Blog 2025-11: Warum ich gerne auch an der Uni prüfe

Gestern und heute durfte ich wieder als Prüfer an mündlichen Prüfungen im Rahmen des 1. Staatsexamens für Lehrämter an meiner Alma Mater, der Goethe-Uni in Frankfurt, teilnehmen.
Ich empfinde das tatsächlich als große Bereicherung, auch wenn einem nach sieben Protokollen am Stück die Hand weh tut. Interessant ist das, weil ich so noch einen Kontakt zur ersten Phase der Lehrkräfteausbildung habe und mitbekomme, was der aktuelle Forschungsstand zum Beispiel in der soziologischen Bildungsforschung ist. Ich erhalte aber auch Einblicke in mir fachfremde Bereiche, wie die Kinder- und Jugendbuchliteratur in der Grundschule.
Meine beiden zentralen Erkenntnisse aus der aktuellen Prüfungskampagne sind:

  1. In der Soziologie ist völlig klar, dass das gegliederte Schulsystem und die frühe Selektion nach der 4. Klasse nicht sinnvoll sind und die bestehenden Bildungsungleichheiten verstärken und reproduziert. Das ist durch die Studienlage, auch im internationalen Vergleich, gesichert. Diese Probleme sind strukturell verankert.
    Außerdem verändert die Digitalität Kindheit, indem sie neue Möglichkeitsräume schafft, aber auch zu einem Mangel an Orientierung und daher Verunsicherung führt. Der Übergang zur Wissensgesellschaft unterstreicht die Bedeutung von Bildung, was die Reproduktion von Ungleichheit noch dramatischer macht.
    Der frühkindlichen Bildung müsste deutlich mehr Bedeutung zukommen.
    Der Superdiversität muss mit individualisierten Lernprozessen begegnet werden.
    Die Studierenden wissen das!
  2. Punkt 1. ist mir nicht völlig neu, wirklich spannend waren aber die Prüfungen zu (Post-)Moderner Kinderliteratur. Dort findet ein Wandel von moralisierender „Zeigefingerpädagogik“ zu Literatur mit Leerstellen und offenen Fragestellungen statt, zum Beispiel zu Themen wie Freundschaft oder Mobbing. Die Bilder- und Kinderbücher spiegeln dabei Aspekte der VUCA- und BANI-Welt wieder. Die Kinder werden mit Widersprüchlichkeiten, Volatiltät, Brüchigkeit und modernen Lebensformen konfrontiert, es geht um imaginäre Freundschaften und sexuelle Identitäten, natürlich kindgerecht.

Wir haben also, wie Stefan Ruppaner zurecht sagt, kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Und es gibt Hoffnung, weil die Studierenden das Wissen und sich auf Veränderungen einstellen. Außerdem schafft die Kinderliteratur die nötige Resilienz und Einsicht in die sich verändernde Realität.
Jetzt muss nur noch Schule dort ankommen. Aber auch da sind wir dran!

Blog 2025-10: Workshop Vision@Schule: Wir müssen etwas ändern! Aber wie?

Am 28. und 29. März durfte ich an der wunderbaren Albert-Schweitzer-Schule in Wetzlar bei der Veranstaltung Vision@Schule einen Workshop zu Schulentwicklung halten. Der Schwerpunkt lag auf der Initialisierung eines Entwicklungsprozesses und sollte Mut zum Aufbruch machen und Unterstützung dafür bieten.
Angekündigt war der Workshop so:

Wir müssen etwas ändern! Aber Wie?
Die Perspektive der Schulleitung.
Viele Schulleitungen fühlen instinktiv, dass sich etwas im Schulsystem verändern muss. Aber wie geht das? Wo fängt man an? Was sind die Voraussetzungen? Worauf muss man achten? Was darf man und was nicht? Wie binde ich die Schulgemeinschaft ein?
Fragen über Fragen…
Ich möchte in dem Workshop mit Mitgliedern von Schulleitungen über Veränderungsprozesse und Visionen im Rahmen von Schulentwicklung ins Gespräch kommen und Handlungsoptionen für erste Schritte entwickeln.
Jede Schule ist anders und braucht einen individuellen Ansatz. Im Workshop entwickeln wir, nach einem knappen Input, gemeinsam solche konkreten Ansätze und geben uns dazu Feed Forward.

Der Vortrag steht unten als Download zur Verfügung.
Insgesamt war die von Astrid Kalantzis und ihrem Team organisierte Veranstaltung ein wunderbares Treffen zum Vernetzen und Austauschen. Das Programm aus Workshops mit Ulrike und Kristin van der Meer, Daniel Steh, Stephanie Lanfermann, Heidi Giese, Susanne Schäfer uvm. und Keynotes von Ferdinand Stebner, Stefan Ruppaner, Steven Bauer und Bob Blume war hochkarätig besetzt. Die zwei Tage waren voller Inspiration und Kraft, sie haben Mut zur und Lust auf Veränderung gemacht. Es zeigt sich, dass wir mehr werden, die Schule anders und besser machen wollen. Wenn wir unser Land wieder enkelfähig machen wollen und ein perspektive für die Zukunft eröffnen wollen, dann müssen wir Schule verändern und dazu braucht es Veranstaltungen wie diese. Für mich persönlich war das Highlight Stefan Ruppaner getroffen zu haben und mich mit ihm auch persönlich beim Frühstück mit den van der Meers und Steven Bauer austauschen zu können.

Ich danke Astrid und ihrem Team für zwei tolle und inspirierende Tage in Wetzlar!

Und hier gibt es den Workshop von mir:

Blog 2025-09: Gedanken zum hessischen Handyverbot an Schulen

Heute geht es um einen meiner persönlichen Schwerpunkte, die Medienkompetenz im weitesten Sinne und dazu um das in Hessen geplante Handyverbot im engeren Sinne.
Vorweg: Ich bin der Überzeugung, dass wir anfangen müssen Schule komplexer zu denken (https://www.schulmun.de/2025/01/15/2025-o4-wird-schule-hyperkomplex-oder-sogar-unser-ganzes-leben/). Wir müssen Medienbildung, Demokratiebildung, soziales Lernen und alle möglichen Präventionskonzepte zusammen denken, um den aktuellen Herausforderungen, wie dem Segen und dem Fluch des Smartphones, gerecht zu werden.
Ich würde mittlerweile sogar so weit gehen, dass wir Medien- und Demokratiebildung absolut priorisieren müssen (https://www.schulmun.de/2024/04/18/2024-13-mehr-medienbildung-jetzt/). Wenn es uns nicht gelingt, die Schülerinnen und Schüler gegen Fakenews und demokratiezersetzende Kampagnen aus dem In- und Ausland zu wappnen, brauchen wir uns auch keine Gedanken mehr um den richtigen Mathematik- oder Deutschunterricht zu machen. Autokratie und spaltender Populismus erleben im Moment global eine Renaissance, der wir uns entgegenstellen müssen.
Insofern ist das in Hessen kommende Verbot der privaten Handynutzung an hessischen Schulen, meiner Meinung nach, eine richtige Übergangslösung. Ich habe lange um diese persönliche Position gerungen. Natürlich wäre es wünschenswert, dass unsere Kinder verantwortungsvoll mit einem Smartphone umgehen können und natürlich ist es Aufgabe der Schule, aber auch der Eltern, ihnen das beizubringen. Das soll und muss auch unser Ziel bleiben. Aktuell funktioniert das aber, mangels Ressourcen und Kenntnis noch(!) nicht. Die Studienlage ist recht eindeutig und wurde in meinem Newsletter immer wieder zitiert, Handys lenken ab, beeinträchtigen die Salutogenese und das Sozialleben. Ich beobachte jeden Tag, wie viele Schülerinnen und Schüler, gerade aus den jüngeren Jahrgängen, in jeder Pause Browsergames spielen, die Fälle von Mobbing und pornographischen Bildern in Gruppenchats, auch hier wieder vorwiegend bei den jüngeren Jahrgängen, nehmen sichtbar zu.
Um dem wenigstens in der Schule Herr zu werden, kann das Handyverbot helfen. Wichtig ist aber auch, dass die Familien die Schulen dabei unterstützen. Es ist die Aufgabe der Sorgeberechtigten darauf zu achten, dass entsprechende Altersfreigaben und Jugendschutzbestimmungen eingehalten werden. Es ist wichtig, dass in den Familien ein Vertrauensverhältnis herrscht und über alles, was im Internet und auf dem Handy passiert gesprochen werden kann. Das Handy wegzunehmen ist keine Option, weil so genau dieses Vertrauensverhältnis ziemlich sicher zerstört wird.
Wir müssen natürlich anerkennen, dass das Handy auch ein zentrales Kommunikationsmittel unserer Schülerinnen und Schüler ist, hier werden Verabredungen getroffen, hier findet der alterstypische Austausch statt und hier finden auch Sozialisation und Adoleszenz statt. Und die damit verbundenen digitalen Kompetenzen sind unerlässlich für unsere heutige Gesellschaft und für unsere Zukunft.
Es muss uns aber auch gelingen, diese digitalen Kompetenzen zu vermitteln, diese müssen natürlicher Bestandteil der Erziehung und des Lehrplans werden, wie es Verkehrs- oder Sexualerziehung sind. Solange das noch nicht der Fall ist, macht ein privates Nutzungsverbot für Handys an der Schule Sinn. Natürlich heißt das nicht, dass Handynutzung in der Schule kategorisch ausgeschlossen werden soll, das sieht auch der hessische Gesetzentwurf nicht vor. Das Handy muss natürlich im Unterricht, nicht zuletzt zur Medienbildung, bei kompetenter Anleitung durch die Lehrkräfte nutzbar bleiben. Natürlich muss das Handy auch für medizinische Zwecke und gebotene Nachteilsausgleiche erlaubt bleiben.
Hinzu kommt, dass wir uns in den sozialen Medien und im Internet noch in einer gesetzlosen „Wild West-Zeit“ bewegen. Es gibt keinen wirksamen Jugendschutz. Übelste Pornografie und Gewaltdarstellungen sind nur wenige Klicks entfernt und der Reiz ist natürlich bei vielen Kindern da, das Verbotene zu sehen. Auf Reddit und Twitch lauern Pädophile, auf Instagram kann man Nazis und anderen Verfassungsfeinden folgen und auf TikTik geben sich Islamisten ein fröhliches Stelldichein. Vielen ist, glaube ich, gar nicht bewusst, welche Gefahren im Netz lauern, die es so einfach zugänglich in der analogen Welt nicht gab und auch nicht gibt. Recht eindringlich wird das in diesem Video von Klicksafe dargestellt: https://www.youtube.com/watch?v=tixkem59YZs. Hier Bedarf es auf der einen Seite Aufklärung von Eltern und Jugendlichen und eine Stärkung der Resilienz, auf der anderen Seite aber auch staatliche Regulierung und ein Zwang zur Verantwortungsübernahme durch die Techunternehmen, die hinter den Netzwerken stehen. Es gibt technische Lösungen wirksameren Jugendmedienschutz auch im Internet zu betreiben.
Was wir also brauchen, ist ein Moratorium durch das Handyverbot, um die so entstehende Zeit zu nutzen, die Schulen, Elternhäuser und die staatliche Regulierung so aufzustellen, dass im Internet und den sozialen Medien ein ähnlich wirksamer Schutz und ein Präventionssystem entstehen wie im Bereich der Suchtprävention oder im Straßenverkehr. Diese Vergleiche zeigen aber auch, dass es keinen vollumfänglichen Schutz geben kann, das Leben ist und war immer mit einem Restrisiko verbunden, wir sind es unseren Kindern allerdings schuldig, dieses Restrisiko so gut wie es nur geht zu minimieren.
Manche Schulen sind bereits jetzt so weit, dass sie kein Handyverbot mehr brauchen, manche haben bereits schon länger Handyverbote, letztlich muss jede Schule ihren eigenen Weg finden und differenziert mit den Ansprüchen der verschiedenen Altersgruppen umgehen. Unser aller Ziel muss es aber sein Handyverbote überflüssig zu machen, weil wir ein System geschaffen haben, in dem wir zur verantwortungsvollen Nutzung befähigt haben. Dazu brauchen wir mehr Qualifikation bei den Lehrkräften und die Unterstützung der Elternhäuser, aber auch staatliche Regulierung.
Wenn uns das gelungen ist, brauchen wir kein Handyverbot mehr. Packen wir es an.

