten. Wenn wir auch in zehn Jahren noch in der Lage sein wollen unsere Arbeit gern und gut zu machen, müssen wir die Entwicklungen in der Gesellschaft, der Wissenschaft und der Technik annehmen und in unserer Arbeit aufnehmen. Wir erleben gerade überall disruptive und tiefgreifende Veränderungen wie schon lange nicht mehr, darauf müssen wir reagieren. Packen wir es an!
Ihr
Erik Grundmann
Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:
Leseempfehlung Ich habe den neuen Harari jetzt tatsächlich gelesen und bleibe bei meiner Empfehlung, ein Kollege aus der Geschichtsfachschaft hat sogar dazu aufgerufen, dass Buch im Kollegium zu diskutieren. Dieses Mal möchte ich das neue Buch von Margret Rasfeld und Ute Puder empfehlen: Das Schuldrama, und wie wir unsere Kinder für die Zukunft stärken, bene! Verlag 2024. Rasfeld und Puder analysieren schonungslos die Schwächen des Bildungssystems und zeigen mit konkreten Beispielen auf, wie es besser geht. Ein wunderbarer Einstieg in die Notwendigkeit einer Reform des Bildungssystems.
Veranstaltungsempfehlung Am 29.01.2025 findet von 18 bis 22:00 Uhr das erste hessische Bildungsbier in der Weibelfeldschule statt. Wir wollen uns in lockerer Atmosphäre vernetzen, austauschen und amüsieren. Eingeladen sind alle Bildungsbegeisterten aus der Region. Bitte bei mir anmelden.
Die didacta findet vom 11. bis 15. Februar 2025 auf dem Messegelände Stuttgart statt. Die Weibelfeldschule wird dort auch wieder präsent sein.
Ich habe vorgestern meinem Stellvertreter gegenüber die Sorge geäußert, dass jetzt der anstrengende Teil des Schulentwicklungsprozesses beginnt, dass wir jetzt durch das berühmte „Tal der Tränen“ in der Change-Kurve nach Kübler-Ross müssten. Er hat das verneint und ist der Meinung, dass wir das schon hinter uns hätten und schon im Aufstieg des „Berges der Veränderung“ seien. Ich wollte erst noch widersprechen, habe dann aber gemerkt, dass der Wahrnehmungsfehler auch bei mir liegen könnte. Er meinte, dass ich da wohl im ersten Jahr zu sehr in meinem persönlichen Ankommensprozess gefangen war, dass ich das überhaupt nicht so richtig mitbekommen habe. Der Vorsitzende des Personalrates hat das heute bestätigt und ich beginne das jetzt auch zu glauben und zu hoffen. In der Tat haben wir ja, wie in diesem Blog beschrieben, schon viel erreicht, vor allem haben wir die Idee der Veränderung in die Breite getragen und vermutlich viele Denkprozesse ausgelöst. Wir arbeiten gleichzeitig an mehreren produktiven Baustellen und beginnen erste Erfolge einzufahren. Wir haben Prozesse demokratisiert und sind dabei eine gemeinsame Vision von Schule zu entwickeln. Natürlich haben wir noch Einiges an Weg vor uns, aber eben auch schon hinter uns.
