Newsletter 06, 01.12.2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Vertretungsstunden gehören häufig zu den Herausforderungen in unserem Beruf, gerade wenn sie kurzfristig über einen kommen.
Man selbst hatte sich in der Regel schon etwas Anderes vorgenommen, die zu vertretende Lehrkraft hatte meistens andere Pläne und die Schülerinnen und Schüler wittern häufig so etwas wie eine Freistunde. Idealerweise stellt die zu vertretende Lehrkraft Material zur Verfügung, wenn man Pech hat, kommt man in die letzte Stunde vor dem Wochenende nach der anstrengenden Klassenarbeit.
Wie auch immer, ein grundsätzliches Problem ist, gerade bei mangelnder Motivation der Lernenden, dass die „klassischen Druckmittel“ wie das Notengeben usw. nicht greifen und die Stundengestaltung und -durchführung nicht so einfach sind. Es gibt allerdings ein paar Websites die hilfreich sind und die ich unten kurz vorstelle.
Ein anderes Problem treibt mich im Moment aber viel mehr um. Ich durfte letzten Samstag als Teilgebender eine Session auf einem digitalen Barcamp zum Thema soziale Medien und Fakenews halten. Das Thema beschäftigt mich schon seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und vermehrt seit der Terrorattacke der Hamas auf Israel und dem damit verbundenen israelischen Gegenschlag. Die sozialen Medien spielen nämlich mittlerweile eine strategische Rolle bei Informations- und Desinformationskampagnen von Konfliktparteien. Diese sind geprägt von Fakenews und tendenziöser Berichterstattung, von Propaganda und der Entmenschlichung des Gegners. Jedenfalls wurde ich auf besagtem Barcamp von einem Schüler mit der Aussage konfrontiert, dass er den klassischen Print- und Funkmedien nicht mehr vertraue, da diese subjektiv seien und dass er seine Nachrichten objektiv und aus erster Hand über TikTok oder Instagram von Menschen vor Ort erhalte. Eine kurze Webrecherche ergibt, dass diese Sichtweise unter Jugendlichen bereits stark verbreitet ist und sich weiter verbreitet. Ich halte diese Entwicklung für brandgefährlich für die Zukunft unserer Demokratie und sehe mal wieder Schule in der Verantwortung dem entgegen zu wirken. Dabei hilft es nicht die sozialen Medien oder deren Konsum durch Jugendliche zu verteufeln. Wir müssen mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen und Aufklärungsarbeit leisten, wir müssen Sie stark machen gegen die Bedrohungen aus dem Netz. Dafür müssen wir uns aber selbst erst einmal gewahr werden, was dort vor sich geht. Einige weitergehende Gedanken dazu habe ich in einem Blogbeitrag auf meiner Homepage veröffentlicht: https://www.schulmun.de/2023/11/18/2023-04-verlieren-wir-unsere-kinder/. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass mich eine Diskussion auf BlueSky mit dem großartigen Kollegen und Referenten für Demokratiebildung Dejan Mihajlovic aus Freiburg (https://mihajlovicfreiburg.com/), zum Nachdenken gebracht hat, was die Aufmerksamkeitsökonomie der Medien angeht. Natürlich sind unsere Kinder nicht verloren und zum Glück in der Regel in der Lage Falschnachrichten als solche zu erkennen. Nichtsdestotrotz muss Schule, meiner Meinung nach, ein deutlicheres Augenmerk auf Medienbildung in einer Kultur der Digitalität legen. Das ist keine Aufgabe für einzelne Fächer oder einzelne Lehrkräfte. Das ist eine zentrale Zukunftskompetenz, die alle Lehrkräfte in allen Fächern zu jeder Zeit mitdenken müssen, wir müssen den Weg von einer Literacy-Kultur zu einer Kultur der Digital-Literacy gehen. Die klassischen Lesekompetenzen, die spätestens durch die erste PISA-Studie zu einem Begriff von Literacy erweitert wurden, müssen erneut zu einem Begriff der Digital-Literacy erweitert werde. Diese beinhaltet dann die Kompetenz Bilder, Filme und Texte aus der digitalen Welt zu erkennen, zu bewerten und zu beurteilen.

Ihr

Erik Grundmann

Und hier wieder als Angebot ein paar Links, Tipps und Empfehlungen:

• Zum Schwerpunkt Vertretungen
Die absolute Fundgrube für schnelle Vertretungsstunden für alle Jahrgangsstufen und Schulformen ist die Seite „Vertreten-dürfen“ von Alexander Langanka aus Hamburg, der seit Jahren gute Vertretungsideen sammelt und auf folgender Homepage veröffentlicht: https://www.vertreten-duerfen.de/.
Sechs kostenlose (Kurz-)Filme für Vertretungsstunden als Diskussionsanlass gibt es auf Lehrernews.de unter: https://www.lehrer-news.de/blog-posts/hingucker-in-der-vertretungsstunde-die-sechs-besten-kostenlosen-filme.
Auch bei KMS-Bildung gibt es eine empfehlenswerte Sammlung für schnelle Vertretungsstunden in einer Taskcard: https://www.kms-bildung.de/2023/11/19/ideen-fuer-die-schnelle-vertretungsstunde/.
Weitere Ideen gibt es hier: https://www.lehrer-news.de/blog-posts/vertretungsstunden-die-besten-ideen-fur-jeden-anlass.