Blog 2025-08: Der Diskurs und Social Media. Geht´s noch?

Wir wissen, dass soziale Medien von Empörung leben, Zuspitzungen, Fakenews, Halb- und Ganzwahrheiten treiben den Algorithmus an und führen zu Klicks. Klicks sind die Währung und fördern den Profit.
Wir diskutieren auch, inwiefern soziale Medien die psychische und physische Gesundheit beeinflussen (hier mehr dazu: https://www.schulmun.de/2024/04/18/2024-13-mehr-medienbildung-jetzt/).
Wir wissen, dass Jugendliche und junge Erwachsene ihre Informationen zunehmend aus dem Netz beziehen (vgl. zum Beispiel: https://www.schulmun.de/2025/02/16/blog-2025-06-vortrag-didacta-zu-demokratie-some-und-ki/), wir wissen, dass sie nur begrenzt in der Lage sind Fakten zu checken und viele Fakenews ungeprüft weiterleiten und so die Reichweite erhöhen.
Ein kürzlich stattgefundener Diskurs mit jungen Erwachsenen um den Konflikt zwischen Israel und der Hamas hat mir aber noch einmal vor Augen geführt, wie zerrüttet die Diskursfähigkeit bereits ist. Die klassischen Medien werden nicht mehr ernst genommen und als staatlich gesteuert und ideologisiert wahrgenommen. Versuche faktenbasierter Argumentation werden zur Meinung degradiert und man hat halt einfach eine andere. Begründet wird zum Teil mit Fakenews und extremistischen Narrativen aus den sozialen Medien. Quellen gelten als seriöser und wahrhaftiger, wenn sie von „vor Ort“ kommen, also zum Beispiel aus dem Gaza-Streifen oder der Ukraine. Überhaupt sind die Konflikte in Israel das Gleiche wie der Krieg in der Ukraine. Emotionen und Moral laden den Diskurs auf, unter geköpften Babys geht es nicht mehr.
Nicht zuletzt das Wahlergebnis der Bundestagswahl hat noch einmal die Macht der sozialen Medien unterstrichen. Wenn wir davon ausgehen, dass spätestens mit dem Übergang in die weiterführende Schule all diese Informationen verschiedenster Qualität in Form von Text, Bild und Video über unsere Kinder kommen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn der Diskurs später nicht mehr möglich und voller Gift ist.
Russland, die Hamas, der IS und andere haben das verstanden und nutzen das aus, sie schütten dieses Gift über uns und unseren Kindern aus und wir lassen es geschehen. Wenn wir nicht bald das Ruder rumreißen, sind Meinungen gefestigt und nicht mehr diskursfähig.
Ich kann es immer nur wieder wiederholen: Wir brauchen mehr Medienbildung. Jetzt! Und wahrscheinlich auch mehr staatliche Regulierung. Weil es so nicht mehr geht.

Ergänzung nach Veröffentlichung:
Weil es dazu Nachfragen gab: Das ist nicht die Schuld der Kinder und der Jugendlichen, das ist die Schuld derer, die das ignorieren, nicht wahrnehmen (wollen) und nichts tun.

Blog 2025-07: KI-Klassentreffen und warum ich Hoffnung habe

Ich durfte am vergangenen Freitag auf dem „KI-Klassentreffen“ von fobizz einen Workshop halten. Thema war „Neue Lern- und Prüfungskultur mit KI. Warum KI in Schule alles verändert? Oder auch nicht?“, die zugehörige Präsentation gibt es unten auf der Seite.

Mir sind beim Workshop zwei Dinge noch einmal klarer geworden, die mich hoffnungsfroh stimmen.

  1. Das Bedürfnis nach konkreten Ideen und Anleitung für die Lern- und Prüfungskultur mit KI ist riesig, aber auch schwer zu befriedigen. Sicher gibt es schon ein paar Beispiel, wie meine Open-Book-Klausur mit KI (https://www.schulmun.de/2025/01/06/2024-28-open-book-klausur-mit-ki-nutzung-ein-erfahrungsbericht/). Aber gerade dieser zeigt auch, dass wir hier noch im Bereich des Ausprobierens sind. Viele Kolleginnen und Kollegen experimentieren mit KI-Tools, produzieren Memes zu aktuellen Themen mit Bildgeneratoren oder Chatbots zu Künstlern oder historischen Themen uvm. Im Grund gelten hier immer noch die berühmten 4A von Doris Weßels, die in ihrer Keynote auch noch einmal bestätigt hat, dass die Entwicklung rasant ist. Die „4A“ von Doris Weßels sind, aufklären, ausprobieren, akzeptieren, aktiv werden:
    „Aufklären, also Informationsveranstaltungen anbieten, um alle Lehrenden ins Boot zu holen.
    Das zweite A: Bitte selbst ausprobieren. […]
    Das dritte A: Akzeptieren. Man muss sich daran gewöhnen, dass das keine Eintagsfliege ist, die morgen wieder weg ist. Das ist irreversibel und wird rasant weitergehen. […]
    Das vierte A: Wenn wir das erlebt haben, wird es automatisch zu einer Diskussion kommen. […] Das bedeutet, wir werden aktiv.“
    (zitiert nach: https://hochschulforumdigitalisierung.de/chatgpt-in-hochschulen-aufklaeren-ausprobieren-akzeptieren-aktiv-werden-interview-mit-prof-dr-doris-wessels/)
    Tun Sie sich in den Schulen zusammen und arbeiten sie gemeinsam mit den 4A, ich würde als 5. A, auch wenn es im 4. steckt, noch austauschen nennen. Wir müssen uns von den curricularen Vorgaben soweit lösen, dass wir mit den rasanten Entwicklungen Schritt halten können. Eine aktuelle Bürokratielogik in einem Ministerium kann das nicht, wie auch die Diskussionen um Handreichungen zu Prüfungsformaten im Zeitalter von KI gezeigt haben. Das ist kein Vorwurf und keine Anklage, sondern in der Sache begründet.
    Deswegen kam ich in dem Workshop auch zu folgender These:
    KI hebt Bildung und Schule auf ein neues Level. Lernen und Lehren wird noch anspruchsvoller, weil wir uns noch stärker auf der Kompetenzebene bewegen werden. KI ist ein Katalysator für Veränderung.
    Und das ist, finde ich, ein hoffnungsvolle Botschaft. Auch wenn es anstrengend wird, mit Rückschlägen verbunden ist und wir uns von lieb gewordenen Vorstellungen verabschieden müssen, KI stößt notwendige Veränderungen im System an.
  2. Der zweite Punkt hat nicht nur mit dem Workshop zu tun, ist mir aber dort noch einmal deutlicher geworden. Ich hatte zu Beginn gesagt, dass ich nicht genau wusste, was die Bedürfnisse der Teilnehmenden waren und dass ich flexibel sei. So kam es dann auch dazu, dass wir das Ausprobieren von KI-Tools haben sein lassen, dafür aber in eine Diskussion über die Auswirkungen auf Lern- und Prüfungskultur gegangen sind. Diese Diskussion hat noch einmal verdeutlicht, dass wir (noch?) keine Antworten auf viele Fragen haben, schon gar nicht zu Details. Gleichzeitig hat die Diskussion aber deutlich gemacht, dass wir anfangen die meiner Meinung nach richtigen Fragen zu stellen:
    – Wie können wir moderne Prüfungsformate gestalten?
    – Wie prüft und bewertet man Kompetenzen?
    – Wie gestalten wir Lernprozesse?
    – Welchen Sinn haben die klassischen Bewertungsinstrumente noch?
    – Was ist (eine) Leistung?
    – uvm.
    Das sind, glaube ich, genau die richtigen Fragen, die wir brauchen, um das Bildungssystem zukunftsfähig zu machen und die uns letztlich zu notwendigen Veränderungen zwingen.

    Außerdem macht mir gerade noch Folgendes Hoffnung:
    Letzte Woche fand eine Fachkonferenz Geschichte an unserer Schule statt. Ich kam leider zu spät, weil ich noch bei einer Klassenkonferenz dabei sein musste.
    Aber auch da wurden im Grunde genau die gleichen Fragen diskutiert, die ich oben skizziert habe. Dazu kam noch der Gedanke, dass Geschichtsunterricht auch Medien- und Demokratiebildung beinhalten muss, das freut mich natürlich besonders.
    Und zum Schluss macht mir das Buch von Stefan Ruppaner ganz viel Hoffnung, weil er dort erklärt, zu was Schule in der Lage ist, wenn man das möchte (eine kurze Rezension gibt es im Newsletter 24/25-12).

Blog 2025-06: Vortrag Didacta zu Demokratie, SoMe und KI

Vorbemerkung: Der hier veröffentlichte Text entspricht nicht exakt dem Wortlaut des Vortrages, ist aber inhaltlich weitgehend Deckungsgleich. Ich formuliere Vorträge (als Sicherheitsmaßnahme) wörtlich vor, halte sie aber möglichst frei.
Ich lasse hier nach jeder Folie einen Absatz, dann lässt sich auch nachvollziehen, wie Inhalt und Präsentation zusammenhängen, die Präsentation gibt es am Ende der Seite.
Im Didacta-Programm war der Vortrag folgendermaßen angekündigt: Kurzbeschreibung: Demokratie- und Medienbildung können nicht mehr getrennt betrachtet werden. Seit Jahren verlieren die „klassischen“ Medien für Jugendliche an Bedeutung als Informationsquelle. An deren Stelle treten die sozialen Medien und zunehmend auch KI. Diese Entwicklungen haben direkten Einfluss auf die Unterrichtsqualität, die politische Bildung und das Schulklima, außerdem vergrößern sie die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler. Daraus ergeben sich viele noch offene Fragen für das Bildungssystem.
Im Vortrag wird auf den Befund aktueller Studien eingegangen und es werden Impulse zum Weiterdenken gegeben und Handlungsvorschläge gemacht, wie sich Schulen in diesem Themenfeld positionieren und organisieren können.

Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie! Die Rolle von KI & Social Media in Schulen

Werte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich begrüße Sie sehr herzlich zu meinem Vortrag und freue mich sehr mit Ihnen ein paar Gedanken zu Demokratie, Künstlicher Intelligenz und Medienbildung teilen zu dürfen.
Mein Vortrag gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil werde ich sie mit Studienergebnissen traktieren, um eine Art Ist-Situation zu skizzieren. Wo stehen schulen in den Bereichen Demokratiebildung, KI-Bildung und digital literacy und in der Medienbildung allgemein.
Im zweiten Teil werde ich dann skizzieren, was wir besser machen können und am Ende ganz konkrete Beispiele aufzeigen, was bereits geht, wenn wir nur wollen. Jan Vedder, ein großartiger Fortbildner und Schulreformer aus dem Norden sagt immer: Machen ist wie wollen, nur krasser!