Heute fand das erste Treffen der DNA-Gruppe statt. Diese soll ein Spiegel der Schulgemeinschaft sein und Entwicklungsprozesse vorentlasten, indem diese dort diskutiert werden und wir so erkennen können, wie die Schulgemeinschaft auf geplante Veränderungen reagieren wird. In der Gruppe sind drei Schülerinnen und Schüler, zwei Eltern und 15 Lehrkräfte aus verschiedenen Zweigen und mit verschiedenen Vorstellungen. Die Stimmung war gelassen und konstruktiv und in den ersten Sitzungen geht es darum Werkzeuge zur Steuerung des Entwicklungsprozesses kennenzulernen und ein Selbstverständnis zu entwickeln. Ein erstes Brainstorming hat gezeigt, dass sehr viele interessante Entwicklungsideen vorhanden sind, die im letzten Jahr aufgekommen sind. Bei uns wissen mittlerweile alle, was ein „Freiday“ oder ein Lernatelier ist, es ist denkbar partiell auf Noten zu verzichten oder Unterricht zu öffnen, wir diskutieren über Deimplementierung, Qualitäts- und Projektmanagement, professionelle Haltung uvm. Das ist nicht selbstverständlich und ist in vielen Systemen leider tabuisiert. Es ist also ein deutlicher Professionalisierungsprozess im Bereich moderner Schulentwicklung zu erkennen. Ich freue mich, dass wir so viele tolle Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler und Eltern haben, die so viel Engagement und Kraft aufbringen, die bereit sind ein paar Extrameilen zu gehen, um unsere Schule voran zu bringen, das motiviert mich ungemein. Bei all den Zweifeln und all dem Unbill die mit dem Jahresstart über uns kamen und die mich etwas schwermütig zurückgelassen haben, stimmt mich die Entwicklung an der Schule positiv, trotz alledem! Eine Kollegin hat wohl gesagt, dass 2025 unser Jahr werde. Ich kann es mir vorstellen!
Tempus fugit. Wieder ist ein Jahr vergangen und es ist Zeit für eine (Rück-)Besinnung. Ich verbinde hier meinen persönlichen Jahresrückblick und den Aufruf zur Blogparade zum Thema „(Rück-)Besinnung“ von Susanne Posselt. 2023 hatte ich für mich als Jahr der Künstlichen Intelligenz bezeichnet. Dieses Thema hat sich auch in diesem Jahr fortgesetzt, ist aber immer noch nicht so recht in den Schulen angekommen. Das Jahr 2024 war für mich das Jahr, in dem ich in meinem (neuen) Job als Schulleiter so richtig angekommen bin. Natürlich hatte ich eine vage Vorstellung, was es bedeutet als Schulleiter zu arbeiten, aber natürlich noch keine echte Erfahrung. Nach 1,5 Jahren bin ich aber immer noch davon überzeugt, dass es eine gute Entscheidung war, diese Verantwortung zu übernehmen und ich liebe immer noch was ich tue. Ich kann tatsächlich Schule verändern, beziehungsweise Menschen in meiner Schulgemeinschaft empowern, Schule zu verändern. Dabei entstehen ganz tolle Projekte und Arbeitsgruppen mit vielen tollen Ideen und Umsetzungen (mehr dazu im WfS Blog). Natürlich ist nicht alles toll, aber in der Summe überwiegt doch das Positive, ich spüre eine Selbstwirksamkeit und bekomme oft positives Feedback. Das gibt die Kraft die hohe Arbeitsbelastung zu bewältigen. Wenn ich das Jahr Revue passieren lasse, mich also zurück besinne indem ich meinen Kalender durchblättere und in mich gehe, fällt mir erst so richtig auf was so alles in ein Jahr passt. Ich werde immer wieder gefragt, wie ich das alles mache was ich so mache und ich antworte dann immer, dass mein Beruf auch mein Hobby ist. Meine großen Themen sind Schulentwicklung, Vernetzung und Demokratie- und Medienbildung. So langsam bin ich der Überzeugung, dass ich das was ich tue auch ganz gut mache. Ich gehöre zu den Menschen, die immer wieder zweifeln und reflektieren, ob sie Dinge gut genug machen oder überhaupt befähigt sind einen Vortrag zu halten oder einen Blogbeitrag wie diesen zu schreiben. Interessiert das überhaupt jemanden, hat es einen Mehrwert? Vermutlich ist das ein leichtes Impostor-Syndrom. Dazu gehören vermutlich auch die Selbstzweifel an meinem „Führungsstil“. Ich bin nicht der Typ, der Entscheidungen schnell trifft und diese dann rücksichtslos durchboxt, ich wäge lange ab und Versuche möglichst viele Betroffene zu hören und zu vermitteln und nach Möglichkeit Lösungen zu finden, die für möglichst viele Beteiligte tragfähig sind. Das kann man mir (und tut man auch) als Führungsschwäche auslegen, aber ich werde diesem Vorgehen treu bleiben, weil mir Authentizität wichtig ist und weil es mir wichtig ist, diese dann auch vorzuleben.
