2025-02: Dammbrüche allenthalben

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In diesem Beitrag geht es nur mittelbar um Bildung.

Neben all den herausfordernden Geschehnissen und Entwicklungen auf der Welt, möchte ich in einem kurzen Beitrag zwei Ereignisse thematisieren, die heute viral gingen.

Erstens, die Ankündigung von Mark Zuckerberg die Moderation von Inhalten auf den Meta-Plattformen (Instagram, Facebook, Threads) nicht mehr von Faktencheckern durchführen zu lassen, sondern, orientiert an Elon Musks Vorbild X, die Nutzer dafür einzubinden. Außerdem soll im Zuge der „Redefreiheit“ weniger Content gelöscht werden, zum Beispiel soll es weniger Einschränkungen bei Themen wie Migration und Gender geben. Es ist klar, wer hier weniger eingeschränkt werden soll, zumal Zuckerberg gleichzeitig ankündigt enger mit Trump zusammenarbeiten zu wollen. (Vgl. hierzu zum Beispiel heise.de oder SPON)
Johanna Stella Kompa schreibt dazu auf LinkedIn:
„Die Medien selbst haben der Wahrheit, der Vernunft, der Empathie und der Toleranz den Krieg erklärt. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir alle, die wir in der Medienpädagogik und Medienbildung arbeiten, darüber nachdenken müssen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. Unsere Workshops erscheinen wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen neue Formate und Allianzen.“
Ja, das hat einen großen Einfluss auf unsere Arbeit, weil jetzt neben dem weitgehend unregulierten TikTok auch die bei den Jungen verbreitete Plattform Instagram und die bei den eher Älteren beliebte Plattform Facebook mit noch mehr Inhalten geflutet werden, die von gesellschaftszersetzend über demokratiegefährdend bis zu kriminell reichen. Verfassungsfeindliche Meinungen, Pornografie und Volksverhetzung, die Unterdrückung und Diffamierung von Minderheiten, Migranten und ohnehin marginalisierten Gruppen wird zunehmen und „salonfähiger“ werden. Ja, die Veränderungen betreffen Europa zunächst (noch?) nicht, aber es ist ein Trend zu erkennen, wie BigTech und Ultrareiche mit Medien umgehen und Öffentlichkeit manipulieren und instrumentalisieren (vgl. auch das Verbot einer kritischen Karikatur durch Jeff Bezos in der Washington Post).
Was sollen wir im Bildungsbereich dem noch entgegensetzen? Die halbherzig geführten Diskussionen um Social Media-Verbote für Jugendliche sind nicht unproblematisch, aber vermutlich unverzichtbar. Die Bestsellerautorin Silke Müller schreibt dazu auf LinkedIn:
„Wir tragen diese Nonsens-Diskussion und die Notwendigkeit von Verboten und Regulierungen auf dem Rücken der Kinder aus, anstatt endlich gemeinsam zu reagieren. Es braucht sofortige Einschränkungen, Regulierungen, Grenzen und JA, AUCH VERBOTE! Zum unbedingten Schutz der Kinder im Netz.“
Hier passiert gerade etwas. Die Sozialen Medien, aber auch die „klassischen“ Medien, entgleiten uns mit ungeahnten Folgen für die Gesellschaft. Ich nenne hier abschließend noch ein paar weitere Stichpunkte, um das zu unterstreichen: die (annullierten) Wahlen in Rumänien und TikTok, die Manipulation von X durch Musk und dessen Einflussnahmen auf die Politik, TikTok-Challenges, Echokammern, Telegram-Kanäle, Musks Grok-Interview in der Welt, NIUS usw.
Wir werden „darüber nachdenken müssen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. (…) Wir brauchen neue Formate und Allianzen.

Auf den zweiten Punkt wurde ich von dem „Cyberkriminologen“ Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger auf Instagram aufmerksam gemacht. Er schreibt dort:
„Aktuell gibt es mit der Seite „They See Your Photos “ eine Experimentierplattform, auf der jeder selbst testen kann, wie gut KIs mittlerweile in der Lage sind, Informationen aus Bildern zu extrahieren. Die Plattform nutzt dabei Google Vision AI. Die Seite versteht sich auch als Aufklärungsprojekt und soll den Menschen zeigen, wie viele Inhalte und Erkenntnisse eine KI mittlerweile aus einfachen Bildern herauslesen kann.“
Das sieht für mich zum Beispiel so aus:

Genauer heißt es da:

InsightsHis calm demeanor and apparent comfort suggest a predictable consumer behavior pattern, making him an ideal target for financial products and outdoor gear. The subtle background also offers an opportunity to subtly integrate our ads into his daily experiences.
PredictionHe will become increasingly reliant on technology to maintain a sense of connection, which will leave him feeling more alone and vulnerable to our influence. His routine will be tracked and used to further predict his actions and reactions.

Ich halte das zwar nicht für sonderlich korrekt und präzise, es verdeutlicht aber eine Konsequenz von Big Data und KI, die immer offensichtlicher wird. Unsere Bilddaten in den Clouds und in den Sozialen Medien können von KI analysiert werden und dann zu Marketingzwecken gebraucht (oder besser missbraucht?) werden. Das geschieht auch nicht mehr unverhohlen, sondern steht dort ja explizit: ich werde zu einem idealen Ziel für Finanzprodukte und Outdoor-Ausrüstung. Der subtile Hintergrund bietet zudem die Möglichkeit, Werbung unauffällig in meinen Alltag zu integrieren. Und in der Vorhersage: „Er wird zunehmend auf Technologie angewiesen sein, um ein Gefühl von Verbundenheit aufrechtzuerhalten, was ihn jedoch isolierter und anfälliger für unseren Einfluss machen wird. Sein Alltag wird verfolgt und genutzt, um sein Verhalten und seine Reaktionen noch präziser vorherzusagen.“
Das ist schon perfide und ein weiterer Schritt in der Kommerzialisierung von Big Data. Ich werde direkt als Opfer betrachtet, dessen Schwächen ausgenutzt werden müssen.
Hier kann man das Ganze direkt bei Google Vision AI testen und erhält Einblick in das kommerzielle Modell dahinter. Neukunden bekommen 300 $ Startguthaben…

Fazit
Warum eigentlich Dammbrüche?
Weil hier zwei Ereignisse herausgepickt wurden, die ich in einem größeren Kontext sehe. Es kippen gerade einige Dinge in unserer Gesellschaft. Big Tech und die damit verbundenen Plattformen entfesseln gemeinsam mit libertär geprägten Politikern einen ungehemmten Kapitalismus. Gleichzeitig werden Gesellschaften gespalten und relevante Teile dieser zunehmend marginalisiert. Menschenverachtung wird wieder salonfähig und nackte Machtpolitik wieder praktiziert. Trump kann unverblümt Annexionsgedanken gegenüber Grönland oder dem Panama-Kanal äußern und wird dafür in bestimmten Kreisen und sozialen Medien auch noch bejubelt. Als Geisteswissenschaftler spüre ich hier Zusammenhänge und gefährliche Entwicklungen. Wir müssen wachsam bleiben und den Anfängen wehren. Hoffentlich ist es nicht schon zu spät…

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