Newsletter 25/26-06, 21.11.2025

Liebe Schulgemeinschaft,

eigentlich hatte ich ja versprochen, in diesem Newsletter das Thema Mental-Health und Tomoni zu vertiefen, muss das aber vertagen. Stattdessen möchte ich gerne von der Edunautika vom 15.11. in Hanau berichten.

Am 15. November durfte ich bei der Edunautika in Hanau als Teilnehmer und Teilgeber dabei sein. Warum das einen Blogbeitrag wert ist, möchte ich hier darlegen.

Was ist überhaupt eine Edunautika?
Die Edunautika ist ein seit 2018 in Hamburg etabliertes Barcamp, das von der Agentur Jöran & Konsorten organisiert wird. Ein Barcamp ist eine „Unkonferenz“ bei der die Beteiligten spontan entscheiden, welche Themen sie anbieten (teilgeben) oder an welchen Themen sie in so genannten Sessions teilnehmen. So entstehen vielfältige Austauschformate bei denen neue Ideen entwickelt, Dinge gelernt oder diskutiert werden können, Anregungen gefunden werden, Kontakte geknüpft werden und vieles mehr.
Dankenswerterweise hat die Heraeus-Bildungsstiftung dieses wunderbare Austauschformat in den Süden nach Hanau an die Karl-Rehbein-Schule geholt.

Und warum schreibe ich darüber im Newsletter?
Weil ich möglichst weiteren Menschen vermitteln will, dass sich der Besuch gelohnt hat und weil ich hoffe, dass die Edunatika auch nächstes Jahr wieder nach Hanau kommt!
Neben der Tatsache, dass ich viele Menschen aus meiner Bildungsbubble erstmals im „Real-life“ kennenlernen durfte, zum Beispiel Nele Hirsch, Jöran Muuß-Merholz, Martin Fugmann oder Thomas Masztalerz oder andere endlich einmal wieder getroffen habe, wie Andreas Fischer oder Gratian Riter, habe ich zahlreiche neue Menschen kennengelernt, Kontakte geknüpft und vernetzt und letztlich natürlich viel Neues gelernt. All das stellt einen unglaublichen Mehrwert dar und dazu kommt dann noch der motivierende Effekt. Der Austausch über innovative Ansätze im Bildungssystem zeigt, was möglich ist und dass es viele Menschen gibt, die ähnlich denke und das System für die Lernenden verändern wollen. Das motiviert.
In der ersten Session an der ich teilgenommen habe, ging es um Agency und kollektive Wirksamkeit. Teilgeber waren Nele Hirsch vom eBildungslabor und Gratian Riter, der SEagent. Inhalt und Methode hate Nele hier hervorragend zusammengefasst.
Die zweite Session, an der ich teilgenommen habe, drehte sich um das Bildungshaus Riesenklein in Halle an der Saale, einer innovativen Schule, die wunderbar von der zwölfjährigen Schülerin Rica vorgestellt wurde.
Nach einer vernetzungswirksamen Mittagspause durfte ich selbst noch Teilgeber für zwei Sessions zu zwei meiner Herzensthemen sein, nämlich KI und Demokratie- und Medienbildung.