Ich werde in diesem Beitrag keine Auflistung der Erfolge des vergangenen Jahres machen, das habe ich zum Beispiel hier oder im oben verlinkten Blog WfS 2030 schon getan. Wichtig ist mir zusammenfassend zu erwähnen, dass wir in 2024 Strukturen geschaffen haben (Selbstständige Schule, DNA-Gruppe, Think- und Do-Tank, AG Handynutzung uvm.), die einen Boden bereiten für großartige Entwicklungen, die sich hoffentlich in diesem Jahr verstärkt zeigen. Es geht um mehr Schülerinnen- und Schülerbeteiligung, eine Demokratisierung des Schulalltages und den Beginn eines Prozesses zur Haltungsveränderung, um unser schulisches Zusammenleben und Wirken auf eine neue, eine modernere und tragfähigere, Basis zu stellen. Das ist es, wofür ich brenne, das ist es wobei ich Selbstwirksamkeit spüre, weil ich meine kleine Welt und damit einen Ausschnitt aus der großen Welt positiv verändern kann und damit zu einer enkelfähigen Zukunft und zu einer lebenswertere Welt beitrage, die wir in diesen unruhigen Zeiten alle gut gebrauchen können. Deshalb werde ich unermüdlich weiter machen, werde weiter für Vernetzung sorgen und für ein zeitgemäßes Bildungssystem werben und versuchen positiven Einfluss zu nehmen, wo mir das möglich ist.
DALL-E: Ein Lehrer zeigt einem Schüler die Zukunft, das Wissen und die Welt.
Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, (möglichst) alle Beiträge zum aktuellen Thema sind unter dem Beitrag zu finden. Wer sich beteiligen möchte, aber keinen Blog hat, kann gerne einen Beitrag einreichen – er wird dann als Gastbeitrag publiziert. Dies ist die achte Runde.
Wir haben Klimawandel, Lehrkräftemangel, Populismus, Extremismus, Antisemitismus, Islamismus, Spaltung der Gesellschaft, demografischem Wandel, Rentenlücke, Pay-Gap, Extremwetter, VW-Krise, Krieg in der Ukraine, Krise in Nahost, Politikverdrossenheit, Alkoholismus, Femizide und zahllose weitere Probleme. Das ist eine schreckliche Bilanz und die Zukunft könnte bitter werden. Meiner Meinung nach gibt es nur ein wirkliches Gegenmittel, um all diesen Herausforderungen zu begegnen: Bildung! Wie hat schon John F. Kennedy gesagt: „Es gibt nur eins was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.„
Zugegeben: Aktuell ist der Ruf der Lehrkraft etwas ramponiert. Das Klischee sagt, Lehrkräfte sind faul, unflexibel, mürrisch, kinder- und innovationsfeindlich, sie haben nachmittags frei und das ganze Jahr Ferien, sie wissen alles besser und fühlen sich ständig angegriffen. Wie bei jedem Klischee ist auch sicher an diesem etwas dran, aber die deutliche Mehrheit der Lehrkräfte gibt alles und noch mehr, um eine immer herausfordernder werdende Schülerschaft für eine immer unsicherere Zukunft zu bilden. Zugegeben: Im Moment fehlen an allen Ecken und Enden ausgebildete Lehrkräfte, gleichzeitig werden immer mehr bürokratische und rechtliche Hürden für den schulischen Alltag aufgebaut, die Korrekturen werden mehr und anstrengender und die physische und psychische Belastung steigt. Zugegeben: Es gibt an Schulen einen Investitionsstau von 55 Mrd. Euro, viele Gebäude sind marode, die Digitalisierung stockt, KI kommt nur langsam an, es gibt kaum ordentliche Arbeitsplätze an Schule, geschweige denn vernünftige Rückzugsorte. Zugegeben: Das sind alles keine guten Gründe Lehrer:in zu werden! Oder doch?
Gerade weil die Situation im Schulsystem aktuell herausfordernd und global erschreckend ist, ist es erst recht sinnvoll Lehrerin oder Lehrer zu werden!
