Blog 2025-21: Blogparade #kAIneEntwertung: KI, Marx und die Frankfurter Schule 

Dr. Anika Limburg, Direktorin des Bildungscampus Saarland, und Joscha Falck, Mittelschullehrer an der Mittelschule Rednitzhembach und Schulentwicklungsmoderator, haben unter dem Hashtag #kAIneEntwertung eine Blogparade ins Leben gerufen. Inhalt ist ein gemeinsames Nachdenken über menschliche Leistung und KI. Mehr zum Hintergrund und Links zu den Teilnehmenden an der Blogparade gibt es hier.

Ich habe mich bewusst entschieden, diesen Beitrag ko-kreativ mit KI zu erstellen. Natürlich entwertet dies meinen „Werkstolz“ (vgl. Beitrag von Reinmann & Vohle), aber eben auch nicht so ganz. Die Grundidee (Marx und die Frankfurter Schule) kam ja von mir und treibt mich auch schon länger um. Außerdem wäre die Ko-Kreation ohne mein individuelles Vorwissen nicht möglich gewesen. KI-Text ist, abgesehen vom Teaser, kursiv gedruckt.
Um mein Fazit vorwegzunehmen: Der Einzug von KI in die Arbeitswelt gehört zu den großen Disruptionen in der Weltgeschichte, ist aber nicht deren Endpunkt und schon gar nicht deren Untergang. KI ist ein Beschleuniger für bereits länger angelegte Prozesse, sie befördert exponentielle Veränderungsprozesse (Meinen Blick auf KI und die damit verbundenen Herausforderungen für Schule habe ich bereits hier in Grundzügen dargestellt). Mein Beitrag hat einen philosophisch-soziologischen Schwerpunkt. Ich hoffe damit den Diskurs aus dieser Perspektive bereichern zu können.

ChatGPT fasst die Inhalte der bisherigen Beiträge (Stand 27.09.2025) folgendermaßen zusammen:
„Die Beiträge der Blogparade liefern ein differenziertes Bild: Bei aller berechtigten Besorgnis über Entwertung – insbesondere symbolischer, identitärer und affektiver Dimensionen – findet sich auch ein starker Wunsch, aus der Veränderung eine Chance zu machen.
Statt in eine Haltung der Gegenwehr zu verfallen, schlagen viele Autor:innen vor, Begriffe, Formate und Kulturen so umzudenken, dass KI-unterstützte Produktion nicht automatisch als Abkürzung disqualifiziert wird, sondern als legitimer Anteil einer Leistung, sofern klar reflektiert, bewertet und verantwortet.
Das zentrale Spannungsfeld lautet: Wie viel Technik darf, wie viel Mensch muss? Und wie erhalten wir Würde, Sinn und Motivation in der Leistung, wenn vieles automatisiert erscheint?“

Genau diese Fragestellung brachte mich (wieder einmal) auf die Spur von Marx und der Frankfurter Schule. Marx Werk ist eine Antwort auf die entstehende Moderne in Wirtschaft und Gesellschaft, ihm geht es um Produktionsverhältnisse und Klassenfragen. Die Frankfurter Schule überträgt diese Gedanken in die jüngere Moderne und fokussiert auf Kultur und Gesellschaft.

KI und Marx

Der Gedanke der „Entfremdung“ bei Marx wird durch KI wieder brandaktuell. Marx beklagte, dass sich der Arbeiter von seinem Werk entfremdet, weil dieses einer arbeitsteiligen Logik unterworfen wird und so das Werkstück als Teilprodukt eine Identifizierung mit dem Gesamtprodukt verhindert. Außerdem gehört das Produkt am Ende dem Besitzenden der Produktionsmittel. Die Frage des Besitzes von KI-Produkten ist noch im Klärungsprozess, aber es lässt sich festhalten, dass es, wie in vielen Beiträgen der Blogparade beschrieben, am Ende eine abstrakte Distanz vom Schöpfungsprozess eines KI-Textes oder KI-Bildes gibt. Somit ist auch fraglich, ob Marx einem KI-Produkt die Schaffung eines Mehrwertes zugestehen würde, da der Schöpfungsprozess nicht mit einem wirklichen Erarbeitungsprozess in Form von klassischer Werkarbeit verbunden ist. Gleichzeitig lässt sich aber durchaus argumentieren, dass der Entstehung eines KI-Produktes doch tatsächliche Arbeitsprozesse vorausgehen, schließlich wurde das LLM entwickelt, programmiert und trainiert, und nicht zu vergessen, von zahlreichen Click-Workern justiert. Es steckt also doch Arbeit in einem KI-Produkt, sogar Ausbeutung im klassischen Sinn. Und damit sind wir mitten in der ethischen Diskussion um KI. Auch diese Technologie unterliegt Ausbeutungsprozessen von Mensch und Natur und entwertet menschliche Leistung.
Gleichzeitig setzt sich, marxistisch gedacht, eine Form des Klassenkampfes fort. Es gibt privilegierte Klassen mit Zugang zu KI-Werkzeugen und deren Produktionspotenzial und es gibt Menschen, die sich den Zugang zu den spezialisierten und effektiven Tools nicht leisten können oder sogar für deren Training ausgebeutet werden. Außerdem liegt der tatsächliche Besitz der KI-Produktionsmittel in den Händen weniger Tech-Firmen und verschafft diesen nicht zu unterschätzende Macht. Letztlich kann es passieren, dass KI viele Arbeitsplätze überflüssig macht, wie einst die Maschinen in der Industrialisierung, und so eine neue Verelendung der Massen erfolgt.
Das muss in Schule thematisiert werden!

KI und die Frankfurter Schule

Adorno und Horkheimer als zentrale Vertreter der Frankfurter Schule prägen den Begriff der Kulturindustrie als ein Resultat der „Dialektik der Aufklärung“. Kultur wird zu einem reproduzierbaren Massengut, sie wird industrialisiert und zur Ware. So verliert Kultur Individualität und ihr gesellschaftlich relevantes kritisches Potenzial. KI wirkt hier als Beschleuniger und vielleicht sogar als Vollender der Kulturindustrie. Sie führt zur exponentiellen Reproduktion von Kultur und Kunst als Industrieprodukt.
In „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ analysiert Benjamin, wie technische Vervielfältigung die Aura von Kunstwerken zerstört. KI geht noch weiter: Sie produziert neue Werke, die nie ein Original, bzw. Milliarden Originale hatten, aber so auch keine Aura. Nun könnte man argumentieren, dass Warhols Suppendosen einen ähnlichen Hintergrund hatten oder Beuys Diktum, dass jeder ein Künstler sei, hier seine demokratische Vollendung finde, aber am Ende scheint mir „KI-Kunst“, zumindest wie sie von den „Massen“ in Massen produziert wird, doch keine Kunst zu sein, sondern Trash (vgl. den Hype um Bildgenerierungen im Stil des „Studio Ghibli“ oder den „Shrimp-Jesus“).
Schließlich wirkt KI auch als Beschleuniger bei der Eindimensionalität des Menschen im Sinne von Marcuse. Die vermeintliche Freiheit, die KI zu bringen scheint, führt in Wahrheit doch zu einer Uniformität, Anpassung und Kontrolle. BigTech bestimmt, was wir mit KI erzeugen können und setzt unserer Kreativität klare Grenzen. Sie erzeugt „Durchschnittstexte“ und „Durchschnittsbilder“, die die Norm verstärken. Diese stromlinienförmigen Produkte, werden ungeprüft übernommen und zerstören so eigene Kritik- und Urteilsfähigkeit, der Mensch wird eindimensional.
Zuletzt muss ich noch Habermas Diskurstheorie anführen. Die vorigen Ausführungen zeigen, dass KI dem herrschaftsfreien Diskurs im Weg steht, sie schränkt kritisches Denken ein und fördert Eindimensionalität, außerdem wird sie von wirkungsmächtigen Konzernen dominiert und verursacht so Hierarchie, die der idealen Sprechsituation entgegensteht.

Fazit: KI als Bedrohung und Chance

Am Ende dieser, doch eher pessimistischen, Gedanken muss aber festgehalten werden, dass die Zeichen des Niedergangs und der Dekadenz, die Marx und die Frankfurter Schule diagnostiziert haben, doch auch nur eine Seite der Medaille waren. Die Industrialisierung und auch die Kulturindustrie haben neben Konformität auch zu steigendem Wohlstand geführt, sie haben Arbeit, Kultur und Gesellschaft verändern und tun dies immer noch, ebenso wie KI.

Für den Bildungssektor bedeutet das, dass der Erhalt von Kritikfähigkeit, das Lernen über und trotz KI, der hierarchiefreie Diskursraum und der Wert des Lernens und Menschseins an sich mehr ins Zentrum von Schule und Bildung rücken müssen. KI muss kein Verstärker der Eindimensionalität sein, sie kann auch einen deliberativen Effekt haben, indem sie neue Diskursräume schafft. Dafür muss sie aber zwingend demokratisiert werden, das heißt sie muss zu einem Gemeingut, zu einer Almende werden, auf die jede und jeder gleichermaßen Zugriff hat.
Wir stehen an einem Scheideweg. KI kann in Verbindung mit Robotik große Teile der Arbeitswelt obsolet machen. Das kann zu großer Verelendung der Massen führen, kann uns aber auch vom Joch des kapitalistischen Erwerbszwangs befreien und und als Menschheit auf eine neue Stufe des Humanismus und der Mündigkeit heben. Wir haben es in der Hand.

ChatGPT schlägt alternativ folgendes Fazit vor:
„Die Blogparade #kAIneEntwertung zeigt eindrucksvoll, wie unterschiedlich die Perspektiven auf KI sind: von der Sorge um den Verlust von Werkstolz bis hin zu Ideen für neue Prüfungsformate und Kompetenzen. Mein Beitrag möchte diesen Diskurs um eine kritisch-theoretische Dimension erweitern. Marx und die Frankfurter Schule machen sichtbar, dass es bei KI nicht nur um praktische Fragen von Unterricht, Noten oder Stil geht, sondern auch um tiefere gesellschaftliche Dynamiken: um Entfremdung, um Macht über Produktionsmittel, um die Industrialisierung von Kultur und um die Bedingungen für eine freie Öffentlichkeit.
Gerade darin liegt eine wichtige Ergänzung: Die Gefahr der Entwertung ist nicht allein pädagogisch oder individuell, sondern auch strukturell und kulturell. Gleichzeitig teilen Marx und die Frankfurter Schule mit vielen Beiträgen der Blogparade den doppelten Blick: Kritik an Entfremdung, Vereinheitlichung und Ausbeutung – aber auch das Bewusstsein, dass neue Technologien immer auch Chancen zur Veränderung und Befreiung enthalten.
Für die Schule bedeutet das: Sie muss nicht nur Räume für Reflexion über KI schaffen, sondern auch Kritikfähigkeit, Diskursfähigkeit und die Frage nach Gerechtigkeit ins Zentrum rücken. So kann die Debatte über Entwertung zu einer Debatte über Ermächtigung werden – und genau darin sehe ich den gemeinsamen roten Faden der Blogparade.“

Besser hätte ich es kaum formulieren können. 😉

PS:
Das KI-Fazit spiegelt die hybride Form von Textarbeit im Zeitalter von KI. Es ist gut formuliert und bringt meinen Text noch einmal prägnant auf den Punkt und schafft eine Anknüpfung an die Blogparade. Es ist entstanden als Resultat auf das KI-Feedback zu dem von mir handgeschriebenen Text, der Prompt lautete: „Bitte ein neues Fazit mit Bezug zur Blogparade formulieren“. Und das war ein wertvolles KI-Feedback, ich hatte nämlich im Schreibprozess tatsächlich die eigentliche Blogparade etwas aus dem Auge verloren. Das Fazit ist aber letztendlich doch nur bedingt ein reines KI-Produkt. Es fußt ja auf meiner intellektuellen Vorarbeit, bei der mich KI als Sparringspartner unterstützt hat.