In der ersten Session „KI für Anfänger“ ging es darum, welche Rolle KI in Schule spielt zu erörtern und um den Appell, sich mit KI zu befassen, da diese eine zunehmend wichtige Rolle spielt (laut der brandaktuellen JIM-Studie nutzen 74% der Lernenden KI für Hausaufgaben). Nach einem kurzen Input von mir, orientiert an meinem Vortrag zu KI-Basics, den es hier gibt, diskutierten wir angeregt über die Auswirkungen von KI auf Hausaufgaben, Prüfungskultur und Unterricht. Wir überlegten, welche Chancen und Risiken mit KI verbunden sind und wie wir über diese aufklären und sie in den Unterricht einbinden. Ich glaube, es war allen klar, dass KI nicht mehr weggeht und wir uns damit befassen müssen und dass dies am Ende zu einer anderen Unterrichts- und Prüfungskultur führen wird. Wir müssen uns letztlich darauf einlassen und aufklären, ausprobieren, akzeptieren und aktiv werden müssen, getreu der 4-a von Doris Weßels.
In der zweiten von mir abgehaltenen Session ging es um die provokante Frage, manche werfen mir sogar, vielleicht nicht ganz zu unrecht, „Rage Bait“ vor: „Wenn wir Demokratie- und Medienbildung nicht ernst nehmen, können wir Mathe und Deutsch bald vergessen!“. Auch hier gab es wieder einen kurzen Input von mir, der auf einem meiner Workshops bei den Kamener Schulgesprächen im September basierte, die Folien dazu gibt es hier.
Die einigende Klammer beider Sessions war, dass wir Schule komplexer denken und grundlegend verändern müssen. Wir brauchen nicht noch ein Konzept, das im Schrank verstaubt, sondern einen ganzheitlichen pädagogikzentrierten Bildungsbegriff. Demokratie- und Medienbildung, und dazu gehört KI, müssen als Querschnittaufgabe für Schule verstanden werden und können nicht an einzelne Fächer oder bestimmte Projekttage ausgelagert werden. Ich fordere schon länger mehr Demokratie- und Medienbildung. KI macht diese Forderung noch dringlicher, da sie die Beeinflussung des demokratischen Kurses und die Generierung von Fake auf ein neues Level hebt.

Vielen Dank für all die interessanten Begegnungen, Impulse, Diskurse, Kontroversen und Austausche auf der Edunautika in Hanau.
Ich hoffe sehr, dass wir uns nächstes Jahr unter dem gleichen Banner am gleichen Ort wiedersehen können!

Ihr

Erik Grundmann

Und hier wieder als Angebot, ein paar Links, Tipps und Empfehlungen, das naturgemäß nach den Ferien etwas ausführlicher ausfällt:

Heute ist Aktionstag gegen Cybermobbing!
„Juuuport“ hat dazu Informationen zusammengetragen: https://www.juuuport.de/aktionstag-gegen-cybermobbing.

Interessantes
Am 14.11. wurde die neue JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) des mpfs veröffentlicht. Den Download gibt es hier: https://www.lfk.de/fileadmin/PDFs/Publikationen/Studien/JIM-Studie/jim-studie-2025.pdf und die wichtigsten Ergebnisse sind hier zusammengefasst: https://www.lfk.de/forschung/mediennutzungsstudien/jim-studie-2025. Nur ein Ergebnis: 74% der Jugendlichen nutzen KI für Hausaufgaben.
Das „Deutsche Schulportal“ hat sich intensiv mit psychischen Belastungen von Schülerinnen und Schülern auseinandergesetzt: https://deutsches-schulportal.de/schulkultur/psychische-gesundheit-aengste-depressionen-essstoerungen-wie-koennen-schulen-auf-psychische-belastungen-reagieren/.
„News4Teachers“ schreibt über die Krise der Demokratie und die Folgen für Schule auf der Basis der Forschungsergebnisse von Aladin El Mafaalani: https://www.news4teachers.de/2025/11/wenn-vertrauen-schwindet-warum-die-krise-der-demokratie-in-den-klassenzimmern-beginnt-und-wie-schule-sich-aendern-muesste-um-dem-zu-begegnen/.
Das „Institut für zeitgemäße Prüfungskultur“ hat ein neues „Mission Statement“ erarbeitet und Veröffentlicht: https://pruefungskultur.de/.
Kai Maaz, Direktor des DIPF Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, fordert in einem Interview zu Veränderungen der Lern- und Prüfungskultur auf: https://www.news4teachers.de/2025/11/neue-lern-und-pruefungskultur-wir-muessen-einfach-anfangen-dipf-direktor-maaz-ruft-schulen-zum-handeln-auf/. Basis ist eine von der Bertelsmann Stiftung initiierte Expertinnengruppe um Dr. Martina Diedrich und Prof. Dr. Kai Maaz mit Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lern- und Prüfungskultur.
Interessanter Beitrag von Stefan Kühl, das ist der mit dem Buch zur „brauchbaren Illegalität“, hat sich mit „Veränderungsblockaden in Schulen“, trotz wachsender Autonomie, befasst:
https://sozialtheoristen.de/2021/11/25/zu-den-veraenderungsblockaden-in-schulen/. Spoiler: „Das Problem ist in der Organisationssoziologie bekannt. Das Paradox besteht darin, dass  Organisationen, denen ein höheres Maß an Autonomie zugestanden wird, in ihrer Selbstorganisation jene Strukturen reproduzieren, die allen vertraut sind – und das sind in der Regel die fremd organisierten Strukturen, die bereits vor der Einführung der Selbstorganisation bekannt waren“.
Die „Frankfurter Rundschau“ berichtet über den Zuwachs der Privatschulen: https://www.fr.de/panorama/nicht-ihre-aufgabe-problem-an-deutschen-schulen-breitet-sich-aus-zr-94027373.html.
Wolters Kluwer hat die „Zukunftsstudie Schulmanagement 2025 – Digitalisierung im Schulleitungsalltag“ veröffentlicht: https://www.wolterskluwer.com/de-de/know/zukunftsstudie-schulmanagement-2025.
Die Hopp-Foundation hat ein an Design-Thinking orientiertes Handbuch zur Schulentwicklung herausgegegben:

Smartphone und Social-Media
Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, forderte bereits im August ein Mindestalter für die Nutzung von Social Media und erntete dafür reichlich Kritik: https://www.rnd.de/politik/zu-viel-tiktok-und-co-experten-debattieren-ueber-altersvorgaben-fuer-kinder-SEHYDWS7CRCJLLEBSPCZLZ2QGA.html. „heise.de“ berichtete nun über den Geschäftsführer des Kinderschutzbundes, Kai Hanke, der sich ebenso gegen Verbote ausspricht, da diese Kinder in ihrem Recht auf digitale Teilhabe nach der VN-Kinderrechtskonvention einschränkten: https://www.heise.de/news/Kinderhilfswerk-Entschieden-gegen-Social-Media-Verbot-fuer-Kinder-11080073.html?wt_mc=sm.red.ho.bluesky.bluesky.bs_beitraege.bs_beitraege. Der Kinderschutzbund hat sich bereits in einer Pressemitteilung im Februar gegen Verbote positioniert und fordert mehr Medienbildung für Kinder und Eltern: https://kinderschutzbund.de/smartphones-und-kinder-bildung-und-begleitung-vor-verboten-und-kontrolle/.

KI
Das Schulministerium NRW hat eine tolle Übersicht zu formativem Feedback durch KI zusammengestellt: https://www.schulministerium.nrw/einsatzmoeglichkeiten-von-ki-beim-formativen-feedback.
Susanne Alles, Joscha Falck, Manuel Flick und Regina Schulz haben eine wunderbare Taskcard zum Thema „KI-Kompetenzen für Lehrende und Lernende. Aus der Praxis für die Praxis – eine adaptierbare Basis.“ Zusammengestellt. Dort findet sich fast alles, was man als Lehrkraft im Kontext KI braucht: https://essen.taskcards.app/#/board/ba6226b4-e617-4134-8d6d-dc733dae8d9c/view?token=b490fc09-f845-4d6d-9ef7-9cc0ec548182.
Der Elternblog „Medienzeit“ über die Gefahren von Chat-GPT für Kinder: https://www.medienzeit-elternblog.de/blog/chatgpt-kinder-suchen-antworten-von-maschinen. „Futurism“ warnt (auf Englisch) vor KI-Spielzeug, da dieses Kindern erklärt, wie sie einen Brand legen oder wie gewisse sexuelle Praktiken funktionieren: https://futurism.com/artificial-intelligence/ai-toys-danger.
Frau Stier hat zum Thema „Mit dem THINK-Prinzip zum verantwortungsvollen KI-Umgang“ gebloggt: https://www.fraustier.de/think-prinzip-zum-verantwortungsvollen-ki-umgang/. Ziel ist es grundlegende KI-Kompetenzen für alle Schülerinnen und Schüler zu entwickeln.
Hauke Pöhlert: „Feedback – Mensch vs. KI: Was sagt die Forschung und was bedeutet das für Schule, Unterricht & Lernen?“. Lesenswert: https://unterrichten.digital/2025/11/19/feedback-mensch-ki-studie-schule/.
KI verändert Schule, Forscher fordern Veränderung: https://www.mdr.de/wissen/bildung/ki-in-der-schule-forscher-fordern-umdenken-anderes-lernen100.html.
Ein wunderbares Beispiel für das Haluzinieren von KI aus der SZ: https://www.sueddeutsche.de/bayern/schirnding-chatbot-waffen-grenz-kontrolle-tschechien-li.3339989.