Innerhalb des Systems Schule muss sich in der nächsten Zeit vieles verändern (warum habe ich hier schon einmal beschrieben) und dazu braucht es frische und innovative Kräfte, die Lust am Verändern und Gestalten haben. Für mich ist das eine attraktive Perspektive. Das „klassische“ Verständnis von Bildung, Lernen und Schule gerät durch die wachsende Heterogenität und Singularisierung in der Gesellschaft, durch das exponentielle Wachstum des Wissens und nicht zuletzt durch Künstliche Intelligenz und Digitalität zunehmend unter Druck. Darauf muss das Schulsystem reagieren und individualisierte selbstgesteuerte Lernsettings in attraktiven Lernumgebungen schaffen. Diese müssen offen für projektorientiertes, selbstwirksames und fachdomänenverbindendes Lernen sein. Lehrkräfte müssen zu Lernbegleitenden werden, die das individuelle Potential der Lernenden entfalten und deren Kompetenzzuwachs im Sinne eines Growth Mindsets begleiten. Das sind grundstürzende Veränderungen, nach denen Schule nicht mehr mit den aktuellen Bildungsanstalten vergleichbar ist. Ich glaube sogar, dass dieser Prozess noch weiter gehen muss und Schule Teil einer kommunalen Bildungslandschaft für lebenslanges lernen werden muss (mehr dazu hier und hier)
Und auch außerhalb des Systems Schule muss sich vieles verändern, wenn wir eine lebenswerte und enkelfähige Zukunft für unseren Planeten wollen. Auch dafür ist Bildung der Schlüssel. Wir müssen wegkommen vom Primat der Wissensvermittlung, hin zu einem Primat der Menschenbildung. Dazu gehört die Vermittlung von Demokratie, die wir zu verlernen drohen (mehr dazu hier), dazu gehört soziales Lernen, die Vermittlung von Empathiefähigkeit und der Respekt vor der Würde aller Menschen, was übrigens alle Schulgesetze unisono fordern. Dazu gehört das Erlernen von Resilienz, eine umfassende Medienbildung im Sinne von digital literacy (mehr dazu hier). Schule muss endlich wieder mehr Verantwortung für die Schulung (!) und Bildung (!) einer zukunftsfähigen Gesellschaft übernehmen (mehr dazu hier). Neben den oben beschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten des Systems von innen, gibt es also auch eine besondere Relevanz des Jobs als Lehrkraft für die Gesellschaft. Beides spannende und interessante Aspekte, die den Beruf attraktiv machen und erfordern, dass er von den Besten ausgeübt wird. Es gibt meiner Meinung nach wenige relevantere Berufe für unsere Zukunft als den der Lehrkraft. Wer Selbstwirksamkeit und unmittelbares Feedback in einem hochrelevanten Beruf erfahren will, wer aktiv Zukunft gestalten und für unsere Kinder einen Unterschied machen will, sollte Lehrerin oder Lehrer werden!
Nachwort: Vielleicht ist dem Einen oder der Anderen aufgefallen, dass dieser Text mit einigen selbstreferentiellen Links versehen ist. Dies hat sich während des Schreibens ergeben und hat mich angeregt zu hinterfragen, warum das so ist. Ich glaube, ich blogge unter anderem deswegen, weil ich so mein berufliches Handeln immer wieder reflektiere und die Verlinkungen zeigen, dass hier Konsistenz und Kohärenz entstehen. Als gelernter Geisteswissenschaftler denke ich multikausal und in Interdependenzen und in meinen Blogbeiträgen entsteht so mein Bild vom Bildungssystem, seiner Reform und seiner Zukunft. Es wäre vermessen, dieses als vollständig oder wahr zu betrachten, aber es scheint doch bisher in sich stimmig und es es steckt meinen Weg zu einem zukunftsfähigen Bildungsbegriff ab, nach dem ich strebe und für den ich kämpfe: für mich, meine Kinder und unsere Zukunft. Deshalb lohnt es sich für mich Lehrer zu sein und ich würde es wieder tun.