Eigentlich lohnt sich in diesem Zusammenhang auch noch ein Schwenk zu dem italienischen Schriftsteller, Journalisten, Politiker und marxistischem Philosoph Antonio Gramsci:

“Die alte Welt liegt im Sterben und die neue Welt kämpft darum, zum Leben zu erwachen: momentan ist die Zeit der Monster.”

Doch dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

WfS-06: Auf in das 2. Jahr! Die DNA arbeitet.

Ich habe vorgestern meinem Stellvertreter gegenüber die Sorge geäußert, dass jetzt der anstrengende Teil des Schulentwicklungsprozesses beginnt, dass wir jetzt durch das berühmte „Tal der Tränen“ in der Change-Kurve nach Kübler-Ross müssten. Er hat das verneint und ist der Meinung, dass wir das schon hinter uns hätten und schon im Aufstieg des „Berges der Veränderung“ seien. Ich wollte erst noch widersprechen, habe dann aber gemerkt, dass der Wahrnehmungsfehler auch bei mir liegen könnte. Er meinte, dass ich da wohl im ersten Jahr zu sehr in meinem persönlichen Ankommensprozess gefangen war, dass ich das überhaupt nicht so richtig mitbekommen habe. Der Vorsitzende des Personalrates hat das heute bestätigt und ich beginne das jetzt auch zu glauben und zu hoffen.
In der Tat haben wir ja, wie in diesem Blog beschrieben, schon viel erreicht, vor allem haben wir die Idee der Veränderung in die Breite getragen und vermutlich viele Denkprozesse ausgelöst. Wir arbeiten gleichzeitig an mehreren produktiven Baustellen und beginnen erste Erfolge einzufahren. Wir haben Prozesse demokratisiert und sind dabei eine gemeinsame Vision von Schule zu entwickeln. Natürlich haben wir noch Einiges an Weg vor uns, aber eben auch schon hinter uns.

Heute fand das erste Treffen der DNA-Gruppe statt. Diese soll ein Spiegel der Schulgemeinschaft sein und Entwicklungsprozesse vorentlasten, indem diese dort diskutiert werden und wir so erkennen können, wie die Schulgemeinschaft auf geplante Veränderungen reagieren wird. In der Gruppe sind drei Schülerinnen und Schüler, zwei Eltern und 15 Lehrkräfte aus verschiedenen Zweigen und mit verschiedenen Vorstellungen. Die Stimmung war gelassen und konstruktiv und in den ersten Sitzungen geht es darum Werkzeuge zur Steuerung des Entwicklungsprozesses kennenzulernen und ein Selbstverständnis zu entwickeln. Ein erstes Brainstorming hat gezeigt, dass sehr viele interessante Entwicklungsideen vorhanden sind, die im letzten Jahr aufgekommen sind. Bei uns wissen mittlerweile alle, was ein „Freiday“ oder ein Lernatelier ist, es ist denkbar partiell auf Noten zu verzichten oder Unterricht zu öffnen, wir diskutieren über Deimplementierung, Qualitäts- und Projektmanagement, professionelle Haltung uvm. Das ist nicht selbstverständlich und ist in vielen Systemen leider tabuisiert. Es ist also ein deutlicher Professionalisierungsprozess im Bereich moderner Schulentwicklung zu erkennen.
Ich freue mich, dass wir so viele tolle Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler und Eltern haben, die so viel Engagement und Kraft aufbringen, die bereit sind ein paar Extrameilen zu gehen, um unsere Schule voran zu bringen, das motiviert mich ungemein. Bei all den Zweifeln und all dem Unbill die mit dem Jahresstart über uns kamen und die mich etwas schwermütig zurückgelassen haben, stimmt mich die Entwicklung an der Schule positiv, trotz alledem! Eine Kollegin hat wohl gesagt, dass 2025 unser Jahr werde. Ich kann es mir vorstellen!

WfS-05: Reallabor Weibelfeldschule: Zukunftsschmiede „TrendHub“ (Think-/Do-Tank)

Dieses Titelmonster voller Buzzwords ist ein wichtiger Teil unseres Schulentwicklungsprozesses geworden und hat daher einen eigenen Blogeintrag verdient, zumal in den Newslettern oder in diesem Blog immer wieder Bezug darauf genommen wird. Daher veröffentliche ich hier, quasi als Gastbeitrag, die von Frau Riedl, die hier federführend tätig ist, die Erklärung, die auch an unsere Schulgemeinschaft rausging:

Informationen zum Reallabor Weibelfeldschule Zukunftsschmiede „TrendHub“ (Think-/Do-Tank)

Aus dem Newsletter Nr. 6 2024/25: „Nicht zuletzt entstehen gerade, federführend von Schülerinnen und Schülern geleitet und begleitet von Frau Riedl, der Think-Tank und der Do-Tank, die Ideenschmieden und Zukunftshub, Reallabor und Experimentierwerkstatt für die Partizipation der Schülerinnen und Schüler werden sollen. Hier entsteht die Schülerzeitung, hier docken Medien- und Social Media-AGs an, hier entstehen neue und offene Lernräume für Selbstwirksamkeitserfahrungen, die sich an den 17 Sustainable Development Goals (SDG) der UNESCO orientieren…

Anknüpfend daran möchte ich das folgende Konzept vorstellen und zum Mitmachen einladen:

Reallabor Weibelfeldschule Zukunftsschmiede „TrendHub“:
Zukunftsorientierter Bildungsansatz mit interdisziplinärem ThinkTank/DoTank um die Welt von morgen zu denken (Grafik am Ende)

Die Zukunftsschmiede „TrendHub“ ist ein zukunftsorientierter Bildungsansatz, der Schülerinnen und Schüler dazu ermutigt, auch über den traditionellen Lehrplan hinaus zu denken und die Welt von morgen aktiv mitzugestalten. Als interdisziplinärer ThinkTank bietet er eine Plattform, auf der innovative Ideen gedeihen und in verschiedenen Medien – einer echten Schülerzeitschrift, einem Instagram-Kanal, einem Podcast- und einem YouTube-Studio – zum Ausdruck kommen. Das Projekt zielt darauf ab, Projekte partizipativ und interdisziplinär zu gestalten sowie BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) sinnvoll mit kultureller Bildung zu verknüpfen. BNE ist als zentrales Bildungsziel im Hessischen Schulgesetz verankert und gehört zu den Bildungszielen der Vereinten Nationen. BNE orientiert sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDG). (https://unric.org/de/17ziele/)

Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler, Lehrerschaft & Schulleitung. Eingeladen zur Mitwirkung sind auch Schulträger, Bürgermeister, Landrat sowie lokal ansässige Vereine, Firmen und Kooperationspartner. Dabei geht es um kreative Ideenfindung im ThinkTank und praktische Umsetzung im DoTank. Kooperationen bestehen mit Kultur- und Wirtschaftspaten sowie Partnern aus dem Globalen Süden. Die Ergebnisse der nachhaltigen Lernbedingungen werden u.a. künstlerisch reflektiert und am 1.Juli 2025 in einer Ausstellung sichtbar gemacht. Dabei thematisiert die Zukunftsschmiede „TrendHub“, je nach fachlichem Fokus, verschiedene Transformationsfelder, etwa die Wandgestaltung des Think- & DoTanks, oder die Schülerzeitschrift mit Inhalten wie Gesundheit, Verkehr, Wohnen, Bauen, Konsum und Ernährung.

Kurzbeschreibung des Vorhabens
In der ersten Phase entwickeln Schülerinnen und Schüler der 7.-13. Jahrgangsstufe in der Zusammenarbeit von jeweils zwei oder mehreren Fächern ein konkretes Projekt, das Einfluss auf die Haltung zu Nachhaltigkeitsfragen haben kann.
Dabei geht es zunächst um ein Interpretieren der ausgewählten Inhalte im Hinblick auf BNE-relevante Narrative, um daraus Vorschläge zu formulieren, wie sie weiterzuentwickeln und zu vermitteln sind. Die dabei gemachten Erfahrungen werden dann reflektiert und im Hinblick auf die zweite Phase zu Gestaltungskriterien für BNE verallgemeinert.
Für diese Phase gibt es Kooperationen mit Paten aus Kultur und Wirtschaft (Kulturelle Bildung und Künstlern, Fotografen, Firmen), um kulturelle und wirtschaftliche Perspektiven einzubringen. Auch gibt es Kooperation mit Paten aus dem Globalen Süden (Windhoek, Namibia), um unvertraute Perspektiven zu betrachten.
Partizipierende der ersten Phase sind Schülerinnen und Schüler der Arbeitsgemeinschaft Schülerredaktion (Bücherei), Arbeitsgemeinschaft YouTube-Studio/Instagram (AV-Studio), Wahlpflichtkurs Kunst: Kreatives Denken.
Die Ergebnisse der nachhaltigen Lernbedingungen werden künstlerisch reflektiert und in der Ausstellung
„LIGHT UP – Nature, Plastik & MEHR /MEER” sichtbar gemacht.

Vernissage „LIGHT UP – Nature, Plastik & MEHR /MEER”
eingeladen wird die Schulgemeinschaft, Förderer, Kooperationspartner, Vertreter der Stadt und des Landkreises.
Ausgestellt werden kreative und innovative Projekte der Schülerinnen und Schüler (Weibelfeldschule/DHPS Windhoek, Namibia) zu dem Thema Kunst und Nachhaltigkeit.
Highlights des Abends:
• Wandgestaltung ThinkTank (Künstlerin Tanja S. F. Hoffmann) „Sphären der Hoffnung“
• „Natürliche Erleuchtung“ im DoTank (Fotografin Melina Keil): „Lichtinstallationen und Naturbilder“
• Wettbewerb Upcycling Kronleuchter die von unserer Schulgemeinschaft gestaltet werden sollen (Ausschreibung über Schülerzeitschrift)
• „Kunstvolle Lichtquellen der Natur“ Projekte zur Nutzung von Biolumineszenz und Algen als Energiequelle.
• Häppchen aus nachhaltigem, ökologischem lokalem Anbau und frischen Köstlichkeiten aus den Streuobstwiesen der Region.