• Sehempfehlung und KI
Als Sehempfehlung möchte ich Ihnen in diesem Newsletter zwei Filme zum Dauerthema KI empfehlen. Zum einen den Beitrag von Mirko Drotschmann zur Frage „Macht Chat GPT Schüler dumm? Oder schlau?“ unter: https://www.youtube.com/watch?v=Dgd9TJeXhB4 und zum anderen den „Mini-Vortrag: “Wie ChatGPT & KI die Schule verändern können – Kleine Einblicke in ein großes Thema” von Hauke Pölert unter: https://www.youtube.com/watch?v=XT8jqIifYnA.
Aufschlussreich ist diese Anleitung zum Basteln einer analogen KI, die sich auch gut im Unterricht umsetzen lässt: https://www.i-am.ai/de/build-your-own-ai.html.
Zum Thema KI gibt es einen neue interessante Studie von McKinsey: https://www.news4teachers.de/2023/11/mckinsey-studie-chatgpt-co-werden-den-lehrberuf-drastisch-aendern-und-koennen-lehrermangel-lindern/. Die SZ berichtet, vielleicht etwas zugespitzt, aber im Kern meine Rede, unter dem Titel “Wenn Sie nicht in den nächsten Wochen in Rente gehen, müssen Sie das lernen” über einen Vortrag von Florian Nuxoll auf dem bayerischen Lehrermedientag: https://www.sueddeutsche.de/bayern/lehrermedientag-ki-unterricht-schulen-chat-gpt-1.6307652.

• Weitere Webtipps
Die neue JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) ist online. Die Studie wird seit 1998 durchgeführt und beschäftigt sich mit der Mediennutzung von Jugendlichen. Eine Zusammenfassung mit Link zur vollständigen Studie gibt es hier bei der Medienanstalt für BaWü: https://www.lfk.de/forschung/mediennutzungsstudien/jim-studie-2023.
Die Bildungsstätte Anne Frank macht Bildungsangebote zum Terror in Israel: https://www.bs-anne-frank.de/angebote/erwachsenenbildung/terror-in-israel.
Interessant nicht nur für Geografie-Lehrkräfte, das worldometer mit zahlreichen demografischen Daten in Echtzeit: https://www.worldometers.info/de/.
Zur Gefährdung von Kindern durch digitale Medien gibt die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz einen Gefährdungsatlas heraus, der 43 Medienphänomene genauer unter die Lupe nimmt: https://www.bzkj.de/bzkj/zukunftswerkstatt/gefaehrdungsatlas.
Der fluter. der BpB hat ein interessantes Interview mit dem Bildungsforscher Marcus Helbig zu den Folgen von Ungleichheit und Armut in der Schule veröffentlicht:
https://fluter.de/schule-bildung-ungleichheit-armut-interview-helbig.
Einen interessanten Gastbeitrag auf SPON zum Umgang mit schwierigen Themen in der Schule gibt es von Tobias Nolte, ehemaliger Lehrer am Campus Rütli in Neuköln: https://www.spiegel.de/panorama/bildung/lehreralltag-in-neukoelln-zum-umgang-mit-schwierigen-themen-abschreiben-erwuenscht-gastbeitrag-a-9afb2b66-0c07-4c39-8625-afa1a2fa6a48?sara_ref=re-so-app-sh&sara_ref=re-so-app-sh.

• Digitales Lehren und Lernen
Eine Übersicht über viele verschiedene digitale Lernangebote gibt es unter: https://digitale-lernangebote.de/.
Eine Taskcard mit zentralen Tools für das digitale Lehren und Lernen, u.a. mit einem QR-Code Generator, einem Netflix-Template oder einem „Star-Wars-Introgenerator“, hat der Kollege Jochen Gollhammer zusammengestellt: https://mz-bgl.taskcards.app/#/board/d0ba2f42-1281-4f05-81c7-3fc889947c40/view.

• Leseempfehlung
Meine Leseempfehlung diese Woche ist tatsächlich eine originär schulische, nämlich das Buch: Deeper Learning in der Schule. Pädagogik des digitalen Zeitalters von Anne Sliwka und Britta Klopsch, erschienen bei Beltz in Weinheim 2022.
Anne Sliwka, von der Heidelberg School of Education, ist eine der renommiertesten Bildungsforscherinnen, die sich gut im Vergleich internationaler Bildungssysteme auskennt und aus dieser Kenntnis mehr Evidenzbasierung für das deutsche System fordert und sich für das Konzept des Deeper Learning einsetzt. Beim Deeper Learning werden „Schülerinnen und Schüler im Kontext der Digitalisierung von passiven Wissensempfängern zu aktiven Gestaltern ihres Lernens“, ein spannender und zukunftsträchtiger Ansatz.
Weitere Informationen zu dem Konzept gibt es hier: https://hse-heidelberg.de/hsedigital/hse-digital-teaching-and-learning-lab/deeper-learning-initiative/das-deeper-learning. Überhaupt ist das Netz voll mit klugen und lesens- und sehenswerten Beiträgen von Anne Sliwka, also: Suchempfehlung 😉

2 Gedanken zu „Newsletter 06, 01.12.2023“

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