Schule als „Dritter Ort“ und „School as a Service“
Ich durfte am 25. Mai 2024 bei einer Veranstaltung der Kinder- und Jugendfarm Dreieichhörnchen in Dreieich einen kleinen Impuls zum in der Überschrift genannten Thema einbringen. Ich bin sehr dankbar für diese Gelegenheit vor Vertreterinnen und Vertretern der Lokalpolitik zu sprechen, da ich so eines meiner Lieblingsthemen, kommunale Vernetzung für Bildung, einbringen konnte und ich hoffe, vielleicht einen initialen Funken gezündet zu haben, der in eine kommunal vernetzte Bildungslandschaft münden könnte. Im Folgenden gebe ich den geplanten Vortrag wieder. Vor Ort bin ich gelegentlich vom Wortlaut abgewichen, um vorher Gesagtes aufzugreifen und flexibel zu agieren.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, aus den Vereinen und Verbänden, liebe „Hörnchen“ und alle sonst hier Versammelten,
mein Name ist Erik Grundmann und ich bin seit Beginn dieses Schuljahres der Schulleiter der Weibelfeldschule hier in Dreieich.
Vielen Dank für die Gelegenheit hier zu sprechen, ich freue mich, einen Impuls zum Thema Zukunft der Bildung in Dreieich beisteuern zu können.
Bitte verstehen Sie meine hier vorgetragenen Ideen nicht als fertiges Konzept, sondern als Denkanstöße. Wir brauchen für die Lösung der Probleme des 21. Jahrhunderts disruptive und agile Lösungen. Die Welt wird volatiler, unsicherer, komplexer und widersprüchlicher. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, brauchen wir neue Methoden, kreative Denkansätze, neue Arten von Kollaboration, Kommunikation und eine neue Art von Vernetzung.
Wir spüren glaube ich alle, dass unser Bildungssystem nicht mehr richtig funktioniert, das belegen die zahlreichen PISA, IGLU, IQB oder ifo-Studien und so weiter, die immer mal wieder kurz in den Medien aufflackern. Es scheint fast so, als hätten wir uns daran gewöhnt, das kann aber nicht unser Anspruch sein. Bildung ist unsere wichtigste Ressource für die Zukunft, wir können es uns nicht leisten, in allen internationalen Rankings immer schlechter zu werden. Ein Teil der Lösung kann sein, Bildung besser zu vernetzen, Schule zu einem integralen und mit außerschulischen Partnern vernetzten Teil einer Kommune zu machen und so mehr Selbstwirksamkeitserfahrungen für die Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.
Ich bin deshalb hier, um über Lernorte, deren Vernetzung und deren Zukunft in Verbindung mit der Kommune zu sprechen. Ich will nicht über ideologisierte Schulformdebatten, den Fächerkanon oder ein überkommenes Verständnis von Unterricht sprechen, sondern über Lernorte in der Kommune.
Aktuell haben wir es mit einer Diffusion von Lernorten zu tun. Wir haben hier in Dreieich viele Orte zum Lernen, die in Teilen ansatzweise vernetzt sind, da ist aber sicher noch Luft nach oben. Die Schulen und frühkindlichen Bildungseinrichtungen sind eher geschlossene Institutionen, aus denen die Schülerinnen und Schüler selten rauskommen und in die nichtschulische Akteure zu selten reinkommen.
Allerdings findet die Diffusion der Lernräume auf mehreren Ebenen statt: Zu den realen und besonderen Lernorten, wie Schulen, Museen oder auch Kinder- und Jugendfarmen kommen zunehmend hybride und virtuelle Lernorte.
Mein Fokus als Schulleiter liegt naturgemäß auf dem Lernraum Schule, der sich lange Zeit selbst genug war. Es kann aber als erwiesen angenommen werden, dass außerschulische und unbewertete Lernorte für nachhaltigen Lernerfolg sorgen können.
1989 hat der amerikanische Soziologe Ray Oldenburg das Konzept des Dritten Ortes in einem Buch vorgestellt. Ihm ging es darum, neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz dritte Orte zu schaffen, die einen Ausgleich zu den beiden anderen bieten und ein Treffpunkt für die Kommune sein sollen. Diese Orte sollten für alle zugänglich sein, soziale Unterschiede nivellieren, Orte der Konversation und des Diskurses sein, gut angebunden sein und noch ein paar weitere Funktionen erfüllen. In den letzten Jahren wurde dieses Konzept häufig auf Büchereien übertragen und umgesetzt. Warum sollten aber nicht auch Schulen solche Dritte Orte sein? Schulen bieten räumlich und strukturell ideale Voraussetzungen dafür, sie sind in der Regel gut erreichbar und ihre Aufgabe ist es ohnehin einen demokratischen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Diese Dritten Orte können übrigens auch virtuell oder hybrid dargestellt werden.