Tipps für den Unterricht
Bob Blume spricht sich in seiner Kolumne auf „t-online“ für den Einsatz der Lebensgeschichte des Offenbacher Rappers „Haftbefehl“ im Unterricht aus: https://www.t-online.de/leben/kolumne-bob-blume/id_100984494/haftbefehl-im-unterricht-teil-der-kulturellen-dna-unserer-generation-.html. Natürlich ist das umstritten und das HMKB lehnt die Forderung ab (https://www.deutschlandfunk.de/ministerium-lehnt-schueler-wunsch-nach-haftbefehl-im-lehrplan-ab-102.html). Ich habe meine Schülerinnen und Schüler zu dem Thema befragt und sie sind da geteilter Meinung.
Es gibt ein Portal der Max-Planck-Gesellschaft für den Transfer von Forschung in Schule mit vielen Anregungen für den MINT-Unterricht, zum Beispiel einen Comic zu Quantenkryptographie: https://www.max-wissen.de/.
Die Uni Bremen hat Anregungen und Konzepte für eine mediengestützte Berufsbildung in einer Online-Datenbank gesammelt. Wirklich interessante Anregungen: https://unterrichtsgestaltung-mit-medien.de/.
Die Karg-Stiftung betreibt ein Portal zu Hochbegabung: https://www.fachportal-hochbegabung.de/.
Springer hat ein Open.Access Buch „Künstliche Intelligenz in DaF/DaZ“ veröffentlicht: https://link.springer.com/book/10.57088/978-3-7329-8749-8.
Der belgische Bildungswissenschaftler Pedro de Bruyckere setzt sich kritisch mit Lernendenautonomie auseinander: https://theeconomyofmeaning.com/2025/11/20/does-autonomy-really-improve-learning-new-timss-analysis-challenges-a-popular-assumption/. Spoiler: „The study does not claim that autonomy is bad. It does suggest that autonomy should not be treated as a universal good that automatically boosts learning.“
Joscha Falck hat ausführlich zu „Classroom-Management mit digitalen Endgeräten“ gebloggt: https://joschafalck.de/classroom-management-digital/.

Leseempfehlung
Jöran Muuß-Meerholz: Schule 2035. Lernen nach Digitalisierung und KI, Weinheim 2025. Jöran entwirft eine protypische Vision für fünf sehr unterschiedliche Schulen im Jahr 2035 und zeigt Methoden zur Schulentwicklung auf. Nicht nur lesenswert, sondern auch unterhaltsam. Bemerkenswert finde ich, dass das Buch auf der Annahme basiert, dass es nur zehn Jahre für die imaginierten Transformationen braucht, das passt zu meinen Vorstellungen von beschleunigter Veränderung.

Hörempfehlung
Wieder mal eine Folge der „Bildungsbaustelle“ Dieses Mal mit Jonas Wagner („Edu Twist“) aus Hannover über den Transformationsprozess an seiner Schule: https://open.spotify.com/episode/5vg86Euna7Qxr7sG34rMHV.
Der SEagent hat, basierend auf den Zitatsammlungen von Tom Mittelbach, KI-Lieder zur Schulentwicklung generiert: https://seagent.de/se-hits/.

Sehempfehlung
Auf diese YouTube-Short sieht man ein kleines verzweifeltes Mädchen in China, dessen KI-Lernhilfegerät kaputt gegangen ist. Es zeigt eindrücklich die Gefahr der Vermenschlichung von KI (Ein Fall von Anthropomorphisierung): https://www.youtube.com/shorts/18U9pN6eDJ8. Darüber müssen wir uns im Klaren sein.

Veranstaltungsempfehlung
Im Moment ist nichts los… 😉 Außer vielleicht dem Deutschen Schulleitungskongress vom 27. bis  29. November in Düsseldorf.

Spaß im Netz
Wer schon immer einmal „Schere, Stein, Papier“ gegen den Computer spielen wollte, kann das hier tun: https://rockpaperscissoronline.com und bekommt sogar noch ein paar Hintergrundinformationen.

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