Eine geschätzte Kollegin hat sich heute bei mir darüber beklagt, dass sie eine passende Kurzgeschichte für ihre Hauptschulklasse sucht und nichts findet. Die Geschichte sollte nicht zu lang sein, Lust auf Lesen machen, aus der Lebenswelt der Jugendlichen sein, Gesprächsanlässe durch eine Konfliktsituation bieten, nicht zu schwierig sein, an Literatur heranführen und eine unerwartete Wendung am Ende haben. Jetzt kann man natürlich denken: Okay, das sind vielleicht etwas viele Kriterien, da findet sie natürlich nichts und schnell schon gar nicht. Andererseits sind diese Kriterien eigentlich schon fast ein Prompt, ein Eingabebefehl für ein KI-Sprachmodell wie ChatGPT, Bing oder Bard. Gedacht, getan, nach fünf Minuten hatten wir einen brauchbaren Entwurf, der nur noch wenig Nachbesserung benötigte.
Künstliche Intelligenz (KI) kann also wirklich schnell und hilfreich für den Alltag von Lehrkräften sein.
Wer sich etwas mit Schul- und Unterrichtsentwicklung beschäftigt, wird im Moment mit Beiträgen zu KI überhäuft. Da verliert man schnell den Überblick und ist überfordert. Andererseits haben sich sehr viele Kolleginnen und Kollegen noch gar nicht oder kaum mit dem Thema beschäftigt oder wollen dies auch gar nicht.
Ich selbst bin zutiefst, nicht zuerst aber auch durch den TED-Talk von Sal Khan zu Khanmigo, dann unter anderem durch Fiete und nicht zuletzt durch den aktuellen Trend mit Build-GPT, wie zum Beispiel dem Storybuilder von Alicia Bankhofer (nur für GPT-4-Nutzer), zutiefst davon überzeugt, dass KI ein Gamechanger für die Bildung wird, wenn in Teilen nicht schon ist. KI wird wohl eher nicht die Lehrkräfte ersetzen oder Schulen überflüssig machen. KI kann aber ganz neue Kreativitäts- und Produktionspotenziale bei Schülerinnen und Schülern freisetzen, kann Lehrkräfte entlasten und unterstützen und damit Ressourcen freisetzen, die Schule unbedingt benötigt, zum Beispiel für pädagogisches Arbeiten, Schulentwicklung, Medienbildung in einer Kultur der Digitalität und vieles mehr.
Wie kann man also sinnvolle und niedrigschwellige Angebote machen? Wie schlägt man eine Schneise in den KI-Dschungel? Wie können erste Schritte aussehen?
Sicher kann man den üblichen Pädagogischen Tag machen, man kann sich beim örtlichen Medienzentrum oder der Lehrkräfteakademie (Hessen) fortbilden oder Teil des Lehrerzimmers auf BlueSky sein. Das hat alles Vor- und Nachteile und erreicht sicher nicht alle oder passt nicht immer in den Workload. Noch weniger zielführend ist es sicher die Nutzung anzuordnen. Daher bin ich der Meinung und so praktiziere ich es auch, dass Schulleitung oder entsprechend beauftragte und motivierte Lehrkräfte vielfältige Angebote machen müssen und zwar so, dass früher oder später jede Lehrkraft etwas für sich findet und den Mehrwert erkennt.
Bisher weise ich in jedem Newsletter auf aktuelle Entwicklungen im Bereich KI und neue und hilfreiche Tools hin, ich genehmige gerne Fortbildungen zu dem Thema oder hänge Plakate und Hinweise aus. Sicher wird es in Zukunft auch Mikrofortbildungen geben, vielleicht auch ein Barcamp, was hier ein wunderbar passendes Format ist. Am effektivsten ist aber am Ende vielleicht das persönliche Gespräch oder die Demonstration auf dem „kurzen Dienstweg“ wie oben geschildert. Ich gebe Kolleginnen und Kollegen gerne nach einem Gespräch einen Link zu einem Tool oder einer Übersicht mit, die etwas mit unserem Gesprächsinhalt zu tun hat und einen spürbaren Mehrwert darstellt, gerade gestern zum Beispiel PEER, die Schreibhilfe der TU München.
In jedem Fall gilt es einer zunehmenden Heterogenität unter den Lehrkräften im Umgang mit KI entgegenzuwirken und zu verhindern, dass es einen neuen großen Graben zwischen Lehrkräften und Schülerschaft gibt, wie er bei der Nutzung von sozialen Medien entstanden ist. Deshalb: Mehr KI in die Schule!
Das zu initiieren und zu unterstützen ist meiner Meinung nach eine aktuell drängende und zentrale Leitungsaufgabe in Schule.
Die eingangs beschriebene Geschichte kam in der Klasse übrigens sehr gut an.
Ergänzungen nach Erstveröffentlichung:
„For decades, I’ve been excited about all the ways that software would make teachers’ jobs easier and help students learn. It won’t replace teachers, but it will supplement their work—personalizing the work for students and liberating teachers from paperwork and other tasks so they can spend more time on the most important parts of the job. These changes are finally starting to happen in a dramatic way.“
Das sind natürlich nicht meine Worte, sondern die Worte von Bill Gates zu KI in seiner aktuellen Veröffentlichung der „Gates Notes“ (19.11.2023).
Vertiefende Informationen gibt es zum Beispiel bei:
– ARDAlpha
So stellt sich DALL-E eine Schule der Zukunft vor (Prompt: a futuristic school with open learning forms. The scenes include students engaged in individual learning settings with personal AI tutors and virtual reality equipment, and teachers acting as learning facilitators. The interior is modern with open architecture, and everyone is visibly happy and enjoying the learning process.)