Wir leben in einer Zeit großer Veränderungen, oft wird dafür das Wort „Disruption“ bemüht. Wir haben es in vielen Bereichen mit exponentiellen Veränderungen zu tun, Christian Stöcker nennt zum Beispiel Digitalisierung, maschinelles Lernen, also umgangssprachlich KI, Biotechnologie, Wirtschaftswachstum, Artensterben oder den Klimawandel, für ihn beginnt der steile Teil der Exponentialkurve bereits in den 1950 er Jahren.

Ich glaube diese disruptiven Veränderungen, die wir gerade erleben, führen zu einer großen Verunsicherung in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens. Wie unsere Zukunft aussieht, ist aber nicht in Stein gemeißelt. Wir können das beeinflussen und die Zeit dafür ist jetzt! Dafür braucht es neue und komplexere Ansätze. Wir müssen in den Schulen aufhören in Schubladen und Fächern zu denken und anfangen Demokratiebildung, Medien- und KI-Bildung und fächerübergreifenden Kompetenzerwerb zusammen zu denken, um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.
Darum soll es in diesem Vortrag gehen. Da wir es mit exponentiellen Veränderungsprozessen zu tun haben, müssen wir schnell handeln, wir müssen fixed Mindsets in Schulen aufbrechen und den disruptiven Veränderungen in der Welt mit disruptiven Veränderungen in der Schule begegnen. Das gute ist: Ideen und Lösungsvorschläge sind schon da, wir müssen uns nur dran wagen.
Es stellt sich also die Frage: Wohin wollen wir?
Wollen wir das helle und freundliche Szenario oder die Dystopie auf der rechten Seite.
Funfact: Alleine über diese KI-Bild könnte man locker 45 Minuten reden: Warum sind links Facebook und der alte Twittervogel abgebildet, verkauft der Laden Demokratie und wieso sitzt rechts jemand mit seinem Schreibtisch auf der Straße und v.a. warum ist dort eine US-Flagge usw. Aber das ist nicht das Thema, das Bild soll nur einen anregenden Impuls zum Einstieg bieten.
Legen wir los!

Das sind Headlines aus den Onlineausgaben von Spiegel, Stern, Handelsblatt, Zeit, FAZ, SZ, dem BR und anderen aus diesem und letztem Jahr.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich unser Bildungssystem und damit nachgelagert auch unsere Gesellschaft, in einer multiplen Krisensituation befindet. Unseren Kindern und Jugendlichen fehlen Medienkompetenzen, gleichzeitig steigen die Abhängigkeit von sozialen Medien und der Hass im Netz, die unsere Demokratie gefährden, bei zunehmendem Lehrkräftemangel und steigender Nutzung und Relevanz von Künstlicher Intelligenz. Riesige Herausforderungen!
Lassen Sie uns die einzelnen Herausforderungen etwas genauer betrachten. Zuerst gehe ich auf das Mediennutzungsverhalten ein und problematisiere dieses, dann schauen wir etwas genauer auf KI und schließlich darauf, was das alles für Demokratie bedeutet. Dazu habe ich ein paar zentrale Ergebnisse aus wichtigen Studien der letzten drei Jahre zusammengefasst.
Vermutlich kennen sie viele dieser Befunde und sie wissen auch, dass negative Nachrichten aus dem Bildungssektor mittlerweile nicht einmal mehr zu einem Aufschrei führen und schulterzuckend hingenommen werden.
Ich finde aber: Das geht so nicht!
Wer das neue Buch von Aladin El Mafaalani gelesen hat, weiß, dass Kinder eine Minderheit ohne Schutz sind und, dass die politisch relevante Wählergruppe über 60 Jahre alt ist. Damit will ich mich allerdings nicht zufrieden geben, weil ich weiß, dass die zentrale Investition für unsere Zukunft eine Investition in Bildung sein muss! Wir müssen es schaffen unsere Kinder und Jugendlichen fit zu machen für eine Welt, die wir uns immer weniger vorstellen können, eine Welt, die voller multipler Krisensituationen, aber auch voller Chancen ist. Dafür brauchen sie Resilienz und Kompetenzen, die jenseits des klassischen Bildungskanons liegen. Sie müssen sich in einer zunehmend digitalisierten Welt zurecht finden, sie werden von KI-Assistenten begleitet werden und Medien konsumieren und kreieren. Und Schule muss die Basis dafür legen, sie muss der Raum sein, in denen die Schülerinnen und Schüler Demokratie lernen und lernen Medien zu schaffen und zu lesen. Ein weiter Begriff von digital literacy ist dafür zentral.
Schauen wir aber zunächst einmal in die Studien, wie ist es um die Jugendlichen bei diesen erforderlichen Kompetenzen bestellt?

Ich entschuldige mich schon im Voraus für die überladenen und dichten Folien, für die vielen Zahlen und Prozentzeichen, aber da müssen sie jetzt durch!
Ich will damit einen Raum schaffen, in dem wir uns bewegen und visualisieren, wie es aktuell aussieht. Am Ende wird es wieder besser, versprochen…
Ich hoffe, Sie können meine Fleißarbeit dann doch ein wenig würdigen 😉

Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) erhebt seit 1998 unabhängige Basisdaten zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Hierzu wurden 1.200 Jugendliche im Alter von zwölf bis 19 Jahren befragt. Die Studie ist landläufig besser als „JIM-Studie“ bekannt.
Fast alle Jugendlichen nutzen WhatsApp, sie von diesem Netzwerk fernzuhalten bedeutet ihnen den zentralen Kommunikationskanal in ihrer Peer-Group zu entziehen. Gleichzeitig ist aus meiner Erfahrung WhatsApp aber auch der zentrale Kanal, in dem in Klassengruppen Mobbing stattfindet, in dem Gewaltbilder, Pornos oder verfassungsfeindliche Bilder und Memes verschickt werden. Hier wird schon deutlich, dass wir an Schulen Demokratiebildung und Medienbildung nicht trennen können.
Wer von ihnen hat an der Schule ein Medienkonzept? Wer hat ein Demokratiekonzept? Wer hat das in einem Konzept?
Was zeigt JIM uns noch? Instagram, TikTok und Snapchat sind wichtig, der Rest folgt mit Abstand. Es gibt ein grundlegendes Interesse am Weltgeschehen und Nachrichten, etwa die Hälfte nutzen auch noch Fernsehen und Radio (nicht unbedingt linear), Zeitungen spielen kaum noch eine Rolle. Also kommen auch die Nachrichten über das Weltgeschehen aus den sozialen Medien, dort haben es die Schülerinnen aber auch, zunehmend mit Fake News, Beleidigungen und Extremismus zu tun.
Außerdem zeigen alle mir bekannten Studien eine Zunahme der KI-Nutzung für die Schule. Zwei Drittel ist meiner Meinung nach ein eher konservatives Ergebnis…

Die ICILS-Studie war im letzten Jahr in aller Munde, weil sie nachgewiesen hat, dass die digitalen Kompetenzen in den achten Klassen nicht nur zu wünschen lassen, sondern auch noch schwächer werden. Die Daten stammen von 2023, die Veröffentlichung erfolgte im letzten November. Befragt wurden achte Klassen in 35 Bildungssystemen. Insgesamt schneidet Deutschland zwar im unteren Durchschnitt ab, ist aber seit der ersten Studie 2013 signifikant schwächer geworden. 40% der Achtklässlerinnen und Achtklässler haben unzureichende digitale Kompetenzen, können also, platt gesagt, nicht mehr als Klicken und Wischen. Nur 1% erreicht Spitzenwerte. Das ist dramatisch!
Bei Kompetenzunterschieden von Schülerinnen und Schülern ohne und mit Zuwanderungshintergrund schneidet Deutschland am schlechtesten ab, bei der sozialen Herkunft am viertschlechtesten. Das heißt auch hier ist der digital divide ein fundamentales Problem und spiegelt eines der, wenn nicht das, Grundproblem des deutschen Bildungssystems wider: Die Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft!

Interessant bei ICILS ist, dass auch die Perspektive der Lernenden und Lehrenden auf digitale Bildung untersucht wird. Und hier wird deutlich, dass wir von einer Kultur der Digitalität in den Schulen noch weit entfernt sind. Verstehen sie mich nicht falsch, mir geht es nicht darum alle Prozesse auf „Teufel komm raus“ zu digitalisieren und ja, ich weiß, die Skandinavier fahren schon wieder zurück. Wenn wir aber nur halb so digital wären, wie die Schweden nach dem Zurückfahren, wären wir deutlich weiter als bei 25% täglicher Nutzung. Digitalität ist der Alltag und ein wichtiger Faktor für die Zukunft und da tun wir zu wenig und die 90% der Schülerinnen und Schüler haben recht, die Schule hierbei in der Pflicht zu sehen. Wo sonst soll den professionelle Medienbildung stattfinden?
Große Mehrheiten sehen in digitalen Medien Potenziale und Herausforderungen, d.h. 84% erwarten bessere Lebensbedingungen, 82% ein besseres Verständnis der Welt. Aber 82% sehen auch, dass mit digitalen Medien zu viel Zeit verbracht wird, 74% sehen Gefahren für die Gesundheit und 68% fürchten Abgrenzungen zwischen Menschen in der Gesellschaft. Die Schülerinnen und Schüler haben also durchaus eine differenzierte Sicht auf digitale Medien, vielleicht sogar differenzierter als viele Erwachsene.

Aus der Perspektive der Lehrkräfte scheint das etwas anders auszusehen, wenn aber 70% digitale Medien nur mindestens einmal am Tag nutzen und mehrere Klassen unterrichten, wird es wieder stimmig. In der Lehrkräfteausbildung spielte und spielt das Thema keine entscheidende Rolle, vor allem wenn es um konkrete Beispiele und Anwendung in der Praxis geht. Das scheint zwar besser zu werden, ist aber noch lange nicht gut.
Bei Lehrkräften unter 35 Jahren sieht es nämlich etwas besser aus, da fühlen sich 55% gut vorbereitet. Bei der dritten Phase der Lehrkräfteausbildung ist sicher auch noch reichlich Luft nach oben, diese hängt ja in der Regel von individuellem Engagement ab. Das wurde hier aber nicht untersucht, ich bin mir allerdings sicher, dass auch der digital divide innerhalb der Kollegien aktuell massiv zunimmt, das heißt, es gibt Gruppen von Lehrkräften, die bei Digitalität und KI weit vorne sind, aber auch solche, die sich damit gar nicht beschäftigen und die diesen größer werdenden Abstand nie mehr einholen können.

Ich zitiere aus dem Fazit der Studie:
„Die Ergebnisse der vorliegenden detaillierten Sonderauswertung zur PISA-Studie 2022 verdeutlichen, dass die selbsteingeschätzte digitale Informationskompetenz von Schüler*innen in Deutschland auf wichtigen Nachholbedarf in unterschiedlichen Bereichen hinweist. Während digitale Informationen fest im Alltag der Jugendlichen verankert sind, trauen sich die Schüler*innen oft nicht zu, digitale Informationen kritisch zu bewerten und unterlassen es, unterschiedliche Quellen auf ihre Verlässlichkeit miteinander zu vergleichen. Dies steht im Widerspruch zur wachsenden Bedeutung digitaler Informationskompetenz in einer zunehmend digital-geprägten Gesellschaft. Schulen und Lehrkräfte können hier eine Schlüsselrolle einnehmen und die digitale Informationskompetenz der Schüler*innen nachhaltig stärken.“ (S. 20)
Nur knapp die Hälfte der befragten Jugendlichen billigt ihren Lehrerinnen und Lehrern die Kompetenz zu, digitale Geräte im Unterricht zu nutzen. Das ist deutlich weniger als im OECD-Durchschnitt (70 Prozent).
Auch hier ist wieder die Abhängigkeit der Kompetenz vom sozioökonomischen Status auffällig, es gelingt den Schulen nicht diese zu verringern.
Und noch ein Zitat:
„Die Hauptstudie „PISA 2022“ hatte bereits gezeigt, dass die Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland seltener als im OECD-Durchschnitt angeben, digitale Tools in ihrem Unterricht und bei den Hausaufgaben einzusetzen. Die Mehrheit der Schulleitungen hatte in der Befragung berichtet, dass die Lehrkräfte nicht genügend Zeit für die Unterrichtsvorbereitung zur Integration digitaler Medien haben und die Schulen nicht über genügend qualifiziertes Personal für den technischen Support verfügen.“
Im Kontext von digitaler Kompetenz und dem Umgang mit Fake News ist festzuhalten, dass nur 47% sich in der Lage sehen Informationen aus dem Internet qualitativ zu beurteilen und zwei Drittel diese ungeprüft in sozialen Medien teilt. Das ist fatal für den Schulfrieden, das Miteinander in der Gesellschaft und für die Demokratie.