Der Gedanke der Schule und der Bibliothek oder auch anderer Orte als Dritte Orte lässt sich wunderbar mit dem Gedanken einer „School as a Service“ verbinden. Die Idee dahinter stammt von der Aalto-Universität in Otaniemi, einem Stadtteil von Espoo in Finnland, wo sich auch der „Prototyp“ befindet, und geht davon aus, dass die Attraktivität einer Gemeinde eng mit einer lokalen kulturellen Identität zusammenhängt, die wiederum eng mit Möglichkeiten zur Nutzerzentrierung und Ko-Kreativität durch die Bürgerinnen und Bürger zusammenhängt. Der Gedanke ist es daher kommunale Einrichtungen zu vernetzen und zu öffnen. Schule spielt dabei eine zentrale Rolle und nebenbei entstehen interessante Synergieeffekte, da Räume und Orte intensiver, multifunktionaler und damit effizienter genutzt werden.
Vereinfacht heißt das zum Beispiel, dass an einer weiterführenden Schule ein Makerspace mit Werkstatträumen besteht, die am Vormittag von der Schule genutzt werden, am Nachmittag in hybriden Formen mit Schülerinnen und Schülern und Menschen von außerhalb des Schulbetriebes, die dort Angebote unter anderem für Schülerinnen und Schüler machen. Und am Abend stehen die Möglichkeiten dort der ganzen Kommune zur Verfügung, z.B. als Repair-Cafe. Genauso nutzen die Schülerinnen und Schüler aber auch andere Orte und Gebäude der Gemeinde, zum Beispiel das Bürgerhaus für Musikproben, das Rathaus für Schülerratssitzungen, natürlich Sportgelände, das Haus des lebenslangen Lernens, Büchereien und Museen, vielleicht aber auch städtische Werkstätten und ganz sicher die Kinder- und Jugendfarm.
Da wir gerade hier sind, erlauben Sie mir noch ein paar Worte dazu, warum gerade die Dreieichhörnchen ein relevanter Lernort sind. Kinder- und Jugendfarmen bieten zwei Dinge, die Schulen so nicht bieten können, nämlich unmittelbare Begegnungen mit der Natur und freies Spiel, beides so wichtig in unserer immer stärker technisierten und urbanisierten Welt. Auch wenn wir an der Schule Umweltklassen mit Ackerbau haben und selbst wenn wir Bewertungen in den Hintergrund rücken, können wir aufgrund des rechtlichen Rahmens keinen Ort für so viel selbstwirksame freie und kreative Entfaltung für Kinder bieten, wie die „Hörnchen“. Gerade Schülerinnen und Schüler, die im Kontext von Schule vielleicht nicht so gute Erfahrungen machen, können hier Selbstwirksamkeit und Resonanz erfahren. Das freie Spiel hat einen unschätzbaren Wert für die Entfaltung von Zukunftskompetenzen und das soziale Lernen, dass es einen eigenen Vortrag wert wäre. Daher müssen Kinder- und Jugendfarmen und andere Orte zur Begegnung mit der Natur und zum freien Spiel integrale Bestandteile in modernen kommunalen Bildungsnetzwerken sein! Wenn ich könnte, wie ich will, würde ich jeden Tag einen Bus voll Kinder von der Weibelfeldschule hierher schicken!
Natürlich muss so ein Netzwerk organisiert werden, braucht eine digitale und analoge Infrastruktur und Personal, ich könnte mir aber vorstellen, dass sich das lohnt.
Bei dem beschriebenen Projekt in Finnland bildet die Haukilahti Secondary High School das Zentrum der „School as a Service“, den Hub, also die Organisationszentrale. Hier laufen die Fäden der Vernetzung zusammen.