Und viele weitere sind denkbar…

K. Riedl

Förderer der Zukunftsschmiede „TrendHub“:
Zukunft bilden – Andrea & Markus Eisel Stiftung: …“Sie haben sehr deutlich dargelegt, wie Sie zukunftsgerichtete Bildung mit der Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an Ihrer Schule ermöglichen wollen. Die Zukunftsschmiede “TrendHub” mit dem ThinkTank und dem DoTank ist eine sehr gute Möglichkeit für die Entwicklung innovativer und kreativer Schülerprojekte. Wir unterstützen dieses Projekt sehr gerne, weil wir in Ihrem Vorhaben die Vision unserer Stiftung und unser Verständnis von nachhaltig wirksamer Bildung wiederfinden. Wir wünschen Ihnen gutes Gelingen und viel Freude am Entdeckergeist der Jugendlichen“ (Zuwendung von jeweils 5000 Euro pro J. für die kommenden 3 J.)

Kulturelle Bildung:
Sparkasse 1822-Schulkunstprojekt
leistet Basisarbeit in der Förderung von Kunst und Kultur. Ziel der Aktion ist es, Kunstschaffende, Schüler*innen und Lehrkräfte in Kontakt miteinander zu bringen und den Schulalltag in den unterschiedlichen Fächern außerhalb des Regelunterrichts zu bereichern. (3500 Euro)

Uta und Rolf Düncher Stiftung: „Wir möchten Menschen, vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ermutigen, ihre Potentiale zu entwickeln und widerstandsfähiger gegen Störungen auf ihrem Lebensweg zu werden. Dazu engagieren wir uns in den Bereichen Erziehung, Bildung und Kunst.“ (3000 Euro)

Weitere Förderer: Sparkasse Filiale Dreieich (1000 Euro), SumSum Gebrauchtmöbel (4 HighBack Sofas), Friedens-Weihnachtsbaum 2023/24 (700 Euro)

Referenz:
Erleuchtung des Kunst-Weihnachtsbaums „Sphären der Hoffnung“
Insgesamt waren 90 Schülerinnen und Schüler an diesem Projekt beteiligt. Das interdisziplinäre Projekt, bei dem PoWi, Kunst und Musik zusammenflossen, wurde in der „Zukunftsschmiede TrendHub“ von der AG „Kreative Köpfe“ der Schülerzeitschrift in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Tanja S. F. Hoffmann konzipiert, um ein einzigartiges Erlebnis zu schaffen, das Kulturelle Bildung und Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellt.
Beteiligte Fächer und Lehrkräfte: Musik (W. Amin), PoWi (Metzner), Kunst (K. Riedl), Insta (M. Manzoni)
https://www.wfs-dreieich.de/2024/12/05/erleuchtung-des-kunst-weihnachtsbaums-sphaeren-der-hoffnung/

Platz 1 ging an „Die Container Wächter“
Die Container Wächter wurden von den „Kreativen Köpfen“ der AG: Digitales Zeichnen und Street Art konzipiert, die nun die Schülerzeitschrift und die „Zukunftsschmiede TrendHub“ entwickeln. Aufgeteilt in Kleingruppen haben die Schülerinnen und Schüler der Weibelfeldschule lebensgroße Figuren geschaffen. Die Wächter stehen auf dem Schulhof und beschützen symbolisch die Container-Klassenräume. Großartig, dass sich insgesamt 135 Schülerinnen und Schüler in das Projekt eingebracht haben.
https://www.wfs-dreieich.de/2024/07/12/platz-1-beim-beton-art-award-2024/

KUNSTVOLL-Förderung im Schuljahr 2023/2024 in der Weibelfeldschule. DER KULTURFONDS FRANKFURT RHEINMAIN – WIR FÖRDERN KULTUR
Projekte der Bildenden und der Darstellenden Kunst, werden von professionellen Künstlern und Künstlerinnen begleitet und unterstützt. Jugendliche können bei dieser gemeinsamen schöpferischen Arbeit ihr theoretisches Wissen fächerübergreifend mit eigenen Erfahrungen bereichern und mit Leben füllen. Diese kulturelle Praxis weckt ungeahnte Fähigkeiten und fördert die persönliche Entwicklung. Beteiligt waren 10 Lehrkräfte von der Weibelfeldschule, eine Kunstlehrkraft von der DHPS Windhoek, Namibia und fast 400 Schülerinnen und Schüler. Das Konzept zu dem Kunstprojekt zur schwindenden Biodiversität „Awareness Ausstellung Art’n‘Vielfalt“ (Juli 2024) wurde von den „Kreativen Köpfen“ der AG: Digitales Zeichnen und Street Art konzipiert, die nun die Schülerzeitschrift und die „Zukunftsschmiede TrendHub“ entwickeln.
https://wfs.taskcards.app/#/board/6c7f996b-5c99-44af-b257-02725b5068e7/view
https://www.wfs-dreieich.de/2023/07/13/kunstvoll-foerderung-im-schuljahr-2023-2024-in-der-weibelfeldschule/

2024-26: Warum solltest du Lehrer:in werden?

DALL-E: Ein Lehrer zeigt einem Schüler die Zukunft, das Wissen und die Welt.

Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, (möglichst) alle Beiträge zum aktuellen Thema sind unter dem Beitrag zu finden. Wer sich beteiligen möchte, aber keinen Blog hat, kann gerne einen Beitrag einreichen – er wird dann als Gastbeitrag publiziert. Dies ist die achte Runde.

Wir haben Klimawandel, Lehrkräftemangel, Populismus, Extremismus, Antisemitismus, Islamismus, Spaltung der Gesellschaft, demografischem Wandel, Rentenlücke, Pay-Gap, Extremwetter, VW-Krise, Krieg in der Ukraine, Krise in Nahost, Politikverdrossenheit, Alkoholismus, Femizide und zahllose weitere Probleme.
Das ist eine schreckliche Bilanz und die Zukunft könnte bitter werden.
Meiner Meinung nach gibt es nur ein wirkliches Gegenmittel, um all diesen Herausforderungen zu begegnen: Bildung!
Wie hat schon John F. Kennedy gesagt: „Es gibt nur eins was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.

Zugegeben: Aktuell ist der Ruf der Lehrkraft etwas ramponiert. Das Klischee sagt, Lehrkräfte sind faul, unflexibel, mürrisch, kinder- und innovationsfeindlich, sie haben nachmittags frei und das ganze Jahr Ferien, sie wissen alles besser und fühlen sich ständig angegriffen. Wie bei jedem Klischee ist auch sicher an diesem etwas dran, aber die deutliche Mehrheit der Lehrkräfte gibt alles und noch mehr, um eine immer herausfordernder werdende Schülerschaft für eine immer unsicherere Zukunft zu bilden.
Zugegeben: Im Moment fehlen an allen Ecken und Enden ausgebildete Lehrkräfte, gleichzeitig werden immer mehr bürokratische und rechtliche Hürden für den schulischen Alltag aufgebaut, die Korrekturen werden mehr und anstrengender und die physische und psychische Belastung steigt.
Zugegeben: Es gibt an Schulen einen Investitionsstau von 55 Mrd. Euro, viele Gebäude sind marode, die Digitalisierung stockt, KI kommt nur langsam an, es gibt kaum ordentliche Arbeitsplätze an Schule, geschweige denn vernünftige Rückzugsorte.
Zugegeben: Das sind alles keine guten Gründe Lehrer:in zu werden! Oder doch?

Gerade weil die Situation im Schulsystem aktuell herausfordernd und global erschreckend ist, ist es erst recht sinnvoll Lehrerin oder Lehrer zu werden!

Innerhalb des Systems Schule muss sich in der nächsten Zeit vieles verändern (warum habe ich hier schon einmal beschrieben) und dazu braucht es frische und innovative Kräfte, die Lust am Verändern und Gestalten haben. Für mich ist das eine attraktive Perspektive. Das „klassische“ Verständnis von Bildung, Lernen und Schule gerät durch die wachsende Heterogenität und Singularisierung in der Gesellschaft, durch das exponentielle Wachstum des Wissens und nicht zuletzt durch Künstliche Intelligenz und Digitalität zunehmend unter Druck. Darauf muss das Schulsystem reagieren und individualisierte selbstgesteuerte Lernsettings in attraktiven Lernumgebungen schaffen. Diese müssen offen für projektorientiertes, selbstwirksames und fachdomänenverbindendes Lernen sein. Lehrkräfte müssen zu Lernbegleitenden werden, die das individuelle Potential der Lernenden entfalten und deren Kompetenzzuwachs im Sinne eines Growth Mindsets begleiten. Das sind grundstürzende Veränderungen, nach denen Schule nicht mehr mit den aktuellen Bildungsanstalten vergleichbar ist. Ich glaube sogar, dass dieser Prozess noch weiter gehen muss und Schule Teil einer kommunalen Bildungslandschaft für lebenslanges lernen werden muss (mehr dazu hier und hier)

Und auch außerhalb des Systems Schule muss sich vieles verändern, wenn wir eine lebenswerte und enkelfähige Zukunft für unseren Planeten wollen. Auch dafür ist Bildung der Schlüssel. Wir müssen wegkommen vom Primat der Wissensvermittlung, hin zu einem Primat der Menschenbildung. Dazu gehört die Vermittlung von Demokratie, die wir zu verlernen drohen (mehr dazu hier), dazu gehört soziales Lernen, die Vermittlung von Empathiefähigkeit und der Respekt vor der Würde aller Menschen, was übrigens alle Schulgesetze unisono fordern. Dazu gehört das Erlernen von Resilienz, eine umfassende Medienbildung im Sinne von digital literacy (mehr dazu hier). Schule muss endlich wieder mehr Verantwortung für die Schulung (!) und Bildung (!) einer zukunftsfähigen Gesellschaft übernehmen (mehr dazu hier). Neben den oben beschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten des Systems von innen, gibt es also auch eine besondere Relevanz des Jobs als Lehrkraft für die Gesellschaft. Beides spannende und interessante Aspekte, die den Beruf attraktiv machen und erfordern, dass er von den Besten ausgeübt wird. Es gibt meiner Meinung nach wenige relevantere Berufe für unsere Zukunft als den der Lehrkraft. Wer Selbstwirksamkeit und unmittelbares Feedback in einem hochrelevanten Beruf erfahren will, wer aktiv Zukunft gestalten und für unsere Kinder einen Unterschied machen will, sollte Lehrerin oder Lehrer werden!

Nachwort: Vielleicht ist dem Einen oder der Anderen aufgefallen, dass dieser Text mit einigen selbstreferentiellen Links versehen ist. Dies hat sich während des Schreibens ergeben und hat mich angeregt zu hinterfragen, warum das so ist. Ich glaube, ich blogge unter anderem deswegen, weil ich so mein berufliches Handeln immer wieder reflektiere und die Verlinkungen zeigen, dass hier Konsistenz und Kohärenz entstehen. Als gelernter Geisteswissenschaftler denke ich multikausal und in Interdependenzen und in meinen Blogbeiträgen entsteht so mein Bild vom Bildungssystem, seiner Reform und seiner Zukunft. Es wäre vermessen, dieses als vollständig oder wahr zu betrachten, aber es scheint doch bisher in sich stimmig und es es steckt meinen Weg zu einem zukunftsfähigen Bildungsbegriff ab, nach dem ich strebe und für den ich kämpfe: für mich, meine Kinder und unsere Zukunft. Deshalb lohnt es sich für mich Lehrer zu sein und ich würde es wieder tun.