Kommen wir zu einer Studie des Digitalverbands bitkom aus dem August 2024. Diese begegnet naturgemäß den Fähigkeiten der Kinder eher positiv. Bemerkenswert ist allerdings, dass über 90% der Sechsjährigen das Internet nutzen und über 93% der zehnjährigen soziale Netzwerke, was in den meisten Fällen eigentlich gar nicht erlaubt sein dürfte.
Insgesamt wurden hier Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren befragt, von denen 76% angeben sich mit Privatsphäreeinstellungen auszukennen, was sehr hoch wirkt. Vielleicht gehört dazu aber auch das Umgehen elterlicher Einstellungen, was man mit Youtube recht leicht erlernen kann.
Eher gering, aber es wird ja auch nur das „Hellfeld“ ausgeleuchtet, kommen mir die Zahlen zu den Hasskommentaren und zum Mobbing vor.
In der Presserklärung zur Studie äußert sich Bitkom-Präsident Wintergerst so: „ Auch wenn es ohne Kontrolle in jungen Jahren nicht geht, ist allerdings Aufklärung das wichtigste Instrument der Medienerziehung“ Das ist wohl richtig und auch hier ist dann Schule wieder gefordert, weil Eltern es, no offense, oft auch nicht besser wissen.

Rund 2.000 Menschen aller Altersklassen hat das Institut Allensbach im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung zu Falschmeldungen und Desinformation befragt. Im Zentrum der Untersuchung stehen Narrative zu Russland und China, aber auch zu Impfungen, dem Klimawandel und der Corona-Pandemie, die Daten zu Jugendlichen hier stammen aus der Gruppe der 16 bis 19-Jährigen.
Wenn nur 44% der Befragten aller Altersgruppen angeben Fake News leicht zu erkennen, heißt das, dass über 50% sich damit schwer tun und wenn diese Zahl bei Jugendlichen noch höher ist, muss Schule mehr leisten. Erschreckend sind auch die anderen Zahlen, ungefähr ein Drittel der Jugendlichen glaubt nicht an den Klimawandel, an Impfstoffe oder dass China eine Demokratie sei.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung fasst das Ergebnis so zusammen:
„Die Umfrage zeigt: Wir haben das Ausmaß und die Gefahr von Desinformation in unserer Gesellschaft noch immer nicht erkannt. Junge Menschen sind deutlich empfänglicher für Desinformation und TikTok spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich chinesische und russische Desinformation weiter in unserer Mitte ausbreitet. Sie ist eine Gefahr für unsere Demokratie“. Da hat sie wohl recht und stellt auch wieder einen Zusammenhang zwischen Medien- und Demokratiebildung her.

Bevor wir abschließend zu Zahlen zur Demokratie kommen, werfen wir noch einen Blick auf die Künstliche Intelligenz.
Auch bei dieser Vodafone-Studie aus diesem Jahr zeigt sich, dass Jugendliche KI für wichtig halten, diese für die Schule nutzen und knapp die Hälfte mit den Kompetenzen der Lehrkräfte unzufrieden ist. Nur ein gutes Drittel berichtet von Regularien in der Schule. Das zeigt, dass KI bei den Jugendlichen deutlich besser angekommen ist als in der Schule.
Interessant ist hier aber auch, dass der Zusammenhang zu Demokratie- und Medienbildung deutlich wird. KI verschärft die Ungleichheit in der Gesellschaft durch einen digital divide, gleichzeitig beeinträchtig sie den gesellschaftlichen Frieden und das Schulklima, indem sie Mobbing auf ein neues Level hebt. Deep Fakes ermöglichen eine ganz neue Qualität von Mobbing und da stehen wir noch am Anfang.

Kommen wir abschließend im statistischen Teil noch zu dem Aspekt der Demokratiebildung im Kontext sozialer Medien.
Das Institut für Generationenforschung hat in mehreren Erhebungswellen eine umfassende Umfrage zur aktuellen Erstwählerkohorte durchgeführt. Über mehrere Erhebungswellen hinweg, von 2024 bis Januar 2025, wurden 4.132 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik befragt.
Bemerkenswert ist hier das Ergebnis, dass sich über 90% der jungen Erwachsenen Sorgen um die Zukunft machen. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, taucht in meinem Vortrag aber nur am Rande auf. Spannend ist, dass für über 70% der Erstwählenden soziale Medien für ihr Verhältnis zu Politik wichtig sind und, dass ebenso viele junge Erwachsene den Politikern die Kompetenz im Umgang mit sozialen Medien absprechen. Denken sie nur an Scholz‘ Aktentasche.
Hellhörig muss man jedoch werden, wenn 55% angeben, dass sie sich im Gegensatz dazu von der AfD erreicht fühlen.
Laut statista hat die AfD, Stand Februar 2024, mit Abstand die meisten Followerinnen und Follower in den sozialen Medien, über 2,6 Millionen, das sind fast doppelt so viele wie die anderen Parteien zusammen haben. Auf TikTok und YouTube, bei Jugendlichen sehr beliebten Kanälen, ist die Partei weit vorne. Ebenso bei Facebook, aber das spielt für die Jugend kaum noch eine Rolle. Bei der letzten Europawahl haben 16% der 16 bis 24-Jährigen die AfD gewählt, die Partei konnte im Vergleich zu 2019 um 11% zulegen (im Gegensatz zu 5% über alle Altersgruppen). Bei der Landtagswahl in Thüringen im letzten Jahr waren es 35%, in Brandenburg 31% aus dieser Altersgruppe, die die AfD gewählt haben. Für die kommende Bundestagswahl konnte ich keine Prognosedaten finden, ich bin gespannt.
Ein Grund dafür ist die erfolgreiche Präsenz in den sozialen Medien und die mangelnde Kompetenz der anderen Parteien in diesem Bereich.
Hier wird noch einmal deutlich, dass Demokratie- und Medienbildung nicht getrennt betrachtet werden können. Jetzt muss man dazu aber auch noch wissen und bedenken, dass die Nutzung KI generierter Bilder und Filmsequenzen in Wahlkämpfen und Parteiwerbung eine zunehmende Rolle spielt und dass auch dort die AfD wieder besonders aktiv ist und ihr der der KI innewohnende cultural bias zugute kommt.

Ergänzend dazu noch Erkenntnisse aus zwei weiteren Studien, dann sind wir durch. Eine Bertelsmann-Studie von 2024 hat herausgefunden, dass das Vertrauen der 18 bis 30-Jährigen in Demokratie mit 59%, in die Regierung mit 39% und in die Medien mit 31% erschreckend gering ist.
Das passt zu den Erkenntnissen aus einer Vodafone-Studie von 2022, die ergab, dass 75% der 14 bis 24-Jährigen Politik zu schwerfällig finden und die Hälfte mit der deutschen Demokratie unzufrieden ist. Auch hier wird noch einmal deutlich, dass sich die junge Genration um ihr Zukunft sorgt und wenig Vertrauen in die Politik hat, dass diese Probleme wie den Klimawandel in den Griff bekommt.

Was ist nun das Fazit aus diesem Parforce-Ritt durch die Zahlen?
Eigentlich ist das Fazit desaströs. Wir lassen unsere Kinder und Jugendlichen alleine und sind dabei sie an Fake News und Hass zu verlieren. Das Vertrauen in die Institutionen schwindet, obwohl sich die Jugend für Politik und das Weltgeschehen interessiert. Sowohl das Elternhaus als auch die Schule und auch die Politik werden ihrer Verantwortung nicht gerecht. „Wir verlieren unsere Kinder“, wie Silke Müller in ihrem gleichnamigen Bestseller feststellt und Kinder sind eine „Minderheit ohne Schutz“, wie Aladin El Mafaalani sein neues Buch betitelt. da sie und auch ihre Eltern politisch keine relevante Wählerschicht bilden, weil sie demografisch zunehmend marginalisiert werden.
Betrachten wir die einzelnen Punkte des Fazits noch etwas genauer, bevor wir zu Handlungsoptionen kommen.

Politik ist für Jugendliche nicht uninteressant, allerdings hat sich der Zugang fundamental gewandelt. Soziale Medien spielen eine zunehmend bedeutende Rolle, damit nimmt aber auch die Gefahr von Fake News und Beeinflussung durch extremistische Propaganda zu und das bei schwächer werdenden digitalen Kompetenzen und schwacher Unterstützung durch die Schulen, bei denen oft noch keine Kultur der Digitalität aufgebaut wird. Trotz des Interesses an Politik haben die Jugendlichen zu wenig Vertrauen in die Demokratie, Politiker und Medien. Klassische Zeitungen spielen kaum noch eine Rolle.

Wir wissen, dass die Nutzung des ersten Smartphones immer früher erfolgt, damit verbunden sind soziale Medien und das Internet. Das bedeutet zwangsläufig, dass immer jüngere Kinder mit Fake News, Gewalt, Extremismus und Pornographie konfrontiert werden. Für mich heißt das, dass wir noch früher mit Medien- und Demokratiebildung beginnen müssen. Wir müssen unsere Kinder so stark und resilient machen, dass sie damit umgehen können.

Dieser Einfluss von Fake News, Extremismus usw. nimmt eher zu. Andere Länder, China, Russland, aber auch die USA, versuchen online und digital Einfluss aus Wahlen und das gesellschaftliche Klima oder politische Entscheidungen zu nehmen. Dabei spielen auch Deep Fakes mit KI eine Rolle, KI kann aber noch mehr, sie kann zur Analyse von Nutzerverhalten und der Generierung von passgenauem Content genutzt werden oder Massen an Bots herstellen und dirigieren. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf die Stabilität unserer Demokratie und das Klima an unseren Schulen.

Die eben schon angedeutete gefährliche Seite von KI, wird ums gefährlicher, wenn diese auch von Schülerinnen und Schülern vermehrt genutzt wird, aber die Kompetenzen im kritischen Umgang nicht ausreichen und die Lehrkräfte dafür nicht ausgebildet und daher nur begrenzt hilfreich sind.
KI überrollt die Schulen, es zeichnet sich aber noch keine flächendeckende Strategie ab, wie damit umgegangen werden soll. Erste Prüfungsformate, wie die klassische Hausarbeit, haben sich eigentlich schon erledigt, Hausaufgaben werden eher obsolet, aber wir haben bisher nur wenig Ahnung, was das für das Schulsystem bedeutet.
Nicht zu vernachlässigen ist der zunehmende digital divide, der eng mit der Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom sozioökonomischen Status zusammenhängt. Es ist wichtig zu wissen, dass auch eine erfolgreiche KI-Nutzung Geld kostet und on zuhause gestützt werden muss, was gerade in ohnehin schon abgehängten Familien nicht möglich ist.
Hinzu klommt dann noch der cultural bias, der in der KI stecht, durch den marginalisierte Gruppen weiter marginalisiert werden, weil sie in den Trainingsdaten der KI keine relevante Rolle spielen.