Den Gedanken der Bildungshubs habe ich Anfang April in meinem Blog schon einmal weiter ausgeführt. Der Hub bündelt Kompetenzen und ist eine Organisationszentrale für ein kommunales Bildungsnetzwerk. Hier finden sich pädagogische, medizinische, therapeutische, technische und andere Expertinnen und Experten, die sich dezentralisiert nicht „lohnen“, genauso wie spezialisierte Orte, wie Werkstätten oder kulturelle Einrichtungen. Hier sind aber auch die anderen kommunalen Bildungs- und Nicht-Bildungseinrichtungen angedockt, die das Netzwerk in die Kommune tragen.
Lassen Sie uns die disruptiven Veränderungen, wie Klimawandel, Künstliche Intelligenz, demografischer Wandel usw., die das 21. Jahrhundert mit sich bringt und die Veränderungen im Bildungssystem, wie Digitalisierung, Erzieher- und Lehrkräftemangel, Bildung für nachhaltige Entwicklung, den Ganztag usw. zum Anlass nehmen, Bildung und Kommune neu zu denken und zukunftsfähig zu machen. Wir müssen uns neu ausrichten, wenn wir weiter ein schönes Leben führen wollen, wir müssen wieder enger zusammenrücken und Solidarität und Gemeinschaft pflegen. Und wo macht es mehr Sinn anzufangen als bei den Kindern und Jugendlichen?
Im Grunde gilt auch heute noch, auch wenn wir das vielleicht vergessen hatten, das afrikanische Sprichwort: Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf!
Meine Reichweite würde ich als eher bescheiden bezeichnen, mein erster Blogbeitrag stammt erst aus dem letzten Oktober und eigentlich habe ich auch gar keine Zeit zum bloggen. Warum tue ich es trotzdem? Für mich hat das Bloggen mehrere Funktionen. Die zentrale Funktion ist kommunikativer Natur und zwar nach innen und nach außen. Mit nach innen meine ich die Kommunikation in die Schulgemeinschaft der Schule, die ich leiten darf. Als Schulleiter gehört es zu meinen wichtigsten Aufgaben Schulentwicklung zu betreiben. Das tue ich natürlich nicht alleine, sondern ko-kreativ mit einer möglichst breiten Basis aus der Schulgemeinschaft, dennoch finde ich es wichtig, dass deren Mitglieder die Chance haben, meine Vorstellung einer modernen Schule im 21. Jahrhundert zu verstehen. Daher mache ich durch meine Blogbeiträge meine Visionen transparent. Und nach außen, quasi in die bildungsinteressierte „Weltöffentlichkeit“, stelle ich meine Diskussion in klassischer Blog-Manier zur Diskussion und leiste bescheidene Debattenbeiträge in der Edu-Bubble. Außerdem gibt es noch eine fast „therapeutische“ und kontemplative Funktion. Wenn ich schreibe, sortiere ich meine Gedanken, manchmal lindere ich meinen Ärger manchmal nutze ich das Bloggen, um zur Ruhe zu kommen. Schließlich macht es mir auch Spaß, weitet den Blick, da ich mich gerade in den Blogparaden mit Themen auseinandersetze, mit denen ich mich von selbst nicht unbedingt beschäftigen würde und es bringt mich digital mit Menschen zusammen, denen ich sonst nicht begegnet wäre. Das Schreiben hat also etwas mit Mitteilungsbedürfnis, Selbstwirksamkeit und Salutogenese zu tun. Wichtig ist mir abschließend noch zu betonen, dass Bildung nicht nur meine Profession, sondern auch meine Leidenschaft ist. Ich tue das, was ich tue, sehr gerne und setze mich dafür ein, dass wir Schule und Bildung weiterentwickeln, dass wir Schule in einem agilen und permanenten Prozess reformieren und immer wieder neu an den Bedürfnissen der Gesellschaft und der Schülerinnen und Schüler ausrichten. Wer meine Blogs liest, weiß, dass meine zentralen Themen Medienbildung in einer Kultur der Digitalität, KI und individualisierte und selbstorganisierte Lernprozesse in vernetzten Bildungsstrukturen sind. Dafür setze ich mich bei jeder Gelegenheit ein und mein Blog ist eine dieser Gelegenheiten.