Weitere Beiträge zur Blogparade:

Katharina Mowitz auf Prima(r)blog: https://primar.blog/2024/10/05/warum-heute-noch-lehrkraft-werden/.

Matthias Lausmann als Herr Mess: https://herrmess.de/2024/10/07/runde-8-der-edublogparade-2024/.

Jan-Martin Klinge auf Halbtagsblog: https://halbtagsblog.de/2024/10/08/teekueche-schokoladenbrunnen-heute-noch-lehrkraft-werden/.

Jonas Wagner: https://jonaswagner.de/warum-ich-blogge-von-frust-inspiration-und-einer-kleinen-revolution-im-klassenzimmer/.

Lars Fengler: https://fengler.schule/archive/139.

Gesa auf Learari: https://laerari.com/blogparade-2024-8-warum-lehrkraft-werden/.

Maria Kruse auf k(n)öpfchenkunde: https://xn--kpfchenkunde-4ib.de/2024/10/13/blogparade-8-warum-sollte-man-lehrkraft-werden/.

Susanne Posselt auf Bildungsweise: https://susanneposselt.de/vom-glueck-lehrerin-zu-sein/.

2024-14: Sieht denn wirklich niemand die Katastrophe?

Ich habe in meinem letzten Blogbeitrag über die desolate Situation in der Medienbildung geschrieben. Anfang März hat die HSBC-Studie eine drastische Zunahme psychosomatischer Beschwerden bei Jugendlichen diagnostiziert. Die Studie „Jugend in Deutschland“ von Dienstag belegt: „Stimmungstief und Rechtsruck bei Jugend„. Und gestern kam das neue Schulbarometer der Bosch-Stiftung heraus, Ergebnis: Gewalt und Unzufriedenheit an Schulen nehmen zu, immer mehr Lehrkräfte und Schulleitungen wollen ihren Job aufgeben. Die Ergebnisse der letzten PISA-Studie oder des IQB-Bildungstrends sind schon fast wieder verklungen. In den Schulen in Deutschland besteht ein Sanierungsstau von 50 Milliarden Euro (Link ist tot), es fehlen 70.000 Lehrkräfte und rund 100.000 Erzieherinnen und Erzieher. Die Liste ließe sich fortsetzen, sollte aber eigentlich schon krass genug sein.
Wo bleibt der Aufschrei? Warum titeln nicht alle Zeitungen damit, warum gibt es keine täglichen Talkshows, Sondersendungen und Demonstrationen? Ist die Situation noch nicht schlimm genug oder ist es uns egal? Überlagern „wichtigere“ Themen die notwendige Diskussion? Ich weiß es nicht!


Was ich aber weiß ist, dass ich das nicht hinnehmen will. Ich sehe eine drohende Katastrophe und leite daraus Handlungsbedarf ab. Ich beschäftige mich fast den ganzen Tag und manche Nächte mit Bildung und Schule. Ich sehe die Symptome, die oben geschildert werden, ich sehe aber auch, dass der Status Quo nicht zementiert ist. Es gibt zahlreiche Schulen, die es besser machen und es gibt zahlreiche Institutionen, die helfen und unterstützen es besser zu machen.

Ich zähle hier mal ein paar Schulen auf, die Liste ist alles Andere als vollständig (Links bitte selber googlen):
– Alemmanenschule Wutöschingen
– Richtsbergschule Marburg
– Erich-Kästner-Schule Darmstadt
– IGS-Süd Frankfurt
– Ernst-Reuter-Schule Karlsruhe
– IGS Garbsen
– uvm.
Und jetzt noch ein paar Institutionen:
– Schulen im Aufbruch
– BeWirken
– Helga-Breuninger-Stiftung
– Digital School Story
– Bildungsliebe.Jetzt
– 48 Könige
– Lernkulturzeit/Pioneers of Education
– uvm.
Außerdem gibt es zahlreiche Stellen und Institute innerhalb und außerhalb des Bildungssystems, die Schulentwicklungsprozesse begleiten, Lehrkräfte Fortbilden und coachen.

Der „Tisch der Veränderung“ ist also gedeckt! Wir müssen nur zugreifen. Ich bin froh, dass sich die Schule, die ich leiten darf, auf den Weg gemacht hat. Wir haben dort tolle Kolleginnen und Kollegen, die die Veränderung sein wollen und die meine volle Unterstützung haben. Natürlich ist das kein leichter Weg und nicht alle werden ihn gehen wollen, aber es ist ein lohnenswerter Weg. Natürlich wird nicht alles funktionieren, na und? Der Eingangs beschriebene Abwärtstrend ist sicher keine Alternative.
Ich werde alles daran setzen, gemeinsam mit der ganzen Schulgemeinschaft, eine bessere Schule zu entwickeln, eine Schule mit glücklicheren Menschen, eine Schule, die zukunftsfähig ist und macht.
Wir haben aktuell so viele Probleme auf der Welt und Bildung und Schule sind die Schlüssel für eine bessere Zukunft. Packen wir es an! Machen ist wie wollen, nur krasser!


P.S.: Sorry for the Rant, aber schreiben hilft manchmal. Und schließlich gibt es ja auch eine Perspektive. Wenn ich nicht an diese glauben würde, könnte ich meinen Job nicht machen und ich liebe meinen Job.

2024-12: Vernetzt die Bildung! Wege aus dem, Trilemma aus Fortbildung, Schulentwicklung und Mangelverwaltung.

Dieser Blogbeitrag verbalisiert meine Vision von Bildung im 21. Jahrhundert: Was würde ich mir wünschen und was würde ich tun, wenn ich unbegrenzte Gestaltungsfreiheit hätte?


Das Trilemma der Bildung und die Notwendigkeit von Veränderung
Dass wir auf ein Trilemma aus fehlenden Ressourcen für Fortbildung und Schulentwicklung aufgrund eines wachsenden Lehrkräftebedarfs zusteuern, habe ich an anderer Stelle schon einmal beschrieben. Dieses Problem beschränkt sich nicht auf die weiterführenden Schulen, sondern ist im Primarbereich und in der vorschulischen Bildung noch viel eklatanter.
Aufgrund des demografischen Wandels und politischer Weichenstellungen wird sich die Situation mittelfristig eher nicht und kurzfristig sicher nicht entspannen. Hinzu kommen ja auch noch der zunehmende Mangel an Therapieplätzen für Jugendliche, unterbesetzte Jugendämter, zu wenig Freizeitangebote und vieles mehr.
Wenn wir trotzdem wollen, und das sollten wir unbedingt, dass unsere Kinder eine Bildung bekommen, die sie auf das 21. Jahrhundert vorbereitet und sie mit der dafür nötigen Resilienz ausstattet, müssen wir das System verändern. Darüber wurde, auch auf dieser Website (zum Beispiel hier oder hier), schon viel geschrieben, daher möchte ich den nötigen Systemwandel hier nur kurz skizzieren.
Getreu dem Motto von Stefan Ruppaner und der Alemannenschule in Wutöschingen: „Unterricht ist allen Übels Anfang“ müssen wir Fächer und Stunden in den Schulen auflösen und zu selbstorganisierten und individualisierten Lernprozessen übergehen, die von Lerncoaches begleitet werden; wir müssen den Fokus vom Lehren auf das Lernen richten. Wir müssen die gesamte Schulgemeinschaft, am besten sogar die ganze Kommune in Schulentwicklungsprozesse einbinden und vernetzen, dazu bedarf es echter demokratischer Strukturen, die an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet sind. Es muss eine Kultur der Digitalität etabliert werden, in der die Schülerinnen und Schüler Zukunftskompetenzen erlernen, um in einer VUCA– oder BANI-Welt zurechtzukommen.
Das haben viele Länder schon erkannt und auch in Deutschland gibt es „Leuchtturmschulen“, die sich reformiert haben und neue Lernkonzepte bieten, bei denen die Lernenden im Mittelpunkt stehen. Wer sich solche Schulen anschauen will, sollte sich die Preisträger des Deutschen Schulpreises oder die Agora-Schulen in den Niederlanden und natürlich die skandinavischen, die baltischen Länder oder Neuseeland anschauen. (Zur Einordnung: Es gibt mittlerweile knapp über 100 Preisträger beim Deutschen Schulpreis und es gibt ca. 32.000 Schulen in Deutschland).
Das ein leistungsfähiges Bildungssystem für die Zukunft eines Landes, gerade eines rohstoffarmen Landes wie Deutschland, von zentraler Bedeutung ist, muss eigentlich nicht näher begründet werden. Umso unbegreiflicher ist es, dass es in Deutschland gerade nicht gelingt im Bildungsbereich besser zu werden, das zeigen zumindest die einschlägigen Studien der letzten Jahre von PISA bis IGLU. Vielleicht ist es daher an der Zeit die starren Strukturen des Systems, das Festhalten an Stunden, Noten und Fächern, die frühe Selektion, überhaupt das gegliederte Schulsystem, das Lernen im Gleichschritt und die curriculare Obsession auf den Stoff zu überdenken. Die Welt und die Gesellschaft unterliegen großen Veränderungen, das Schulsystem aber bleibt starr.
Wie schaffen wir es aber aus dem oben beschriebenen Trilemma herauszukommen und trotz schwindender personeller Ressourcen das System zu reformieren, um eine bessere und zeitgemäße Bildung zu erreichen?
Ich sehe drei große Reformansätze, die Synergien schaffen und gleichzeitig die Qualität verbessern. Der eine bezieht sich auf die innere Dimension von Schule, der andere auf die äußere und der dritte bezieht sich auf eine inhaltliche Dimension.

Die innere Dimension der Veränderung
Dieser Aspekt wurde in den vorherigen Ausführungen schon angedeutet und wird im Folgenden bezüglich der möglichen Synergieeffekte und der praktischen Umsetzung von Reform präzisiert.
Die Auflösung des klassischen Lernsettings in Klassen und Fächern und dessen Überführung in offene und individualisierte Lernformen schafft Freiräume. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen zunehmend selbst Verantwortung für ihre Lernfortschritte, unterstützen sich dabei gegenseitig und werden im Sinne einer Kultur der Digitalität von Lernmanagementsystemen und digitalen Materialpools unterstützt. Dies erfordert die Verwandlung der Lehrkräfte von Instrukteurinnen und Instrukteuren, von Stoffvermittelnden zu Lernbegleitenden. Als Lernbegleitung ist eine Lehrkraft für deutlich weniger Lernende zuständig als als „klassische“ Klassenlehrkraft, inhaltliche Unterrichtsvorbereitung entfällt, Korrekturen verändern sich und werden in Präsenzzeiten erledigt. Es gibt keine Hohlstunden und keine Vertretungen, keine Hausaufgaben und keine Unterrichtsstörungen, weil es keinen Unterricht gibt.
Um das zu konkretisieren: An der bereits erwähnten Alemannenschule leisten die Lehrkräfte bei voller Stelle eine Präsenzarbeitszeit von 35 Wochenstunden in der Schule. Die Differenz zur Regelarbeitszeit von Beamten wird für Elternabende, Klassenfahrten usw. benötigt.
Diese innere Veränderung schafft also Freiräume für die pädagogische Arbeit mit den Lernenden, die im bestehenden System oft zu kurz kommt. Gleichzeitig erhöht das neue System die Zufriedenheit und die Leistungsfähigkeit sowohl der Lernenden als auch der Lehrenden.