Deutsche Schülerinnen und Schüler werden schlechter in den Kompetenzen, die für eine Kultur der Digitalität benötigt werden, statt digital Literacy nur „click and swipe“. Das genügt nicht. Gleichzeitig haben die Schulen diese Themen zu wenig auf dem Schirm, die Lehrkräfte sind nicht hinreichend ausgebildet und ohnehin überlastet. Dazu kommt der Lehrermangel. All das gilt auch für die Schulleitungen und die Kultusbürokratie.
Das Vertrauen der Jugendlichen in Politik und Medien nimmt ab, das heißt, wir müssen uns Sorgen um unsere Demokratie machen. Das hängt natürlich mit den Fake News zusammen, aber auch damit, dass Jugendliche die Erfahrung machen, dass sie im politischen Diskurs keine sichtbare Rolle einnehmen. Das und die Zukunftssorgen der Jugend machen sie anfällig für politische und religiöse Extremisten jeglicher Couleur. Auch hier muss Schule mehr Verantwortung übernehmen.
Sie fragen sich jetzt natürlich zurecht, was Schulen noch alles machen sollen. Aber mal ehrlich, können wir es uns bei dieser Ausgangslage leisten uns nicht damit zu beschäftigen? Schule ist das Instrument der Gesellschaft zur Reproduktion von Herrschaft, wenn wir weiter eine pluralistische Demokratie wollen, müssen wir unseren Nachwuchs entsprechend ausbilden. Dafür müssen wir darüber reden, was wir in Schulen Deimplementieren können, aber das ist eine andere Debatte.
Ich hoffe, es ist deutlich geworden, warum ich glaube, dass Medien- und Demokratiebildung und digital literacy, inklusive KI, zusammen gehören und es so wichtig ist, diese zusammen und komplex zu denken und warum sich Schule dessen annehmen muss.
Die Diagnose ist also katastrophal und wenn wir die Probleme nicht angehen, rückt das rechte Szenario auf dem Eingangsbild näher. Sie erinnern sich?

Wie verhindern wir, dass die Dystopie eintritt, die sich vielleicht schon anbahnt? Was kann Schule konkret und realistisch tun?
Im zweiten Teil meines Vortrages will ich Impulse und Anregungen geben, wie wir Schule verändern können, um in Zukunft Medien-, Demokratie- und KI-Kompetenz in der Schule so zu fördern, dass wir eine optimistische Zukunft erwarten können, also die linke Seite des Bildes.
Ich glaube, dass Schule die zentrale Rolle bei der Gestaltung der Gesellschaft der Zukunft spielt. Hier müssen alle Kinder hin und hier werden sie gesellschaftlich zu großen Teilen sozialisiert und instruiert.
Ich werde nun zuerst auf einer eher abstrakten Ebene formulieren, wie sich Schule verändern muss und dann auf der persönlichen und systemischen Ebene konkreter werden und am Ende ganz konkrete Impulse für die Praxis setzen mit denen sie, wenn sie das denn wollen, am Montag loslegen können. Ganz am Ende gibt es noch die nötigen Links dazu.

Zunächst glaube ich, ist es wichtig, dass wir uns dafür öffnen, Schule neu zu denken.
Wir müssen uns klar machen, dass es immer weniger um reine Wissensvermittlung geht, Wissen wird durch das Internet und KI immer leichter verfügbar. Wir müssen endlich die Kompetenzen stärker in den Fokus rücken und den Umgang mit Wissen und dessen Überprüfung stärker in den Blick nehmen. Außerdem muss ein Schwerpunkt auf Demokratie- und Medienbildung in einer Kultur der Digitalität gelegt werden. Das ist eine Aufgabe für alle Lehrkräfte!
Weiter müssen Schulen echte demokratische Institutionen werden, die Bedürfnisse der Lernenden müssen ernst genommen werden, sie müssen echte Mitspracherechte bei der Gestaltung des Lernens, der Gebäude und der Strukturen bekommen. Nur wer wirklich mitbestimmt lernt demokratische Selbstwirksamkeit und vertrauen in die Funktionsweise von Demokratie.
Wir müssen akzeptieren, dass in einer immer komplexer werdenden Welt auch das Schulsystem komplexer wird. Es reicht nicht mehr Konzepte für Medien, Gewaltprävention, Suchtprävention, soziales Lernen, Methodenlernen und was es noch alles gibt, nebeneinander in den Schrank zu stellen. Wir müssen das alles zusammen denken, weil es zusammen gehört. Das ist natürlich komplex, aber Lehrkräfte können das. Dafür müssen sie sich natürlich permanent fortbilden, dafür braucht es entsprechende Ressourcen. In anderen Ländern funktioniert das ja auch.

Schulen müssen sich vernetzen, mit anderen Schulen aber auch mit anderen Bildungsträgern und Institutionen in den Kommunen, vom Gartenbauverein bis zur Volkshochschule. Dadurch lassen sich Synergien schaffen und der Blick weitet sich. Für die Schülerinnen und Schüler bieten sich außerschulische Lernorte und außerschulische Lehrende bereichern und entlasten die Schulen.
Vieles am Setting von Schule hat sich in den letzten 200 Jahren nicht geändert. Wir denken immer noch in Klassen, Fächern und Klassenarbeiten, alle Lernenden sollen im gleichen Alter, zur gleichen Zeit, im gleichen Raum, bei der gleichen Lehrkraft, im gleichen Tempo, mit dem gleichen Material, der gleichen Methode das gleiche Ziel gleich gut erreichen. Ob das je funktioniert hat, sei dahingestellt. Nach meiner Einschätzung funktioniert das immer schlechter. Alles muss auf den Prüfstand und neu gedacht werden. Das das möglich ist, zeigen real existierende Beispiel, dazu gleich mehr.
Wenn sich die Welt verändert, wie kann dann Schule stehen bleiben?
Werden wir aber erst einmal konkreter.

Was kann jede und jeder Einzelne tun?
Das Schwierigste ist, so zumindest meine Erfahrung, an Haltungen zu arbeiten. Die Rolle der Lehrkraft wandelt sich, sie wird vom Instrukteur zum Lernbegleiter oder zur Lernbegleiterin. Es geht darum die Lernenden bei ihrem Lernprozess zu unterstützen, sie zu „coachen“, ihnen beizubringen selbstorganisiert und individualisiert zu lernen. Dafür müssen wir ihnen auf Augenhöhe, frei von Adultismus und Klassismus, begegnen, sie in ihrer Persönlichkeit ernst nehmen, ihnen klar machen, dass sie ein Jemand sind und ihnen ein Growth Mindset mitgeben und ihr Potenzial erkennen und entfalten.
Wir müssen uns fortbilden, in Sachen Lernbegleitung, Potenzialentfaltung und einer Kultur der Digitalität. Diese Erkenntnisse müssen wir zur Unterstützung der Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler umsetzen.

Wir müssen jeden Lernprozess auch als Prozess für Demokratie- und Medienbildung sehen. Das geht, indem wir den Lernenden Mitbestimmungsrechte für ihren Lernprozess geben und wir sie bei schulischen Entscheidungen mitreden lassen und wenn wir in den Lernprozessen, wo es sinnvoll ist, mit Medien arbeiten, analog und digital. Lernprozesse lassen sich wunderbar mit digitalen Lernmanagementsystemen organisieren und von E-Portfolios begleiten, für so etwas finden sie hier auf der Messe Anbieter. So entsteht eine selbstverständliche Kultur der Digitalität, wie sie im „echten“ eben oft schon selbstverständlich ist.
Und zuletzt brauchen wir mehr Vernetzung und Austausch. Wir müssen mehr in Teams arbeiten und uns so gegenseitig entlasten, nicht jede Stunde, nicht jede Leistungsüberprüfung, nicht jede Unterrichtsentwicklung muss von Einzelnen immer wieder neu geplant werden. Durch gute Teamarbeit und konstruktiven Austausch lassen sich viele Ressourcen heben. Und das darf nicht am Schulzaun halt machen, das funktioniert auch mit anderen Schulen und sogar außerschulischen Partnern.

Schwieriger wird es dann auf der systemischen Ebene. Hier braucht man dann eine Schulleitung und Schulverwaltung, die Veränderungen mitträgt und man braucht ein Kollegium, das mitzieht, zumindest zu relevanten Teilen. Aber auch das geht, es gibt immer mehr Beispiele.
Elementar ist, dass man nicht einfach losrennt, das ist gefährlich. Viele gute Ideen zur Schulentwicklung verbrennen sofort, wenn sie nicht strategisch und inhaltlich klug geplant werden. Dafür ist es wichtig, sich mit Changemanagement und Organisationsentwicklung auseinander zu setzen. Dazu gibt es in allen Ländern Fort- und Ausbildungen.
Ebenso gibt es externe Begleitungen für diese Veränderungs- und Entwicklungsprozesse, teils von der Bildungsverwaltung, teils als Freelancer. Nutzen Sie das. Das sind die Profis für so etwas. Es ist keine Schande sich Profis in die Schule zu holen, mir ist ohnehin nicht klar, woher der Glaube kommt, dass Lehrkräfte und Schulleitungen alles können müssen, von der Erstellung von Hygienekonzepten bis zur Gefahrenabwehr oder Gewaltprävention. Dafür gibt es bessere externe Kräfte.
Schauen Sie über den Tellerrand, lernen Sie von Schulen, die sich schon verändert haben. Auch hier muss nicht immer das Rad neu erfunden werden. Innovative Schulen gibt es überall in Deutschland und diese kann man besuchen und sich mit ihnen vernetzen.

Verbreiten sie ihre Ideen, indem sie im Kollegium darüber reden oder Websites, Podcasts etc. empfehlen, suchen Sie sich Mitstreiterinnen und Mitstreiter, vernetzen sie Konzepte und arbeiten sie sich in die Komplexität schulischer Zusammenhänge und Konzepte ein.
Etablieren sie an Konferenzen oder pädagogischen Tagen neue Formate, die mehr Austausch ermöglichen, wie bei einem Barcamp. Platzieren sie dort innovative Schulentwicklungsthemen. Etablieren sie Mikrofortbildungen oder Fortbildungssnacks, zum Beispiel für kleine Aspekte der Digitalität, machen Sie Lust auf Neues.
Starten Sie kleine Prototypen und probieren sie gemeinsam mit Lehrkräften und/oder Lernenden neue Methoden, Prüfungsformate usw. aus. Wenn diese kleinen Projekte erfolgreich sind, entlasten und begeistern, dann breiten sie sich aus und werden zu Keimzellen der Veränderung. Aber auch hier ist es wichtig offen und transparent zu kommunizieren, bieten sie anderen an, mitzumachen, seien sie nicht böse, wenn die anderen nicht wollen. Starten sie keine „Geheimprojekte“, das fördert Argwohn.
Etablieren sie ein Qualitäts- und Projektmanagement, so arbeiten sie systematischer und zielgerichteter und sehen, ob Veränderungen wirksam sind. Auch hier gibt es Fortbildungen und externe Begleitung.
Wichtig ist: Veränderung braucht Zeit! Die komplette Neuausrichtung eines Systems kann durchaus fünf bis zehn Jahre dauern und verläuft nie gradlinig und problemlos, das müssen sie aushalten.

