Blog 2025-14: Mediensucht – Der Programmhungrige, ein Fundstück

Die Weibelfeldschule hat eine lange Tradition in der Medienproduktion. Schon in den 1980er Jahren wurde im dortigen AV-Studio das „Stadtfernsehen Dreieich“ für das lokale Kabelnetz produziert. Dazu gehörten natürlich auch Arbeitsgemeinschaften, die sich mit Medientheorie und -ethik befassten. Besagtes AV-Studio wird gerade umgebaut und von Grund auf modernisiert. Dazu an anderer Stelle demnächst mehr.
Im Zuge des Umbaus wird auch ausgemistet und entsorgt, dabei ist meinem Stellvertreter ein kleines Büchlein in die Hände gefallen, das er benutzt hat, um eine Tür offen zu halten. Dieses Büchlein ist dann mir in die Hände gefallen und folgende Seite war aufgeschlagen:

Quelle: „Der Programmhungrige“ Aus: Müller-Neuhof/Schiphorst: Audiovision in der Praxis. Heim-Video von A-Z, Pflaum-Verlag München 1979/80, S. 38.

Warum blogge ich das? Weil es ein gutes Beispiel dafür ist, dass neue Technologien, hier der Videorekorder um 1979/80, zunächst gerne als Bedrohung wahrgenommen werden, denen dann auch Suchtpotenzial unterstellt wird. Radio und Fernseher sollten, wie das Internet, das Ende des Buchs einläuten, das ja als der Kulturträger schlechthin gilt. Allerdings hat weder das Fernsehen das Radio zerstört, noch das Radio das Buch. Das analoge Buch ist immer noch da, trotz Smartphone, Streaming und E-Reader.
Jedes Medium ist gefährlich, wenn es exzessiv genutzt wird, jedes Medium bringt aber auch Chancen und Innovationen mit sich und in dieser Ambivalenz müssen auch die aktuellen Debatten um Smartphones und soziale Medien gesehen werden. Weder Radio, noch Fernsehen oder Video sind verboten worden, sondern Teil der Kultur geworden, es gab Regulierungen von der Lizenzierung von Fernsehsendern, bis zu Altersbeschränkungen und Verboten von Videos und so wird es vermutlich bei den aktuellen Debatten auch kommen. Missbrauch, wie bei den etablierten Medien in der Vergangenheit, eingeschlossen.
Natürlich ist der Zugang zu den Medien immer leichter geworden, sie sind mittlerweile in Bild, Text und Ton ubiquitär. Mit den Gefahren sind aber auch die Möglichkeiten gewachsen. Wir sind als Gesellschaft noch dabei den Umgang mit diesen neuen medialen Dimensionen des Internets, Smartphones und der KI zu erlernen, das führt zu Konflikten im Aushandlungsprozess und zu Fehlentwicklungen bei der Freigabe und der Regulierung, das ist der normale gesellschaftliche Aushandlungsprozess, zu dem auch verschiedenen Stakeholder und deren asymmetrische Machtverhältnisse gehören.
Vielleicht trägt das hier vorgestellte Fundstück aus dem Archiv des AV-Studios der Weibelfeldschule dazu bei, die Debatte etwas zu entspannen.

Übrigens: Dank Georg Schlamp bin ich letztes Jahr auf folgende Karikatur aus der schweizerischen Zeitschrift „Der Postheiri“ von 1863 aufmerksam geworden:

Quelle: https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=psh-001%3A1863%3A19%3A%3A108#74.

Auch das beruhigt, trotz der massenhaften Verbreitung von Büchern in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, ist die Jugend nicht verroht und die Zivilisation ist nicht untergegangen.

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