Die äußere Dimension von Veränderung
Das bisher Beschriebene ist zwar noch lange nicht Regelstandard, aber es gibt erfolgreiche Beispiele in der Praxis. Die nun folgenden Gedanken sind bisher, zumindest nach meiner Kenntnis, so noch nicht verwirklicht.


Wie wäre es kommunale Orte im Sinne von Bildung enger zu vernetzen und idealerweise diese Orte dann auch räumlich zu einer Art „Bildungshub“ zu verdichten? Was genau damit gemeint ist, warum das sinnvoll ist und welche Synergieeffekte so entstehen können werde ich nun genauer darstellen.
Ein solcher Bildungshub würde dann in einem umgrenzten kindgerechten Raum, Kindergärten, Grund- und weiterführende Schulen und Einrichtungen des lebenslangen Lernens wie Volkshochschulen oder Abendschulen umfassen. Zusätzlich gäbe es Sportstätten, die gemeinsam genutzt werden können, aber auch medizinische, therapeutische und psychologische Versorgung, vielleicht sogar eine Jugendherberge und stationäre Einrichtungen der Jugendpflege. Es gäbe dort Werkstätten und Makerspaces, eine Bibliothek ein Theater und weitere kulturelle Einrichtungen. All diese Einrichtungen dienen tagsüber den Bildungsinstitutionen und stehen abends und am Wochenende der Kommune zur Verfügung. Durch diese geteilten Nutzungen entstehen höhere Auslastungen der Gebäude und Einrichtungen, also in der Summe Synergien bei der Instandhaltung.
Die kurzen Wege schaffen weitere Synergieeffekte vor Ort, zugegebenermaßen entstehen natürlich teilweise längere Anfahrtswege.


Wenn nun die vor Ort vorhandenen Einrichtung noch untereinander vernetzt werden, entstehen weitere Synergieeffekte. Die Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen könnten lernende in den Grundschulen unterstützen. Sie entlasten so Lehrkräfte im Primarbereich und lernen selbst Verantwortung für andere zu übernehmen. Gleichzeitig können die Grundschülerinnen und -schüler in den vorschulischen Einrichtungen Vorlesestunden abhalten und unterstützen so die Erzieherinnen und Erzieher und stärken ihre Lesekompetenz.
Im ländlichen Raum könnten zum Bildungshub zugehörige Nutzgartenflächen bewirtschaftet werden und die Erträge vor Ort für das Mittagessen verarbeitet werden. Die ansässigen Psychologinnen und Therapeuten könnten Präventionsangebote machen oder Workshops anbieten. Lokale Sportvereine, freiwillige Feuerwehren oder andere ehrenamtliche Institutionen können Angebote machen und so Nachwuchs rekrutieren, ebenso wie Studentinnen und Studenten der nächsten Universitäten.
Weitere Synergien ergeben sich natürlich im Gebäudemanagement, in der IT-Administration, der Personalverwaltung usw.
Diese ganzen Synergieeffekte führen zu multiprofessionellen Teams vor Ort und schaffen Ressourcen und eine Lernumgebung mit unzähligen Möglichkeiten sich kreativ, kollaborativ und kommunikativ auszuprobieren, also genau das, was unsere Gesellschaft für die Zukunft braucht.
Ich denke, es wäre wichtig, dass all die verschiedenen Institutionen des Bildungshubs weitgehend autonom bleiben und zentrale Steuerung möglichst minimalinvasiv erfolgt. Kooperation und Kollaboration der einzelnen Institutionen sollten in einem Leitbild festgehalten werden und es müssen basisdemokratische Entscheidungsstrukturen geschaffen werden, in denen die Kinder und Jugendlichen auf Augenhöhe agieren.

Die inhaltliche Dimension der Veränderung
Nicht zwingend an einen Bildungshub gebunden, aber dort sicher einfacher zu verwirklichen, ist die dritte und inhaltliche Dimension der Veränderung, die bisher nach meiner Einschätzung zu wenig Beachtung findet.
Methoden, Begrifflichkeiten und didaktische Prinzipien müssen vom Kindergarten bis zur Volkshochschule besser synchronisiert werden. All diese Institutionen führen Projekte in den Bereichen Medienbildung, BNE, soziales Lernen oder Sprachförderung durch, was natürlich sinnvoll ist.
Allerdings sind diese nicht vernetzt und nicht synchronisiert, sodass die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel mit verschiedenen Begrifflichkeiten konfrontiert sind, die aber das Gleiche meinen.
Bildung im Bereich von BNE oder einer Kultur der Digitalität ist hoch komplex und nur fächerübergreifend denkbar. Ich halte es für unerlässlich hier institutionenübergreifende Konzepte, Methoden und Didaktiken zu entwickeln, die es den Lernenden ermöglichen beim Übergang in andere Institutionen an ihr Vorwissen und ihre Vorerfahrungen anzuknüpfen.
Wenn wir es nicht schaffen hier sinnvollere und stringentere Konzepte zu entwickeln provozieren wir unnötige Reibungsverluste.

Fazit
Mir ist durchaus bewusst, dass ich hier eine Zentralisierung fordere, die auch mit gewissen Schwierigkeiten verbunden ist, wie zum Beispiel längeren Wegen für die Lernenden, tiefgreifenden Veränderungen in der lokalen Infrastruktur und die auch Widersprüche zu Dezentralisierungstendenzen hervorruft.
Ich bin aber dennoch der Meinung, dass die Vorteile und Synergien überwiegen. Eine Konzentration der knapper werdenden Ressourcen an einem dafür überdurchschnittlich ausgestatteten und attraktiven Ort ist für Lernende und Lehrende und alle Anderen notwendigen Professionen sicher eine bessere Lösung als marode Einrichtungen mit Personalmangel.
Die Praxistauglichkeit der inneren Dimension der Veränderung wurde schon belegt, die äußere Dimension hat noch einen stark visionären Charakter, von dem ich mir allerdings wünschen würde, dass er in den bildungspolitischen Diskurs Eingang findet. Die inhaltliche Dimension ist eigentlich keine große Hürde und kann in kommunalen Pilotprojekten entwickelt und erprobt werden; das hatte ich an meiner alten Wirkungsstätte schon angebahnt und das will ich gerne an meiner neuen Wirkungsstätte in den nächsten Jahren wieder aufnehmen.
Es gibt also viel zu tun, packen wir es an. Machen ist wie wollen, nur krasser!

Spätere Ergänzungen:

Eine Idee, die mich auch schon länger beschäftigt hatte, wird in Lübeck umgesetzt. Eine Schule im leeren Kaufhaus; belebt auch gleichzeitig die Innenstadt: https://deutsches-schulportal.de/schule-im-umfeld/vier-schulen-ziehen-in-ein-karstadt-kaufhaus/?utm_source=+CleverReach+GmbH+%26+Co.+KG&utm_medium=email&utm_campaign=Newsletter+KW+16%2F2024&utm_content=Mailing_15255171.

2024-06: KI ist der Gamechanger in der Bildung


Vorbemerkung
Dieser Blogbeitrag betrachtet ein mögliches Zukunftsszenario. Wie das bei Projektionen in die Zukunft ist, kann man dabei furchtbar daneben liegen. Dennoch halte ich diesen Debattenbeitrag für wichtig. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir wieder mehr Diskurs, auch über Grundlagen, (nicht nur) im Bildungssystem brauchen und freue mich daher über Beiträge und Kommentare. Wir sehen doch, wie rasant sich die Welt verändert und erleben jeden Tag neue Dysfunktionalitäten im System, sodass es eigentlich geboten scheint, auch einmal die Systemfrage zu stellen und zu schauen, was wir anders und besser machen können. Es ist ja auch nicht so, dass es keine Beispiele gibt; es gibt Schulen, die anders, besser und erfolgreicher arbeiten. Warum nicht von diesen lernen?


Wer meine Beiträge in social media oder auf dieser Website verfolgt, weiß, dass ich seit Beginn des Hypes Ende 2022 ein Fan von Künstlicher Intelligenz (KI) bin. Ich habe zahlreiche Texte dazu gelesen, Videos gesehen und Podcasts gehört, ich habe mich vor allem mit KI in der Bildung auseinandergesetzt und selbst vorwiegend mit Sprach- und Bildmodellen experimentiert. Ich nutze ChatGPT+, die Fobizz-Tools, war Betatester von Fiete und nutze zahlreiche kostenlose Probetools.
Ich bin kein Informatiker und kein Mathematiker, kein KI-Evangelist und verdiene auch kein Geld damit.
Dennoch bin ich mittlerweile der festen Überzeugung, dass KI viele Bereiche unseres Lebens grundstürzend verändern wird. Der Bereich, von dem ich vermutlich am meisten verstehe, ist der der Bildung. Deshalb will ich mich in diesem Blogbeitrag mit dem Einfluss von KI auf den Bildungssektor auseinandersetzen.

Seit ich mich mit KI beschäftige habe ich das Bauchgefühl, eine Entwicklung mitzuerleben, die unsere Zukunft so stark verändert wie die industrielle Revolution oder eine der großen historischen Agrarrevolutionen. Verstärkt wurde ich in dieser Annahme zunächst, als Sal Khan in seinem TED-Talk am 1. Mai letzten Jahres „Khanmigo“, einen KI-Tutor, vorstellte. Letztlich überzeugt haben mich die Custom-GPTs von OpenAI, mit denen man mit wenigen Kenntnissen seine eigenen Chatbots prompten kann. Das habe ich erst kürzlich mit einem von mir geprompteten Geschichtstutor, der bei der Vorbereitung auf das hessische Geschichtsabitur unterstützt, wieder erfahren.