Ich kann es nicht oft genug sagen: Vernetzen sie sich! Das gibt Kraft, Orientierung und Rückhalt.
Es gibt bestehende Netzwerke zur Schulreform, die in Präsenz digital Fortbildungen und Workshops anbieten, dazu mehr auf der nächsten Folie.
Nutzen Sie soziale Netzwerke, ich profitiere persönlich sehr von BlueSky, dort sind viele fortschrittliche und digitalaffine Lehrkräfte vernetzt und tauschen sich über neue Ideen und Entwicklungen aus oder stehen mit Rat und Tat zur Seite.
Es gibt ein paar sehr gute Bücher zu Schulentwicklungsthemen in allen möglichen Varianten vom kleinen erbaulichen Bericht aus der Best Practice, bis zu dicken Wälzern mit Theorie zur Organisationsentwicklung.
Es gibt tolle Podcasts und Filme, die Lust auf Veränderung machen und von erfolgreichen Veränderungsprozessen erzählen.
Besuchen Sie Veranstaltungen mit Gleichgesinnten, das macht Lust und zeigt, dass man mit seinen Wünschen und  Sorgen nicht alleine ist.
Schauen sie sich gelungene Beispiele an, fahren sie mit Kolleginnen und Kollegen oder der Schulleitung in eine Schule, die ein innovatives Konzept entwickelt hat und schauen sie sich das vor Ort an.
Zum Beispiel können sie sich bei den Trägerschulen des Deutschen Schulpreis umschauen, das geht vor Ort, aber auch im Internet oder in entsprechenden Veröffentlichungen.

Jetzt wird es ganz konkret! Das sind aber nur Beispiele, die Links kommen auf der übernächsten Folie, mehr gibt es auf meiner Homepage und natürlich im  Netz.
Netzwerke zur Schulreform: Schulen im Aufbruch bietet Entwicklungsbegleitung an und basiert auf den Ideen von Margret Rasfeld, damit verbunden ist der Freiday, BeWirken bietet auch Unterstützung bei der Schultransformation an, mit dem Programm UnlearnSchool gelingt der Wandel zu einer Schulkultur mit Lernbegleitung, die Breuninger-Stiftung von Helga Breuninger und die Pioneers of Education von Silke Weiss bieten ebenfalls Coachingprogramme und Workshops und unterstützen Veränderungsprozesse.
Soziale Netzwerke zur Inspiration nutzen: Es gibt bei BlueSky, Instagram, Threads oder LinkedIn Lehrkräftebubbles, die neue Mitglieder mit offenen Armen empfangen. Die Schwelle ist wirklich niedrig, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Mein Social Media-Hub ist das BlueLZ auf BlueSky. Ich bin in den sozialen Medien selbst erst seit zweieinhalb Jahren aktiv und habe dort so viel gelernt und so wichtige Kontakte geknüpft.
Einschlägige Literatur lesen: Das sind nur ein paar Autorinnen und Autoren, die mich inspiriert haben, mehr gibt es auf meiner Homepage.

Podcasts, Filme: Podcasts lassen sich wunderbar beim Putzen oder Autofahren hören, File können sehr inspirierend sein. „Treibhäuser der Zukunft“ ist schon etwas älter, aber eigentlich Pflichtprogramm für Lehrkräfte. Den Film gibt es auf YouTube. „Bratsch – Ein Dorf macht Schule“ gibt es noch bis zum 28. Februar in der Mediathek von 3Sat, Radical gibt es auf DVD.
Veranstaltungen: Hier auf der Didacta kann man auch zahlreiche Inspirationen mitnehmen, empfehlenswert ist auch die jährliche Tagung der Mobilen Schule in Hannover. Es soll wohl auch eine Neuauflage des PxP-Festivals in Berlin geben mit Workshops, Vorträgen, Ständen und Musikprogramm. Jährlich findet auch der Deutsche Schulleitungskongress in Düsseldorf statt, nicht ganz günstig, aber mit hochkarätigem Speaker- und Workshop-Programm. Neu auf dem Markt ist das Futuromundo von Leonard Sommer diesen Sommer in Stuttgart.
Best Practice: Schauen sie sich die Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe, die Alemannenschule in Wutöschingen, eine der vielen anderen innovativen Schulen an, das sind die lebenden Beweise dafür, das Veränderung möglich ist und Schule zeitgemäß und wohltuend sein kann.

Zum Abschluss noch fünf ganz konkrete Projekte als Beispiele für ein gute Praxis:
DemoKI: Projekt der Friedensschule Osnabrück zur Verbindung von KI und Demokratie, sehr spannend und am Laufen.
Aula: Eine von von Marina Weisband gegründete Initiative, die praktische Demokratie und Digitalität in Schule vereint, mit Aula lassen sich demokratische Strukturen etablieren und digital organisieren.
WSH: Beispiel für eine Schule mit Kultur der Digitalität Die erste digitale Schule Niedersachsens. Dort gab es die ersten Tablet-Klassen, Schulleiterin ist Silke Müller, vielleicht dem einen oder der anderen als Autorin oder Redmerin bekannt.
Auch der Rote Salon der Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe ist ein tolles Projekt, bei dem Schulentwicklung unter Beteiligung der ganzen Schulgemeinschaft und sogar des Stadtteils stattfindet.
Und zuletzt der Freiday, bei dem ein Tag in der Woche kein klassischer Unterricht stattfindet, sondern im Sinne von schülerorientiertem Projektlernen, orientiert an den SDG, Schülerinnen und Schüler Selbstwirksamkeit erfahren.
Es gibt noch viele andere tolle Ideen, die hier den Rahmen sprengen würden wie das Fach Verantwortung oder das Leolab der Leonore-Goldschmidt-Schule in Hannover. Zum Thema KI muss man noch die Homepages von Joscha Falck, Manuel Flick, Hauke Pöhlert und Florian Nuxoll empfehlen, zur Medienbildung die zahlreichen Homepages wir Klicksafe und so weiter. All das würde aber den Rahmen sprengen.
Auf meiner Homepage gibt es dazu kuratierte Linksammlungen, eine Bücherliste, einen Newsletter, einen Blog und mehr. Ich freue mich, wenn sie vorbeischauen. Dort gibt es nach dem Wochenende dann auch diese Präsentation samt Vortragstext im Blog.

Hier gibt es die Links zu den konkreten Impulsen.
https://schule-im-aufbruch.de/, https://bewirken.org/, https://www.helga-breuninger-stiftung.de/, https://pioneersofeducation.online/
https://bsky.app/, https://www.instagram.com/, https://www.threads.net/, https://www.linkedin.com/
https://www.schulmun.de/buchtipps/
https://trello.com/b/7kLElfqe/podcast-box-bildung (Übersicht von Sebastian Staack)
https://www.didacta.de/, https://mobileschule-tagung.de/, https://pxp.one/festival/, https://deutscher-schulleitungskongress.de/, https://www.futuromundo.com/
https://www.ers-karlsruhe.de/, https://asw-wutoeschingen.de/, https://leonore-goldschmidt-schule.de/, https://www.wsh-hatten.de/
https://www.deutscher-schulpreis.de/

Und die Quellen zu den genutzten Studien.
•JIM-Studie 2024: https://mpfs.de/app/uploads/2024/11/JIM_2024_PDF_barrierearm.pdf
•ICILS-Studie 2023: https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&buchnr=4941
•Sonderausw. PISA: https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&buchnr=4993
•Bitkom 2024: https://www.bitkom.org/print/pdf/node/21985
•FNS 2025: https://www.freiheit.org/sites/default/files/2025-01/tabellenband_umfrage-desinformation_fnf_0.pdf
•Vodafone 2025: https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2025/01/KI_an_europaeischen_Schulen_IPSOS_DE-1.pdf
•Bertelsmann 2024: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/jung-kritisch-demokratisch
•Vodafone 2022: https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2022/04/Jugendstudie-2022_Vodafone-Stiftung.pdf
•Jugendwahlstudie 2025: https://www.generation-thinking.de/post/jugendwahlstudie-2025

Wer sich mit mir vernetzen will, kann das gerne tun. Einfach den QR-Code scannen und dann gibt es alle Vernetzungsmöglichkeiten in einem Linktree.
Ich hoffe, mein Vortrag war in irgendeiner Weise hilfreich, mir war es in jedem Fall ein Vergnügen.
Einen Punkt habe ich noch 😉 Ich glaube, dass die Realität an Schule sogar noch viel komplexer ist. Wir haben nämlich noch gar nicht über psychische und physische Gesundheit, Radikalisierung, Bubbles, Echokammern, Ernährung, soziales Lernen und so vieles mehr gesprochen. Dazu vielleicht beim nächsten mal mehr!
Vielen Dank, vernetzen sie sich und denken sie komplex!

2025-05: Lehrkräftegesundheit

Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 und 2025 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema sind unter dem Beitrag zu finden. Zusätzlich hat Susanne Posselt hier eine beschreibbare Taskcards-Pinnwand erstellt. Die gibt’s hier.

Ich überlege schon länger, was ich zu diesem Thema beitragen kann und muss gestehen, dass das für mich persönlich ein etwas blinder Fleck ist.
Natürlich versuche ich in der Schule Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Kollegium Möglichkeiten zur Gesunderhaltung schaffen, so schwer das in unserem Job ist. Wir nehmen an einem Zertifizierungsprogramm des Ministeriums teil, welches Bewegung und Achtsamkeit für alle in Schule fördern soll, ich führe aktuell jede Woche sogenannte Integrationsgespräche mit Kolleginnen und Kollegen, die eine hohe Anzahl an Krankheitstagen haben, um Möglichkeiten auszuloten deren Dienstfähigkeit zu erhalten. Am Ende gehört das aber auch zu den Aufgaben, für die ich nicht ausgebildet bin und von denen ich nicht wirklich Ahnung habe.
Ich weiß, das viele Kolleginnen und Kollegen hohe Belastungen haben, die sicher nicht gesund sind, dass es keine geregelten Pausenzeiten oder vernünftige Rückzugsmöglichkeiten gibt. Ich weiß, dass wir unter entgrenzten Arbeitszeiten leiden und zunehmend mit Schicksalen konfrontiert werden, mit denen wir schwer zurecht kommen und oft genug alleine gelassen sind.
Ich weiß auch, dass ich als Schulleiter viele Kolleginnen und Kollegen mit Konferenzen, Klassenkonferenzen, Berichten, Stundenplanänderungen, Lerngruppenwechseln und vielem mehr belaste, habe aber oft keine Ideen, wie ich das entlastender gestalten kann.
Wir brauchen alle echte Entlastung zur Erhaltung unserer Gesundheit. Wir müssen wirklich Dinge abschaffen, alles muss auf den Prüfstand: Förderpläne, Halbjahreszeugnisse, Klassenarbeitszahlen, Lehrplaninhalte, Dokumentationspflichten usw. Studien zeigen ja, dass nicht nur die Gesundheit der Lehrkräfte leidet, sondern auch die der Schülerinnen und Schüler.

Und zuletzt bin ich bei der Gesunderhaltung auch kein gutes Vorbild. Und arbeite deutlich mehr Stunden als ich muss, ich lege Termine in die Mittagspause, Esse am Computer, zu viel und zu ungesund. Ich treibe zu wenig Sport und sitze zu viel am Schreibtisch. Anders ist das Pensum aber oft kaum zu bewältigen, zumal ich ja auch noch daran interessiert bin, Schulentwicklung zu betreiben, für eine hoffentlich bessere Zukunft. Auch bei den Aufgaben für Schulleitungen bedarf es der Deimplementierung.

Am Ende stelle ich fest, dass dieses Thema der Blogparade eines ist, zu dem ich keinen wirklich konstruktiven Beitrag leisten kann. Das ist eigentlich eine Katastrophe.

Weitere Beiträge:
Herr Mess: https://herrmess.de/2025/01/23/edublogparade-2025-folge-1-lehrergesundheit/.
Frank Zinecker: https://schulgedanken.de/blogparade-lehrergesundheit.
Frau Kreis: https://fraukreis.wordpress.com/2025/01/26/edublogparade-2025-folge-1-lehrkraftegesundheit/.
Susanne Posselt: https://susanneposselt.de/lehrkraeftegesundheit/.

2025-04: Wird Schule Hyperkomplex? (Oder sogar unser ganzes Leben?)

Ich habe heute mit meinem ehemaligen Chef telefoniert und er hat mir erzählt, dass er im Moment gerne den Begriff „unterkomplex“ gebraucht, aus Gründen. Mir ist daraufhin eingefallen, dass ich im letzten Mai bereits einen Blogartikel geschrieben habe, in dem ich feststelle, dass wir Schule unterkomplex organisieren, was ich daran festmache, dass wir viele Konzepte für einzelne Themen (Demokratiebildung, Medien, Sucht- und Gewaltprävention usw.) schreiben, die alle schön nebeneinander stehen. Eigentlich müssten diese aber alle zusammengedacht werden, da sie inhaltlich zusammenhängen, diese Zusammenhänge also komplexer sind als wir sie in den Konzepten abbilden und dass deshalb diese Konzepte oft wirkungslos bleiben.
Diese Beobachtung bedeutet natürlich im Umkehrschluss, dass die in der Schule und überhaupt abgebildete Realität komplexer wird. Diese Vorstellung ist ja nicht neu und bestimmt den öffentlichen Diskurs schon länger, vermutlich seit Beginn der Neuzeit, mit dem auch technische und wissenschaftliche Entdeckungen sich beschleunigend zunehmen. Dies führt natürlich zu gesellschaftlichen Verwerfungen, zu so genannten Disruptionen, Brüchen, die nicht ohne Konflikte vonstatten gehen. Frederic Laloux spricht in seinem Buch „Reinventing Organisations“ vom erreichen einer neuen Evolutionsstufe, Andreas Reckwitz von einer Gesellschaft der Singularitäten, wir ordnen uns ins Zeitalter der Postmoderne ein, Colin Crouch hat zur Jahrtausendwende den Begriff der Postdemokratie geprägt und immer wieder ist die Rede, auch in meinen Beiträgen, von einer VUCA- oder BANI-Welt, diese Akronyme enthalten ja die Begriffe Komplexität und Unbegreiflichkeit.
Aladin El Mafaalani spricht im Bezug auf Schule immer wieder von Superdiversität im Klassenzimmer und meint damit eine Steigerungsform der allseits bekannten Heterogenität der Lernenden, mit der es Schulen zu tun haben. Die psychischen Belastungen der Schülerinnen und Schüler nehmen zu, die Anzahl der Inklusionsfälle, der Förderpläne, die curricularen Inhalte, die Forderung nach neuen Fächern, die Dokumentationspflichten, die Rechtsverordnungen, die statistischen Erfassungen, die Datenschutzformulare, die zu erstellenden Konzepte und so weiter. All das sind Symptome einer zunehmenden Komplexität in der Schule im Besonderen und in der Gesellschaft im Allgemeinen. All dies führt zu einer Überforderung der einzelnen Akteure in den Schulen, aber auch in der Gesellschaft (und da haben wir noch gar nicht über internationale Politik oder den politischen Diskurs in Deutschland im Besonderen gesprochen, was ich an dieser Stelle auch ausspare beziehungsweise im Epilog anspreche).
In jedem Fall führt diese zunehmende Überforderung der Einzelnen, die der oder die Einzelne ja auch nicht so ohne weiteres zugeben kann, zu mehr Konflikten und Vandalismus in Schule und Gesellschaft und zu mehr Krankheitstagen und Burnout. Irgendwo muss dieses Gefühl der Überforderung und Getriebenheit ja auch hin.
Gleichzeitig, und das zeigt zum Beispiel der aktuelle Wahlkampf, verspricht man uns, das alles zumindest so bleibt wie es ist, oder, besser noch, so schön wird, wie es früher einmal gewesen sein soll. Natürlich wünschen wir uns eine vermeintliche Einfachheit (und Unschuld) zurück, die es so wahrscheinlich nie gegeben hat. Natürlich ist es einfacher, wenn wir den Klimawandel einfach ignorieren und uns glauben machen, dass mit der Rückkehr der Atomkraft Energie billiger und umweltfreundlicher wird. All das sind verständliche Reaktionen auf die zunehmende Komplexität der Welt. Aber insgeheim wissen oder spüren die meisten Menschen instinktiv auch, das hoffe ich zumindest, dass es so nicht funktionieren wird.
Also müssen wir uns der Komplexität stellen, wir müssen einsehen, dass es keine einfachen Lösungen gibt, dass es Anstrengungen bedarf unseren Wohlstand und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu erhalten. Das Versprechen eines vermeintlich immer einfacheren Lebens mit immer mehr Wohlstand und Konsum geht nicht mehr auf, wir brauchen eine neue Vision, einen neuen Konsens.
Zurück zu meinem eigentlichen Thema. Für Schule und Bildung bedeutet das, dass wir eine neue Form von Bildung und Erziehung entwickeln müssen, die noch mehr das Miteinander und einen bewussten Konsum in den Fokus nimmt. Demokratie- und Menschenbildung, dazu Medienkompetenz und Resilienztraining, kritisches Denken und Kompetenzen in Kommunikation und Kollaboration, kreativer Umgang mit Herausforderungen und so weiter müssen im Vordergrund stehen und kein Prüfungs- und Fächerkult.

Epilog
Ich habe leider Zweifel, dass uns das nötige Umdenken aktuell gelingen kann und das hat mit einer Beobachtung zu tun, die ich jeden morgen auf meinem Schulweg mache, wenn ich die Darmstädter Straße überquere und die Wahlplakate am Gitter der Brücke über den Hengstbach sehe und unser aktueller Bundeskanzler darauf „Mehr für Dich“ verspricht (andere Parteien versprechen das auf ähnliche Weise). Dieses Versprechen ist aus wahlkämpferischer Sicht verständlich, wer würde schon eine Partei wählen, die weniger verspricht. Aber eigentlich müssten wir genau darüber sprechen. Wir werden weniger Renten bekommen, wir werden weniger konsumieren müssen, wir werden weniger Reisen können, wir werden uns im Allgemeinen mit weniger zufrieden geben müssen, alleine schon weil die Ressourcen knapper werden und weil die Gesellschaft einem demographischen Wandel unterliegt. Insofern ist auch das Versprechen „Mehr für alle“ eine viel zu einfache Antwort auf die komplexen Probleme mit denen wir konfrontiert sind. Das gilt für viele andere Versprechen im Wahlkampf genauso.
Der Schlüssel für die Lösung unserer Probleme ist eine andere Bildung. Wenn wir den nächsten Generationen schon einen ausgebeuteten und geschundenen Planeten mit fragmentierten Gesellschaften in einer gegebenenfalls neoimperialistischen Weltordnung hinterlassen, sollten wir ihnen wenigstens schon jetzt eine Bildung zukommen lassen, die sie in die Lage versetzt mit dieser Hinterlassenschaft umzugehen.

Redaktionelle Anmerkung
In einer ersten Version des Artikels wurde im Epilog der Slogan auf dem Wahlplakat falsch zitiert („Mehr für alle“). Die korrekte Version verändert die inhaltliche Aussage aber nicht.

2025-03: Warum wir einen neuen Literacy-Begriff brauchen. Eine Streitschrift?

Ich erinnere mich noch ziemlich genau an den PISA-Schock, den die erste PISA-Studie 2000 ausgelöst hat (Hintergründe zur PISA-Studie). Ich war noch Student und diese Studie war die erste Studie, die ich ganz gelesen habe, ich habe sogar, ich glaube es war im Hauptseminar Erziehungswissenschaften, ein Referat darüber gehalten.
Zu den Haupterkenntnissen, neben den schwächer werdenden deutschen Schulleistungen und der erschreckenden Abhängigkeit des Erfolgs im Schulsystem von der sozialen Herkunft, gehörte für mich definitiv der in der Studie verwendete Begriff von Literacy. Dieser konnte nicht einfach mit Lesefähigkeit gleichgesetzt werden, sondern bedeutete mehr. Literacy ist demnach:
Lesekompetenz wird bei PISA als Fähigkeit verstanden, Texte zu verstehen, zu nutzen, zu bewerten und über sie zu reflektieren sowie bereit zu sein, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, um eigene Ziele zu erreichen. Lesekompetenz ist danach die Grundlage dafür, eigenes Wissen und Potenzial zu entwickeln und an der Gesellschaft teilzuhaben. Um dieser umfassenden Definition der Lesekompetenz gerecht zu werden, deckt der PISA-Test verschiedene Arten von Texten und Aufgaben in verschiedenen Schwierigkeitsstufen ab.“ (Quelle)
Es geht also nicht nur darum einen Text zu lesen, sondern weit darüber hinaus. Der Text muss auch verstanden, genutzt und reflektiert werden, ja sogar um die Fähigkeit zur Partizipation mit eigenem Wissen und Potenzial. Aber die Literacy-Fähigkeit ist an den Text gebunden, wenn auch verschiedene Arten von Texten. Dazu zählen auch so genannte nicht kontinuierliche Texte, wie Grafiken oder Tabellen.
In den letzten Jahren wurde dieses Verständnis noch weiter erweitert:
„Seit 2018 gibt es bei PISA zudem Leseaufgaben, die das Einschätzen der Qualität und Glaubwürdigkeit von Textaussagen erfordern. Zusätzlich wird bei PISA die Fähigkeit erfasst, Informationen durch das Navigieren auf Webseiten zu finden – eine wichtige Komponente des digitalen Lesens.“ (Quelle)

Es fand also eine Erweiterung in Richtung einer Digital-Literacy statt, damit ist das Erfassen von linear und nicht-linear gemischten Texten gemeint, zum Beispiel Webseiten mit Bildern und Grafiken.