Diese KI-Tutoren können einen zentralen Teil der „klassischen“ Lehrarbeit übernehmen, indem sie Stoff, also Inhalte, vermitteln, durch Üben festigen und sogar den Lernerfolg überprüfen. Das Ganze können sie sogar für jede Lernerin und jeden Lerner individualisiert und mit einer Geduld, die keine menschliche Lehrkraft aufbringen kann. Diese Tools können Feedback geben, Aufgaben differenzieren oder komplexe Sachverhalte didaktisch reduzieren und so auf unterschiedlichen Niveaus vermitteln und das mittlerweile in allen Fächern.
In Verbindung mit einem modernen Lernmanagementsystem (LMS) und darin hinterlegten curricularen Inhalten und Kompetenzrastern, können Lernende so hochgradig individuell und selbstbestimmt ihre Lernprozesse organisieren.
Natürlich müssen sie dazu auf der Kompetenzebene befähigt und im Prozess begleitet werden.
Und da kommen die Lehrkräfte ins Spiel, deren Rolle sich grundlegend verändern wird. Sie sind jetzt schon kaum noch und dann gar nicht mehr die Hüter arkanen Wissens, dass sie in leere Schülerinnen- und Schülerköpfe trichtern. Sie werden in Zukunft wohl zu Begleitern von Lernprozessen und Coaches der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen, also wieder mehr zu Pädagogen im eigentlichen Sinne. Auch auf der Seite der Lehrkräfte werden begleitende KI-Tutoren Einzug halten, sie werden helfen Lernbegleitung zu gestalten, zu strukturieren, zu kommunizieren und zu evaluieren.
Diese Veränderungen machen Lehrkräfte keinesfalls überflüssig, im Gegenteil, sie verändern zwar deren Rolle grundlegend, schaffen aber eben auch Ressourcen, die in der aktuellen Entwicklung des Lehrkräftemangels mehr denn je gebraucht werden. Es wird dann wieder leichter, die nötigen Ressourcen für die Schülerinnen und Schüler bereit zu stellen, die sie dringend benötigen und es wird der Raum geschaffen die nötigen „Futureskills“ und eine Medienkompetenz für die Kultur der Digitalität zu entwickeln. Ergänzt durch AR- und VR-Anwendungen ergeben sich so völlig neue (teils hybride) Lernsettings, die ein neues Level von Bildung schaffen. Auch hier gilt, wie schon bei den vergangenen technologischen Modernisierungsprozessen in Schulen seit Beginn des Computerzeitalters, Lernprozesse werden anspruchsvoller und die Möglichkeiten vielfältiger.
Die „Klassischen“ Strukturen der Schule in Jahrgängen, Zweigen, Klassen und Fächern lassen die durch KI möglichen Potenziale kaum zu und sind eher hinderlich. KI wird also dazu führen, dass Schule und Lernen neu gedacht werden müssen. Und eigentlich ist das auch gut so.

Weitere spannende Beiträge zum Thema:

Stephanie Wössner: „Zukunft des Lernens: Die KI-Chance“ bei https://thefutureproject.de/content/zukunft-des-lernens-die-ki-chance/.

Yolanda Watson Spiva und Vistasp Karbhari: „OPINION: Why artificial intelligence holds great promise for improving student outcomes“ bei https://hechingerreport.org/opinion-why-artificial-intelligence-holds-great-promise-for-improving-student-outcomes/.

Prof. Olaf Köller im MoMa: https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-morgenmagazin/professor-koeller-zu-ki-in-schulen-100.html.

Ein wunderbarer Beitrag auf „Bildung Schweiz“: https://www.bildungschweiz.ch/detail/macht-kuenstliche-intelligenz-lehrpersonen-zu-lerncoaches.

Die Washington Post darüber, wie Sal Khans Khanmigo Schule und Lernen verändern wird „An ‘education legend’ has created an AI that will change your mind about AI“: https://www.washingtonpost.com/opinions/2024/02/22/artificial-intelligence-sal-khan/.

TeachingHero ist ein Startup zur KI-gestützten Generierung von Lernmaterial: https://www.lehrer-news.de/blog-posts/ki-im-klassenzimmer-teachinghero-die-zukunft-des-personalisierten-lernens.

Nele Hirsch und Joscha Falck haben eine Blogparade zu #KIBedenken gestartet, in der es viele interessante Impulse zu dem Thema gibt: https://joschafalck.de/blogparade-kibedenken/.

Der BR zeigt Vorteile der Nutzung von KI in der Schule: https://www.br.de/nachrichten/wissen/ki-an-der-schule-wie-laesst-sich-kuenstliche-intelligenz-sinnvoll-einsetzen,U9LDQ0l.

2024-05: Hybride Bildung

Hybrides Lernen ist mir spätestens seit dem phasenweisen Distanzunterricht während der Corona-Pandemie ein Begriff und ich habe mich damals intensiv damit auseinandergesetzt, habe digitale Fortbildungen besucht oder das Buch von Tim Kantereit gelesen. In dieser Phase ging es um ein vernünftiges Wechselspiel aus Präsenz- und Distanzunterricht.
Nach der Pandemie ist es dann für mich eher ruhig um das Thema geworden, bis ich Jonathan Bork kennengelernt habe (über Christian Füller, Twitter und auf dem PxP, andere Geschichte). Jonathan ist ein außergewöhnlicher Schüler, der ein eigenes Konzept für hybride Bildung entwickelt hat. Er hat mir klar gemacht, dass es bei hybrider Bildung um viel mehr als Unterricht in außergewöhnlichen Situationen gehen kann, nämlich um ein inklusives Modell für den Regelunterricht.


Zu Hybridunterricht in Zeiten der Pandemie wurde bereits viel geschrieben und geforscht. In der Summe hat sich dort gespiegelt, was wir über den Präsenzunterricht wissen, die Qualität hängt in erster Linie von der Lehrkraft ab, dann von den technischen Möglichkeiten und nicht zuletzt vom Unterrichtssetting und (virtuellem) classroom-Management.
Schauen wir uns zuerst die Ideen von Jonathan Bork an. Für Jonathan entscheiden Schule, Lernende und Eltern gemeinsam, ob eine hybride Beschulung von Schülerinnen oder Schülern an einer Regelschule in Betracht kommt. Ein gewisser Anteil der Schulzeit müsse weiter in Präsenz erfolgen. Profitieren könnten vor allem Kinder mit ADHS, Autismus etc., Mobbingopfer, hochbegabte oder kranke Kindern. Wichtig sei dafür vor allem eine digitale Lernplattform, die von den Lehrkräften mit Inhalten gefüllt werden müssten. Als Lösung für Schülerinnen und Schüler oder welche mit weiten Anreisen, schlägt Jonathan Studyhalls, also dezentrale Lernorte mit entsprechender technische Ausstattung, vor. In einer Stellungnahme für die Mitglieder des Ausschusses für Bildung im Landtag von NRW hat Jonathan die wichtigsten Aspekte noch einmal zusammengefasst und sich schon mit etlichen relevanten Akteuren der Bildungsszene ausgetauscht. In der Summe geht es ihm um gelingende Inklusion durch hybride Bildung.


Ausgehend von Jonathans Überlegungen beschäftigt sich auch der Schulberater Michael Drabe ausführlich mit hybriden Lernmodellen. Er geht dann weiter auf ein von einer Hochschulgruppe entwickeltes hybrides Prozessmodell ein, welches er grafisch so abbildet, Details dazu hier:


Sowohl das Modell von Jonathan Bork für die Schule, als auch die Ausführungen von Michael Drabe für Studenten, welches auch auf Schulen übertragen werden kann, verlangen von den Lernenden eine größere Autonomie und von den den Lernprozess Begleitenden einen stärkeren Fokus auf den Prozess, also die Kompetenzebene. Dabei ist zu beachten, dass der Prozess mit steigender Selbstlernkompetenz immer weniger Anleitung verlangt und immer mehr Autonomie ermöglicht, also genau das, was Lernprozesse im 21. Jahrhundert, die sich zum Beispiel an den „Futureskills“ oder dem OECD-Lernkompass orientieren, ausmacht. Michael Drabe betont dann weiter die Bedeutung des dialogischen Prozesses zwischen Lernenden und Lehrenden und die Notwendigkeit der permanenten Evaluation des Prozesses, außerdem nennt er acht Vorteile des hybriden Lernens (Funfact: Die acht Vorteile sind im Dialog mit KI entstanden).


Ich würde gerne noch einen dritten Aspekt in den Diskurs einbringen. Mein Punkt zur hybriden Bildung aus Sicht eines Schulleiters ist nämlich abschließend ein ganz pragmatischer. Hybrides Lernen kann, neben dem vermehrten Einsatz von Quer- und Seiteneinsteigenden (mein Blogbeitrag dazu), ein Beitrag zur Abfederung des beginnenden Lehrkräftemangels sein. Wenn den Lernenden durch vermehrtes hybrides Lernen ein autonomerer Lernprozess gelingt, verlieren die enge Steuerung von Lernprozessen und die klassische Instruktion an Bedeutung und Lernbegleitung oder Lerncoaching gewinnen an Bedeutung. Das schafft Ressourcen bei den Lehrkräften, die diese dann dazu verwenden können Lernende, die einen erhöhten Begleitungsbedarf haben, intensiver zu begleiten und mehr auf pädagogische Aspekte und Lernprozesse zu fokussieren. In Verbindung mit vernünftigen digitalen Lernmanagementsystemen entstehen so neue Lernformen, die den individuellen Bedürfnissen in der zunehmend heterogenen Schülerinnen- und Schülerschaft deutlich besser gerecht werden können.
Die Alemannenschule in Wutöschingen hat diese „Benefits“ zum Beispiel schon in Teilen umgesetzt. Lernende, die im dortigen Graduierungssystem die höchste Stufe erreicht haben, können Teile ihrer Lernprozesse zuhause gestalten, natürlich immer wieder angebunden an regelmäßige Gespräche mit ihren zuständigen Lerncoaches.
Denkbar sind dann außerdem Lernsettings, bei denen Lehrkräfte Teile ihres Jobs von zuhause, im Homeoffice, erledigen können, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhöht.
Um diesen Autonomiegewinn der Lernenden und den damit verbundenen Changeprozess im Mindset der Lehrenden umzusetzen, bedarf es allerdings noch großer Anstrengungen. Ich meine aber, dass sich diese Anstrengungen lohnen, zumal die Alternative in Zeiten des Lehremangels der Ausfall ist.

Fazit
Die Beschäftigung mit hybrider Bildung bietet auf drei Ebenen entscheidende Vorteile:
1. Sie bietet die Chance für eine deutlich bessere Inklusion
2. Sie fördert die Autonomie der Lernenden und ist zukunftsfähig
3. Sie trägt zur Kompensation des Lehrkräftemangels bei.
Es lohnt sich also in jeden Fall, sich damit auseinander zu setzen. In diesem Sinne freue ich mich sehr auf die Diskussion mit Jonathan Bork und Michael Drabe zu diesem Thema auf der Didacta!


Die Bilder zu diesem Beitrag sind mit DALL-E4 generiert und sollen verschiedene Formen hybrider Bildung illustrieren.

2024-04: Auseinandersetzung mit dem Manifest des Bildungsrates – als Teil einer „Blogparade“

Mehr Vielfalt im Lehrerzimmer!

Quereinstieg ist eine Lösung

Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema werden unter dem Beitrag gesammelt.