In der letzten Zeit ist zusätzlich zu dieser Begriffserweiterung immer wieder einmal die Rede von Data-Literacy oder AI-Literacy. Damit kommt, neben der bis dato stattgefundenen Erweiterung des Begriffs auf der sichtbaren Ebene, noch eine weitere Dimension zum Literacy-Begriff hinzu. Es geht dabei um ein Verständnis von Prozessen, die zu variablen Ergebnissen auf der sichtbaren Ebene führen. Ich muss ein Verständnis für die Verknüpfung, Sammlung und Verarbeitung von Daten haben, die dann durch algorithmengesteuerte Sprachmodelle einer KI in einem von mir initiierten interaktiven Prozess mit dem Sprachmodell ein „personalisiertes“ Ergebnis anzeigen. Chat-GPT und Co liefern keine reproduzierbaren Ergebnisse mehr.
Dies erfordert ein wiederum erweitertes Verständnis von Literacy, eben eines das nicht nur ein für alle gleich visualisiertes Ergebnis betrachtet, sondern eines, das mit dynamischen Ergebnissen umgehen kann. Das deutet sich schon in dem oben zitierten Einschätzen der Qualität und Glaubwürdigkeit von Textaussagen an, geht aber noch weiter. Es beinhaltet Elemente von Quellenkritik aus der Geschichtsforschung und von Ideologiekritik aus der Theorie der politischen Urteilsbildung und bezieht sich auf Texte, Audios, Videos, Bildern und Grafiken aller Art, die im Zeitalter der KI (ja, ich weiß, dass der Begriff „KI“ im Kontext nicht ganz korrekt, aber gebräuchlich ist) massenhaft reproduzierbar und generierbar sind. Die Grenzen zwischen wahr und falsch, künstlich und natürlich, guter und böser Intention, Manipulation und Aufklärung beginnen zu verschwimmen und auf dieser Ebene muss sich eine neue Form von Literacy entwickeln, die neben der Dimension des Sichtbaren und Offensichtlichen auch das Unsichtbare und Verdeckte in den Blick nimmt, also einen noch stärkeren Fokus auf die Intention richtet und gleichzeitig die technische Dimension der Algorithmizität und deren Grenzen und Möglichkeiten betrachtet.
Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, ergeben sich für mich zwei wesentliche Erkenntnisse:

  1. Das Verständnis von linearen und nichtlinearen Texten wird um eine Ebene ergänzt, nennen wir sie post-lineare Texte, deren sichtbare Ebene nicht mehr statisch ist, sondern variabel, weil mit Big-Data KI-generiert. Das macht das Lesen von Informationen noch schwieriger und ist Teil der wachsenden Herausforderungen, mit denen wir in unserer Welt lernen müssen umzugehen.
    Historisch gesehen wird unser Leben körperlich immer weniger anstrengen, geistig aber dafür umso mehr, weil der Komplexitätsgrad unseres Weltverständnisses immer größer wird.
  2. Das hat unmittelbaren Einfluss auf unseren Bildungsbegriff und damit auf die Art und Weise, wie wir Schule machen. Der Umgang mit Daten und Informationen lässt sich immer schlechter in Fächern kategorisieren und kanonisieren. Reines Wissen steht in riesigen Mengen zur Verfügung, man geht davon aus, dass sich die Menge der wissenschaftlichen Erkenntnis alle fünf bis zwölf Jahre verdoppelt. Das ist für einen einzelnen Menschen schier unfassbar. Dieses Wissen steht aber in großen Teilen digital zur Verfügung und lässt sich mit und ohne Hilfe von KI recherchieren. Problematisch ist hierbei allerdings, dass, wie oben beschrieben, die Qualität der Informationen mit fächerübergreifenden Kompetenzen kritisch hinterfragt werden muss. Das ist es, was wir in Schulen lernen und lehren müssen. Wie lese ich die Flut von Wissen und Informationen richtig? Wie kann ich diese finden, bewerten, sortieren, kategorisieren, hierarchisieren, verifizieren, kommunizieren, teilen, ablegen usw. Dafür werden Kompetenzen aus allen „klassischen“ Schulfächern gleichzeitig gebraucht.
    Dann macht aber das Lernen in Fächern und Stunden im Gleichtakt, mit Klassenarbeiten und Hausarbeiten keinen Sinn mehr. Dann müssen wir Umgang mit und Gestaltung von Wissen vermitteln. Wir müssen Lernen zu kollaborieren und zu hinterfragen, wir müssen Lernprozesse individualisieren und begleiten, um Potenziale zu entfalten. Wenn sich die Welt so rasant verändert, müssen wir in der Schule nicht nur die Vermittlung von Kompetenzen, und ja natürlich auch noch Wissen, in den Blick nehmen, sondern auch Resilienz und Salutogenese. Wir müssen lernen in einer VUCA- und BANI-Welt zu leben und zu lernen und uns auf eine Zukunft vorzubereiten, die noch nie so unvorhersagbar war, in der Unsicherheit als Lernchance begriffen wird und Ambiguitätstoleranz eine zentrale Kompetenz im Bereich der Literacy ist (vgl. dazu Isabella Buck, vor allem den Schluss).

Schlussbemerkung
Dieser Text ist sperrig, das ist mir klar. Er ist auch etwas wirr und vielleicht nicht immer ganz nachvollziehbar. Er scheint mir auch noch nicht fertig, wahrscheinlich arbeite ich noch weiter daran. Daher ist Feedback natürlich sehr willkommen.
Der Text ist mir aber, und das gilt für einige meiner Blogbeiträge, persönlich wichtig, weil er mir hilft Gedanken zu strukturieren und auszuformulieren. Er hilft mein persönliches Weltbild zu modellieren und zu strukturieren und ist damit ein Mosaikstein meines Blogs, in dem ich nach und nach ein hoffentlich im konsistenteres Gesamtbild eines Gesellschafts- und Bildungsbegriffs entwickle, der mich meinem Ziel, der Entwicklung eines Bildungsmodells für das 21. Jahrhundert, näher bringt.

2025-02: Dammbrüche allenthalben

Visualisierung dieses Beitrages durch DALL-E

In diesem Beitrag geht es nur mittelbar um Bildung.

Neben all den herausfordernden Geschehnissen und Entwicklungen auf der Welt, möchte ich in einem kurzen Beitrag zwei Ereignisse thematisieren, die heute viral gingen.

Erstens, die Ankündigung von Mark Zuckerberg die Moderation von Inhalten auf den Meta-Plattformen (Instagram, Facebook, Threads) nicht mehr von Faktencheckern durchführen zu lassen, sondern, orientiert an Elon Musks Vorbild X, die Nutzer dafür einzubinden. Außerdem soll im Zuge der „Redefreiheit“ weniger Content gelöscht werden, zum Beispiel soll es weniger Einschränkungen bei Themen wie Migration und Gender geben. Es ist klar, wer hier weniger eingeschränkt werden soll, zumal Zuckerberg gleichzeitig ankündigt enger mit Trump zusammenarbeiten zu wollen. (Vgl. hierzu zum Beispiel heise.de oder SPON)
Johanna Stella Kompa schreibt dazu auf LinkedIn:
„Die Medien selbst haben der Wahrheit, der Vernunft, der Empathie und der Toleranz den Krieg erklärt. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir alle, die wir in der Medienpädagogik und Medienbildung arbeiten, darüber nachdenken müssen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. Unsere Workshops erscheinen wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen neue Formate und Allianzen.“
Ja, das hat einen großen Einfluss auf unsere Arbeit, weil jetzt neben dem weitgehend unregulierten TikTok auch die bei den Jungen verbreitete Plattform Instagram und die bei den eher Älteren beliebte Plattform Facebook mit noch mehr Inhalten geflutet werden, die von gesellschaftszersetzend über demokratiegefährdend bis zu kriminell reichen. Verfassungsfeindliche Meinungen, Pornografie und Volksverhetzung, die Unterdrückung und Diffamierung von Minderheiten, Migranten und ohnehin marginalisierten Gruppen wird zunehmen und „salonfähiger“ werden. Ja, die Veränderungen betreffen Europa zunächst (noch?) nicht, aber es ist ein Trend zu erkennen, wie BigTech und Ultrareiche mit Medien umgehen und Öffentlichkeit manipulieren und instrumentalisieren (vgl. auch das Verbot einer kritischen Karikatur durch Jeff Bezos in der Washington Post).
Was sollen wir im Bildungsbereich dem noch entgegensetzen? Die halbherzig geführten Diskussionen um Social Media-Verbote für Jugendliche sind nicht unproblematisch, aber vermutlich unverzichtbar. Die Bestsellerautorin Silke Müller schreibt dazu auf LinkedIn:
„Wir tragen diese Nonsens-Diskussion und die Notwendigkeit von Verboten und Regulierungen auf dem Rücken der Kinder aus, anstatt endlich gemeinsam zu reagieren. Es braucht sofortige Einschränkungen, Regulierungen, Grenzen und JA, AUCH VERBOTE! Zum unbedingten Schutz der Kinder im Netz.“
Hier passiert gerade etwas. Die Sozialen Medien, aber auch die „klassischen“ Medien, entgleiten uns mit ungeahnten Folgen für die Gesellschaft. Ich nenne hier abschließend noch ein paar weitere Stichpunkte, um das zu unterstreichen: die (annullierten) Wahlen in Rumänien und TikTok, die Manipulation von X durch Musk und dessen Einflussnahmen auf die Politik, TikTok-Challenges, Echokammern, Telegram-Kanäle, Musks Grok-Interview in der Welt, NIUS usw.
Wir werden „darüber nachdenken müssen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. (…) Wir brauchen neue Formate und Allianzen.

Auf den zweiten Punkt wurde ich von dem „Cyberkriminologen“ Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger auf Instagram aufmerksam gemacht. Er schreibt dort:
„Aktuell gibt es mit der Seite „They See Your Photos “ eine Experimentierplattform, auf der jeder selbst testen kann, wie gut KIs mittlerweile in der Lage sind, Informationen aus Bildern zu extrahieren. Die Plattform nutzt dabei Google Vision AI. Die Seite versteht sich auch als Aufklärungsprojekt und soll den Menschen zeigen, wie viele Inhalte und Erkenntnisse eine KI mittlerweile aus einfachen Bildern herauslesen kann.“
Das sieht für mich zum Beispiel so aus:

Genauer heißt es da:

InsightsHis calm demeanor and apparent comfort suggest a predictable consumer behavior pattern, making him an ideal target for financial products and outdoor gear. The subtle background also offers an opportunity to subtly integrate our ads into his daily experiences.
PredictionHe will become increasingly reliant on technology to maintain a sense of connection, which will leave him feeling more alone and vulnerable to our influence. His routine will be tracked and used to further predict his actions and reactions.

Ich halte das zwar nicht für sonderlich korrekt und präzise, es verdeutlicht aber eine Konsequenz von Big Data und KI, die immer offensichtlicher wird. Unsere Bilddaten in den Clouds und in den Sozialen Medien können von KI analysiert werden und dann zu Marketingzwecken gebraucht (oder besser missbraucht?) werden. Das geschieht auch nicht mehr unverhohlen, sondern steht dort ja explizit: ich werde zu einem idealen Ziel für Finanzprodukte und Outdoor-Ausrüstung. Der subtile Hintergrund bietet zudem die Möglichkeit, Werbung unauffällig in meinen Alltag zu integrieren. Und in der Vorhersage: „Er wird zunehmend auf Technologie angewiesen sein, um ein Gefühl von Verbundenheit aufrechtzuerhalten, was ihn jedoch isolierter und anfälliger für unseren Einfluss machen wird. Sein Alltag wird verfolgt und genutzt, um sein Verhalten und seine Reaktionen noch präziser vorherzusagen.“
Das ist schon perfide und ein weiterer Schritt in der Kommerzialisierung von Big Data. Ich werde direkt als Opfer betrachtet, dessen Schwächen ausgenutzt werden müssen.
Hier kann man das Ganze direkt bei Google Vision AI testen und erhält Einblick in das kommerzielle Modell dahinter. Neukunden bekommen 300 $ Startguthaben…

Fazit
Warum eigentlich Dammbrüche?
Weil hier zwei Ereignisse herausgepickt wurden, die ich in einem größeren Kontext sehe. Es kippen gerade einige Dinge in unserer Gesellschaft. Big Tech und die damit verbundenen Plattformen entfesseln gemeinsam mit libertär geprägten Politikern einen ungehemmten Kapitalismus. Gleichzeitig werden Gesellschaften gespalten und relevante Teile dieser zunehmend marginalisiert. Menschenverachtung wird wieder salonfähig und nackte Machtpolitik wieder praktiziert. Trump kann unverblümt Annexionsgedanken gegenüber Grönland oder dem Panama-Kanal äußern und wird dafür in bestimmten Kreisen und sozialen Medien auch noch bejubelt. Als Geisteswissenschaftler spüre ich hier Zusammenhänge und gefährliche Entwicklungen. Wir müssen wachsam bleiben und den Anfängen wehren. Hoffentlich ist es nicht schon zu spät…