Der Bildungsrat von unten hat am 30.01.24 seine „Stellungnahme zum Fachkräftenotstand an Schulen und zu den von der SWK vorgelegten Empfehlungen“ veröffentlicht! Der Bildungsrat von unten geht auf eine Initiative von Susanne Posselt, Bob Blume, Philipp Dehne und Mark Rackles zurück. Er sieht sich als Bottom Up-Alternative zur KMK und setzt sich für die Vernetzung von Menschen aus der Bildungspraxis ein, die Reformvorschläge unterbreiten. Mittlerweile sind über 1.100 Menschen dort aktiv. Ich bin einer davon und konnte den Entstehungsprozess des Papieres begleiten, zugegeben eher passiv, kann aber versichern, dass es eine beeindruckende Leistung ist. Über 1100 Personen, vorwiegend Lehrkräfte, haben in einem exakt einjährigen Prozess in verschiedenen Arbeitsgruppen und Plenen diskutiert, formuliert, moderiert und abgestimmt und am Ende ist tatsächlich eine Reihe konkreter Forderungen entstanden.
Ich möchte mich für die Blogparade gerne schwerpunktmäßig mit Punkt 3, „Den Quereinstieg als zweiten regulären Zugang zum Lehramt mit bundesweit einheitlichen Standards verstetigen!“ beschäftigen, der wiederum eng mit den meisten anderen Punkten des Manifests zusammenhängt. Wir PoWi-Lehrkräfte glauben ja immer an Interdependenz.
Warum genau dieser Punkt? Einmal, weil er mich als Schulleiter im Moment sehr beschäftigt und dann, weil ich Ende des Monats zu diesem Thema in einer Podiumsdiskussion auf der Didacta sitze und mich so darauf vorbereiten kann; so etwas nennt man dann wohl einen Synergieeffekt.
Für mich ist Fakt, dass wir mehr Quer- und SeiteneinsteigerInnen in der Schule brauchen werden. In der Grundschule und in Mangelfächern ist das ja schon lange der Fall.

Das Lehrerzimmer ohne Quer- und Seiteneinsteiger.

„Der Quer- und Seiteneinstieg in das Lehramt ist seit einigen Jahren gelebte Praxis und effektiver Lückenfüller in Zeiten des Lehr- und Fachkräftedefizits. Der Quereinstieg mit Vorbereitungsdienst (hier so verstanden als Abgrenzung zum sog. Seiteneinstieg als Direkteinstieg ohne Vorbereitungsdienst in den Schuldienst) ist seit zehn Jahren von der KMK als Sondermaßnahme im Bereich der allgemeinen Bildung zugelassen.“ So beginnt dieses Kapitel des Manifests (S. 15).
Wie so oft, lässt sich beim Quereinstieg in das Lehramt kein konsistentes Konzept erkennen, schon gar nicht bundesweit. Für Hessen gibt es immer wieder Quereinstiegsprogramme für bestimmte Mangelfächer. Die Regularien sind kompliziert und es kann sein, dass an der Uni Scheine nachgemacht werden müssen oder/und ein (Teil-)Vorbereitungsdienst absolviert werden muss, an dessen Ende ein Staatsexamen steht, welches zu einem regulären Lehramtsabschluss führt. Diese Fälle sind eher selten, ich kenne wenige.
Das hier diskutierte Manifest geht dann darauf ein, dass die Ständige Wissenschaftliche Kommission der KMK (SWK) die Qualifikation der Quereinsteiger an die Universitäten binden will und fordert hier eine stärkere Einbindung der Landesinstitute und Institutionen der 2. Phase der Lehrkräfteausbildung (Zu den Phasen der Lehrkräftebildung: https://lehramtswiki.uni-due.de/index.php/Phasen_der_Lehrerausbildung). Ich denke, dass die Universitäten keine geeigneten Orte sind, es sei denn, es geht tatsächlich um rein fachliche Nachqualifizierungen und selbst da habe ich Zweifel. In Hessen gehören die Universitäten zu einem anderen Ministerium als die Schulen und die professorale Autonomie führt dazu, dass das Lehramt gerne belächelt wird und hinter die „echte“ Wissenschaft zurücktreten muss. So habe ich es selbst in meiner Studienzeit erlebt (Ja, ich weiß: Anekdotische Evidenz). Die Studienseminare in der 2. Phase der Ausbildung können hier eine Rolle spielen, noch besser geeignet sind aber, meiner Meinung nach, die Schulen als Orte der Praxis selbst. Dieser Aspekt fehlt leider im Manifest. Und natürlich fehlen dafür die Ressourcen an den Schulen, aber die könnte man ja schaffen (vgl. Fazit).

Häufiger als zum Quereinstieg kommt es zum Seiteneinstieg, der nicht mit einer berufsbegleitenden Qualifikation verbunden ist, zunächst in befristeten Beschäftigungsverhältnissen stattfindet und deutlich schlechter bezahlt wird. Da verdienen dann Menschen mit Abschlüssen an renommierten Universitäten ein unterdurchschnittliches Gehalt. Das muss man wirklich wollen. Hessen hat den Verdienst mittlerweile etwas angehoben, aber der Abstand zu regulären Lehrkräften ist immer noch groß. Außerdem gibt es keine Aufstiegsmöglichkeiten. Daher bleibt festzuhalten, dass der Seiteneinstieg in der Regel mit finanziellen Opfern einhergeht. Dennoch gibt es mehr Seiten- als Quereinsteiger, was vermutlich an den wenigen Programmen für den Quereinstieg liegt und dies auch nur bestimmte Fächer betrifft, die ohnehin zu wenig studiert werden.:
„Die quantitative Entwicklung des Quereinstiegs hat angesichts des Mangels an Lehrkräften in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die SWK geht davon aus, dass knapp 10 % der Neueinstellungen Seiteneinsteigerinnen sind und 4-5 % Quereinsteigerinnen. In einzelnen Ländern liegt der Anteil der quereinsteigenden sogar über 50 %.“ heißt es in dem Manifest (S.15)
Man kann den Seiteneinstieg natürlich kritisch sehen, es fehlt ja in der Regel die pädagogische und didaktische Qualifikation. Und dennoch gibt es herausragende Beispiele für erfolgreiche Seiteneinstiege. (Genauso wie es Beispiele für Lehrkräfte mit voller Ausbildung, Seiten- und Quereinsteiger gibt, die dann doch auf Dauer nicht für den Job geeignet sind). Auch für Lehrkräfte gibt es übergeordnete Kompetenzen und Haltungsfragen, die eine gute Lehrkraft ausmachen und die sich nur begrenzt in der Lehrkräfteausbildung vermitteln lassen. Ich rede hier zum Beispiel von einer außerordentlichen Fähigkeit zur Selbstreflexion und einem adultismusfreien Menschenbild um auf der Beziehungsebene mit den Schülerinnen und Schülern in Resonanz treten zu können. Erst dann können eigentlich Lernen und Bildung stattfinden und das ist eine hohe Kunst, bei der auch Talent, eine Fehlerkultur und ein internalisiertes Growth Mindset eine Rolle spielen. Das sind auch Dinge, die man nicht abprüfen kann, die man nicht anordnen kann und die man nicht mal eben implementieren kann. Dafür bedarf es konzertierter und orchestrierter, langwieriger Change-Prozesse.
Manche Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger bringen solche Fähigkeiten aber mit und können ganz schnell wertvolle Mitglieder einer Schulgemeinschaft werden. Wie soll das System mit denen umgehen? Welche Perspektiven können solche Menschen haben? Kettenverträge und dann eine Entlohnung deutlich unter der der Kolleginnen und Kollegen? Nachstudieren und ein Referendariat machen, auch wenn man schon im fortgeschrittenen Alter ist oder schon ein Studium auf hohem Niveau absolviert hat, was aber nicht in den schulischen Fächerkanon passt?
Hier sehe ich ein individuelles Training on the Job als einzig sinnvolle Lösung und dafür braucht es fähige Personen aus den Kollegien vor Ort, die die dafür nötigen Ressourcen zur Verfügung haben (Vgl. Fazit).

Training von Quer- und Seiteneinsteigern in der Schule

Um sowohl Quer- als auch Seiteneinsteigende sinnvoll in die Berufspraxis einzuführen und fachlich, pädagogisch und didaktisch nachzuqualifizieren bedarf es also mehr Ressourcen und da sind wir bei den eingangs erwähnten Interdependenzen mit den anderen Forderungen des Bildungsrates von unten.

Zum einen hilft es das Angebot an Fachpersonal in Schulen zu erhöhen (Forderung 2). Mehr Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Fachkräfte für Psychologie und Medientechnik, Verwaltungsassistenzen und Laborhilfen, IT-Kräfte oder medizinisches Personal und andere Fachleute könnten die Lehrkräfte im Kerngeschäft entlasten und gleichzeitig für einen Professionaliserungsschub in Schule sorgen. Dieses Personal könnte dann durchaus auch Funktionen in der Lehre erfüllen. Eine Gesundheitsfachkraft kann Suchtprävention, sexuelle Aufklärung oder Ernährungslehre einbringen, eine IT-Kraft kann ein freiwilliges Angebot zum „Computerschrauben“ machen oder in der Informatik mitarbeiten und eine Psychologin oder ein Psychologe kann Resilienztrainings durchführen usw. Der Fantasie sind da praktisch kaum Grenzen gesetzt, wenn Schule bereit ist sich dahingehend zu öffnen und ihr die nötigen Mittel an die Hand gegeben werden.

Mehr andere Professionen ins Lehrerzimmer!

Zusätzlich muss die Stundentafel auf den Prüfstand und entschlackt werden (Forderung 6). Die curricularen Inhalte und die zu unterrichtenden Fächer und damit Stunden haben eine Tendenz zur Vermehrung; zum Beispiel Blockflöte und Digitale Welt in Hessen oder mehr Deutsch und Mathe in bayerischen Grundschulen. Dazu noch Berufsorientierung mit immer mehr Praktika, soziales Lernen, Sucht- und Gewaltprävention und vieles mehr und, ach ja, natürlich auch Lesen, Schreiben, Rechnen, Geographie und Chemie, Latein und Englisch, Religion und Kunst, Musik und Sport, vielleicht auch noch Wirtschaft, Recht, Philosophie, Japanisch, Polnisch und was weiß ich. Das sind alles tatsächliche Fächer und Aufgaben von Schule. Dazu kommen dann ja noch die ganzen immer wieder diskutierten Wunschfächer wie Glück, Steuern, Mietvertrag oder Haushaltskasse. Sind wir mal ehrlich, das ist doch Unfug. Wir brauchen in den Schulen weniger Inhalt, viele Inhalte lassen sich mit den modernen Medien in einer Kultur der Digitalität erschließen, wenn die Schülerinnen und Schüler eben dieses Erschließen in selbstständigen Lernprozessen erlernt haben. Darauf müssen wir den Fokus richten. Lehrende müssen weg von der reinen Instruktion und hin zu mehr (Lern-)Coaching. Die aktuellen Fächer und ihre Inhalte werden den komplexen Herausforderungen und Zusammenhängen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht. In welchem Fach soll denn zum Beispiel Grundlagenwissen zum Klimawandel oder zu Künstlicher Intelligenz unterrichtet werden? Und ab welchem Alter? Mit welchem Prüfungsziel? Bei Fächern und Inhalten ist weniger mehr: Weniger statisches Wissen, dafür mehr Prozesswissen und mehr Kompetenzorientierung.

Letztlich muss die Arbeit an Schulen wieder mehr Wertschätzung erfahren und dadurch attraktiver werden (Forderung 9). Das kann dann gelingen, wenn endlich wieder deutlich gemacht wird, dass den Schulen für die Gestaltung der Zukunft eine bedeutende Rolle zukommt. In einer VUCA-Welt ist es unerlässlich Zukunftskompetenzen zu erlangen und resilient zu werden. Es ist wichtig Demokratie und Anerkennung einzuüben und nachhaltige Entwicklung zu verstehen. All das kann Schule leisten, wenn man sie lässt. (Vgl, dazu die Newsletter 02 und 08 auf dieser Homepage)

Fazit
Wir müssen jetzt handeln, um später davon profitieren zu können. Wir müssen jetzt Inhalte entschlacken und daraus Ressourcen generieren um hinreichend Quer- und Seiteneinsteigende verschiedener Professionen in das System Schule zu integrieren, mit denen wir dann gemeinsam die Schule und das Lernen der Zukunft gestalten können. Es geht dabei mitnichten um eine Deprofessionalisierung von Schule und Lehrkräften! Im Gegenteil, die Profession der vorhandenen Lehrkräfte ist wichtiger denn je.
Weniger von dem, was wir bisher hatten, führt dann zu mehr von dem, was wir in Zukunft benötigen. Wenn es sein muss, müssen wir dafür unter Umständen jetzt Stunden kürzen, auch bei den Hauptfächern, nur so können wir dringend benötigte Ressourcen zur Schulentwicklung generieren, die uns zukunftsfähig macht.
Das wird uns alles nur mit ausreichend qualifizierten Quer- und Seiteneinsteigenden gelingen, die die Chance haben als gleichwertige Lehrkräfte in den Schuldienst integriert zu werden!

In der Schule der Zukunft.

Anmerkung: Der Text ist wirklich handgeschrieben, die Bilder sind mit DALL-E generiert und natürlich ist nicht intendiert Quer- und Seiteneinsteiger als Tiere zu bezeichnen. Die Integration der doch eher sympathischen Tiere in die Lehrerzimmer soll schlicht und einfach etwas erheitern und den langen Text auflockern.

Ergänzende Anmerkungen zur Lehrkräftearbeitszeit:
Da sich die anderen BloggerInnen der Parade auf das Thema Arbeitszeit konzentrieren, hier eine kurze Ergänzung dazu von mir:
Viele Aspekte, die Kontroversität und die Schwierigkeiten bei der Messung von Arbeitszeit von Lehrkräften können in den verschiedenen Blogbeiträgen zur Blogparade nachgelesen werden (siehe unten).
Einen unpopulären Aspekt möchte ich noch ergänzen. Eine wirklich umfassende und exakte Erfassung der Arbeitszeit würde vermutlich große Ungleichheiten innerhalb der Kollegien ergeben, die sich aus der Fächerkombination und dem über den Unterricht hinausgehenden Engagement ergeben. Dazu kommen noch Lebensabschnittsbedingte Disparitäten und mögliche Karriereambitionen. Das birgt enormes Konfliktpotenzial, allerdings gibt es wohl in jedem Beruf „High- und Low-Performer“.
Letztlich lässt sich bei den meisten Berufen, abgesehen vielleicht von der Fließbandarbeit, eine rein am Output orientierte Erfassung von Arbeitszeit und Leistung nicht sinnvoll realisieren.
Dennoch, wer diesen Aspekt sinnvoll zu Ende diskutieren will, muss letztendlich auch über den Beamtenstatus diskutieren, aber das wäre dann vielleicht mal ein schönes Thema für eine andere Blogparade.
Ich habe mich im Rahmen eines Newsletters noch einmal intensiver diesem Thema gewidmet: https://www.schulmun.de/2024/02/22/newsletter-10-23-02-2014/.

Nach Veröffentlichung erfolgte Ergänzungen zum Thema:
Ein Beitrag der Telekom-Stiftung zur Notwendigkeit von Quer- und Seiteneinsteigenden im MINT-Bereich: https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/MINT-Personal%20an%20Schulen_Zusammenfassung.pdf.

Weitere Beiträge zur Blogparade:
Die weiteren Beiträge befassen sich bisher fast alle mit der Arbeitszeit von Lehrkräften, daher habe ich einen kurzen Abschnitt dazu in meinem Beitrag oben ergänzt.

Jan Martin Klinge auf Halbtagsblog:
https://halbtagsblog.de/2024/02/04/blogparade-2-arbeitszeiten-in-der-schule-erfassen/.

Gastbeitrag von „Lehrer mit Bart“ auf Halbtagsblog:
https://halbtagsblog.de/2024/02/10/arbeitszeiterfassung-gastbeitrag/.

Thomas Kuban auf Kubiwahn:
https://www.kubiwahn.de/2024/02/arbeitszeiten-in-der-schule-erfassen/.

Die reine Leere:
https://reine-leere.de/lehrerarbeitszeit-gemessen-statt-gefuehlt-edublogparade-2/.

Matthias Lausmann auf Herr Mess:
https://herrmess.de/2024/02/10/edublogparade2024-runde-2-arbeitszeiterfassung-fuer-lehrkraefte/#comments.
Mit einer Ergänzung:
https://herrmess.de/2024/03/02/lehren-aus-runde-2-der-edublogparade-2024-working-hours-workload/.

Timo Off:
https://www.timo-off.de/2023/eigentlich-keine-arbeitszeiterfassung-aber/.

Susanne Posselt:
https://susanneposselt.de/vom-wert-der-zeit/.

Fengler Schule:
https://fengler.schule/?p=75.

Christiane Schicke:
https://moewenleak.wordpress.com/2024/02/11/blogparade-2-arbeitszeiten-in-der-schule-erfassen/.

Tobias Schreiner:
https://tobias-schreiner.net/2024/02/17/arbeitszeiterfassung-in-der-schule/.

Kristina Wahl als „die Frau mit dem Dromedar:
https://diefraumitdemdromedar.de/arbeitszeiterfassung-in-der-schule/.

Es gibt noch einen Beitrag von Julius Becker zum Thema „Stundentafel entschlacken“:
https://monsieur-becker.de/2024/stundentafel-entschlacken/.

2024-03: Mehr KI in die Schule die 2.

Ich habe im November gefordert, dass Lehrkräfte sich mehr mit KI beschäftigen müssen und will diese Forderung heute noch einmal bekräftigen.
Warum? Weil die befürchtete Heterogenität zwischen Bundesländern, Schulen, Lehrkräften und Lernenden immer noch weiter zunimmt und weil unser Bildungssystem droht abgehängt zu werden.
Es gibt Bundesländer mit Landeslizenzen für Fobizz oder Fiete, es gibt Bundesländer mit Handreichungen und solche mit Testschulen. Was es nicht gibt, ist eine erkennbare Strategie und schon gar keine nationale.
Frau Professorin Doris Weßels, eine der dezidiertesten Expertinnen zu KI in der Bildung, von der Fachhochschule Kiel hat bei der Anhörung zu KI im Bildungsausschuss des Bundestages im Mai 2023 eine Taskforce KI auf höchster politischer Ebene und verpflichtende Fortbildungen für alle Lehrkräfte gefordert. Zahlreiche Experten aus zahlreichen Bereichen sind sich einig, dass KI Bildung fundamental verändern wird. Wenige Experten sehen das anders. Andreas Schleicher von der OECD hat kürzlich in einem nicht unumstrittenen Interview die meiner Meinung nach richtige Forderung aufgestellt, dass sich Lehrkräfte diesen Entwicklungen nicht verschließen können und bessere Unterrichtskonzepte entwickeln müssen. Er fordert in dem selben Interview aber auch, dass Lehrkräfte dafür entlastet werden müssen, am besten durch Bürokratieabbau.
Sicher gibt es berechtigte Bedenken bezüglich des Datenschutzes oder des Bias, den KI erzeugt, aber selbst die SWK der KMK fordert die Nutzung von KI an Schulen und mehr Mut und eine neue Fehlerkultur in einem Impulspapier.

Was braucht es noch, dass wir uns endlich aufmachen, die Schulen ins 21. Jahrhundert zu führen? Der Prozess der Digitalisierung muss endlich in allen Schulen zu einem Ende kommen und in eine Kultur der Digitalität münden, in der moderne Hard- und Software eine angemessene Rolle spielen. Nicht alles was geht muss digitalisiert werden, aber alles was Sinn macht. Digitale Endgeräte und Werkzeuge müssen endlich als Chance begriffen werden. Sie sind weder gut noch böse, sie verhindern und ermöglichen per se kein Lernen. Das entscheidende ist die Art der Anwendung und das ist uraltes pädagogisches Kerngeschäft. Wir müssen darüber reden, wie wir die Nachteile und Gefahren von KI im Unterricht aufarbeiten und integrieren, nur so entstehen kritisches Denken und Bildung für das 21. Jahrhundert. Das sind Fragen der Didaktik und Methodik. Darüber müssen wir reden, nicht darüber, ob wir uns überhaupt damit auseinandersetzen oder wann wir uns wie auf den Weg machen.
Wir sind schon auf dem Weg. Schülerinnen und Schüler nutzen digitale Endgeräte selbstverständlich und KI zunehmend als Werkzeug. Die Industrie integriert KI in Produktionsprozesse und Produkte. Wir sind umgeben von einer zunehmenden Kultur der Digitalität. Wie soll sich Schule da ausnehmen?
Wenn wir uns an den Schulen nicht gemeinsam mit der ganzen Schulgemeinschaft, ja mit dem ganzen Land, gestaltend auf den Weg machen, wird KI über uns kommen und wir werden ihr ähnlich ratlos gegenüber stehen, wie wir es bei social media im Grunde schon tun. Die Entwicklungen sind so rasant, dass wir eigentlich keine Zeit mehr haben aufzubrechen. Ein Beispiel: Ich glaube, dass in diesem Jahr die ersten KI-Speech to Speech-Übersetzungstools kommen werden (vgl. z.B. bereits jetzt Heygen). Was bedeutet das für den Fremdsprachenunterricht? Bereits jetzt gibt es zahlreiche Tools zur Verbesserung von Hausaufgaben und Hausarbeiten (vgl. z.B. Peer). Was bedeutet das für unsere Notengebung und Prüfungskultur?

Noch einmal: Wir müssen uns jetzt mit KI in der Schule beschäftigen! Zur Not müssen wir, um das bewältigen zu können, ernsthaft darüber nachdenken, Teile von Fächern und bürokratische Akte zu streichen. Jede Woche, jeder Monat, den wir länger warten, wird uns in Zukunft umso mehr Anstrengung kosten.